Bitcoin aus Sicht von Händlern
Wenn ich Shops vorstelle, die Bitcoins akzeptieren, stoße ich regelmäßig auf große Begeisterung bei den Besitzern. Sei es, weil sie in Bitcoins eine günstige Zahlungsmöglichkeit sehen, sei es, weil sie die virtuelle Währung aus ideologischen Gründen unterstützen. Dennoch nimmt bisher nur ein kleiner Anteil von Shops den Bitcoin an. Einen Einblick weshalb gibt ein Administrator eines Schweizer Online-Händlers, der selbst Erfahrungen mit Bitcoins gesammelt hat. Wiewohl selbst ein Fan der Kryptowährung, kennt er einige Hürden für Shopbesitzer. Ich danke Roman Brosowski für einen durchdachten Beitrag. Darüber hinaus habe ich hier noch ein Fazit eines australischen Shops, das deutlich positiver ausfällt.
Wenn sich ein Händler mit dem Thema Bitcoin auseinander setzt, dann stellt es sich nicht nur als ein rein technische Herausforderung dar, sondern auch als wirtschaftliches Problem und Risiko im Marketing. Die Frage, ob ein Händler Bitcoin akzeptieren will oder nicht, ist komplex – wahrscheinlich viel komplexer als es auf den ersten Blick erscheinen mag. Dieser Text soll die Hintergründe beleuchten, warum es auch schwer fällt, Bitcoin anzunehmen.
Technische Einbindung ein Kinderspiel
Aus der rein technischen Perspektive heraus ist die Akzeptanz von Bitcoin im Internet heute kein Problem. Für die populärsten Onlineshop-Systeme gibt es Plug-ins, die die Transaktion an einen Zahlungsdienstleister übergeben und diese darüber abwickeln. Der Kunde erhält einen Link, der die nötigen Informationen an ein Wallet wie MultiBit liefert oder einen Code, den er einscannen kann. Wer in der Lage ist, einen Account bei Diensten wie Paypal in seinen Onlineshop einzubauen, wird keine grossen Schwierigkeiten haben, Bitcoin zu integrieren. Die Annahme von Kreditkarten ist dagegen fast schon komplex. Aus technischer Sicht behindert hier den Bitcoin eigentlich nichts.
Für die Ladenkasse eher ungeeignet
Etwas unpraktischer ist es, wenn Bitcoin an einer Kasse akzeptiert werden sollen. Hier wird es dann komplexer, da in den regulären Zahlterminals eine Bitcoin Funktionalität nicht integriert werden kann. Es muss oftmals ausgewichen werden auf ein Tablet oder einen anderen Rechner, der einen zweidimensionalen Barcode darstellen kann, der wiederum von einer Gegenstelle eingescannt werden muss. Der Händler braucht also zusätzliche Hardware, der Kunde ein Smartphone, das mit dem Gerät des Händlers in irgendeiner Form kompatibel ist und zu guter Letzt: die Bitcoin müssen irgendwie auf das Smartphone. Das kann längst nicht jeder. Bitcoin sind heute noch keine Massenerscheinung, da ihre Handhabung für die Masse noch nicht geeignet ist.
Irreversible Transaktionen – gut für den Händler, schlecht für den Kunden
Viel relevanter erscheint mir die wirtschaftliche Betrachtung der Währung. Ehrlich gesagt verstehe ich aus Händlersicht nicht, wieso es Kunden gibt, die mit Bitcoin bezahlen. Damit spiele ich nicht auf Kursschwankungen an, auf die ich später eingehen will, sondern auf die Tatsache, dass eine Transaktion irreversibel ist. Zahlt ein Kunde bei einem Shop mit Kreditkarte, kann er sein Geld relativ leicht zurückfordern. Diese Möglichkeit wird durch hohe Transaktionsgebühren, die für den Kunden meist unsichtbar sind, erkauft. Auch bei einer Überweisung gibt es zumindest Möglichkeiten, eine Transaktion rückgängig zu machen, auch wenn dies komplizierter ist.
