Weil der Bitcoin so klein ist, wissen die Banken nicht, wie sie angemessen reagieren sollen
China-Krise
Zhang Weiwu kommentiert die neusten Nachrichten aus China. Er räumt ein, mit seiner letzten Voraussage nicht ganz recht gehabt zu haben, findet die Nachricht aber auch amüsant. Denn es kommt auf die Größenverhältnisse an.
Der Gott des Flusses türmte das Wasser so hoch, dass es die Felder überschwemmte und das Vieh vor den Blicken der Bauern verbarg – nur um im Meer zu münden und dort zu erkennnen, wie klein er doch war. (nach einer Parabell von Zhuangzi, 庄子)
von Zhang Weiwu
Als ich sagte, „Wenn Bitcoin klein bleibt, wird er leben dürfen“, lag ich vielleicht nicht ganz richtig. Die neueste Nachricht bedeutet, dass die Chinesische Volksbank (People’s Bank of China, PBOC) es überhaupt nicht erlauben wird, dass der Bitcoin wächst. Der Bericht sagt, die PBOC sei verärgert, dassder Preis des Bitcoins nach dem 15. April angestiegen ist, und glaubt, dass das Verbot nicht effektiv genug durchgesetzt wurde. Tatsächlich ist der Bitcoin in China bereits erheblich geschwächt, auch wenn sich der Preis etwas erholt hat. Dass sie dies als ein Wiedererstarken betrachtet, zeigt, dass die PBOC nicht gerade im Harmonie-Modus ist.
Die Nachricht hat aber auch ihre amüsante Seite. Die PBOC lässt sich herab, die Bank of China und die China Merchants Bankzu kritisieren, nicht die Konten einer Handvoll Bitcoin-Start-Ups geschlossen zu haben. Das ist eine ungewöhnliche Aktion für so ein kleines Thema wie Bitcoins, und es zeigt ein irritierendes Größenverhältnis.
Bewohner kleinerer Ländern wie, sagen wir, der USA, vernachlässigen oft die Bedeutung von Größenverhältnissen. Dass China das einwohnerreichste Land der Welt ist, weiß jeder, Aber wissen Sie, dass unsere Regierung vier anstatt, wie im Westen üblich, drei Ebenen hat? Dass wir, wenn wir von einer kleinen Stadt sprechen, diese weniger als drei Millionen Einwohner hat? Dass während des chinesischen Neujahrs 3,6 Milliarden Reisen gemacht werden? Während der Rest der Welt Dezimalgruppen mit drei Einheiten bildet – etwa 15.000 Euro – rechnen wir mit vier Einheiten – also 1.5000 Euro. Früher, vor Mao, haben Chinesen in vielen Industriezweigen Hexadezimale anstatt Dezimale verwendet, und die chinesischen Rechenbretter können weiterhin mit Hexadezimalen rechnen. Und so weiter. Wir haben auf jeder Messskala mehr Größenordnungen. Big Data hat hier eine spezielle Bedeutung: Wenn in anderen Ländern „Größe“ zählt, dann kommt es in China auf „Größen“ an.
Zu groß, um helfen zu können
Größe hat aber noch eine andere Bedeutung. Wenn zum Beispiel jemand sagt, „Wir haben jemand in der chinesischen Regierung hinter uns,” würde ich zurückfragen, in welcher Regierung. Und wenn er dann antwortet “Bei den Topleuten natürlich, sehr nahe am Zentrum,” würde ich sagen: „Dann ist er zu groß, um nützlich zu sein.“
Wenn in China etwas passiert, dann passiert es in Relation zu anderen Entitäten ähnlicher Größenordnungen. Groß zu groß und klein zu klein. Wenn die PBOC nun zwei Banken ermahnt, die Konten von Bitcoin-Börsen zu schließen, passen die Größenordnungen nicht zusammen. Darum ist die Nachricht amüsant.
Ich habe nie geglaubt, dass „einige“ der chinesischen Bitcoin-Börsen die nötige Rückendeckung in der Regierung haben. Du hast jemand in der Regierung von Shang Hai? Nein, danke, er wird nicht hilfreich sein, wenn der Befehl von der PBOC kommt. Du hast jemanden in der PBOC? Nein, danke, er wird kein Interesse haben, einer dürftigen Bitcoin-Börse zu helfen – und selbst wenn er will, ist es schwierig für ihn, tatsächlich zu helfen. Stell dir vor du hältst eine Nadel, um einer Ameise dabei zu helfen, gegen die andere zu kämpfen, oder, in chinesischen Verhältnissen: du hältst dieselbe Nadel in einer Hand, um einem Bakterium zu helfen, ein anderes zu schlucken. Geht einfach nicht.
