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Die wichtigsten Fragen und Antworten zur möglichen Fork durch XT

fork@@ von jiunn kang too via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die von Mike Hearn eingeleitete Fork des Bitcoins durch den alternativen Clienten XT schafft Tatsachen in einer endlos erscheinenden Debatte um den Anstieg der Blockgröße – stiftet aber auch Verwirrung. Wir versuchen in einer kleinen FAQ ein wenig Orientierung für alle zu geben, die nicht genau wissen, wie sie reagieren sollen.

Bitcoin XT

Was ist Bitcoin XT?
Bitcoin XT ist kein neuer Client, sondern eine Art inoffizieller Patch für Bitcoin Core, den Mike Hearn eingeführt hat. Bitcoin XT implementiert Änderungen, die es nicht in die offizielle Version von Bitcoin Core geschafft haben, benutzt aber ansonsten den Code von Bitcoin Core. Indem man Bitcoin XT benutzt, kann man für diese Änderungen stimmen und sie, sofern sie kompatibel zu Bitcoin Core sind, auch benutzen. Bitcoin XT erhält damit die Rolles eines demokratischen Korrektivs.

Wie kann ich XT benutzen?
Sie müssen XT herunterladen und installieren. Das ist auch schon alles.

Muss ich dafür nochmal die Blockchain runterladen?
Nein. XT ist kein neuer Client, sondern lediglich ein Patch für Bitcoin Core. Sofern Sie also bereits Bitcoin Core installiert haben, müssen Sie keine Blockchain herunterladen. Sie können XT einfach starten. Wenn Ihnen nicht mehr danach ist, XT zu benutzen, können Sie einfach wieder stattdessen Core starten. Bitcoin XT verändert (derzeit) weder die Blockchain noch die Software von Bitcoin Core.

Was ist an XT anders als an Core?
Bitcoin XT hat mehrere Änderungen gegenüber Core implementiert:

  • Die prominenteste Änderung betrifft die Blockgröße. Bitcoin XT hat BIP 101 von Gavin Andresen implementiert. Dieses plant, frühestens am 11. Januar 2016 die Größe der Blöcke auf 8 MB anzuheben, sofern 75 Prozent der Miner dem vorher durch eine Nachricht in der Coinbase zugestimmt haben.
  • Eine zweite Änderung ist das Melden von Double Spends. Bitcoin XT hat ein Feature eingebaut, welches das erste beobachtete Double Spend anzeigt und die Möglichkeit gibt, dieses zu melden, um Betrug zu vermeiden.
  • Bitcoin XT unterstützt das “querying von UTXO”. Dies ermöglicht es, partielle (unvollständige) Transaktionen zu schreiben, wie sie etwa das Crowdfunding Programm Lighthouse benutzt, um eine Transaktion zu schreiben, die erst unter gewissen Bedingungen abgeschlossen wird.
  • Bitcoin XT ändert den DNS Seed, der die Liste von Nodes führt. Es fügt unter anderem den Seed von Mike Hearn hinzu
  • Bitcoin XT hat einige Features implementiert, die Bitcoin resistenter gegen DoS-Angriffe machen sollen

Wer ist Mike Hearn?
Mike Hearn ist ein ehemaliger Softwareingenieur von google, der sich bereits seit 2010 für Bitcoin engagiert. Er hat unter anderem die Java-Anwendung BitcoinJ geschrieben, die zur Grundlage für viele Projekte wie etwa multibit wurden. Nachdem er viele Beiträge zum Bitcoin Kerncode eingebracht hat, hat er mit XT seine eigene Version geschrieben, die auf Bitcoin Core übergestülpt wird. Während sein Beitrag für Bitcoin über allen Zweifel erhaben ist, steht er teilweise unter Kritik, weil er beispielsweise eine Art Black- bzw. Whitelisting von Bitcoin-Adressen vorgeschlagen hat.

