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Wilde Woche – gelassener Bitcoin

Als die Bundeskanzlerin sagte, das Internet sei Neuland, wurde erst einmal gelacht. Dabei hat sie recht: das Netz ist eine unbekannte, wilde Welt. Wie wild, zeigte sich in der vergangenen Woche: Es wurde nicht nur die Silk Road hochgenommen, es gab auch mehrere Hackerattacken. Die Opfer waren die größte Minergilde und das wichtigste Bitcoin-Forum. Die Community bleibt derweil überraschend gelassen.

(c) tomgrafix / pixelio.de

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Nicht mal fünf Prozent
Zuerst noch einmal zur Silk Road. Wen es interessiert, wie es dem FBI genau gelungen ist, Dread Pirate Roberts zu schnappen, dem sei dieser wundervolle Artikel bei der Ars Technica ans Herz gelegt. Im Newsrückblick geht es hingegen darum, was der Shutdown für den Bitcoin bedeutet. Am Mittwoch schlug die Stunde der Wahrheit: Welche Rolle spielt die Silk Road in der Bitcoin-Wirtschaft? Haben diejenigen recht, die behaupten, der Bitcoin sei nur für den Drogenhandel zu gebrauchen?
Die Antwort ist ernüchternd. Der Einschlag war so klein, dass es selbst diejenigen überrascht hat, die die Bedeutung der Silk Road eher gering eingeschätzt haben. Der Kurs brach um nicht mal zehn Prozent ein und stieg danach wieder zügig an. Auch die Zahlen, die im Zuge des Shutdowns veröffentlicht worden sind, bestätigen das. Sie erlauben erstmals eine realistische Einschätzung, welchen Anteil der Drogenhandel an allen Bitcoin-Transaktionen hatte. Auf der Silk Road wurden seit Mitte 2011 9,5 Millionen Bitcoins umgesetzt. Der Vergleich mit den insgesamt nur gut 11 Millionen Bitcoins hinkt aber: Schließlich tauscht ein Bitcoin nicht nur einmal den Besitzer. Insgesamt verzeichnet die Blockchain gut 225 Millionen überwiesene Bitcoins, alleine schon Satoshi Dice hat seit mitte 2012 mehr als vier Millionen prozessiert. Der Beitrag der Silk Road liegt damit bei etwa 4 Prozent. Damit ist Bitcoin ebenso wenig eine Drogenwährung wie der Dollar oder der Euro.

Bitcointalk gehackt
Der Bitcoin-Community blieb nicht einmal ein Tag Zeit, um den Silk Road Shutdown zu verarbeiten, bevor die nächste Bombe einschlug. Bitcointalk.org, das kommunikative Zentrum des Bitcoins, war nicht mehr zu erreichen. Das Forum, das mehr als 60.000 Mitglieder hat und laut Statistiken täglich über 100.000 mal aufgerufen wird, fiel einem Hackerangriff zum Opfer.
Der Administrator Theymos gab auf reddit bekannt, dass die Attacke schlimmer sei, als er anfangs gedacht hatte. Es bestehe die Gefahr, dass die Angreifer über die Ausführung eines arbituary PHP-Codes Zugang zu den Datenspeichern bekommen haben. Theymos geht nicht davon aus, dass Email-Adressen und Passwörter kompromittiert worden sind, da diese extrem stark verschlüsselt sind. Wer ganz sicher gehen will, sollte allerdings dafür sorgen, dass sein bitcointalk-Passwort nirgendwo anders gilt, insbesondere nicht bei einer Seite wie bitcoin.de.
Verantwortlich für den Hack war die Gruppe „Hole Seekers“. Der Angriff steht unmittelbar in Zusammenhang zum Silk Road Shutdown. Als die Seite vom Netz ging, war eine Animation von Bomben und Bildern von Dirigenten zu sehen, unterlegt von Tschaikowkis Overtüre 1812, auch bekannt aus dem Soundtrack von „V wie Vendetta“. Am Ende erschien ein Banner mit der folgenden (falschen) Meldung: „Hello friend, Bitcoin has been seized by the FBI for being illegal. Thanks, bye“.
Kurz vor dem Angriff auf Bitcointalk hat es mehrere Miner-Netzwerke erwischt. Unter anderem BTC-Guild, die größte Gruppe, und 50BTC wurden das Opfer von ungewöhnlich heftigen DdoS-Attacken. Netzwerke von durch Trojaner gekaperten Rechner – die bots – überschwemmten die Miner-Systeme mehr als sechs Stunden mit Anfragen und legten sie dadurch lahm.

Update 07.10.2013Bitcointalk ist wieder online.

Hohe Aufmerksamkeit
Die turbulente Woche hat dem Bitcoin reichlich Aufmerksamkeit verschafft. Sowohl die Bitcoin-Suchanfragen bei google als auch bei wikipedia sind nach oben geschnellt. Auch für die Börsen war es eine gute Woche: Am Mittwoch – als die Silk Road vom Netz ging – war das Handelsvolumen so hoch wie lange nicht. Der Preis steigt, nachdem er kurz gefallen war, an und nähert sich langsam wieder seinem Wert zuvor.
Es scheint, als reagiere der Bitcoin gelassen auf die Vorfälle. Die Hacker-Angriffe waren nicht die ersten, es ist nichts schlimmes passiert, und der Shutdown der Silk Road drückte den Kurs weit weniger, als viele befürchtet hatten. Sogar Zeitungen wie die FAZ, die Welt oder die österreichische Presse nehmen den Standpunkt an, dass der Bitcoin mehr sei als Drogengeld: eine neue Währung, die bleiben wird, weil sie für legale Geschäfte nützlich ist. Auch davon gab es in dieser Woche Beispiele. Aber das ist ein anderes Thema, dazu bald mehr.

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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