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Kauft Russland mehr Bitcoins weil der Rubel fällt?

Bank note from Russia (CCCP): A 500 rubles banknote from Russia (CCCP) with a picture of the bust of Vladimir Ilyich Lenin (Ulyanov). Bild: Ian Barbour via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Vermutlich haben Sie den Bitcoin-Kursverlauf der letzten Woche irgendwie mitbekommen: Es ging wieder einmal recht energisch hinunter. Der Bitcoin hat gegen eigentlich jede Währung verloren – bis auf eine: den Rubel. Der hat nämlich noch stärker abgebaut als der Bitcoin. Hat der Verfall des Rubels die Nachfrage nach Bitcoins in Russland angeregt?

Die wohl dümmste Überschrift zur Krise der russischen Währung hat die Tagesschau gefunden: „Wohin rollt der Rubel?“ Die Antwort ist bekannt: nach unten. Auch nachdem Russland den Leitzins drastisch erhöht und Devisenreserven verkauft hat – der Rubel fällt weiter. Laut ARD bilden sich in den russischen Supermärkten bereits lange Schlangen, da jeder Angst hat, morgen mit den Rubeln weniger kaufen zu können als heute, und insbesondere Luxusgüter gehen weg wie nichts.

Die Frage für Bitcoin-Fans ist nun: steigt jetzt auch die Nachfrage nach Bitcoins in Russland? Immerhin könnte die virtuelle Währung ein Notanker sein, wenn die eigene Währung dahinschmilzt. Die Antwort ist ein klares Jein. Zum einen Ja, weil die Nachfrage leicht angezogen hat, und zum anderen Nein, weil man noch nicht von einem Ausbruch reden kann.

Legt man die Monatscharts von Bitstamp (Dollar) und BTC-E (Rubel) nebeneinander, ergibt sich aber doch ein interessantes Bild:

Im Vergleich: der Bitcoin-Preis in Rubel bei BTC-E (links) und in Dollar bei Bitstamp (rechts). Quelle: http://bitcoincharts.com

Im Vergleich: der Bitcoin-Preis in Rubel bei BTC-E (links) und in Dollar bei Bitstamp (rechts). Quelle: http://bitcoincharts.com

Der Bitcoin-Preis bei Bitstamp ist seit Dezember von etwa 380 auf gut 320 Dollar gesunken, während der Bitcoin-Preis bei BTC-E von 19.000 auf etwa 21.000 Rubel gestiegen ist. Aber das dürfte nicht weiter überraschend sein angesichts des falls des Rubels. Aufschlussreicher ist der Vergleich des Handelsvolumens, also der Säulen. Während das Volumen bei Bitstamp zwar etwas diffus, aber ohne eindeutigen Trend bleibt, hat sich das Volumen bei BTC-E in den vergangenen Tagen verdoppelt. Ähnlich sieht das Bild bei LocalBitcoins aus, wo das Handelsvolumen derzeit höher ist als jemals zuvor.

Trotz dieses Trends bleibt das Volumen der beiden bekannten Rubel-Bitcoin-Börsen global gesehen sehr gering und übersteigt kaum die 1000-Bitcoin-Marke am Tag. Verglichen mit Dollar, Euro und Renminbi ist die Nachfrage der Russen nach Bitcoins weiterhin eher vernachlässigbar.

Der Grund könnte sein, dass der Bitcoin nur eine eher schlechte Möglichkeit von vielen ist, Rubel umzutauschen. Bitcoins haben einen instabilen Wert und sind nur sehr begrenzt als Zahlungsmittel zu verwenden. Sie sind weiterhin ein Experiment, was für Leute, die „panisch“ (ARD) nach Sicherheit suchen, nicht gerade die optimale Wahl sein dürfte. Verlässlicher sind in dieser Lage Westwährungen wie Dollar oder Euro. Zwar ist in Russland die Nutzung anderer Währungen als des Rubels – und damit auch der Bitcoin – als Zahlungsmittel verboten, doch der Kauf und Besitz ist weiterhin erlaubt. Kapitalkontrollen hat der Wirtschaftsminister Alexej Uljukajew  erst vor kurzem ausgeschlossen. So können die Russen also weiterhin Westwährungen kaufen, um ihr Kapital zu sichern, wovon sie, so die ARD, auch „panisch“ Gebrauch machen. Laut dem Handelsblatt sind Kapitalkontrollen aber zu befürchten, und laut den DWN sprechen sich auch bereits Experten dafür aus. Dies könnte die Nachfrage nach Bitcoins, die technisch nicht zu kontrollieren sind, weiter steigen lassen.

