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Bitcoin auf dem Weg zur Reservewährung?

Barbados. Bild von Berit Watkin via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Zwei barbadische Wirtschaftswissenschftler raten ihrer Zentralbank, darüber nachzudenken, kleine Anteile der Devisenreserven in Bitcoins zu halten.

Jetzt, wo der IWF den Yuan in den Korb der Reservewährungen aufgenommen hat, könnte eine gute Zeit sein, darüber nachzudenken, wie man Währungskörbe kreativer gestaltet.

In Barbados, einem eher kleinen Inselstaat in der südlichen Karibik, empfehlen zwei Ökonomen der Zentralbank einen ungewöhnlichen Schritt: Sie fragen „Sollten Kryptowährungen in das Portfolio der Devisenreserven integriert werden, welches die Zentralbank von Barbados hält?„. Winston Moore und Jeremy Stephen raten der Zentralbank, genau darüber nachzudenken. Die Zahlen, die ihre Forschungen liefern, sind gewagt optimistisch.

Moore und Jeremy forschen an der Universität von Westindien in Brigdetown. Die Zentralbank gibt die Studie in ihren Working Papers heraus und veröffentlicht sie auf ihrer Webseite.

Barbados Dollar: Wechselkurse werden durch Devisenreserven unterstützt. Bild von Mark Morgan via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Barbados Dollar: Wechselkurse werden durch Devisenreserven unterstützt. Bild von Mark Morgan via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Devisenreserven

Devisenreserven erfüllen im Portfolio einer Zentralbank mehrere Funktionen: Sie sind hilfreich, wenn man mit dem Ausland handelt, sie stützen den Wechselkurs der eigenen Währung und sie schützen die ganze Volkswirtschaft vor spekulativen Angriffen.

Barbados hat noch weniger Einwohner als Island und ein BIP von weniger als 8 Milliarden Dollar. Für eine kleine und sensible Volkswirtschaft sind Devisenreserven wichtig.

Moore und Stephen gehen davon aus, dass ein wertstabiles und an Wert gewinnendes Portfolio an Devisenreserven gut ist. Sie fragen, ob der Bitcoin in einem solchen Portfolio eine Rolle spielen könnte. In ihrer Studie untersuchen sie, wie sich der Wert der Bitcoins im Portfolio entwickeln könnte und ob die Kryptowährung die Volatilität der Reserven insgesamt erhöhen würde.

Bitcoins

Moore und Stephen schreiben: „Während die Vorteile [von Bitcoins] für private Nutzer und Geschäftsleute wegen der geringeren Gebühren und der einfacheren Nutzung auf der Hand liegen, sind die potenziellen Leistungen von digitalen Währungen in den Devisenreserven eines Landes noch unerforscht.“

Spannende Frage: Lohnt es sich, gerade für kleine Volkswirtschaften, ein paar Bitcoins in die Reserven zu packen? Sagen wir, wie Moore und Stephen, 0,01 Prozent, 1 Prozent oder 5 Prozent des Portfolios. Die beiden Wissenschaftler haben zu dieser Frage zwei Szenarien simuliert:

(1) ein „Was wäre gewesen, wenn …“ Modell: Was wäre mit dem Portfolio passiert, wenn der Bitcoin zu kleinen Anteilen ab 2009 im Währungskorb gewesen wäre?

(2) eine Prognose: Was könnte bis 2025 passieren, wenn die Zentralbank noch heute beginnt, Bitcoins aufzunehmen?

(1) Was wäre passiert, wenn die Zentralbank von Barbados 2009 Bitcoins gekauft hätte?

In der kontrafaktisch-rückblickenden „Was-wäre-gewesen-wenn“-Simulation haben die Ökonomen berechnet, wie sich der Devisenkorb als Ganzes entwickelt hätte, wenn Bitcoins seit 2009 0,01 Prozent, 1 Prozent oder 5 Prozent des Portfolios gestellt hätten.

Das Ergebnis: Ein so kleiner Teil hätte die Volatilität des Warenkorbs nicht signifikant erhöht. Aber er hätte „die Gelegenheit geboten, die Abwertung der Wechselkurse gegen große Währungen wie Euro oder Pfund auszugleichen.“ Bei einem Anteil von 0,01 Prozent Bitcoins wäre die Volatilität des Portfolios von 2009 bis 2015 weitgehend gleich geblieben. Allerdings wären die Bitcoin-Reserven anteilsmäßig gestiegen. Die relative Größe der Bitcoin-Reserven im Warenkorb, verglichen zu anderen Devisen, wäre um 20 Prozent gewachsen.