Bei einer Bitcoin Transaktion ist dies hingegen unmöglich. Sind die Bitcoins ausgegeben, sind sie weg. Ich kann mir kaum vorstellen, dass es Neukunden gibt, die bei einem für sie unbekannten Onlineshop irgendeine Ware mit Bitcoin bezahlen, da sie faktisch das gesamte Risiko tragen.
Aus Händlerperspektive ist dieser Punkt natürlich Gold wert. Bitcoin sind eine sichere Zahlungsart. Durch schlichtes Warten, bis eine ausreichende Menge Bestätigungen eingegangen sind, wird der Bitcoin abgesichert. Das bietet keine andere Zahlungsweise.
Eine Fremdwährung – zudem eine reichlich schlechte
Gleichwohl ist der Bitcoin am Ende mindestens als Fremdwährung zu betrachten. Zudem als reichlich schlechte. Denn Sie können damit zwar Zahlungen empfangen, aber im Prinzip gibt es keinen Grosshändler, bei dem Sie Ware für Bitcoin kaufen können. Sie müssen also als Händler ihre Bitcoins wieder in Euro, Dollar, Schweizer Franken oder eine andere Währung zurücktauschen. Hohe Kursschwankungen machen dies zum Risiko, Margen der Tauschbörsen oder auch Zahlungsdienstleister treiben Kosten.
Am Ende spekuliert der Kunde dann gegen den Händler, da er nur dann kauft, wenn er glaubt, der Kurs würde wieder sinken – und der Händler spekuliert gegen seine Kunden, da er Bitcoin nur dann aktiv darstellt, wenn der Kurs steigt. Das ist keine sehr gute Handelsbasis. Je stärker die Kursschwankungen, desto schlechter eignet sich die Währung für Zahlungsvorgänge. Eine Explosion von wenigen Dollar zu weit über tausend ist für eine Währung ein Unding. Hier erinnere ich beispielsweise an die Notaktion der Schweizer Nationalbank, die den Frankenkurs gegenüber dem Euro nur mit massiver Intervention abschwächen konnte. Mit dieser Massnahme konnte die Situation stabilisiert werden.
Als Händler oder Dienstleister hätte ich heute Angst, die Kosten in Bitcoin verrechnen zu müssen, da ich keine Ahnung habe, ob der Kurs nächste Woche explodiert, implodiert oder gleich bleibt.
Der Ausweg für Händler liegt dann darin, einen Dienstleister zu wählen, der Bitcoinkurse vorgangsgenau umrechnet, diese dann möglichst schnell zurücktauscht und dem Händler dann eine für ihn relevante Währung auszahlt. Doch dies lassen sich diese Anbieter durch teure Gebühren bezahlen, womit der Bitcoin nichts anderes ist als eine (noch?) teurere Kreditkarte, die mit rechtlichen Risiken behaftet ist. Auch stellt sich so kein Wirtschaftskreislauf ein, denn wenn ein Kunde gegen Fiat Geld Bitcoin direkt oder indirekt über einen Miner erwirbt und der Händler nach der Transaktion diese schnellstmöglich abstossen muss, ist der Bitcoin nur ein Durchlauferhitzer im Zahlungsverkehr und wird früher oder später sich selbst eliminieren, da er Kosten ohne Mehrwert generiert. Wohlgemerkt spreche ich hier nur von Handel, nicht von anderen Dienstleistungen.
Was bleibt ist eine Abwägung
So denke ich, dass Bitcoins heute für einen Händler vor allem eine Marketingmöglichkeit sind. Für eine nicht zu unterschätzende Gruppe ist er einerseits Zeichen für eine “freie Währung”, andererseits auch Zeichen für Fortschritt. Wer Bitcoin akzeptiert, erzeugt damit ein gewisses fortschrittliches Image.