Es gibt verschiedene alte chinesische Geschichten zu dem Thema. Etwa die von Bin JI, 丙吉, einem Kanzler des alten China, der eine Straße passierte, die mit frisch blutenden Leichen bedeckt war. Er fragte nichts und sagte nicht, weil er dachte, er sei nicht fähig, dieses Problem von seiner hohen Position aus zu lösen. Ich möchte aber lieber eine Geschichte aus meiner eigenen Welt zum Besten geben:
Vor einigen Jahren habe ich die Hand nach einem Vertrag mit der Regierung ausgestreckt. Aber es schien, als sei mein Mitbewerber im Vorteil. Eines Tages spazierte mein Geschäftspartner in mein Büro, um gute Nachrichten zu überbringen: Seine Familie verkehrte eng mit einer anderen Familie, die beiden unterstützten sich seit Dekaden. Nun hatte die andere Familie einen berühmten Beamten hervorgebracht, der eine Abteilung der Regierung in Beijing leitet und sich von vier Zonen über mir mit meinem Geschäft beschäftigte. „Lass mich ihn anrufen, um zu sehen, ob er helfen kann.“
Er konnte nicht. Mein Geschäftspartner sagte: „Jemand in einer so hohen Position wie er kann nicht zu unseren Gunste agieren. Er kann, zum Beispiel, nicht unseren potenziellen Kunden dafür zurechtweisen, uns nicht den Vertrag zu geben – es würde seltsam aussehen, man würde spekulieren und es käme zu Mißverständnissen.“ Der sehr-sehr-hohe Beamte vergaß jedoch niemals die Großzügigkeit der alten Zeit. Er saß mit meinem Geschäftspartner zu Tisch, ließ Kindheitserinnerungen aufleben und wies ihn sogar auf den richtigen Weg hin: „Du braucht eine direkte Kette von Beziehungen von deiner Ebene zu meiner. Ich kann dir dabei helfen. Wenn du das erreicht hast, kann ich dich unterstützen und einige andere, tieferstehende Beamte instruieren, zu deinen Gunsten zu handeln. Verzeih’ mir – derzeit bin ich zu groß, um dir zu helfen.“
Wir haben den Vertrag nicht erhalten. Wir sind auch nicht dem richtigen Weg gefolgt.
Die Banken bitten ihren Herrn um Vergebung und denken, er sei verrückt geworden
Nun lasst uns also die neuesten Nachrichten noch einmal mit diesem Wissen lesen: Die beiden Banken haben sich nicht aus Profitgier dafür entschieden, nicht zu handeln. Das wäre albern – sie wissen, dass es der einzige korrekte Weg zum Wohlstand ist, den Anweisungen des Herren zu folgen, und außerdem ist der Profit durch die Bitcoin-Börsen lächerlich winzig für sie. Stattdessen wußten sie einfach nicht, wie sie angemessen reagieren sollten, da das Thema zu klein war. Sie wären sich albern und nachtragend vorgekommen, weil die PBOC dieses winzig-kleine Thema Bitcoin zu ihrer Stufe hinuntergetragen hat, während ihre alltäglichen Angelegenheiten die kleine Marktkapitalisierung des Bitcoins um Größenordnungen übersteigen. Die PBOC hat noch nie einen so kleinen Befehl verabschiedet wie den, die Bankkonten von 15 Start-Ups zu schließen. Jede Ebene, die den Befehl erhielt, muss versucht haben, ihn weiterzuleiten, da sie nicht wußte, wie zu reagieren, und irgendwann ist die Kette gebrochen. Sollen die Banken prüfen, ob die Börsen ein oder zwei Konten haben? Sollen sie sich als Kunde bei den Börsen registrieren, um die Kontoliste zu erhalten? Soll eine schwarze Liste aufgesetzt und zwischen den Banken verteilt werden? Bitcoin ist winzig in finanziellen Verhältnissen, und er ist revolutionär in seiner Essenz. Die Banken fallen vor vor ihrem Herren auf die Knie und bitten um Vergebung, während sie denken, ihr Herr sei verrückt geworden. Die PBOC bestätigt allen Ernstes: „Ja, ich nehme dieses winzig-kleine Thema sehr ernst.“
Es ist für die PBOC also schwierig, die Bankkonten von 15 Start-Ups zu schließen. Sie haben keine Abteilung für Micro-Management, daher mussten zwei sehr hochrangige Beamte die Banken ermahnen, nun zum zweiten Mal. Diese Aktion zeigt auch einen weiteren wichtigen Aspekt, wie die Regierung Entscheidungen zum Thema Bitcoin trifft, den ich in einem künftigen Artikel erklären will. Dieses Mal reden wir nur über Größen.
