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Bitcoins meist von Kriminellen verwendet? Nö.

Ein Massenmedium berichtet mal wieder über den Bitcoin. Dieses Mal heißt es, wer Bitcoins nutze, sei meist ein Krimineller. Dabei beruft sich die Zeitung auf eine Studie, die nicht mehr ganz aktuell ist. Den Namen der Zeitung wollen wir nicht nennen, da der Verlag hinter ihr ein Gesetz lobbyiert hat, das das Verlinken verbietet. Aber ein paar Dinge geradebiegen müssen wir schon.

Zwei Wissenschaftler der Univerität von Kentucky haben untersucht, für welchen Zweck Bitcoins benutzt werden. Die Ergebnisse, meint der Artikel in der Zeitung aus dem Springer’schen Imperium, „dürften manchen zu denken geben.“ Die Forscher haben nämlich google-trends-Daten ausgewertet, um herauszufinden, in welchem Zusammenhang jemand sich für Bitcoins interessiert. Wenn zum Beispiel jemand googelt „Bitcoins investieren“, wird es ihm um die Geldanlage gehen; wenn dagegen jemand googelt „Bitcoins Drogen“, dann will er, nun ja, Drogen kaufen. So weit so gut.

Die Forscher haben vier Gruppen von potenziellen Bitcoin-Nutzern gebildet: Computer-Enthusiasten, spekulative Investoren, politisch denkende Menschen, die sich gegen die Notenbank-Politik wenden, und Kriminelle. Dann haben sie Suchwort-Gruppen gebildet, die zu den Gruppen passen sollten, und dann in google trends nach diesen geschaut. Das Ergebnis: Computer-Fans und Kriminelle interessieren sich für Bitcoins, während spekulative Investoren und Notenbank-Kritiker eher eine Minderheit ausmachen. Also, schlussfolgert unser Artikel, ist das Interesse außerhalb der Kriminellen am Bitcoin eher gering. Punkt.

Ich weiß nun gar nicht, wo ich anfangen soll, das Ding geradezubiegen. Vielleicht damit, dass das Paper überhaupt nicht neu ist, sondern schon im November 2014 erschienen ist. Wer das Paper im Original nachlesen möchte, findet es hier. Darin erfährt man auch, dass die Forscher die Google-Trends-Daten von Januar 2011 bis Juli 2013 untersuchen, ein Zeitraum, in welchem der Bitcoin noch wesentlich weniger populär war als heute, während die Silk Road, der erste große Bitcoin-Drogenmarkt, in diesem Zeitraum seine Hochzeit hatte.

Zu erwähnen ist weiterhin, dass bei einer solchen Forschung sehr viel von den Such-Begriffen abhängt. Und diese sind bei der Studie nicht eben geschickt gewählt. Während die Suche nach kriminellen Bitcoin-Usern für diesen Zeitraum mit den Suchwörtern „Bitcoin Silk Road“ relativ eindeutig ist, werden Kritiker an den Notenbanken sowie Investoren mit einer Vielzahl von schwer auffindbaren Wörtern nach Bitcoins suchen. Die Studie verwendet hierfür schlichterdings die Beibegriffe „free market“ und „make Money“ – ungeachtet der Tatsache, dass die tatsächliche Nutzergruppe dieser Kategorien ein viel viel weiteres Spektrum von Suchwörtern verwenden dürfte. Unter diesen Voraussetzungen ist es fraglich, ob überhaupt ein solches Studiendesign möglich ist, und äußerst zweifelhaft, ob die gefundenen Ergebnisse irgendeine Relevanz haben.

Dass der Studie herauskommt, dass vor allem Kriminelle den Bitcoin nutzen, ist nun wirklich keine Überraschung. Eine wissenschaftliche Tatsache ist es jedoch nicht im Mindesten.

In den beliebtesten Suchanfragen geht’s ums Mining

Ein Gegenbeispiel: Auf diesem Blog zum Beispiel landen jeden Tag einige hundert Personen über Suchmaschinen, und von einigen (etwa 2 Prozent) werden auch die Suchwörter übermittelt. Hier eine Statistik mit einigen der beliebtesten Suchwörtern von April 2014 bis August 2015:

bitcoin mining 308
bitcoin news 152
bitcoin miner 78
bitcoin.de 57
bitcoins generieren 36
bitcoins minen 35
localbitcoins 32
bitcoin rechner 28
bitcoin kurs 27
bitcoin client 25
weltgeld 23
bitcoin kursentwicklung 21
the fappening 20
bitcoins waschen 20
localbitcoins deutschland 17
bitcoin news deutsch 16
bitcoin waschen 15
wie kaufe ich bitcoins 15
bitcoin geldwäsche 15
evolution darknet 14
bitcoins anonym kaufen 14
bitcoin kurs prognose 13
bitcoin versteuern 13
bitcoin anonym 13

Wie man sehen kann wollen die beliebtesten Suchanfragen etwas übers Bitcoin-Mining oder den Bitcoin-Kauf bei bitcoin.de erfahren. Viele sind an der neuen Währung interessiert und suchen Bitcoin-News. Einige mit den Suchwörtern Kurs, Rechner, Kursentwicklung, Prognose sind an der Spekulation in Bitcoins interessiert, und eine weitere Gruppe schließlich möchte den Bitcoin anonym benutzen (anonym, geldwäsche, waschen). Ein klarer Hinweis auf die kriminelle Nutzung von Bitcoins findet sich allerdings nur im Wort „Evolution darknet“. Das bedeutet: ein allgemeines Interesse an Bitcoin sowie das Interesse am Mining und an der Spekulation überwiegt das kriminelle Interesse mit großem Abstand.