Ist Mike Hearn der einzige Entwickler von Bitcoin XT?
Nein, jeder, der sich berufen fühlt, kann Vorschläge für XT einreichen. Insgesamt haben bereits 300 Mitglieder Vorschläge eingereicht, aber nur neun davon mehr als 100. Mike Hearn ist der Moderator und Verwalter des Codes – er entscheidet gemeinsam mit Gavin Andresen, welcher Vorschlag in den Code kommt. Falls sie sich nicht einig sind, entscheidet Mike Hearn. Er veröffentlicht auch die neuen Versionen.

Bitcoin XT als Wahlzettel

Worüber stimme ich ab, wenn ich Bitcoin XT benutze?
Wenn Sie Bitcoin XT benutzen, stimmen Sie dafür, dass die Änderungen, die Eingang in XT, aber nicht in Core gefunden haben, zu einem Teil des offiziellen Bitcoins werden. Die meisten Änderungen betreffen Details, das BIP zur Blockgröße ist jedoch ein heikles Thema, das die Community seit Monaten erhitzt.

Welches Gewicht hat meine Stimme?
Ihre Stimme geht als ein Knoten ins Netzwerk ein. Wenn Sie mehrere Knoten betreiben, können Sie auch mehrere Stimmen abgeben. Insgesamt gibt es im Bitcoin-Netzwerk rund 6.000 Knoten. Von daher hat Ihre Stimme schon eine gewisse Bedeutung. Allerdings ist Ihre Stimme als Knoten nur symbolisch – Sie zeigen damit, dass Sie größere Blöcke befürworten. Ob sie eingesetzt werden, hängt von der Zustimmung der Miner ab.

Kann ich auch als Miner abstimmen?
Ja, als Solominer sowieso. Aber da vermutlich niemand mehr Solomining betreibt, müssen Sie einen Pool finden, der XT unterstützt. SlushPool beispielsweise lässt seine User wählen, mit welchem Clienten sie minen.

Wann gibt es ein Ergebnis der Abstimmung?
Voraussichtlich Anfang 2016.

Wo kann ich mich über eine Prognose informieren?
Auf der Webseite XT Nodes erfahren Sie, wie viele Knoten Bitcoin XT und Bitcoin Core benutzen.

Die Hardfork

Wann kommt es zum Hardfork?
Wenn – und nur wenn – sich 75 Prozent der Miner für Gavin Andresens Vorschlag aussprechen, die Blockgröße auf 8 MB zu erhöhen, wird Bitcoin XT diesen Vorschlag ab dem 11. Januar 2016 umsetzen. Ab dann sind Bitcoin Core und Bitcoin XT nicht mehr vollständig kompatibel.

Was ist ein Hardfork?
Ein Hard Fork spaltet einen Code in zwei Versionen, die nicht bzw. nur eingeschränkt kompatibel sind. Im Falle der größeren Blöcke ist der Hard Fork eine Änderung im Protokoll, die nicht abwärts kompatibel ist: Ältere Clients verstehen diese Änderung nicht und verwerfen im Zweifel einzelne Transaktionen oder Blöcke als ungültig, falls diese nicht unter den Bedingungen der älteren Clienten gültig sind. Mehr über einen Hardfork finden Sie in diesem ausgezeichneten Gastartikel.

Werden sich meine Bitcoins verdoppeln?
Eigentlich nicht. Ihre Bitcoins werden weiterhin gültig sein, sowohl als Core-Coin als auch als XT-Coin, und an sich sollten beide Versionen des Clienten die Transaktionen des anderen akzeptieren. Da die Transaktionen allerdings bei beiden Versionen in andere Blöcke wandern, dürfte es Synchronisierungsschwierigkeiten zwischen den Blockchains geben, wodurch sich die Möglichkeit für double spends eröffnen könnte.

