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Eine App, die fast so gut ist wie Bitcoin. Aber nur fast

Manchmal fühle ich mich wie im Bitcoin-Elfenbeinturm. Dass eine Überweisung sofort stattfindet und quasi umsonst ist – das versteht sich doch von selbst, oder? Mitnichten. Beim Lesen des Tagesspiegels bin ich in die Wirklichkeit zurückgefallen. Die Zeitung berichtet über ein Startup, das frischen Wind in die deutsche Bankenlandschaft bringen soll und mit der Deutschen Kreditbank (DKB) kooperiert. Cringle macht so was ähnliches wie der Bitcoin, nur eben etwas schlechter.

Im Tagesspiegel erfährt man nach einem langen ersten Absatz, was Cringle bietet: Eine App, mit der man von Smartphone zu Smartphone Geld versenden kann – “ähnlich einfach wie Kurznachrichten.” Das läuft so ab: Der Nutzer der App wählt einen Kontakt aus seinem Telefonbuch, gerne auch nur eine Nummer, und versendet Geld. Cringle bzw. nun bald wohl die DKB übernehmen dann den SEPA-Zahlungsverkehr im Hintergrund.

Cringle läuft nur auf einem Smartphone, um es zu benutzen, müssen sowohl Sender als auch Empfänger sensible Daten wie die Kontonummer angeben und einer dritten Partei das Recht geben, Buchungen vorzunehmen. Aber die sensiblen Daten werden auf den sicheren Servern der DKB gespeichert. Kunden dürfen maximal 100 Euro je Monat überweisen, an Gebühren fallen je Transaktion zunächst nur 10 cent an, später sollen es 20 werden.

Das ist also der Weg für eine angesehene deutsche Bank wie die DKB, sich fit für die Zukunft zu machen: Man packt auf ein ohnehin schon überlastetes System noch eine Schicht drauf, baut einen weiteren Mittelsmann ein, bastelt eine App und programmiert noch ein paar Datenbanken mehr, die auf die Datenbanken von SEPA und von der DKP draufgesetzt werden.

Nur mal so, als Vergleich: Mit dem Bitcoin kostet eine Transaktion 0,4 bis 4 cent, manchmal auch gar nichts, man muss sich bei keiner Bank anmelden, keine sensiblen Daten mitteilen, kann beliebig viel je Monat transferieren, an E-Mail-Adressen, twitter-Accounts, facebook-Accounts oder einfach nur Adressen, vom Smartphone, Tablet, PC oder vom Internet-Café aus, ganz egal welches Betriebssystem man benutzt.

So gut wie alle Innovationen im Zahlungsverkehr, die von Banken und vom Euro ausgehen, ob es nun Consumer-to-Consumer-Anwendungen wie Cringle, Business-to-Consumer-Anwendungen wie Sofortüberweisung.de oder Mikropayment-Lösungen wie LaterPay oder Blentle sind, so gut wie alle diese Innovationen machen dasselbe: sie setzen auf ein kompliziertes System noch eine Schicht drauf, noch einen Mittelsmann, noch eine Datenbank, und saugen dann aus dem System noch ein paar Prozentpunkte Effizienz heraus, obwohl alles nur noch komplizierter wird und, weil wir von IT-Systemen reden, auch unsicherer.

Thomas Kuhn, der berühmte Wissenschaftsphilosoph, hat sein Paradigma vom Paradigmenwechsel anhand der mittelalterlichen Scholastik beschrieben: diese wundervolle Philosophie des Mittelalters hat ein wunderschönes, weitläufiges, aber leider falsches, Gedankengebäude von der Welt bis in den kleinsten Winkel hinein ausgebaut. Als dann die Wissenschaftler dieser Zeit immer kompliziertere Gedankengänge gehen mussten, um beobachtbare Phänomene wie die Sternen- oder Planetenwanderung einzuordnen, fiel das System irgendwann zusammen. Neue Ideen, wie die von Kopernikus, Kepler oder Galilei, konnten die Phänomene schlüssiger und einfacher erklären.

Genau dasselbe erleben wir derzeit bei den Finanzen. Die etablierten Marktteilnehmer bauen ihr System immer weiter aus, um ein Werkzeug, das nicht fürs Internet geschaffen worden ist, ans digitale Zeitalter anzupassen. Dabei gibt es eine Lösung, die alles viel einfacher macht, weil sie in ihrer Natur bereits digital ist. Wir reden, Sie dürften es schon lange wissen, vom Bitcoin …

 

Über Christoph Bergmann (2500 Artikel)
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4 Kommentare zu Eine App, die fast so gut ist wie Bitcoin. Aber nur fast

  1. Das mit den 100 EUR liegt wohl daran, dass die DKB über den §25i KWG geht 😉 Einfach mal reinlesen – hat nichts mit überbordender Komplexität der einzelnen Schichten zu tun, aus denen gehofft wird noch etwas rauszuholen, sondern ist einfach nur eine Methode, die umfangreichen KYC-Pflichten zu umgehen/zu schleifen, um die App möglichst einfach benutzbar für alle zu machen, ohne dass der Cringle-User sich erst bei der DKB vollständig legitimiert…

  2. Sehe ich das richtig?
    Statt eine “normale” kostenlose Überweisung über das Webinterface/Online Banking zu machen soll es jetzt besser sein
    -eine App zu installieren
    -hoffen dass der Geldempfänger diese App auch hat (notfalls halt den Empfänger bitten/nötigen diese zu installieren)
    -sich auf max 100 EUR pro Transaktion zu beschränken
    -und dafür dann noch zu Gebühren zahlen

    Ja sind die denn noch ganz knusper? Sogar ganz ohne Bitcoins bin ich doch mit ner einfachen Online-Überweisung besser dran. Ob die nun sofort oder erst am nächsten Werktag ankommt ist in geschätzten 99% der Fälle doch völlig egal…

  3. Das war doch Satire oder?

  4. @Stefan – 100 Euro pro MONAT, nicht pro Transaktion. 😉

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