„Mit nur 0,1 Prozent der Reserven in Bitcoin wären deren Guthaben (engl: balances) Ende April 2015 mehr als doppelt so hoch wie der gegenwärtige Betrag. Mit 1 Prozent in Bitcoins wäre er 19 Mal so hoch, und mit relativ beträchtlichen 5 Prozent einige hundert Mal größer.“

Ich kann, ehrlich gesagt, die Mathematik nicht ganz nachvollziehen. Aber die Aussage ist klar: Bitcoins wären stärker gewachsen als jede andere Devise im Korb. Damit wächst das Portfolio als Ganzes – was gut ist – aber der Bitcoin wird immer bedeutsamer – was etwas unheimlich ist.

(2) Was machen Bitcoin-Anteile mit den Devisenreserven bis 2025?

Ein Würfelwurf ist Zufall, aber 10.000 Würfe ergeben ungefähr 35.000 Augen. Die Monte-Carlo-Simulation errechnet für mathematische Probleme, auf die es keine eindeutige Anwort gibt, ein Spektrum der Annährungsversuche. Indem man mittels moderner EDV viele verschiedene Ereignisse durch viele verschiedene Modelle schubst, kann man erahnen, wie Planeten im Sternenstaub entstehen und was die Erderwärmung mit dem Ozean macht. Oder eben: wie sich ein Korb Devisen mit einem kleinen Anteil Bitcoins bis 2025 entwickeln KÖNNTE.

Moore und Stephen haben die Zukunft der Devisenreserven simuliert. Dazu haben sie aus bekannten historischen Mustern zufällige Schocks auf die Wertentwicklung der Währungen im Allgemeinen generiert und viele zufällige Szenarien durchgespielt. Wie schon bei (1) gingen sie davon aus, dass Bitcoins einen bestimmten, geringen Anteil der Devisen ausmachen.

Das Ergebnis: Die Gefahr von Verlusten, die das erste Investment in Bitcoins übersteigen, ist in den ersten Jahren sehr gering, wächst aber langfristig. Es steht in keinem Verhältnis zu den möglichen Gewinnen.

„Wenn man von historischen Mittelwerte und Standardabweichungen ausgeht, wächst der Wert des Portfolios [in Bitcoin] von 27.000 Dollar im Mai 2005 auf 224 Millionen Dollar Ende 2025,“ so die beiden Ökonomen. In einer Tabelle, deren Zustandekommen ich nicht nachvollziehen kann, haben die Forscher die schlechtesten und besten Aussichten für Verluste/Gewinne durch den in Bitcoin gehaltenen Teil des Portfolios nebeneinander gestellt. Langfristig ist das Verhältnis von Verlust zu Gewinn 47:629.953.

Ein Verlust von 27.000 Dollar ist auch für die Zentralbank von Barbados unsignifikant. Ein Gewinn von 224 Millionen dagegen ist spürbar. Bitcoins würden nach dieser Hochrechnung ein Drittel der Währungsreserven von Barbados ausmachen.

Voraussichtliche Wertentwicklung der Devisenreserven mit einem Anteil von 0,01% Bitcoin

Voraussichtliche Wertentwicklung der Devisenreserven mit einem Anteil von 0,01% Bitcoin

Ich bitte Sie, diese Werte nicht wortwörtlich zu nehmen. Ich vermute, die Forscher nehmen an, der Wert des Bitcoins werde genauso weiterwachsen wie die letzten sechs Jahre, was natürlich eine fragwürdige Basis für ein Investment wäre. Das bedeutet aber nicht, dass die Kernaussage falsch ist: Das Verhältnis von potenziellen Verlusten und Gewinnen ist bei Bitcoins extrem unausgewogen. Wer 1.000 Dollar einsetzt, kann nicht mehr als 1.000 Dollar verlieren, aber er kann, selbst wenn das Wachstum abflacht, mehr als 10.000 Dollar gewinnen – und hat langfristig noch eine Absicherung gegen Inflation. Im Grunde – finde ich – sollte eine kleine Menge Bitcoins ein Teil von jedem vernünftigen Portfolio sein. Nur meine persönliche, alles andere als unbefangene Ansicht.

Zurück zu Moore und Stephen. Deren Hochrechnung zeigt, dass die Volatiliät des Portfolio (mit Bitcoin) bis 2018 weitgehend konstant. Da die Wertentwicklung der Bitcoin-Anteile aber die der anderen Währungen weit übertrifft, steigt der Anteil der durch Bitcoins vertretenen Werte im Portfolio – das hatten wir vorhin schon mal – und damit auch die Volatilität der Devisenreserven als Ganzes.

Bitcoin als Instrument internationaler Transaktionen

Abschließend empfehlen die Autoren der Zentralbank, solche geringfügigen Anteile in Bitcoins zumindest in Betracht zu ziehen. „Die genannten Erkenntnisse zeigen, dass Zentralbanken wegen der hohen Volatilität vorsichtig sein sollten, jetzt zu viel in digitale Währungen zu investieren. Kleine Beträge im Portfolio können jedoch zu signifikanten Gewinnen führen.“

Moore und Stephen denken auch darüber nach, ob die Zentralbank anfangen sollte, Bitcoins zu minen, raten aber wegen der schlechten Investment-Return-Verhältnisse davon ab. Sinnvoller wäre es, mit Bitcoins auf internationalen Börsen zu handeln.

