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Wo passiert Bitcoin?

Realtime Bitcoin Globe. Quelle: blocks.wizb.it

Europa, Nordamerika oder China – wo ist am meisten Bitcoin-Aktivität? Wo geschieht unsere Währungsrevolution? Wo wird am meisten gemined und getraded, wo am häufigsten mit Bitcoins bezahlt? Diese Fragen sind schwierig zu beantworten und zeigen, wie vielschichtig das Bitcoin-Netzwerk ist. Wir haben bereits jetzt eine internationale Arbeitsteilung. Ein Versuch der geographischen Verortung des Bitcoins mit vielen Daten, Statistiken und Karten.

Bitcoin ist ein so internationales Phänomen, dass die Frage, wo er verortet ist, etwas lächerlich wirkt. Ist es überhaupt wichtig, wo Bitcoin passiert? Vielleicht nicht – aber es ist interessant.

Wer einen Node hat, kann sich einen ersten Eindruck verschaffen, indem er seine peers anschaut und deren IP-Adressen googelt. Ich habe so herausgefunden, dass ich Kontakt zu Knoten aus Deutschland, Frankreich, der Niederlande, Tschechien, der Türkei, der Schweiz, der USA, Kanada, Argentinien und Brasilien habe. Bitcoin passiert also überall auf der Welt. Aber nicht überall gleich.

Knoten

Man kann Bitcoin als ein Netzwerk von Knoten definieren. Knoten, die die Blockchain speichern und Transaktionen verifizieren und weiterleiten. Demnach wäre Bitcoin da, wo die meisten Knoten sind. Auf der Weltkarte der Bitcoin-Knoten sieht man ein recht eindeutiges Bild: Bitcoin überschneidet sich mit der Nato-Region.

Weltkarte der Bitcoin-Nodes. Quelle: Bitnodes.21.co

Weltkarte der Bitcoin-Nodes. Quelle: Bitnodes.21.co

Genauer gesagt: USA (1990), Deutschland (803), Frankreich (427), Niederlande (349), Kanada (279) – diese Top-5-Länder sind die Heimat von rund 2/3 aller Knoten. Zählt man noch einige weitere europäische Ländern hinzu (Schweden, Spanien, Italien, Tschechien, Ukraine, Russland) hat man schon mehr als 80 Prozent aller Knoten. Es gibt zwar in mehr als 90 Ländern Bitcoin-Nodes, aber der Schwerpunkt liegt klar in Europa und Nordamerika, während Asien, Afrika und Süfamerika kaum eine Rolle spielen. Die Bitcoin-Knoten spiegeln so gesehen die „alte“ Weltordnung vor dem Aufstieg Chinas. Diese Verteilung von Knoten ist über 12 Monate hinweg äußerst konstant.

Verteilung der Nodes auf Länder im 1-Jahres-Chart. Quelle: Bitnodes.21.co

Verteilung der Nodes auf Länder im 1-Jahres-Chart. Quelle: Bitnodes.21.co

Man kann noch ein Stück genauer werden und erfassen, wieviele Nodes es je Einwohner gibt. Besser gesagt: je Millionen Einwohner. Das verändert das Ergebnis ein wenig. Hier einige Beispiele:

Island 21,21
Niederlande 20,9
Schweden 14,2
Deutschland 9,5
Frankreich 6,3
USA 6,1
Australien 3,9
Polen 1,3
Russland 1,2
Italien 0,7
Brasilien 0,13
China 0,08

Transaktionen

Wo genau Transaktionen gesendet werden, ist relativ schwer zu sagen. Denn zahlreiche Transaktionen werden von Online-Wallets oder Light-Wallets abgesendet und erreichen das Bitcoin-Netzwerk erst über einen Stellvertreter-Nodes – z. B. von blockchain.info oder von einem Electrum-Server. Das bedeutet, die Person, die Transaktionen benutzt, könnte überall sein, und es ist zu vermuten, dass die Herkunft der Transaktionen der Herkunft der Nodes ähnelt. Trotz dieser Einschränkung möchte ich eine Echtzeit-Karte des Bitcoin-Systems auf blocks.wizb.it anschauen.

Realtime Bitcoin Globe. Quelle: blocks.wizb.it

Realtime Bitcoin Globe. Quelle: blocks.wizb.it

Diese 3D-Karte verortet Transaktionen und neu gefundene Blöcke geographisch. Die meiste Zeit über bestätigt sie das bereits aus den Transaktionen gewonnene Bild: Transaktionen gehen vor allem von den USA, Deutschland, England, der Niederlande und Frankreich aus ins Netz.

Die Karte zeigt aber auch die erste Abweichung vom Schema: Blöcke werden am häufigsten von China aus ins Netz entlassen. Womit wir bei den Minern wären.

