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Der neue griechische Finanzminister Yanis Varoufakis findet Bitcoin eher kacke

"Athènes - Acropole - Erechtheion". Foto von Panoramas via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die neue griechische Regierung dürfte so ungefähr das spannendste sein, was der neueren europäischen Politik passiert ist. Yanis Varoufakis, frisch ernannter Finanzminister im Kabinett von Alexis Tspipras, gilt als ökonomischer Experte mit linksgerichtetem bzw. staatswirtschaftlichem Einschlag. Über den Bitcoin weiß er vermutlich wesentlich mehr als seine europäischen Kollegen. Das bedeutet aber nicht, dass er die Kryptowährung sympathisch findet. Ganz im Gegenteil.

In einem Blogbeitrag von Mitte 2013 hat Yanis Varoufakis sich über den Bitcoin ausgelassen. Der Titel verrät eigentlich schon alles: „Bitcoin und die gefährliche Phantasie von ‚unpolitischem‘ Geld.“ Wiewohl es verständlich sei, dass nach der Finanzkrise viele von einer Währung träumen, die nicht durch Politiker, Banker und Zentralbanken manipuliert werden könne, könne eine de-politisierte Währung niemals fähig sein, eine fortgeschrittene Industriegesellschaft zu „befeuern.“

Bitcoins seien, so Varoufakis, nicht die erste und einzige virtuelle Währung, aber die erste, bei der es nicht die eine Institution gibt, die die Datenbank sichert. Wiewohl er anerkennt, dass dieses Design brillant ist und bisherige Annahmen über den Haufen wirft, wirft Varoufakis Satoshi Nakamoto vor, als volkswirtschaftliches Modell die „roheste Version einer ‚monetaristischen‘ Quantitätstheorie des Geldes“ benutzt zu haben: die Annahme, der Wert von Geld beruhe einzig auf der Verfügbarkeit der Einheiten. Damit habe er ein digitales Äquivalent zu … Gold geschaffen.

Varoufakis erkennt zwei fundamentale Fehler in diesem Konzept.

Zum einen ist Deflation unvermeidbar. Je mehr Güter gegen Bitcoins getauscht werden, desto teurer wird der Preis eines Bitcoins. Was für Bitcoin-Holder mit Sinn und Zweck der Veranstaltung ist, ist für Varoufakis aus zwei Gründen problematisch: Erstens würde die Erwartung fallender Preise (für Güter) die Leute motivieren, ihre Ausgaben zurückzuhalten. Zweitens – und dieser Punkt ist origineller – wenn jemand Güter erwirbt, um diese weiterzuverarbeiten, aber die Kaufkraft des Geldes über den Zeitraum der Weiterverarbeitung steigt, werden die Gewinnmargen der Produzenten ständig sinken.

Zum anderen teilt sich die Gruppe der Bitcoin-Besitzer in Spekulanten und Nutzer. Die einen bezahlen mit Bitcoins, die anderen halten und traden damit. Auch wenn dies bei echten Währungen nicht viel anders ist, übersteige beim Bitcoin die Spekulation die Nutzung um Meilen. Solange dies so sei, werde die Volatilität riesig bleiben.

Ein Geld, dass „den Kurs findet zwischen der Scylla und Charybdis von gefährlichem Ponzi-Wachstum und Stagnation“ benötigt eine rationale, kollektive Kontrolle der Geldmenge. Eine demokratisch kontrollierte Zentralbank bleibe die beste Hoffnung von Geld von und für die Menschen. „Bitcoin, trotz vieler interessanter Eigenschaften, kann dies niemals sein.“