Was wird das Ergebnis des Hardfork sein?
Es gibt drei Szenarien, worauf ein Hardfork hinausläuft:

  1. Es wird zwei Arten von Bitcoins geben: Bitcoin Core und Bitcoin XT. Diese Variante birgt das größte Chaos-Potenzial in sich, da es möglicherweise double-spend-Szenarien gibt, es die Akzeptanz von Bitcoins durch Börsen und Zahlungsdienstleister erheblich verkompliziert und ein Auseinanderklaffen der Marktpreise Bitcoin noch unübersichtlicher machen wird. Die Spaltung des Bitcoins als Resultat ist der Grund, weshalb eine Hard Fork ohne Konsens den Bitcoin möglicherweise sogar vernichten kann.
  2. Bitcoin Core setzt sich durch: Die Mehrheit der Miner, Börsen, Zahlungsdienstleister und Knoten verwirft Bitcoin XT. In diesem Fall bleibt alles beim Alten.
  3. Bitcoin XT setzt sich durch: Die Mehrheit der Miner, Börsen, Zahlungsdienstleister und Knoten akzeptiert Bitcoin XT. In diesem Fall wird Bitcoin XT zum neuen Bitcoin.

Kann ich meine Bitcoins verlieren
Ja! An sich gilt zwar eine Transaktion von Bitcoin Core auch bei Bitcoin XT und andersherum, aber da die Buchführung der beiden Clienten beim Fortgang eines Forks immer weiter auseinanderklafft, können die Clienten Probleme bekommen, Transaktionen vom anderen Client zu verifizieren. Dies kann unter Umständen dazu führen, dass empfangene Transaktionen rückwirkend ungültig werden, falls sich der andere Client durchsetzt.

Diese Unsicherheit kann auch zu einem Wertverlust der Bitcoins führen. Wegen der Komplexität des Themas empfiehlt es sich, während des Forks in jedem Fall besonders vorsichtig zu sein.

Wie kann ich mich vor Verlusten schützen?

Passivität ist in dieser Beziehung der beste Schutz. Coins, die während des Forks nicht bewegt werden, sind grundsätzlich sicher. Problematisch wird es allerdings, wenn Sie Coins empfangen, da diese unter bestimmten Voraussetzungen später nicht mehr gültig sein werden. Sie sollten in diesem Fall in einem Blockexplorer in beiden Blockchains prüfen, ob die Coins doppelt ausgegeben wurden.

Pro und Contra

Warum brauchen wir größere Blöcke?
Die Größe der Blöcke entscheidet, wie viele Transaktionen Bitcoin prozessieren kann. Das Limit von 1MB je Block wurde von Satoshi als Schutz vor Spam und DoS-Angriffen eingeführt. Es limitiert die Anzahl von Transaktion auf 3-7 je Sekunde. Derzeit ist dies noch weitgehend unproblematisch, da die Blöcke im Durchschnitt 0,4 bis 0,7 MB groß sind. Da sich die Blockgröße in den letzten zwei Jahren je Jahr allerdings verdoppelt hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass Bitcoin damit in nicht allzu ferner Zukunft an diese Grenze stoßen wird. Daher herrscht weitgehende Übereinstimmung, dass man die Größe der Blöcke erhöhen muss.

Warum haben die Kernentwickler die Blöcke noch nicht vergrößert?
Es gibt eine Vielzahl von Gründen, weshalb die Kernentwickler bislang noch keine größeren Blöcke implementiert haben. Unter anderem:

  • Sie sind sich nicht einig, wie hoch das neue Limit sein soll
  • Sie sehen diverse technische Hindernisse und Risiken
  • Sie halten eine Erhöhung der Blocksize für keine nachhaltige Lösung, um Bitcoin skalierbar zu machen
  • Sie wollen größere Blöcke noch ausführlicher testen und simulieren
  • Sie halten das Thema noch nicht für so dringlich, um aktiv zu werden. Von der Programmierung her ist das Anheben des Limits trivial, weswegen im Fall der Fälle relativ rasch und flexibel gehandelt werden kann.

