Das Bitcoin-Jahr 2016

Zum Jahresausklang lassen wir das Bitcoin-Jahr 2016 Revue passieren. Im ersten Teil des Jahresrückblicks versuche ich, für jeden Monat ein markantes Ereignis zu finden.
Logisch. Ich bin subjektiv. Ich habe nicht über alles geschrieben. Und die Auswahl des Top-Ereignisses eines jeden Monats ist auch immer zugleich die Auswahl, was kein Top-Ereignis ist. Dabei geht mit Sicherheit das eine oder andere unter, und das eine oder andere wird überbewertet. Aber ich hoffe dennoch, dass die folgende Liste die Highlights des Jahres gut wiedergibt.
Januar: Blocksize-Kriege
Kein Thema hat uns in diesem Jahr so sehr beschäftigt, und kein Thema hat so viele Kontroversen ausgelöst. Am vielleicht heftigsten hat der Blocksize-Streit im Januar getobt. Während die Core Entwickler auf Segregated Witness setzen und Core Entwickler Jonas Schnelli im Interview erklärt, warum, bilden sich mit Classic und Unlimited zwei alternative Bitcoin Clients. Und Mike Hearn nimmt wutentbrannt seinen Abschied. Definitiv das Thema des Januars.
Februar: Steam akzeptiert Bitcoins

XCOM: Ein Topseller bei Steam. Bild von Joshua Livingston via flickr.com. Lizenz: Creative Commons
Mit der Spiele-Plattform Steam hat eine der wichtigste Institutionen des Internet überhaupt im Februar Bitcoins akzeptiert. Tolle Nachricht!
März: Bitcoin-Miner in Venezuela verhaftet

Innenstadt von Valenzia. Bild von Periergeia. Lizenz: Creative Commons
Als die Polizei in Venezuela im März zwei Bitcoin-Miner verhaftete, lenkte das den Blick auf ein Land, das Bitcoin mehr brauchen kann als jedes andere: Das von der Hyperinflation geplagte Venezuela. Da in dem südamerikanischen Land zudem die Stromkosten enorm günstig sind, war Venezuela zeitweise eine Hochburg des Bitcoin-Minings.
April: OpenBazaar geht live
Mit OpenBazaar ging im April der erste wirklich freie, dezentrale Marktplatz der Welt online. OpenBazaar ist ein dezentrales Netzwerk von Händlern, die lokal, auf ihrem Computer, einen Shop betreiben, und Kunden. Bezahlt wird mit Bitcoins; Smart Contracts schützen vor Betrug. Auch wenn der kommerzielle Erfolg weiterhin begrenzt ist, ist OpenBazaar eines der spannendsten Projekte des Bitcoin-Universums.
Mai: Craig Wright behauptet, er sei Satoshi
Im Mai sorgte der Australier Craig Wright für einen denkwürdigen Skandal. Wright hatte zuerst Gavin Andresen, Ian Grigg und Jon Matonis überzeugt, dass er der anonyme Bitcoin-Erfinder Satoshi sei. Dann hatte er sogar einen vermeintlichen kryptographischen Beweis dafür live im Fernsehen aufgeführt. Da die Beweise, die er öffentlich vorgelegt hatte, jedoch eher dünn waren und nach Manipulation rochen, glaubte ihm so gut wie niemand. Wright kündigte zwar an, die frühen Bitcoins als Beweis zu bewegen, zog sich aber dann doch zurück. Im Zuge des Dramas verlor Gavin Andresen so viel Ansehen unter den Entwicklern, dass Core Maintainer Wladimir van der Laan ihm seine Commit-Rechte entzog.
Juni: Der DAO-Hack
Im Mai als Smart Contracts auf der Ethereum-Blockchain erschaffen, stieg die DAO zum größten Crowdfunding-Projekt aller Zeiten auf. Nachhaltiger wirkte jedoch der Hack der DAO im Juni. Einem Hacker gelang es, fast die kompletten Ether-Guthaben in der DAO auszusaugen, womit er kraft Ether-Besitz zur wichtigsten Person im Ethereum-Universum wurde. Die Ethereum-Entwickler entschieden sich daraufhin, durch eine Hardfork die DAO insgesamt unwirksam zu machen und den Einfluss des Hackers damit zu vernichten. Diese Fork führte jedoch dazu, dass sich mit Ethereum Classic die ursprüngliche Blockchain abspaltete. Seitdem gibt es zwei Ethereum.
Juli: Happy Halving

Zeche bei Bochum, aufgenommen von x1klima, geteilt über flickr.com. Lizenz: Creative Commons
Im Juli kam es zu einem seit langem erwarteten Ereignis: dem Halving der Belohnung der Miner. Anstatt 25 erhalten die Miner seitdem nur noch 12,5 Bitcoins für die im Durchschitt alle zehn Minuten gefundenen Blöcke. Dem Halving wird eine wohltuende Wirkung auf die Preisentwicklung nachgesagt, was man rückblickend durchaus bestätigen kann. Dass sich der Preis im Juli so gut wie gar nicht bewegt hat, beweist, wie gut Märkte in der Lage sind, mit Angebot-Schocks umzugehen, wenn diese schon vorher bekannt sind. Die vielleicht entscheidenden Effekte des Halvings lagen im Juli in einer effektiven Halbierung der Kosten von Bitcoin-Transaktionen …
August: Der BitFinex-Hack