Auch RT-Deutsch berichtet über den Rubel-Verfal und zeigt, dass die lustigen Wortspiele nicht nur Sache der ARD sind: Rubel im Trubel, so der Titel des RT-Berichts. Wenig überraschend meint das Magazin, dass die russische Regierung mit der Anhebung des Leitzinses „genau das Richtige“ getan habe und der Rubel wieder an Attraktivität gewinne. Interessanterweise erklärt RT aber auch, welche Probleme Russlands Wirtschaft mit der Währung hat:

Die Investitionstätigkeit könnte aufgrund schwächelnder Finanzierbarkeit – russische Firmen haben nur noch beschränkten Zugang zu internationalen Kapitalmärkten – deutlich ins Trudeln kommen. Unlängst brach die Konjunktur ein und Investoren zogen Milliarden Dollar vom russischen Markt ab. Rund 130 Milliarden US-Dollar, so prognostizieren zumindest Analysten die Entwicklung, könnten aus dem russischen Markt abgezogen werden.

RT lässt die Geschichte in dem Spin auslaufen, dass vor allem der durch Wirtschaftssanktionen gedrückte Ölpreis Ursache der Krise sei und dass die Prognosen für 2015 nicht durchgehend übel ausfallen. Auch wir vom Bitcoinblog haben einen Spin für den Abschluss des Artikels: Der Verfall des Rubels mitsamt den ganzen Querfolgen für Konsumenten, kapitalsuchende Unternehmen und Investoren ist mit ein Symptom dafür, was geschieht, wenn auf der Welt eine Vielzahl von Währungen zum Spielball von Märkten und Politik geworden sind. Zumindest das Problem des Zugangs zu internationalen Kapitalmärkten wäre Vergangenheit, wenn der Bitcoin zur Weltwährung werden würde. Genau genommen würde es der Bitcoin per Design verhindern, dass die Konflikte zwischen Nationalstaaten den Zahlungsverkehr deren Händler stören.

 

 

Über Markus Städler (23 Artikel)
Ist freier Journalist und Autor. Er beschäftigt sich überwiegend mit technologischen und wirtschaftlichen Themen. Seit er Ende 2013 den Bitcoin kennengelernt hat, ist die Kryptowährung sein absolutes Lieblingsthema geworden.

2 Kommentare zu Kauft Russland mehr Bitcoins weil der Rubel fällt?

  1. Man muss auch die Frage stellen ob der Bitcoin genau wie der Ölpreis gegen Russland als Waffe instrumentalisiert würde. Daran sollten wir alle kein Interesse haben.

  2. Warum sollten in Russland jetzt verstärkt Btc gekauft werden? Jetzt kaufen für 21.000 Rubel, später verkaufen für z.B. 14.000 Rubel? 21.000 Rubel haben vielleicht trotz Krise mehr Kaufkraft als später 14.000 Rubel.
    Die gleichen Bedingungen bietet die Anlage in US$, € oder andere Währungen.
    Der Russe wäre gut beraten sich mit Warenvorräten einzudecken und dann auf Null-Konsum-Kurs zu gehen. dann kommt der Crash zwar eher, aber danach kann es wieder aufwärts gehen.
    Dem BTC-Kurs nach zu urteilen, hat der Russe zwischenzeitlich das Rechnen erlernt.

1 Trackback / Pingback

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