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Ascribe gibt den Urhebern die Macht über ihre Werke zurück

Das Berliner Startup ascribe lizensiert digitale Kunstwerke durch die Blockchain. Tausende von Künstlern haben sich bereits ihr geistiges Eigentum gesichert, zahlreiche Marktplätze nutzen die APIs des Startups, und von Investoren gab es vor kurzem 2 Millionen Euro. Wird das Protokoll von ascribe zum neuen Standard der digitalen Urheberrechte?

Die Idee zu ascribe entstand nach dem Besuch einer Gallerie. Trent und Masha McConaghy tranken einen Kaffee, und Trent erzählte seiner Frau von der Blockchain. Danach wechselten sie das Thema, zumindest dachten sie das, und redeten über Kunst, das Digitale und die Frage, weshalb es immer noch keinen nennenswerten Markt für digitale Kunstwerke gibt.

In diesem Moment wurde den beiden klar, dass sie womöglich eine Lösung für eines der größten Probleme des gegenwärtigen Kunstmarktes gefunden hatten. „Es ist so schräg. Wir leben im digitalen Zeitalter, aber es gibt so gut wie keinen digitalen Kunstmarkt. Es wird viel darüber diskutiert, aber der Elefant im Zimmer, das Problem, das jeder sieht, aber für das niemand eine Lösung kennt, ist, dass es keine Knappheit und damit keinen Kunstmarkt gibt,“ meint Trent.

Warum, fragt Trent, kann man ein digitales Kunstwerk nicht so besitzen, wie man einen Bitcoin besitzt? Bei einem Kaffee nach einem Galleriebesuch entstand damit eine Idee, aus der mittlerweile eines der aufregendsten und erfolgreichsten Blockchain-Startups der Welt geworden ist: ascribe.io.

Der Kern der Lösung ist die Blockchain

Trent, der sich mit künstlicher Intelligenz und Kreativität beschäftigt, und Masha, die Ausstellungen kuratiert, begannen, ihre Vision zu verwirklichen. Ihr Wohnort Berlin war ein guter Ort, um zu starten, da hier sowohl Startups als auch Kunst stark präsent sind. Mit Bruce Pon gründeten die beiden ascribe.io und entwickelten ein Konzept. „Der Kern der Lösung ist die Blockchain. Digitale Kunst soll dem Künstler gehören, wie einem ein Bitcoin gehört.“ Denn ein Bitcoin unterscheidet sich in einem wesentlichen Punkt von allen anderen digitalen Dingen: Es gibt ihn nur einmal. Er ist so knapp wie ein physisches Ding. Wenn digitale Kunstwerke so wären wie der Bitcoin, dann könnte der Kunstmark endlich im digitalen Jahrhundert ankommen.

Für Trent liegt die Lösung in der Blockchain. Die Blockchain ist eine gigantische Verifizierungsmaschine, die Eigentum festhält, Eigentumstransfers prozessiert und dokumentiert und sich dabei niemals irrt. Nur – wie bringt man digitale Kunst in die Blockchain?

Trent dachte nach, sprach mit Experten und entwickelte ein Konzept, das mittlerweile die Urheberrechte von Tausenden von Künstlern schützt. „Wir schützen keine Inhalte, sondern Titel. Der Künstler hält das Urheberrecht durch einen Zeitstempel in der Blockchain fest. Das ist so ähnlich wie die Unterschrift, mit der Künstler früher ihre Werke signiert haben. Mit einer Bitcoin-Transaktion überträgt man dann den Besitz einer Edition. Die Bitcoin-Adresse ist dabei die ID einer Edition und der private Schlüssel der Beweis, dass man sie besitztz.“ Dank der Blockchain hängt das geistige Eigentum nicht am Fortbestehen eines Unternehmens ab, und es ist vollkommen transparent, von wem zu wem eine Edition transferiert wird.

Gute alte Verträge

Die Blockchain ist zwar ein wichtiger Teil der Lösung – aber eben nur ein Teil. „Als wir uns mit der Idee auseinandersetzten, wurde uns klar, dass es ohne Verträge nicht geht. Um ein Werk zu kaufen oder zu verleihen, brauchen Künstler oft einen Anwalt und müssen tausende von Euro bezahlen, um das geistige Eigentum zu bekommen.“ Daher beschäftigt ascribe auch einen Urheberrechts-Anwalt, der einen Vertrag aufgesetzt hat. „Einen guten alten Vertrag, der definiert, was es bedeutet, ein geistiges Eigentum zu besitzen, zu übertragen, auszuleihen und so weiter.“ Dieser Vertrag ist Bestandteil von ascribe. Künstler, die ihre Werke auf der Webseite hochladen, bekommen damit das geistige Eigentum und definieren, wie das Werk weitergegeben werden kann.

