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Bitcoin-Freiberufler-Börse: Gut für die einen, mies für die anderen

"Geek in the Woods" von Marjan Lazarevski via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Auf xbtfreelancers treffen Freiberufler mit Unternehmen zusammen. Wer eine digitale Leistung anbieten kann, kommt so mit Auftraggebern aus aller Welt zusammen und wird in Bitcoin bezahlt. Ein Blick auf die Honorare zeigt einmal mehr, dass Globalisierung immer Gewinner und Verlierer hat.

Freiberufliche Grafikdesigner, Programmierer, Blogger, Online-Marketeers, System-Administratoren und Übersetzer haben eines gemeinsam – sie arbeiten ortsungebunden. Es ist egal, wo sie leben und wo ihr Auftraggeber sitzt, man kommt über E-Mails und Skype zusammen, man tauscht Texte, Codes und Grafiken aus oder loggt sich in Websysteme ein. Im Prinzip hat das Internet eine ganze Klasse von Freiberuflern delokalisiert und in einen einzigen, globalen Jobmarkt hineingeworfen.

Auf xbtfreelancers trifft ein solcher globaler Jobmarkt mit einer globalen Währung zusammen – mit dem Bitcoin. Die Seite existiert seit einigen Monaten, es haben sich bereits 432 Freelancer registriert und es wurden bereits 24 Projekte eingestellt, von denen die meisten bereits abgeschlossen sind.

An sich ein hübsches Projekt

Der Ablauf ist nicht weiter kompliziert: Ein Projektgeber stellt einen Auftrag ein (ein Logo für eine Webseite, ein CSS-Template, ein PHP-Script, einen Artikel auf einem Blog, eine Übersetzung …) und die Freelancer können sich anbieten, indem sie sich selbst bewerben und einen Honorarvorschlag machen. xbtfreelancer hält den vereinbarten Betrag in Bitcoin in Treuhand, bis der Auftraggeber mit der Leistung zufrieden ist. Der Freiberufler erhält dann den Betrag abzüglich einer Kommission von zwei Prozent. Beide Parteien können sich anschließend einander bewerten.

An sich ist dies ein hübsches Projekt. Die Seite ist übersichtlich gemacht, die FAQ sind detailliert, die Webseite benutzt https mit AES-Verschlüsselung und es scheint auch eine Nachfrage von Freiberuflern und Auftraggebern aus aller Herren Länder zu geben. Laut donlaiq aus Argentinien, der auf die Seite hingewiesen hat, funktioniert das System hervorragend, er hat seine Bitcoins nach Erledigung eines Auftrages sehr schnell erhalten.

Globalisierung hat immer Gewinner und Verlierer

Deutsche Freelancer dürfen sich dagegen nicht allzu viele Hoffnungen machen. Die (frei ausgehandelten) Honorare der bisherigen Job liegen oft zwischen 3 und 7 Dollar die Stunde, ein komplettes Design für eine Webseite wurde für rund 170 Dollar verhökert.

Hallo? Mindestlohn? Ein solches internationales Portal setzt dem, was ohnehin schon schiefläuft, die Krone auf. Es gibt bereits solche Portale für Freiberufler, für Deutschland, und dort unterbieten sich die Freiberufler, während Auftraggeber auch mal umfangreiche und unbezahlte Probearbeiten verlangen, um sich am Ende für das billigste Angebot zu entscheiden. Sollte sich ein Projekt wie xbtfreelancer – oder eine solche Vision – global durchsetzen – ich meine, so etwas wie DAS Facebook für freelancer – das wäre schrecklich für deutsche oder gar schweizerische Freiberufler. Und es könnte sein, dass DAS Facebook für digitale Minijobs bisher einfach noch nicht da war, weil es noch keine Währung gab, mit der es funktioniert hat?

Für deutsche oder gar Schweizer Unternehmen und Start-Ups hätte das Modell durchaus seinen Reiz.

