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Ethereum 2.0: Eine Kette, die stärker ist als ihre Glieder

Ethereum 2.0, oder Serenity, kommt näher. Vitalik Buterin erklärt die beiden Kernkonzepte, durch die Ethereum grenzenlos skalieren soll, während die Knoten gleichzeitig auf ein handelsübliches Laptop passen.

An sich ist es Wahnsinn, was Ethereum betreibt. Bitcoin prozessiert bekanntlich Guthaben und Transaktionen durch seine Blockchain, die, weil sie alles speichern muss und nichts vergessen darf, bereits jetzt mit 80 Gigabyte aus allen Nähten platzt. Die Ethereum-Blockchain geht noch darüber hinaus. Sie speichert und prozessiert nicht nur Guthaben und Transaktionen, sondern auch Verträge, Token und Programme.

Dass das so nicht gutgehen kann, ist auch Ethereum-Chefentwickler Vitalik Buterin klar. In seinem Mauve-Paper räumt er ein:

Weil jeder vollwertige Knoten im Netzwerk den gesamten Status des Systems speichern und jede einzelne Transaktion prozessieren muss, kann das Netzwerk niemals stärker sein als ein einzelner Computer.

Einen „Weltcomputer„, eine Weltdatenbank von Transaktionen, Verträgen und Guthabe kann man nicht auf einem einzelnen Computer betreiben. Das wissen alle Beteiligten. Derzeit, mit 50-60.000 Transaktionen am Tag, funktioniert Ethereum noch ganz gut, auch wenn die Blockchain bereits jetzt schon zu schnell wächst, um nachhaltig dezentral zu bleiben. Um das große Potenzial zu verwirklichen, das Ethereum hat, muss die Blockchain stärker werden als ihre schwächsten Glieder – ohne dabei diese Glieder zurück zu lassen.

Die Ethereum-Entwickler arbeiten bereits an einer Lösung. Im Lauf der kommenden zwölf Monate soll – muss! – Ethereum radikal reformiert werden und von der derzeitigen Homesteadt-Phase über Metropolis in die Serenity-Phase übergehen. Die beiden maßgeblichen technischen Konzepte für diesen Übergang skizziert Vitalik Buterin.

Proof of Stake: Caspar

Proof-of-Stake selbst ist kein neues Konzept. Es wurde erstmals von Sunny Kings Peercoin eingeführt, um das Problem des gigantischen Energiebedarfs des Bitcoins zu lösen. Denn Proof-of-Work, das Konzept, mit dem Bitcoin die „Wahrheit“ der Blockchain prüft, besagt, dass die Bitcoin-Miner durch das Lösen ansonsten sinnfreier kryptographischer Rätsel um das Recht konkurrieren, einen Block zu bilden und dafür eine Belohnung zu erhalten. Letzendlich führt Proof-of-Work zu einem gewaltigen Energieverbrauch. Je nach Schätzung verbraucht Bitcoin so viel Strom Dänemark oder Irland.

Wie Proof-of-Stake dieses Problem löst, erklärt Vitalik Buterin:

Proof of Stake kann man sich als eine Art ‚virtuelles Mining‘ vorstellen: während die User in Proof-of-Work echte Dollar ausgeben, um echte Computer zu kaufen, die Strom verbrauchen und stochastisch Blöcke mit einer Rate produzieren, die ungefähr proportional zu den verbrauchten Kosten ist, geben die Users in Proof-of-Stake echte Dollar aus, um virtuelle Coins in dem System zu kaufen, und dann nutzen sie einen Mechanismus des Protokolls, um diese virtuellen Coins in virtuelle Computer umzutauschen, die vom Protokoll simuliert werden, um stochastisch Blöcke mit einer Rate zu produzieren, die ungefähr proportional zu den verbrauchten Kosten ist. Proof of Stake reproduziert also exakt dieselben Effekte, jedoch ohne Strom zu verbrauchen.

Offensichtlich ist Proof-of-Stake wesentlich weniger energiehungrig als Proof-of-Work und daher umweltfreundlicher. Weniger offensichtlich sind die weiteren Vorteile: So senkt Proof-of-Stake etwa die Zugangshürden zum Mining, da weder die Anschaffung von Spezialhardware noch der Betrieb von Mining-Rigs notwendig ist, sondern man lediglich Coins in der Wallet „staken“ lassen mss. Effektiv ist Proof-of-Stake eine Verzinsung der Einlagen. Noch weniger offensichtlich – und technisch nicht ganz trivial – ist, dass Proof-of-Stake, wie Vlad Zamfir von der Ethereum-Foundation erklärt, kürzere Blockinterwalle – und damit mehr Durchfluss – erlaubt als Proof-of-Work, einige Mining-Angriffe ausschaltet und auch Light-Client-freundlicher ist.