Mining

Gelegentlich hört man, dass das Bitcoin-Mining fast komplett nach China ausgewandert ist. Wenn wir die Miner betrachten, sind wir mit derselben Unsicherheit konfrontiert wie bei den Transaktionen: Miner schicken die Blöcke nicht direkt ins Netzwerk, sondern über Pools. Wir können also nicht sagen, wo die Miner wohnen, sondern nur, wo die Pools sind, die sie vertreten. Und hier ist das Bild recht eindeutig:Die Verteilung der Hashrate nach Miningpools. Quelle: blockchain.info

Die Verteilung der Hashrate nach Miningpools. Quelle: blockchain.info

Dieses Tortendiagramm bestätigt die These von der Konzentration in China: F2Pool (25%) in China, Antpool (20%) in China, BTCC Pool (16%) in China, BW.Com (10%) in China und so weiter. Wer bei den Mining-Pools auf eine internationale Verteilung gehofft hat, dürfte schwer enttäuscht sein.

Wir wären demnach also in der Lage, dass die Nodes in Nordamerika-Europa sind und die Miner in China. Internationale Arbeitsteilung.

Handel

Bitcoin passiert, könnte man auch sagen, dort, wo mit Bitcoins gehandelt wird. Wenn es danach geht geschieht Bitcoin auf den ersten Block erneut in China. Das zeigt etwa die Seite fiatleaks.com, die – unter einem stark irreführenden Titel – illustriert, wo auf den Börsen mit Bitcoins gehandelt wird.

Fiatleaks illustriert, wo Bitcoins gekauft und verkauft werden. Fiatleka

Fiatleaks illustriert, wo Bitcoins gekauft und verkauft werden. Fiatleaks

Wenn man hier ein Weilchen zuschaut, wird man sehr sehr viel Aktivität in China finden, ein wenig in den USA und so gut wie gar nichts in Europa und dem Rest der Welt. Schauen wir uns zur Konkretisierung die Statistiken des Handelsvolumen der Börsen an:

Ein Tortendiagramm zur Verteilung des Bitcoin-Handels nach Börsen. Quelle: Bitcoinity.org

Ein Tortendiagramm zur Verteilung des Bitcoin-Handels nach Börsen. Quelle: Bitcoinity.org

Das Ergebnis ist sensationell eindeutig: die zwei volumenstärksten chinesischen Börsen huobi und okcoin decken zusammen 91% des weltweiten Bitcoin-Handels ab. Danach folgt BTCChina (rot) – ebenfalls chinesisch – mit gut 2%. Die umsatzstärksten Dollar-Börsen Bitfinex und Bitstamp machen nur 1,2% bzw. 0,4% des Welthandels aus. Der Beitrag aller Euro-Börsen zusammen dürfte bei weniger als 1% liegen. Der Bitcoin-Handel liegt, so die Aussage dieses Charts, fast komplett in China.

Allerdings ist die Sache nicht so einfach und dieser Chart nicht wirklich aussagekräftig. Denn auf den chinesischen Börsen wird mit 0 Prozent Gebühr gehandelt, wodurch ein einzelner Bitcoin deutlich öfter gekauft und verkauft wird als auf Dollar- und Bitcoin-Börsen. Bitcoinity hat darum eine Rangliste der Börsen gebaut, die sie entsprechend der Markttiefe der Orderbooks – also des Volumens der Kauf- und Verkaufangebote – bewertet. Dieser Chart sieht vollkommen anders aus:

handel_orderbooks

Zu sehen ist nun ein vom Dollar dominierter Markt (beinah 60%), gefolgt von Chinesischen Yuan und Euro (beide rund 15%). Britische Pfund und Schwedische Kronen spielen noch eine gewisse Rolle sowie (weinrot) polnische Zloty.

ATMs

Eine Alternative zum Handel auf Börsen ist es, Bitcoins an Bitcoin-ATMs (Bitcoin-Geldautomaten) zu verkaufen. Auf coinatmradar.com finden wir eine Karte mit weltweiten ATMs.

Weltkarte der Bitcojn-Geldautomaten. Quellen: CoinATMRadar

Weltkarte der Bitcojn-Geldautomaten. Quellen: CoinATMRadar

Im Groben bestätigt diese Karte, was wir bisher wissen: Die meisten Automaten sind in der USA – hier vor allem im Nordwesten und in Kalifornien – gefolgt von Europa und – mit einigem Abstand – Fernost. Auffällig ist hier, dass Japan und Australien ungewöhnlich stark und Mainland-China ungewöhnlich schwach vertreten sind (die meisten chinesischen ATMs stehen in Macau und Hongkong). Einschränkend sollte man aber noch hinzufügen, dass das stärkste Bitcoin-Land Europas – Deutschland – in dieser Disziplin aufgrund regulatorischer Einschränkungen komplett aussetzt und damit wohl ganz Europa herunterzieht.

Akzeptanzstellen

Als letzte Metrik schauen wir uns die Anzahl von Akzepanzstellen an. Denn Bitcoin passiert schließlich dort, wo Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptiert wird, oder? Ein unendlich wertvolles Werkzeug hierfür ist coinmap.org, eine Weltkarte mit Bitcoin-Akzeptanzstellen.

Karte der Bitcoin-Akzeptanzstellen.

Karte der Bitcoin-Akzeptanzstellen.

