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„Virtuelle Währungen wie Bitcoin sind weder echtes Geld wie es in der Wirtschaftswissenschaft definiert wird, noch sind sie Geld oder eine Währung aus rechtlicher Perspektive“

"Europäische Zentralbank", Bild von Bundesverband der deutschen Banken, geteilt über flickr.com, Lizenz: Creative Commons

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat einen zweiten Bericht zu virtuellen Währungen veröffentlicht. Er kommt zum Schluss, dass Bitcoins derzeit keine Bedrohung für die Arbeit der EZB darstellen.

Oft wird versucht, virtuelle Währungen auf Teufel komm‘ raus in eine bekannte Schublade zu stecken. Sie sind eine „Rechnungseinheit“, sagt das Finanzministerium, aber steuerlich betrachtet eine „sonstige Leistung“ oder ein „privates Veräußerungsgeschäft“; sie sind „Geld“, „eine Währung“ und so weiter. Der Bericht der EZB lässt sich nicht auf dieses Begriffsspielchen ein, sondern baut sich schlichterdings eine eigene Definition von virtuellen Währungen. Und zwar als

eine digitale Repräsentation von Werten, nicht herausgegeben von einer Zentralbank, einem Kreditinstitut oder einer E-Geld-Institution … Der Begriff „Virtual Currency Scheme“ beschreibt sowohl des Aspekt des Wertes als auch den eines inherenten eingebauten Mechanismus der Werttransferierung

Die EZB hat bereits 2012 einen Bericht zu Virtual Currency Schemes (VCS) veröffentlicht. Der zweite Bericht wurde verfasst, da das Ökosystem der virtuellen Währungen seitdem deutlich gewachsen ist. Insgesamt haben die Autoren des Berichts 500 virtuelle Währungen gezählt, von denen aber der allergrößte Teil eine nicht nennenswerte Marktkapitalisierung habe und wohl auch Zitat: Scamcoins seien.

Der Bericht beschreibt auf 37 Seiten, welche Akteure es rund um virtuelle Währungen gibt, welche Vorteile und Risiken sie haben, ob sie eine Bedrohung für die Arbeit der EZB darstellen und wie sie weltweit rechtlich behandelt werden. Vieles von dem, was gesagt wird, dürfte Bitcoin-Fans längst bekannt sein.

Akteure

Zu den Akteuren meint der Bericht: „Das VCS-Ökosystem besteht aus spezifischen, neuen Kategorien von Akteuren, die in der Payment-Umwelt zuvor nicht präsent waren.“ Es sind folgende:

  • Erfinder, die neue virtuelle Währungen erschaffen. Sie sind in manchen Fällen bekannt, oft aber anonym
  • Herausgeber, die Einheiten der virtuellen Währungen erschaffen
  • Miner, die freiwillig Sets von Transaktionen – genannt Blöcke – validieren und diese an eine Datenbank (Blockchain) anhämngen
  • Prozess-Dienstleister, welche die Transaktionen prozessieren. Bei dezentralen virtuellen Währungen sind dies auch die Miner
  • Nutzer, welche sich dafür entscheiden, virtuelle Währungseinheiten zu besitzen, aus welchen Gründen auch immer
  • Wallet Provider, die eine digitale Brieftasche anbieten, in denen die kryptographischen Schlüssel der virtuellen Geldeinheiten gespeichert werden und welche Transaktionen durchführen
  • Börsen, auf denen mit virtuellen Geldeinheiten gehandelt wird
  • Marktplätze, auf denen Nutzer miteinander mit virtuellen Geldeinheiten handeln. Anders als Börsen kaufen oder verkaufen die Marktplätze nicht selbst virtuelle Währungen

Anschließend wendet sich der Bericht der tatsächlichen Nutzung von virtuellen Währungen vor. Mit etwa 69.000 täglichen Transaktionen ist der Bitcoin noch weit von einem Transaktionsvolumen entfernt, wie es etwa Visa oder Mastercard leisten. Im Vergleich mit M-Pesa, dem sprunghaft beliebt gewordenen Zahlungssystem in Kenia sei, so der Bericht, noch kein „Infektionspunkt“ zu erkennen, ab dem die Nutzung des Bitcoins als Zahlungsmittel zur Massenerscheinung wird. Es bleibt bei der „Nischenwährung.“

Vorteile

Dabei bieten virtuelle Währungen laut dem Bericht zahlreiche Vorteile. Dies sind für die Bezahlenden:

  • eine kurze Zeit der Verifikation und des Settlements der Transaktion
  • Anonymität, die nicht nur von Vorteil für kriminelle Nutzer ist, sondern auch für diejenigen, die ihre Privatsphäre schützen wollen
  • die Abwesenheit von privaten Daten in einer Transaktion
  • die Unmöglichkeit, Transaktionsdaten dazu zu nutzen, betrügerische Zahlungen durchzuführen
  • die geringen Kosten. So gibt es etwa keine Gebühren um Werte zu speichern
  • die Abwesenheit von Wechselgebühren. Für grenzüberschreitende Zahlungen können virtuelle Währungen kostensparend sein