Man wird, unter diesen Umständen, kaum erwarten können, dass Griechenland im Fall eines Grexit (Austritts aus der Eurozone) den Bitcoin anstatt der Drachme als neue Währung etabliert. Man wird aber dennoch fragen dürfen, weshalb Varoufakis bei seiner ökonomischen Kritik des Bitcoins von der selbst für Bitcoin-Enthusiasten gewagten Vermutung ausgeht, dass der Bitcoin das Fiat-Geld vollständig ersetzen wird. Man muss Fleisch als Nahrungsmittel nicht grundsätzlich verdammen, nur weil eine reine Fleischernährung (vermutlich) schädlich ist. Wäre es nicht auch denkbar, dass der Bitcoin das bestehende Geld ergänzt? Und wären die deflationären Eigenschaften des Bitcoins angesichts der Aussicht auf einen möglichen Neustart der griechischen Währung unter vermutlich deutlich inflationäreren Vorzeichen nicht eben etwas, das die Kryptowährung besonders nützlich macht?

 

 

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8 Kommentare zu Der neue griechische Finanzminister Yanis Varoufakis findet Bitcoin eher kacke

  1. Die Kritik resultiert meiner Meinung nach aus verschiedenen Gedanken heraus.

    1. Ist Bitcoin in seiner Erscheinungsform höchstliberal, d.h. Bitcoin untergräbt die staatliche Kontrolle. Ein linker Idealismus aber beruht vor allem auf einer hohe Staatsquote und dem Gedanken, dass der Mensch als Einzelnes ein Raubtier ist und es einen staatlichen Rahmen drumherum braucht.

    2. Ist dass was man bislang vom Bitcoin erfahren durfte, zum großen Teil alles Andere als sozialverträglich. Im Grunde kann man sagen, dass 8 von 10 Applikationen rein dem Profitgedanken geschuldet sind und in vielen Fällen viele Leute schon kräftig an Geld verloren haben und abgezockt wurden.

    3. Versucht man den Bitcoin auf das bestehende Wirtschaftssystem zu projezieren. D.h. Umsatzsteigerungen, Gewinne, Profitgedanken, Zinsen, Kredite, usw. spielen hierbei eine große Rolle. Und da gebe ich so manchem Kritiker recht, der Bitcoin wird in einem System aus Umsatz- und Gewinnsteigerungen, Kredite, Zinsen, usw. nicht funktionieren, weil hierfür die dafür nötige Distribution neuer Mittel fehlt. Im Geldsystem wird Geld aus einem Kredit heraus geschöpft und wird dementsprechend der wirtschaftlichen Aktivitäten angepasst. Beim Bitcoin ist dies nicht der Fall, hier entstehen neue Bitcoins unabhängig der wirtschaftlichen Aktivitäten und geht zudem der Besitz von Bitcoins voraus, während der Besitz von Geld keine Notwendigkeit darstellt um wirtschaftlich aktiv werden zu können.

    Damit sowas mit Bitcoin funktioniert, müssen gänzlich neue Wege gegangen werden, muss man sich von Renditegedanken verabschieden.

    Ob die Menschen in der Masse betrachtet wirklich schon bereit dazu wären?

    Also wird Bitcoin wohl vorerst eher Vehikel als alternative zum Geldsystem sein.

  2. Werner Müller // 28. Januar 2015 um 18:39 // Antworten

    Für einen Kommunisten sind die Gedanken zum Bitcoin gar nicht so dumm. In einem irrt er: es wird nie Bitcoin User geben, sondern immer nur Spekulanten. By the way: Griechische Aktien sind gerade auch ein hübsches Spekulationsobjekt. Ich werde nachher Alpha Bank kaufen. Vielleicht Totalverlust, vielleicht hoher Gewinn, genau wie beim Bitcoin…

  3. Mit dem Argument Bitcoin sei das digitale Pendant von Gold liegt Herr Varoufakis voll auf meiner Linie. Mehr muss Bitcoin aus meiner Sicht auch nicht sein. Was Herr Varoufakis aber vergisst, ist, dass Gold in der Geschichte schon sehr häufig eine Geldfunktion hatte und diese heute auch noch hätte, wenn es denn praktisch immer noch möglich wäre mit Gold zu bezahlen.