Doch demgegenüber stehen auch Risiken. Wenn Staaten wie China versuchen Bitcoin zu beschränken oder in Zeitungen Berichte auftauchen, wonach Hedge Fonds in Miningfirmen wie 21e6 Gelder stecken um die Miner dann für sich zu behalten um das Bitcoin Mining quasi zu übernehmen, dann sind dies zumindest keine vertrauenserweckenden, positiven Nachrichten. So wird der Bitcoin zum Spekulationsobjekt, was in Öffentlichkeit eher negativ aufgenommen wird.
Was übrig bleibt, ist eine Abwägung.
Soweit Roman Brosowski. Ich selbst denke, dass sich manche der Probleme lösen lassen werden und dass es, solange der Erfolg des Bitcoins weiterhin anhält, nur noch eine Frage der Zeit ist, bis Zahlungsdienstleister die Möglichkeit einer Rückbuchung anbieten und es in manchen Bereichen einen geschlossenen Warenkreislauf gibt. Ein erster Schritt in diese Richtung wäre es bereits, wenn zumindest teilweise Gehälter auf Wunsch in Bitcoins ausbezahlt werden. Gleichwohl gibt es andere Händler, die im Detail darüber berichten, welche positiven Erfahrungen sie mit dem Bitcoin gemacht haben. Einer davon ist der australischer Versandhandel für Verbraucherelektronik Millenaris.
Positive Erfahrungen
Der Shop berichtet nach einem halben Jahr der Bitcoin-Akzeptanz von seinen Erfahrungen.
Rund 5 Prozent aller Bezahlungen fanden durch Bitcoins statt. Dies ist nicht viel, aber angesichts der dünnen Marktdurchdringung beachtlich. Interessanterweise fielen die Bitcoin-Einkäufe mit durchschnittlich 831,71 AUD deutlich höher aus als die Bestellungen mit Direktüberweisung (729 AUD), Kreditkarte (686,74 AUD) und PayPal (314 AUD). Darüber hinaus kam es bei Bitcoin-Bezahlungen wie bei Direktüberweisungen zu 0,0 Prozent Betrug, während der Händler durch Paypal 1,1 und durch Kreditkarten 2,7 Prozent der Bestellungen wegen betrügerischer Überweisungen wieder zurücküberweisen musste.
Das Fazit des Händlers ist folgendes: “Wir von Millenius glauben an die Zukunft von Kryptowährungen als zusätzliche Zahlungsoption. Kryptowährungen haben uns geholfen, Betrug auf 0 Prozent herunterzubringen und unsere Reicheweite auf sichere Weise zu einer globalen Kundschaft zu erhöhen.”
Als Händler, der auch Bitcoins akzeptiert kann ich die aufgeführten Aspekte nur bestätigen. Vielleicht wäre auch eine gute Idee eine neue Rubrik bei bitcoin.de einzuführen, wo die Händler, die BTC akzeptieren, Ihre Shops präsentieren können und die Käufer die Bewertungen abgeben können (natürlich nur bitcoin.de Mitglieder). Interessante Ansatz wäre auch bitcoin.de als Treuhand zwischen Händler und Käufer einzusetzen.
Viele Händler vermissen eine Bitpay-Alternative nach deutschem Recht, die steuer-, datenschutz- und zivilrechtlich an den deutschen Markt angepasst und greifbar ist. Wer will schon einen Zahlungsdienstleister, der sich vorbehält, alle Geschäfträume jederzeit inspizieren zu können und auf den die Datenkrake USA vollen Zugriff hat?
Meiner Meinung nach eine gewaltige Marktlücke, mit der die Bitcoin Deutschland GmbH den Bitcoin vorantreiben und sich nebenbei noch eine Goldenen Nase verdienen kann.
