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Darknet-Marktplatz Evolution verschwindet mit Kunden-Bitcoins

Evolution, einer der größten Drogen- und Waffenmärkte im Onion-Netz, ist mit den Kunden-Bitcoins verschwunden. Es ist derzeit noch unklar, ob die Evolution-Admins dabei 40.000 oder 130.000 Bitcoins erbeutet haben. Die Darknet-Community wetteifert um die besten Morddrohungen, der Bitcoin-Preis stürzt ab. Stellt der Betrug das Modell der anonymen Märkte grundsätzlich in Frage?

Leute kaufen anonym Drogen bei anonymen Händlern und vertrauen dafür ihre Bitcoins einer anonymen Plattform an. All das geschieht im Onion-Web, jenem halbverborgenen Teil des Internets, zu dem man nur mit dem Tor-Browser Zugang hat. Bezahlt wird mit Bitcoins, die üblicherweise durch verschiedene Maßnahmen gewaschen oder privatisiert werden. Dabei kann doch nichts schiefgehen, oder?

Natürlich kann dabei etwas schiefgehen. Zum Beispiel, dass die Administratoren des Marktplatzes die Auszahlungen von Bitcoins an Käufer und Verkäufer suspendieren. Die Wallets des Marktplatzes füllen sich, die Betreiber fahren die Seite herunter und verschwinden mit den Kunden-Bitcoins in den Tiefen des Netzes. So geschah es gestern mit Evolution, einem der größten Drogenmarktplätze des Deepweb. Bereits am 16. März hatte es laut deepdotweb.com Probleme mit Bitcoin-Auszahlungen gegeben, Admin Kimble hatte aber versprochen, diese innerhalb von 24 Stunden zu bereinigen.

24 Stunden später war dann die Evolution-Seite komplett offline. Ein ehemaliger Moderator von Evolution mit dem Pseudonym NSWGreat erklärte über reddit, dass die beiden Admins, Verto und Kimble, einen „Exit-Scam“ vorbereiteten und seit einer Woche alle Auszahlungen gestoppt hatten. Laut ersten Spekulationen hatten die beiden 40.000 Bitcoins oder 12 Millionen Dollar mitgenommen. Kurz darauf gab NSWGreat Deepdotweb ein Interview, in dem er nachlegte und den Betrag auf 33 Millionen Dollar oder 130.000 Bitcoin erhöhte, die der Marktplatz entweder auf den Wallets oder als Treuhänder verwaltet hatte. Auf die Frage, weshalb die Admins mit den Bitcoins geflohen waren, sagte er nur: „Es war Zeit, aufzuhören. Es ist grauenhaft, solche Märkte zu führen.“

Tatsächlich scheint es nur zwei Schluss-Szenarien für Darknet-Markets zu geben: entweder die Administratoren werden verhaftet und wandern wegen diverser Verbrechen für viele Jahre ins Gefängnis – so wie Ross Ulbricht – oder sie vollziehen den „Exit-Scam“ und verschwinden mit Bitcoins im Wert von Millionen. Die Entscheidung sollte nicht allzu schwer fallen. Bereits vor Evolution haben laut deepdotweb zahlreiche Marktplätze den Exit-Scam vollzogen: Sheepmarket, Andromeda, Tormarket, Flomarket und viele mehr. Wie in jedem dieser Fälle folgen auf den Exit-Scam dutzende von Morddrohungen geprellter Drogenhändler und Bitcoin-Bounties für diejenigen, die die Namen der Marktplatz-Administratoren „doxxen“, also enthüllen. Wie in jedem dieser Fälle dürfte dabei aber nichts herauskommen.

Der Bitcoin-Preis reagierte auf die Nachricht dieses Betrugs ausgesprochen empfindlich und stürzte auf etwa 250 Euro ab. Die Trader haben vermutlich den irgendwann erfolgenden Verkauf von 40.000 oder 130.000 Bitcoins (oder viel weniger oder mehr, wer weiß das schon) vorausgenommen und daher selbst verkauft. Möglich auch, dass der große Exit-Scam von Evolution dem Bitcoin grundsätzlich schadet, weil damit das Modell des anonymen Marktplatzes, für das der Bitcoin vielleicht gemacht wurde, generell in Frage gestellt wird. Den Administratoren von Evolution kann dies nun egal sein. Sie müssen lediglich Wege finden, ihre Bitcoins in Fiat-Geld zu wechseln, ohne ihre Identität zu enthüllen.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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8 Kommentare zu Darknet-Marktplatz Evolution verschwindet mit Kunden-Bitcoins

  1. Clever gemacht! Anonymität als Bitcoindruckmaschine!

  2. Na ja, wer auf derartigen „Handelsplätzen“ einkauft, dem muss klar sein, dass es so oder ähnlich kommen wird.
    Die Betreiber haben letztendlich die Möglichkeit so zu enden wie Silk Road oder mit einem Exit Scam abzuschließen, dazwischen bleibt nicht viel. Wenn die Betreiber dann noch US-Bürger mit Wohnsitz in den USA sind, dann fällt die Wahl leicht, denn andernfalls, stehen die Chancen sehr hoch, eine Gefängnisstrafe zu bekommen, welche die Lebenserwartung deutlich übersteigt. Oder anders gesagt (wird die Geprellten nicht erheitern):

    Lieber reich und gesund, als arm und krank. 😉

    Muss sich ein Admin auch gedacht haben, der (wenn er es wirklich war) hat sich noch bedankt bei den Kunden und freundlich mitgeteilt, er plane nach einem Reisetrip sich dauerhaft in der Karibik nieder zu lassen. Na dann mal prost.

    • „Die Betreiber haben letztendlich die Möglichkeit so zu enden wie Silk Road oder mit einem Exit Scam abzuschließen, dazwischen bleibt nicht viel.“

      Ach ja? Wenn sie aufhören wollen, könnten sie doch einfach die Leute ihre Bitcoins abholen lassen und danach die Plattform einstellen. Oder auf ein Bitcoin-Konto der Polizei, NSA oder so überweisen. Also da sind doch ganz ganz viele Möglichkeiten… 🙂

  3. Anonym im Netz // 20. März 2015 um 18:01 // Antworten

    Genau für sowas gibt es doch Multisig Transaktionen. Hatte Evolution glaube ich sogar unterstützt. Nur scheinbar hats niemand verwendet.
    http://www.anonym-im-netz.com/multisig-transaktionen-verhindern-die-veruntreuung-von-bitcoins/

    • wäre auf jeden Fall mal ein Anfang

      • bitcoind unterstuetzt das z.B. per RPC schon eine Weile – nutzt nur kaum einer:
        addmultisigaddress:
        „Add a nrequired-to-sign multisignature address to the wallet. Each key is a bitcoin address or hex-encoded public key. If [account] is specified, assign address to [account]. Returns a string containing the address. “

        Und Gavin Andresen hat sogar ein exemplarisches Beispiel gepostet, wie man es nutzt:
        https://gist.github.com/gavinandresen/3966071

        Jeder halbwegs begabte Programmierer kann an Hand dieses Beispiels eine saubere RPC Implementation schreiben. Extrem wichtig ist nur abzusichern, dass kein Boesewicht an 2 der 3 Keys kommt.

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