    1 Gramm Gold hat heute einen Wert von ungefähr 45,- Euro. Damit ein Brötchen bezahlen zu wollen scheitert schon am „Wechselgold“, da so kleine Einheiten einfach nicht praktikabel sind. Zudem gibt es eben bei Gold für die annehmenden Personen das Problem die Echtheit zu überprüfen. Beide Probleme gibt es bei Bitcoin nicht. Ich kann man Bitcoins meine Brötchen beim Bäcker bezahlen oder eben auch Immobilien (wie in Berlin letztes Jahr passiert) und Überprüfung der „Echtheit“ erfolgt durch das Bitcoin-Netzwerk, welches natürlich eine Verbindung zum Internet voraussetzt.

    Das Problem derzeit ist vielmehr, dass die meisten Händler die Bitcoins als Zahlungsmittel akzeptieren, diese sofort wieder in Euro in Dollar umtauschen. Der Bitcoin als Zahlungsmittel wird daher erst dann richtig funktionieren, wenn es die ersten „Annehmer“ gibt, die die Bitcoins behalten und selbst wiederum z.B. ihre Lieferanten im Ausland mit Bitcoins bezahlen werden.

    Viele Branchen, die Produkte in US-Dollar einkaufen oder in die USA verkaufen haben auch fast immer einen Bestand an US-Dollar auf einem Fremdwährungskonto. Die Höhe des Bestandes dieser Fremdwährungen hängt natürlich immer vom Handelsvolumen in dieser Fremdwährung und von der Risikobereitschaft der jeweiligen Unternehmen ab. Oft werden daher die Wechselkursrisiken über spezielle Versicherungskonstrukte oder Optionsscheine abgesichert.

    Wenn der Bitcoin in der Welt immer mehr als parallele Währung genutzt wird (und das passiert jeden Tag), dann wird es auch immer mehr Unternehmen geben, die als Zahlung angenommene Bitcoins nicht sofort wieder in die jeweilige Heimatwährung umtauschen, sondern diese Bitcoins nutzten, um selbst benötigte Rohstoffe und Produkte im Ausland damit zu bezahlen.

    Im privaten Bereich wird es ähnlich sein. Es wird die Zeit kommen, wo ich während meines Urlaubs im Ausland bei immer mehr Geschäften, Hotels und Restaurants mit Bitcoin bezahlen kann. Dort wo es nicht geht, tausche ich dann Bitcoin gegen in die jeweilige Landeswährung um. Der Bitcoin wird dann zu eine Art parallelen Weltwährung, wie es Gold im Prinzip schon seit Jahrhunderten von Jahren ist. Allerdings eben mit dem Unterschied, dass sich Gold aufgrund der Inflation aller staatlichen Zwangsgelder und der damit verbundenen Problematik der bedingt geeigneten Weitergabe von Goldstaub nicht mehr als Zahlungsmittel eignet – rein praktisch zumindest.

    Der Bitcoin als Zahlungsmittel hat noch einen langen, steinigen Weg vor sich. Bis das Ziel erreicht wird, wird es noch viele Spekulationsblasen und hohe Volatilitäten geben. Das wird sich aber – wie beim Gold – immer mehr beruhigen. Vielleicht wird die Wertstabilität beim Bitcoin sogar noch besser als beim Gold werden, da die Nutzung als Zahlungsmittel – im Gegensatz zum Gold, welches mit Ausnahme der Verwendung in der Schmuck- und Halbleiterindustrie eigentlich nur Spekulationsobjekt ist – dazu beitragen wird, dass die Liquidität am Markt immer weiter zunehmen wird.

  4. Das gute daran ist das man diese gehirngesteuerten nicht fragen muss.

  5. Ja immer wieder das Monster „Deflation“.
    Der erste Fehler ist dabei schon mal das Inflation nicht bedeutet alles wird teurer, das ist meist die wirkung von Inflation nicht die Ursache.
    Inflation = Aufblähen der Geldmenge.
    Deflation = Verringern der Geldmenge.
    Diese begriffe werden schon absichtlich Falsch deffiniert damit der Betrug nicht auffällt.