„Es wäre klug, wenn die Zentralbank von Barbados aktiv auf Bitcoin-Börsen handelt, während sie sich darauf konzentriert, Werkzeuge zu entwickeln, um Kryptowährungen über die Blockchain zu überweisen. Der wichtigste Zweck davon wäre es, die gegenwärtigen SWIFT und RTGS Systeme zu ersetzen oder zu ergänzen. Die überwiesenen Kryptowährungen wären nicht mehr als ein Handelsmechanismus, derdie Guthaben zwischen Verkäufer und Käufer verschiedener Währungen auszugleicht. Wenn beispielsweise die Zentralbank von Barbados wünscht, Barbadische Dollar gegen US-Dollar zu tauschen, könnte sie in Echtzeit Bitcoins im selben Wert kaufen und gegen US-Dollar verkaufen. Angesichts der Effektivität und unerreichbaren Geschwindigkeit des Blockchain Protokolls wären die Inflations- und Marktrisiken effektiv minimiert.“

Ist das der Beginn eines Umdenkens?

Über Christoph Bergmann (2801 Artikel)
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6 Kommentare zu Bitcoin auf dem Weg zur Reservewährung?

  1. Ähhm ja, und das ist sicher ernst gemeint? Also, mir als (ehemaligem) Wissenschaftler, stellen sich da doch etwas die Haare zu Berge. Eine Monte Carlo-Simulation aus historischen Daten zu BTC, nicht schlecht, die Eier muss man erstmal haben 😀
    Ich will damit nicht in Frage stellen, dass es durchaus sinnvoll sein kann, für Zentralbanken BTC zu halten, aber aus den Geburtswehen einer neuen Währung Daten für eine Simulation der Zukunft ableiten zu wollen, ist wie aus dem Kaffeesatz lesen… ohne Kaffeesatz…

    • Sicherlich, wiederum gibt es weltweit keine andere Währung welche eine weitreichendere Deckung anbietet als Bitcoin, denn Bitcoin gibt es mittlerweile in nahezu jedem Land dieser Welt.

  2. Werner Müller // 1. Dezember 2015 um 22:04 // Antworten

    Dann werde ich im Juni 2022 Bitcoin kaufen. Danke für den Tipp. Klar, dass die seriöseste „Währung“ dieser Welt, auch die besten und fähigsten Wissenschaftler anzieht.

    • Eine Mensch ohne Niveau würde sagen: Krass alter. Du hast echt kein Leben du Opfer. Troll geh arbeiten und hör auf deine Tastatur zu Foltern.

  3. BTC im Portfolio einer Zentralbank zu halten könnte interessant sein für Länder wie Argentinien deren Währung sich durch Inflation ständig abwertet. Es lohnt sich einen Blick auf die historische Kursentwicklung des Argentinischen Peso bei Wikipedia:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Argentinischer_Peso

    Da die Aufgabe einer Zentralbank nicht darin besteht Gewinne einzufahren, sondern den Wert der eigenen Währung (im Vergleich zu anderen) möglichst stabil zu halten, würde man den Anteil von BTC im Währungskorb bei deren Wertezuwachs einfach reduzieren damit eine festgelegte Grenze von z.B. 1% nicht überschritten wird. Im Falle Argentiniens währe ein 5% Anteil wohl eher angebracht.. 🙂 Der Barbados-Dollar ist übrigens seit 1975 an den USD gekoppelt.

    • Name required // 3. Dezember 2015 um 9:08 // Antworten

      Jede herkömmliche Währung ist inflationär angelegt, nicht nur der Argentinische Peso. Deshalb hat die EZB ja derzeit auch solche Probleme, weil das Leben der Theorie einfach nicht folgen will und die Inflation nicht wie gewünscht bei ~2% liegt. Mal sehen, welches Geschütz die EZB heute deshalb noch aufbringt.
      Das revolutionäre an BTC ist, dass er eben nicht inflationär angelegt ist. Insofern ein Gegenmodell zu den herkömmlichen Währungen und könnte für die Menschen ein gutes Gegenmittel sein, den Wertverlust ihres persönlichen „Bruttoinlandsprodukts“ zu begrenzen. Ein Korb aus Kryptowährungen könnte also ein durchaus gutes Ausgleichsmodell auch für Zentralbanken sein, ihre Währungen abzusichern. Denn der Vorteil ist, dass bei den Kryptowährungen durch die Demokratisierung der Zugänge zu deren „Kapitalmärkten“ eine ganz andere Minderung der Risiken stattfindet. Alles noch Zukunftsmusik, klar, da derzeit die Volumina noch viel zu gering sind, um eine entsprechende Rolle spielen zu können. Doch beim Internet haben diverse „Auguren“ anfänglich ja auch gesagt, das brauche doch keiner …

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