Diese Karte bestätigt erneut, was wir schon aus der Anzahl der Nodes sowie der Herkunft der Transaktionen wissen: Die USA und Europa liegen vorne. Was aber auffällt, ist, dass Südamerika überproportional vertreten ist und China, verglichen mit den anderen Metriken, bemerkenswert schwach dasteht. Dies dürfte daran liegen, dass die Chinesische Zentralbank die Nutzung von Bitcoins als Zahlungsmittel verboten hat.

Schauen wir uns noch die einzelnen Weltregionen genauer an:

akzeptanzstellen_europa

Die Europakarte bestätigt das bereits bekannte Bild erneut: Schwerpunkte liegen in Großbritannien, der Niederlande und Deutschland. Auffällig mag hier sein, dass Tschechien und die Schweiz vertreten sind, während es in Frankreich eher düster aussieht.

akzeptanzstellen_amerikas

Auch in den Amerikas gibt es nicht so viel neues: Sehr viele Akzeptanzstellen an der Ostküste und in Kalifornien. Was auffällt, ist eine unerwartet starke Präsenz in der Karibik. Die Südamerika-Karte ist unvollständig, einige weitere Hotspots liegen in Sao Paulo, Rio de Janeiro und Brasilia (Brasilien) sowie in Buenos Aires, Cordoba (Argentinien) und Santiago (Chile).

akzeptanzstellen_asien

Und zuletzt schauen wir uns noch Asien im Detail an. Die Verbreitung ist überall relativ dünn, verglichen mit Europa und den USA. Gemessen an der Bevölkerungsdichte dürfte Australien noch die höchste Anzahl an Akzeptanzstellen haben. China spielt aufgrund gesetzlicher Beschränkungen so gut wie keine Rolle, Japan, Südkorea und Hongkong haben für Fernost die höchste Dichte an Akzeptanzstellen, aber auch in Indonesien, Thailand und auf den Philippinen kann man in einigen Shops mit Bitcoins bezahlen.

Fazit

Braucht ihr wirklich ein Fazit? Ich denke, die dargereichten Daten sollten für sich sprechen. Aber für die, die eine Zusammenfassung wollen: Sowohl was Knoten, Transaktionen als auch Akzeptanzstellen angeht, passiert Bitcoin vor allem in den USA und in Europa, hier mit Hotspots an der US-Ostküste, in Kalifornien, Großbritannien, der Niederlande und Deutschland. Die Mining-Pools konzentrieren sich in China, der Handel, je nach Metrik, in Dollar oder chinesische Yuan. Während Europa, die USA und China die Infrastruktur des Bitcoins in Form von Nodes und Minern bereitstellen, scheinen Südamerika und Teile Asiens wie Indonesien, Japan und die Philippinen vor allem Interesse an Bitcoin als Zahlungsmittel zu haben.

 

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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8 Kommentare zu Wo passiert Bitcoin?

  1. „Wo passiert Bitcoin?“

    Christoph, dieses Denglisch macht mich sprachlos.

    • Komm‘ schon. Sprache ist ein Spielplatz 🙂

      (ist im übrigen kein Denglisch, sondern eher meine eigene Sprach-Verhunzung. Ich habe irgendwann Gefallen daran gefunden, Dinge passieren zu lassen)

      • Immer diese Rechtschreib Nazis!!! Immer weiter so Herr Bergmann!

      • Ps: Steam scheint auch Pläne zu haben Bitcoin als Zahlungsmittel einzuführen 🙂 Eventuell kannst du dich ja mal einlesen, habe gerade keine Zeit.

        Lg

      • Required // 18. Februar 2016 um 0:22 //

        Bitte nicht.
        „Schwerpunkte liegen in der USA“ und „der Niederlande“. Da kriegt man ja das Grausen!

  2. Sehr informativ und gut lesbar. Zur dargestellten Verbreitung auf den Philippinen erinnere ich mich an ein Kreuzfahrterlebnis.
    Philippinische Servicekräfte auf einem Kreuzfahrtschriff erzählten, dass sie ihr hart verdientes Geld mit Bitcoin ohne Bankgebühren an ihre Familie transferieren können. Vergesse nicht, wie ein Philippino sagte „vorher habe ich einen Tag pro Monat nur für die Bank-Transferspesen gekellnert und musste einen Landgang machen“. Für diese „underbanked“ Länder ist Bitcoin eine gute Sache.
    Kleiner Hinweis, die Währung SDG steht für Singapur Dollar, nicht Schweden Krone.

  3. Interessante Statistik von BitPay zeigt, dass Südamerika und Europa zuletzt stark zugelegt haben. Nicht zu vergessen auch Afrika.

    http://cointelegraph.com/news/half-year-report-60-of-worlds-bitcoin-merchants-are-using-bitpay

  4. Heinrich K. // 19. Juni 2016 um 1:51 // Antworten

    Ich bin verblüfft wie weit vorn Deutschland liegt. Wo die Deutschen doch normalerweise wenig technikaffin sind und alles Neue gern meiden. Auch gibt es bei uns in Deutschland wenig billige und schnelle Internetzugänge.

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