Die hohen Kursschwankungen gibt es in der Einführungsphase bei jeder Währung, bis eine Marktsättigung eintritt. Der einzige Ausweg sind festgelegte Wechselkurse. Die EZB könnte z.B. das Verhältnis aller im Umlauf befindlichen Bitcoins und Euros als Wechselkurs festlegen.
Es ist schon interessant, zu erkennen, dass die meisten Shops, die mit Bitcoin Zahlung werben, nur Flickwerk präsentieren. Manche haben – vermutlich aus Erkenntnis der Komplexität – tatsächlich nur ein Bitcoin-Logo irgendwo auf die Hauptseite geklebt. Von Bitcoin-Zahlung ist da keine Spur zu finden!
Und so kommt ihr Beitrag “Bitcoin aus Sicht von Händlern” gerade recht, um uns diesen Effekt auch aus Marketinggründen zu erklären. “Sei schlau – wirb mit Nichtexistetem – und warte ob der Ergebnisse ab”.
Ein Mysterium der schönen neuen Welt. Haben wir denn einen grundsätzlichen Fehler in unseren Gedanken gehabt, als wir uns in den letzten Wochen mit dem Thema Bitcoin-Zahlung auseinandersetzten und die Entscheidung fällten, das Thema Bitcoin Zahlung sehr ernst zu nehmen?
Sei’s drum, jetzt steht unser erster Entwurf unter http://www.druckstelle-lank.de. Ein Shop, erstellt unter der freien Software OsCommerce, ergänzt um eigene Module für sichere Bitcoin-Zahlung. Eine Plattform, die reale Waren vertreibt (in unserem Falle individuell bedruckte T-Shirts) und mit virtueller Währung beglichen wird. Und nicht zuletzt eine nunmehr existente Basis für Kritik, Anregungen, Diskussion und Weiterentwicklung.
War die Mühsal umsonst?
Man wird sehen…
Ihr Beitrag ist Gold Wert für uns. Besser noch, er wäre vor 9 Wochen erschienen.
Ein interessanter Beitrag.
“Auch bei einer Überweisung gibt es zumindest Möglichkeiten, eine Transaktion rückgängig zu machen, auch wenn dies komplizierter ist.”
Nein, zumindest ist es in Deutschland nicht möglich. Nur bei Lastschriften ist dies möglich. Vielleicht liegt hier eine Verwechselung vor. 😉
“Ich kann mir kaum vorstellen, dass es Neukunden gibt, die bei einem für sie unbekannten Onlineshop irgendeine Ware mit Bitcoin bezahlen, da sie faktisch das gesamte Risiko tragen.”
Auch bei kleineren Online-Shops habe ich bisher, selbst mit Vorkasse, nur gute Erfahrungen gemacht. Natürlich schaue ich mir den Shop vorher genausten an. Die Skepsis von Roman teile ich in diesem Punkt nicht.
Vieles gibt es schon, man kennt es vielleicht nur noch nicht.
Eine Übersicht wo Bitcoins und Litecoins akzeptiert werden gibt es bereits auf: http://coinmap.org/
Wer in Echtzeit sehen will wie Bitcoin gegen Fiat getauscht wird: http://fiatleak.com/
Wer seine Bitcoins sicher und offline lagern Möchte kann sich eine Paperwallet erstellen. Zum Beispiel auf: https://www.bitaddress.org
Wem die Erstellung einer Paperwallet zu kompliziert ist, der kann sich eine bestellen: https://www.securepaperwallet.de
Und wenn ich Euch weiterhelfen konnte und Ihr wollt euch bedanken, dann Spendet einfach. Ich freue mich über jeden Satoshi 🙂
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Danke für dein Beitrag, er hat mir weiter geholfen und mich in meiner Entscheidung diesen ein zu binden positiv beeinflusst.
Ich glaube da wird es noch mal große Änderungen geben. Zahlterminals werden von größerer Bedeutung, wenn sich die Pay Systeme der beiden großen Rivalen auf dem Handymarkt durchsetzen