Und für Händler, die Bitcoins akzeptieren:

  • geringe Kosten der Akzeptanz. „Tatsächlich muss der Händler nur eine Wallet herunterladen um Zahlungen zu akzeptieren. Solange kein Payment-Provider involviert ist, gibt es keinerlei Kosten.“
  • die Abwesenheit von Wechselkosten
  • die schnelle Verifikation und das zügige Settlement, welches vor allem für Online-Verkäufe, die sofort ausgeliefert werden, wertvoll sind
  • Die Möglichkeit, Produkte weltweit zu verkaufen

„Dank dieser Vorteile stellen VCS die Payment-Industrie vor eine große Herausforderung hinsichtlich Konsumentengebühren, globaler Reichweite, Anonymität und Geschwindigkeit.“ Klingt gut, oder? Aber selbstverständlich bleibt der Bericht nicht bei den Vorteilen stehen, sondern nennt auch die …

Risiken

Folgende  Probleme im Zusammenhang mit virtuellen Währungen werden aufgezählt:

  • keine Transparenz, wer für Informationen zuständig ist. So kann es vorkommen, dass Konsumenten gezielt falsch informiert werden
  • ein unklarer Rechtsstatus und eine fehlende Regulierung. Es gibt keinen Verbraucherschutz und keine Einlagensicherung. Zudem ist die Besteuerung ebenso unklar wie die Gültigkeit mancher Verträge die über virtuelle Währungen abgeschlossen werden
  • Die Gefahr des Verlustes von Guthaben durch Börsenpleiten
  • Die Gefahr, dass virtuelle Währungen wieder verschwinden und Nutzer auf wertlosen Einheiten sitzenbleiben
  • Risiken im Zusammenhang mit der IT-Infrastruktur, von technischem Versagen bis zu Hacks
  • Die Möglichkeit, dass Betrüger die Pseudonymität der Blockchain ausnutzen
  • die hohe Volatilität

Aus Sicht der Zentralbank stellen virtuelle Währungen kein Geld dar. Ob sie jedoch eine Bedrohung darstellen, hängt vom Volumen der Wirtschaft ab. „Für die Aufgaben der EZB hinsichtlich der monetären Politik und der Preis-Stabilität, der Finanz-Stabilität, der Förderungen flüssiger Zahlungssysteme und enger Überwachung, hängt die Manifestation dieses Risikos vom Volumen der VCS ab, ihrer Verbindung zur Realwirtschaft, dem Handelsvolumen und der Nutzerakzeptanz.“

Im Moment seien all diese Risikofaktoren sehr gering, „was bedeutet, das es kein materielles Risiko für irgendeine der Aufgaben der Zentralbanken gibt.“ Dennoch könnte ein Versagen der virtuellen Währugen das Vertrauen der Kunden in elektronische Zahlungssysteme schädigen. Daher müsse die EU virtuelle Währungen weiterhin beobachten.

Hinsichtlich der rechtlichen Handhabung hält sich der Bericht sehr bedeckt. Er nennt zwar in einer exzellenten Liste die rechtlichen Umstände zu virtuellen Währungen in so gut wie jedem relevanten Land der Welt, macht aber selbst keine Vorschläge. Er betont zwar, dass das Thema bei den EU-Behörden angekommen ist und diskutiert wird, aber dabei bleibt es.

 

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Über Sascha Nierste (34 Artikel)
Hat Soziologie studiert und arbeitet unter anderem als freier Autor. Für das Bitcoinblog kümmert er sich mit Vorliebe um Neuigkeiten und Akzeptanzstellen.

3 Kommentare zu „Virtuelle Währungen wie Bitcoin sind weder echtes Geld wie es in der Wirtschaftswissenschaft definiert wird, noch sind sie Geld oder eine Währung aus rechtlicher Perspektive“

  1. Was als Geld akzeptiert wird oder nicht, das kann die EZB nicht bestimmen.
    Sobald die Geldschleusen massiv geöfnet werden, also am kommenden Montag, kann es sein, dass man den EUR nicht überall akzeptiert.

    BTC hat eine großartige Zukunft vor sich.
    Es hat den Vorteil unabhängig von Zentralbanken zu sein. Das schmeckt denen nicht.

  2. brainkoenig // 6. März 2015 um 15:02 // Antworten

    Gute Hiphop Instrumentals für Bitcoins:

    http://www.rappers.in/Flozartbeats

    (Wenn man möchte kann man Spenden)

    LG

  3. Name required // 6. März 2015 um 19:04 // Antworten

    Zitat:
    „Dennoch könnte ein Versagen der virtuellen Währugen das Vertrauen der Kunden in elektronische Zahlungssysteme schädigen. Daher müsse die EU virtuelle Währungen weiterhin beobachten.“

    „Dennoch könnte ein Versagen der Fiat-Währungen das Vertrauen in die konventionellen Währungssysteme schädigen. Daher müsse man die herkömmlichen Währungen weiter beobachten.“

    SO wird ein Schuh draus.

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  2. IWF über Bitcoin: kein Geld, aber eine Herausforderung für Regulierer – BitcoinBlog.de – das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

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