    Bei gutem Geld ergibt sich der Preis für Kredite anhand des Zins welcher durch Angebot und Nachfrage bestimmt wird, im gegensatz zu Zentralbank Geld ist die Wertsteigerung oder Wertminderung vom guten Geld einfach zu Kalkulieren,daher auch für Kreditnehmer und Kreditgeber kein problem.
    Weiß ich das mein Geld in einem Jahr 5% mehr Wert ist kalkuliere ich das auch ein wenn ich einen Kredit nehmen.
    Kostet der Kredit z.b. 4% Zinsen dann weiß ich das ich mit meiner Investition wohl mindestens 9% Profit machen muss um +-0 zu haben.
    Das Märchen von es gibt keine Investitionen ist damit schon mal widerlegt.

    Wenn viele Menschen sparen also das Böse Horten dann steigt das Angebot an Kapital und die Nachfrage sinkt, folglich sinkt der Zins, Unternehmer können jetzt Billiger Investieren in verbesserter Produktion und in Entwicklung, durch denk Sinkenden Zins werden Sparer wieder weniger Sparen da Konsumieren Attracktiver wird, davon mal abgesehen das jeder Essen und Trinken muss, Kleidung braucht und auch Technische spielereien bevorzugt, nur das diese Waren eben immer günstiger werden bei gleich bleibender Geldmenge.

    Im jetzt werden die Menschen um den Fortschritt beraubt, die Euro Geldmenge wächst um 10-12% Pro Jahr der Offizielle Kaufkraft Verlust beträgt 1,5-3% pro Jahr.
    Das bedeutet einfach nur das die Preise im schnitt um 7-10,5% Sinken würden und das jedes Jahr!
    Das bedeutet das jeder einzelne 7-10,5% Pro Jahr weniger Arbeiten müsste für den selben Lebensstandard! ( Natürlich sinkt so auch die verfügbarkeit der Arbeitskraft welche dann wiederum Teurer wird was sich auch auf die Preise auswirkt ).
    Insgesammt steigt der Wohlstand und Themen wie ungewollte Arbeitslosigkeit gibt es nicht.

    Wenn die Geldmenge Beliebig manipuliert wird will ich keine Kredite vergeben, warum soll ich auch Geld Investieren wenn das was ich zurück bekomme weniger Wert ist als vorher?
    Investieren ist immerhin der Verzicht auf sofortigen Konsum mit der aussicht in der zukunft mehr Konsumieren zu können und nicht weniger!

    Wieso habe ich das gefühl das um so weniger man von Ökonomie versteht um so wahrscheinlicher wird man „Finanzminister“ ?

    Eine Deflation ist nur schlimm wenn man vorher den Zins stark nach unten Manipulieren kann um so das Signal raus zu Senden das sich Investieren auf Kredit lohnt und dann eine Deflation einleitet, das kann aber nur eine Zentralbank machen und das wird sie auch irgendwann machen.

    Litereatur Empfehlungen:
    https://www.m-vg.de/finanzbuchverlag/shop/article/3257-warum-andere-auf-ihre-kosten-immer-reicher-werden/
    https://www.m-vg.de/finanzbuchverlag/shop/article/3255-oesterreichische-schule-fuer-anleger/ ( Der Author ist nicht gerade ein Bitcoin anhänger zumindest nicht zum Zeitpunkt als er das Buch verfasst hat trotzdem ist es ein Gutes Buch und wenn man den Inhalt versteht kann man das auch auf Bitcoin umlegen oder Bitcoin mit einbeziehen ).

  6. @Oliver Flaskämper
    Ein wunderbarer Kommentar von dir, dem ich vollumfänglich zustimme! Wirklich toll geschrieben!☺

  7. Ich würde Bitcoins auch eher kacke finden, wenn ich so pleite wäre wie die Griechen und mir deshalb keine solchen kaufen könnte. 😀

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