Eine weiterer Teil der Lösung sind Bots, die das Internet durchstreifen. „Wir geben dem Künstler das Gefühl, dass er die Kontrolle hat, wenn er sein Werk in die wilden Weiten des Netzes entlässt.“ Dazu entwickelt Trent Algorithmen, die das Internet nach dem Werk durchsuchen, um dem Künstler zu zeigen, was mit ihm passiert.

Bitcoin unter der Haube

Mittlerweile ist ascribe.io online. Tausende von Künstlern haben bereits ihre Werke über die Blockchain lizensiert. Ascribe arbeitet mit Creative Commons France zusammen, um CC-Lizenzen durch die Blockchain zu sichern, viele Marktplätze für digitale Kunst nutzen die APIs des Startups, und sogar das MAK, ein traditionelles Museum aus Wien, hat ascribe genutzt, um Werke zu schützen. Einige Investoren finden das Projekt so vielversprechend, dass ascribe 2 Millionen Euro Investment-Kapital erhalten hat.

Die Plattform ist extrem einfach zu benutzen: Anmelden, Kunstwerk hochladen, Lizenzbestimmungen angeben. „Wir sind kein Marktplatz,“ erklärt Trent, „sondern eher ein Webservice für digitale Urheberrechte. Bei uns kann man ganz einfach seine Werke schützen lassen, um sie danach zu verkaufen. Man kann definieren, wie viele Editionen es für von einem Kunstwerk gibt. Denn die Knappheit ist ein Proxy für den Marktpreis eines Werkes.“ Die Künstler, die ihre Werke von ascribe schützen lassen, müssen selbst einen Käufer finden und mit diesem einen Kaufvertrag aushandeln. Ist der Deal abgeschlossen, bekommt der Käufer von ascribe eine E-Mail mit einem Link, über den er das gekaufte Werk entgegennehmen kann. Die ID der Edition ist, wie gesagt, die Bitcoin-Adresse und der Beweis des Besitzes der private Schlüssel. Allerdings benötigen weder Künstler noch Käufer eine Bitcoin-Wallet. Bitcoin steckt unter der Haube, ist der Motor, der das geistige Eigentum schützt, aber für die Beteiligten nicht zu sehen. „Der private Schlüssel ist ein Derivat aus dem Passwort des Nutzers bei Ascribe. Da alles Open Source ist, gilt dies unabhängig von ascribe.“

Grenzenlose Möglichkeiten

Wie man ascribe verwendet, obliegt den Künstlern. Der Digitalkünstler Jonathan Monaghan aus New York gibt beispielsweise limitierte Editionen seiner Kunstwerke heraus, die sich in der Besitzkette auf ihn zurückverfolgen lassen, während der Autor Toby Downton für seine Fans 25 limitierte Editionen seines neuen Romans „Solarversia“ über ascribe festgesetzt hat und der Photograph James C. Lee die Plattform nutzt, um besser zu kontrollieren, was mit seinen Photographien passiert. Johanna R., eine junge Berliner Designerin, schützt dagegen ihre Entwürfe, bevor sie sie auf Marktplätzen anbietet, und der Videokünstler Vance Pon sichert seine Urheberrechte, während er mit Videoplattformen über die Nutzung seines Videos verhandelt. Andere Firmen haben ihre Logos per ascribe geschützt.

Die Möglichkeiten sind nahezu grenzenlos.  Per ascribe können Designer ihre Entwürfe sichern, neu entwickelte Schriften lizensieren und mehr. Betrachtet man das derzeitige rasante Wachstum der Plattform, ist es durchaus möglich, dass ascribe zum neuen Standard wird, um Urheberrechte zu schützen und die Mission von Trent zu erfüllen: „Wir wollen den Urhebern helfen, die Macht über ihre Werke zurückzugewinnen.“

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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2 Kommentare zu Ascribe gibt den Urhebern die Macht über ihre Werke zurück

  1. Name (required) // 24. September 2015 um 15:28 // Antworten

    wiedermal ein wunderbar erklärter Artikel. Vielen Dank!

  2. bloggerschmidt // 24. September 2015 um 20:46 // Antworten

    Danke für den guten Artikel und den Hinweis zu diesem Service. Ascribe lässt sich in der Tat ganz einfach bedienen. Soeben konnte ich erfolgreich mein E-Book als Urheber schützen. Welch‘ ein guter Service! Ascribe schliesst hier eine Lücke, die das DRM nur unzulänglich schliessen wollte. Die Blockchain-Technologie fasziniert mich immer mehr. Ach ja: Der Service von Ascribe war sehr schnell, kompetent und freundliche. Einfach gut.

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