“Hacker” by Mikael Altemark from flickr.com. License: Creative Commons 2.0
Mit BitFinex wurde im August die zu diesem Zeitpunkt wichtigste Dollar-Börse gehackt. Man könnte auch sagen, die vielleicht wichtigste Börse der Welt. Besonders bemerkenswert war dies, weil BitFinex ein eigentlich als sicher gedachtes Multi-Sig-Verfahren nutzte. Nicht weniger bemerkenswert war die anschließende Sozialisierung der Verluste sowie die Kompensation der Gläubiger durch BitFinex-Coins.
September: Ethereum unter Beschuss und im ICO-Fieber

war memorial. Bild von mike138 via flickr.com. Lizenz: Creative Commons
Nachdem Ethereum den DAO-Hack und die Hardfork einigermaßen überstanden hatte, begann ein Hacker im September, die Blockchain mit Spam-Transaktionen anzugreifen. Dieser Angriff hielt bis Mitte Oktober an, indem der Hacker immer eine neue Schwachstelle fand. Zur gleichen Zeit begannen immer mehr Startups, die Token auf Basis der Ethereum-Blockchain zu nutzen, um Projekte zu finanzieren. Noch während Ethereum im Kriegszustand mit dem Hacker war, begann also ein ICO-Goldrausch.
Oktober: Scaling Bitcoin in Mailand

Die Politecnico di Milano – fotografiert von Christoph Bergmann.
Im Oktober erlebte ich mein persönliches Highlight des Bitcoin-Jahres 2016: Ich besuchte die Scaling Bitcoin Konferenz in Mailand. Dort lernte ich, wie Privacy und Scalability zusammenhängen, welche Rolle Schnorr-Signaturen und das UTXO-Set im Kontext Scaling spielen – und dass abseits des Konsens eine soziale Fork stattfand. In Mailand entschied sich der Chef von ViaBTC, mit Unlimited zu minen, womit die ForkWars in die nächste Runde gingen. Auch als Core am Ende des Monats eine neue Version veröffentlichte, die das lang ersehnte SegWit aktivieren kann, hielten die Kriege an.
November: Indien schafft Bargeld ab – Bitcoin-Preis erreicht Allzeithoch auf indischen Börsen

Kann das ohne Bargeld funktionieren? Markt in Indien. Foto von Liv Unni Sødem via flickr.com. Lizenz: Creative Commons
Die indische Regierung zog im November 86 Prozent der Banknoten aus dem Verkehr, um den Schwarzmarkt einzudämmen. Für die Bitcoin-Börsen des Landes, die schon in den Monaten zuvor ein rasantes Wachstum erlebt hatten, begann damit der Wahnsinn. Indien entdeckte den Bitcoin, und die Kryptowährung wurde auf dem Subkontinent zu erheblich höheren Preisen als im Westen gehandelt. Möglicherweise war dieser Zug der Regierung einer der Auslöser für die Jahresendrally, die Bitcoin nun erleben sollte.
Dezember: Bitcoin mit Kurs auf Allzeithoch – Finanzindustrie beginnt sich zu begeistern

Weihnachten, fotografiert von “lightinacube” via flickr.com. Lizenz: Creative Commons
Zum Jahresausklang sind die Verhältnisse im Kryptouniversum wieder klar: Bitcoin steuert auf ein neues Allzeithoch zu, während Ethereum dabei ist, nach all den Forks und Hacks zu kollabieren. Im Dezember gibt es mehrere Meldungen, die zeigen, wie sehr Bitcoin als Erfolgsgeschichte aus dem Jahr geht: Ein deutscher Investment-Fond investiert als erster weltweit in Bitcoins, ein Top-Banker wechselt in den Vorstand der Online-Wallet blockchain.info, und der Payment-Provider BitPay berichtet, dass immer mehr Affiliate-Netzwerke Bitcoin nutzen, um die Werbepartner auszuzahlen. Und, ach ja: bei Bitcoin.de erreicht der gewichtete Tageskurs ein neues, absolutes Allzeithoch.
Dass die Geldrevolution Fahrt aufgenommen hat, wird zum Jahresende 2016 kaum jemand mehr bestreiten können. Umso mehr freue ich mich darauf, euch auch im nächsten Jahr auf dem Laufenden zu halten.
Seht interessant, mal so durch die Schlagzeilen von 2016 zu “blättern” – schon wieder ein Jahr rum…
Ob Bitcoin auf Bitcoin.de noch in 2016 900 Euro erreicht, und das Niveau dann auch hält?
Aufgrund der stark begrenzten Blockgröße müsste ja bei stärkerer Popularität ein Stau entstehen, die Transaktionen werden trotz hoher Gebühren nicht mehr bestätigt und die Leute werden Bitcoin wieder hassen und der Preis wird sinken…
Sowas würde vielleicht so oft passieren, bis die Blocksize (nach welcher Regel auch immer) erhöht würde. Und zumindest kurzzeitig für Entspannung sorgen.
Entweder bleiben wir bei kleinen Blöcken und die Währung wird nur was für Hodler und Teure Transaktionen, oder die Blockgröße wird erhöht, was vermutlich zu mehr Zentralisierung führt.
Es war ein spannendes Jahr.
Vielen Dank für Deine sehr gute und ausführliche Berichterstattung!
Viele Grüsse und ein guter Rutsch ins neue Jahr
Markus Bohl
(Altcoinspekulant)