Selbstverständlich hängen die gelungenen Suchanfragen auf dieses Blog von den Inhalten auf diesem Blog ab. Und selbstverständlich sind die übermittelten Suchanfragen nicht repräsentativ für die Gesamtheit der Suchanfragen. Aber letztendlich sollte das Ergebnis nicht weniger valide sein als das der anderen Studie.

 

 

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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10 Kommentare zu Bitcoins meist von Kriminellen verwendet? Nö.

  1. The Fappening xD

  2. So ist das halt mit den Massenmedien.

    Massenhaft Mist recherchieren und es den gemeinen Lemmingen (Volk) als die absolute Wahrheit verkaufen.

    Das VERBILDUNGS-TV tagsüber zeigt ja mittlerweile Wirkung.

    mfg

  3. Die Welt!
    Die Welt braucht solch schlechten Journalismus äh sensationalismus wie ich meine nicht!!!
    Es ist nicht die Welt, sich mal bei dieser zu Beschweren!
    Wir können mit dazu beitragen solchen Unsinn Einhalt zu gebieten.
    Also Community Beschwerde einreichen!!!
    Und nutzt dazu, Email, Kommentar, Telefon usw.!!!!!
    Aber bitte sachlich bleiben!!!

    Dann wird das mit dem Journalismus vielleicht ja irgendwann mal was.

  4. Bitte nicht! Und falls ihr das macht, dann bleibt bitte höflich! Die allermeisten Journalisten haben sehr viel von guten Absichten, aber viel zu wenig Zeit und Fachwissen (und oft noch die falschen Meinungen)

    • Frankfurter Würstchen // 4. August 2015 um 20:22 // Antworten

      „und oft noch die falschen Meinungen“ … >andere Meinungen< wäre mir lieber, denn dann erhebt man sich nicht über Andere. Wer meint, es gäbe "falsche Meinungen" der impliziert damit (oft unbewusst natürlich) es gäbe Menschen zweiter Klasse. Ich weiß schon Christoph, so hast du das nicht gemeint. Aber ich finde es wichtig, andere Meinungen, auch wenn sie fundamental von meiner Meinung sich unterscheiden, zu akzeptieren. Nur dann bin ich auch in der Lage den Anderen zu überzeugen von meiner Meinung.

      Hier passt ein Zitat von Evelyn Beatrice Hall um Voltaires Einstellung zu Claude Adrien Helvétius zu charakterisieren: "Ich verachte Ihre Meinung, aber ich gäbe mein Leben dafür, dass Sie sie sagen dürfen."

      • Benjamin Bitcoin // 5. August 2015 um 14:12 //

        Eine Meinung die auf eindeutig falschen Tatsachen wie in dem Artikel beruht die kann doch nur falsch sein. Wie soll man sich mit Falschinformationen eine sinnvolle Meinung bilden?

  5. Da ist was dran. Jede Meinung hat ihre Berechtigung, davon bin ich großer Fan … falsch ist da in der Tat das falsche Wort. Eventuell wäre „verengt“ oder so treffender …

    • Name required // 5. August 2015 um 9:50 // Antworten

      Auch das wäre wieder eine – im Sinne der Freiheit – unzulässige Wertung.
      Genauso wie dieses hier: „Den Namen der Zeitung wollen wir nicht nennen, da der Verlag hinter ihr ein Gesetz lobbyiert hat, das das Verlinken verbietet.“
      Erstens ist das falsch und zweitens sollte man dennoch nach journalistisch korrekten Standards vorgehen. Wenn man sich auf ein Medium bezieht, sollte man es auch nennen, das gebetet schon der Respekt vor den Lesern, die mit einer solchen Aussage wenig bis nichts anfangen können. Außerdem werden hier Berichterstattung und Meinung wieder einmal vermischt. Ein seriöser Journalist/Blogger würde entweder eine möglichst neutrale Berichterstattung machen, oder seinen Beitrag als „Meinung“ oder „Kommentar“ kennzeichnen.

      • Hmm … das wird jetzt etwas paradox. Man wird sich doch wohl erlauben dürfen, Meinungen zu bewerten. Man muss sie deswegen ja nicht verbieten wollen. „Falsch“ ist vielleicht etwas pauschal, da auch ohne Argumente, während „verengend“ eher zeigt, wo das Problem ist.

        Das Leistungsschutzrecht schafft bei mir als Blogger ein gutes Stück Rechtsunsicherheit, da es nie vollkommen klar ist, ab wann genau ein Link + Zitat nun abmahnbar ist. Aus diesem Grund verzichte ich einfach auf den Link und den Namen der Zeitung. Das ist aber eine persönliche Ansicht von mir.

  6. Bastian Lipp // 5. August 2015 um 15:18 // Antworten

    Alleine die Methodik der Studie lässt schon Zweifel an den Fähigkeiten der „Forscher“ zu. Die Vorstellung, Suchtrends ließen einen Rückschluss auf das Interesse der Anfragenden zu, setzt voraus, dass der Suchende eben tatsächlich zu diesem Zweck recherchiert. Gerade in Bezug auf Bitcoin dürfte die Anzahl der Suchanfragen von bspw. Vertretern der Presse aber signifikant dazu beitragen, solche Trends zu schaffen. Wer über Bitcoins recherchiert, will sicherlich auch wissen, ob die Gerüchte, dass diese ja ohnehin nur für Drogen genutzt würden, zutreffen. So schafft sich die Boulevardpresse durch die eigenen Recherchen den Trend, den sie als Argumentationsgrundlage braucht.
    In diesem Sinne, googeln wir mal alle ein wenig nach „Axel Springer schlecht recherchiert“ 😉

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