Aus diesen Gründen ist Proof-of-Stake schon lange Teil der Ethereum-Roadmap. Die in Block 200.000 – also bereits im Januar – aktivierte Difficulty-Bomb erhöht die Schwierigkeit des Minings exponentiell. Bislang ist davon kaum etwas zu spären, aber zwischen Frühjahr und Sommer 2017 wird sich die Dauer der Blockgenerierung kontinuierlich erhöhen, bis Ende des kommenden Jahres das Erzeugen von Blöcken nahezu unmöglich geworden sein wird. Bis dahin MUSS der Übergang zu Proof-of-Stake gelingen. Erfolgen soll dieser durch sogenannte Caspar-Verträge, mit denen sich die „Validatoren“ das Recht kaufen, Blöcke zu prüfen und zu bilden.

Wie es genau funktionieren soll, hat Vitalik Buterin bereits Ende 2015 auf dem Blog der Ethereum-Foundation erklärt. Im Mauve-Paper legt er nun nach, konkretisiert einige Details des recht komplexen Konzeptes und nennt erste Zahlen, wie etwa ein Blockinterwall von 4 Sekunden.

Daneben – und vielleicht vor allem – ist Proof-of-Stake die Grundlage für das nächste Konzept, das für die Skalierbarkeit von Ethereum essenziell istt: das Sharding.

Sharding

Sharding selbst ist nichts neues. Das Konzept leitet sich von „shard“ – Scherbe – ab und meint in der Architektur von Datenbanken, dass man eine Datenbank in verschiedene Partitionen zerlegt und diese auf verschiedenen Servern speichert. Dies verbessert offensichtlich die Performance der Datenbank sowie von Suchanfragen.

Dass man durch das Sharding, also das Zerlegen einer Blockchain in einzelne Scherben, diese stärker als ihre einzelnen Computer machen kann, ist recht einfach nachzuvollziehen. Allerdings weiß noch niemand so recht, wie das funktionieren soll und ob es überhaupt möglich ist. Schließlich ist die Einheit der Blockchain ja gerade das, was sie auszeichnet.

Vitalik Buterin notiert, dass …

… die Erforschung, wie man Sharding für Blockchains anwendet, bis jetzt sehr begrenzt ist. Der grundlegende Ansatz ist eine Architektur, in der Knoten durch ein globales Validatoren-Set (in unserem Fall erzeugt durch Proof of Stake) zufällig spezifischen ’shards‘ zugewiesen werden. Jede shard prozessiert Transaktionen in verschiedenen Teilen des States parallel, um so zu gewährleisten, dass die Arbeit unter den Knoten verteilt ist, anstatt von allen erledigt zu werden.

Muss man nicht im Detail verstehen. Die grundlegende Idee ist es, in die Caspar-Verträge die Funktion einzubauen, dass eine zufällige Zuweisung von Validatoren an einzelne Partitionen der Blockchain bzw. der Transaktionen stattfindet, damit diese nicht mehr die komplette Verifizierung aller Transaktionen und die Ausführung aller Verträge leisten müssen, sondern nur noch einen Teil davon.

Proof-of-Stake wird damit also zur Grundlage, um die Last der Blockchain auf verschiedene Knoten zu verteilen. Während Vitalik Buterin die grundlegende Funktionsweise in seinem Paper skizziert, nennt er einige noch offene Frage. So ist er etwa noch nicht damit zufrieden, wie die Kommunikation von Knoten und Verträgen über die Shards hinweg ablaufen soll. Auch die Frage, wie zu verhindern ist, dass eine Mehrheit der Validatoren eine unerwünschte Transaktion verhindern, ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht beantwortet.

Trotz dieser kleinen Einschränkungen ist das Mauve-Paper eine eindrucksvolle Zusammenstellung von Konzepten, die die Skalierung einer Blockchain mit sämtlichen Funktionen auf ein bisher ungeahntes Niveau ermöglichen können, ohne die Dezentralisierung der Knoten übermäßig einzuschränken. Da die Difficulty-Bomb schon tickt, bleibt nicht mehr viel Zeit, diese Konzepte Wirklichkeit werden zu lassen. Die Ethereum-Entwickler haben noch viel zu tun.

Über Christoph Bergmann (2801 Artikel)
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6 Kommentare zu Ethereum 2.0: Eine Kette, die stärker ist als ihre Glieder

  1. „So ist er etwa noch nicht damit zufrieden, wie die Kommunikation von Knoten und Verträgen über die Shards hinweg ablaufen soll.“
    „Über die Shards hinweg“ meint Verträge, die über mehrere Shards verteil sind? Dass sich also die Knoten für die verschiedene Shards untereinander austauschen? Schon recht unmöglich, wenn ich das auf BitcoinTalk nachvollziehen kann. Wenn es „über hinweg“ noch etwas gibt, viel mir das noch nicht auf.

    Was ist überhaupt ein „Mauve-Paper“? Ich kenne White-Papers & Yellow-Papers, Mauve soll was bedeuten?

  2. Passend zu Casper gibt´s jetzt eine White-Paper für
    „first Provably Secure Proof of Stake Algorithm“:
    https://eprint.iacr.org/2016/889.pdf

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