Welche Risiken haben größere Blöcke?
Es ist weitgehend unklar, wie das Netzwerk auf größere Blöcke reagieren wird. Mögliche Risiken sind:

  • Größere Blöcke können DoS-Angriffe ermöglichen
  • Die Anforderungen an Festplattenspeicher und Bandbreite steigen, um einen Knoten zu betreiben. Damit könnte die Zahl der Knoten abnehmen und Bitcoin sich weiter zentralisieren
  • Größere Blöcke brauchen länger, um sich im Netzwerk zu verbreiten. Damit steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Miner verwaiste Blöcke finden. Mining wird damit (noch) unrentabler, was zu einer weiteren Zentralisierung des Minings führen kann
  • Möglicherweise beeinträchtigen größere Blöcke die Synchronisierung des Netzwerkes

Welche anderen Vorschläge gibt es?
Es gibt noch drei weitere Vorschläge für eine Erhöhung der Blockgröße, die allerdings im Vergleich zum Vorschlag von Gavin Andresen sehr konservativ ausfallen. BIP 100 möchte die Größe der Blöcke ab dem 11. Januar 2016 alle 3 Monate um den Faktor 0,5-2 erhöhen, sofern 90 Prozent der Miner zustimmen. BIP 102 soll die Größe der Blöcke am 11. November 2015 auf 2 MB anheben und damit den Entwicklern Luft verschaffen, nachhaltige Lösungen zu entwickeln. BIP 103 möchte ab Januar 2017 die Größe der Blöcke um 17,7 Prozent im Jahr steigern.

Über Jonathan Harkort (32 Artikel)
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9 Kommentare zu Die wichtigsten Fragen und Antworten zur möglichen Fork durch XT

  1. Vielen Dank für die tolle Zusammenfassung! 🙂

  2. Super Danke Vielmals

  3. Toller Beitrag, vielen Dank!

  4. Vielen, vielen Dank für die Erklärung! Jetzt weiß ich etwas mehr, beruhigen tut mich das allerdings nicht.

  5. Danke. Gut zu verstehen. Es bleibt spannend.

  6. Zu neutral geschrieben!
    Welche ist die Position von bitcoin.de?

    • Ich würde mich mal aus dem Fenster lehnen und denken, dass bitcoin.de sowie Großteil der Tauschbörsen und Unternehmen folgende Meinung vertreten:
      1. Blockgrößenerweiterung -> JA, unbedingt!
      2. Abspaltung zu BitcoinXT -> NEIN, dies sollte vermieden werden!

    • Ich selbst kann nicht die Position von bitcoin.de erklären. Ich würde aber sagen, dass Tony Ford ziemlich gut liegt. An sich ist bitcoin.de für eine Erhöhrung der Blockchain (was aber nicht zwingend 8 MB sein muss), nimmt aber die Bedenken der Gegenseite ebenfalls sehr ernst. Eine tatsächliche Fork dürfte für unsere Programmierer ein kleiner Alptraum sein (aber auch eine Herausforderung, die durchaus zu meistern ist)

    • was mich halt etwas wundert ist die große Sturheit und Trägheit der Bitcoin-Entwickler abseits des BitcoinXT. Man könnte die Blockgröße theoretisch auch gänzlich freigeben, wie es bereits bei diversen Altcoins der Fall ist und wie man sieht NICHT zu einer Aufblähung führt.
      U.a. würden im Falle einer Auflähung die Miner reagieren und z.B. nicht mehr jede Transaktion durchlassen und eine Mindestgebühr erwarten, weil mit zunehmender Blockgröße auch die Rechenkomplexität steigt, was sicherlich nicht im Sinne der Miner ist oder andersgesagt den Minern kostet.

      Die Blockgröße dennoch nach oben zu limitieren wie es im BIP101 von Gavin Andresen vorgeschlagen wird, halte ich doch für einen guten und vor allem relativ sicheren Weg.
      Würde sich dann ernsthaft herausstellen, dass die Limits zu groß sind oder zu negativen Nebeneffekten führen, so kann man ggf. später immer noch mit einer erneuten HardFork reagieren, denn Änderungen sind ja nicht in Stein gemeiselt.

      So wie es viele der Kernentwickler aber momentan tun, nämlich in einer abwartenden Haltung verharren, halte ich für alles andere als zielführend.

1 Trackback / Pingback

  1. Warum XT und BIP101 so gefährlich sind | BitcoinBlog.de – das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

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