Ebenso für Freiberufler aus Ländern der zweiten oder dritten Welt, die ohne eine solche Plattfom (und ohne eine Währung wie den Bitcoin) kaum an Auftraggeber aus den reichen, wohlhabenden Ländern (wie etwa Bayern) kommen. Dunlaiq scheint recht begeistert von xbtbitcoin zu sein. Vielleicht auch deswegen, weil im von Inflation geplagten Argentinien die Dollar rar sind und ein anständiges und in Bitcoin ausgezahltes Gehalt durchaus attraktiv ist.

Unbekannter Admin, Seite in Panama registriert

donlaiq meint, der Besitzer von xbtfreelancers habe die Seite aufgezogen, nachdem er mehrfach betrogen wurde, als er über Jobs4Crypto bei Reddit versucht hat, freiberufliche Entwickler anzuheuern. Ironischerweise möchte er nun, dass ihm die Auftraggeber Bitcoin in Treuhand anvertrauen – während er nichts über sich selbst verrät. Es gibt kein Impressum, als Kontaktmöglichkeit nur eine info@-Email-Adresse, und selbst bei der Freelancer-Suche auf der eigenen Plattform tritt der Besitzer nur als Admin mit einem Avatar aus dem Film „Avatar“ auf. Wenn man sich bei whois nach der Herkunft der Webseite erkundigt, erfährt man, dass sie von Panama aus über namecheap, einem beliebten und günstigen Hoster, der auch Bitcoin akzeptiert, registriert wurde. Multi-Sig-Adressen, die die einzige Möglichkeit wären, ein Stück Sicherheit trotz Anonymität zu gewährleisten, gibt es ebenfalls nicht.

All das spricht, trotz einer sympathischen und gelungenen Aufmachung, nicht unbedingt dafür, dass die Seite das gewinnt, was ein Treuhänder-Portal unbedingt gewinnen muss: Vertrauen. Aber das sollte jeder selbst entscheiden.

Über Sascha Nierste (34 Artikel)
Hat Soziologie studiert und arbeitet unter anderem als freier Autor. Für das Bitcoinblog kümmert er sich mit Vorliebe um Neuigkeiten und Akzeptanzstellen.

8 Kommentare zu Bitcoin-Freiberufler-Börse: Gut für die einen, mies für die anderen

  1. „sich in Websysteme aus“ sollte es nicht „ein“ heißen….. hier stimmt auch ggf. etwas nicht „mit dem ich mich über das coinforum über die Seite unterhalten habe“ …. klingt zumindest komisch…

  2. Wer im Glashaus sitzt. Es sind viele Menschen anonym im Web, Herr Bergmann 😉

    • Not required // 27. März 2015 um 11:34 // Antworten

      Na, aber Christoph Bergmann ja nun wirklich nicht.

      • verschwörungstheoretiker // 27. März 2015 um 18:08 //

        Wer weiß. Könnte ja eine Werbefigur für bitcoin.de sein… wie Marcel Davis bei 1&1. Der berühmt berüchtigte Beauftragte für die Kundenzufriedenheit 😛

        (nicht persönlich nehmen)

  3. Unterstützen die Marktplätze Multisig?

  4. Das ganze System funktioniert schon bestens über Rent-a-coder bzw. freelancer. Ob man jetzt mit Bitcoin bezahlt oder mit der Kreditkarte in US-Dollar macht m.E. keinen grundsätzlichen Unterschied.

  5. Das macht schon einen Unterschied, Mit Bitcoin können Auftraggeber und Freelancer auf Wunsch anonym bleiben – sofern der Auftrag das möglich macht. Einen Serveradmin wird natürlich niemand anonym auf seinen Server lassen. Aber bei vielen anderen Projekten ist das durchaus sinnvoll.

  6. Tja, die Betrügereien sind vielleicht wieder ein Fall für eine Weiterentwicklung der Kryptowährung, die wiederum bei den Altcoins schon stattfindet. Die Tücken der Globalisierung kann so etwas natürlich nicht ausschalten, da ist halt nix mit Mindestlohn: Des einen Freud, des anderen Leid. Freiheit oder Abschottung stehen gegeneinander. Wieder werden wohl nur Regeln helfen, die im Optimalfall einen Mittelweg schaffen. Im Nicht-Optimalfall eben nicht.

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