Männer sollten sich nicht naiv wünschen, in einem Land der Polygamie geboren zu sein. Das Angebot an Frauen ist nicht höher, daher bekommen viele niemals eine Partnerin. Menschen sollten sich nicht wünschen, in einem Land der riesigen Größenverhältnisse geboren zu werden. Das Angebot an allem ist nicht größer, daher werden viele unwichtig und benachteiligt. Diese Tatsache hat einen großen Einfluss in der Chinesischen Kultur – und dies wird, ebenfalls, das Thema eines anderen Artikels sein.
Zhang Weiwu ist ein chinesischer IT-Unternehmer, der seit zehn Jahren mit deutschen Unternehmen handelt und sich seit zwei Jahren mit dem Bitcoin beschäftigt. Die virtuelle Währung ist für ihn die größte Erfindung dieser Dekade. Er sucht aktiv nach Gelegenheiten und Partnern für Bitcoin-Geschäfte. Er ist über linkedin zu erreichen.
Was bei mir persönlich die Frage aufwirft : kann es wirklich sien, dass der Höhenflug des Bitcoin im Dezember nur auf die chinesische Integration des Bitcoin zurück zu führen war und nun eine Preisbereinigung statt findet? Falls ja, scheint die Akzeptanz des Bitcoin in der westlichen Welt derzeit kaum eine Bedeutung zu haben. Offensichtlich wird auch, wie stark der wirtschaftliche Einfluß eines so großen Landes sein kann. Dies ist nicht zu unterschätzen. Weiters sollte man sich dadurch nicht verunsichern lassen. Ob da die deutsche Mentalität die richtige ist, den Bitcoin nachhaltig einen verdienten Erfolg zu bescheren, wage ich derzeit zu bezweifeln. Zu groß sind seit jeher die Vorbehalte, wenn in Deutschland etwas neues einzuführen gilt, wenn es nicht mit einem “i” beginnt und an einen Apfel erinnert. Zweifelsfrei sind andere Staaten und deren Bürger einen Schritt weiter, zweifelsfrei jedoch auch, das noch viele Staaten und Bürger einige Entwicklung zuabsolvieren haben, um in dieser noch jungen Branche ihren Erfolg buchen zu können.
Zu hoffen bleibt auch, das die amerikanischen Pläne, den Bitcoin als eine Wertanlage, außerhalb börslichen Handels zu etablieren, aufgehen. Eine Verknappung der Btc an den Börsen durch Wertanlage-Produkte wäre ein wünschenswerter Schritt. Eine Parität zu den FIAT Währungen wäre auch längerfristig vorstellbar.
Was ist das hier mittlerweile für ein seltsames Geschreibsel?
Das Geschreibsel ist sehr informativ in Bezug darauf wie die Chinesen ticken.
Also immer her mit den Hintergrundinfo´s, wenn der BTC mal wieder grundlos über Nacht abstürzt.
mfg
Zusammenfassung des “Geschreibsels”: Die chinesische Zentralbank könnte jederzeit anordnen 15 Banken zu schließen. Dass sie sich jedoch damit befasst, diese Banken anzuweisen einzelne Börsen – in unserem Fall die des BTC – zu schließen, ist zu geringfügig, als dass sich die Zentralbank Chinas damit beschäftigt. Daher glaubt bei den Banken niemand sich an die Anweisung zur Schließung der BTC-Börsen halten zu müssen.
Und nun?
Ist die Geschichte nur ein Vorwand um die Sturheit der Banken zu decken?
Wenn der BTC mal wieder abstürzt und uns herbe Verluste beschert geschieht dies sicher nicht grundlos. Wer sollte den Grund kennen? Ist der 320,00€ Kurs eventuell noch ein Bestandteil der Dezemberblase? Wie weit noch runter?….
Ohne Frage ist der Artikel sehr interessant um die in der Ereignisse in der Vergangenheit und eventuell zukünftige einschätzen zu können.
Dass die PBOC BTC sehr ernst nimmt liegt einfach und allein an der Tatsache, dass unser gesamtes Machtsystem Weltweit durch die Ausgabe von Fiatwährungen gestützt ist. In Fachkreisen spricht man auch von Zinssklaverei (die Armen arbeiten für die Rendite der Reichen ohne selber einen Vorteil zu haben). Durch das ungebremste ausgeben von Fiatwährungen werden ausserdem unglaubliche Blasen erzeugt. Alle Zentralbanken denken diese kontrollieren zu können. Aber unter uns gesagt: es geht nicht irgendwann platzen die Finanzblasen. Eine Diskussion über den Preis von Bitcoins finde ich von daher müßig. Man stelle sich einmal vor es hätte 2008 schon Bitcoins gegeben dann dürfte allen klar sein wozu die nächste Finanzkriese führt und warum die PBOC angst vor Bitcoions hat..
VG Rik