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KI-Hedgefond Numerai gibt eigene Kryptowährung heraus, um Datenminer zu belohnen

Numerais ist der erste Hedgefond, der versucht, die Macht des Schwarm zu nutzen, um eine künstliche Trading Intelligenz zu erschaffen. Seit gestern hat er auch seine eigene Kryptowährung: den Numeraire. Dieser läuft als Smart Contract auf der Ethereum Blockchain.

Gestern hat zum ersten Mal ein Hedgefond eine eigene Währung herausgegeben. “Vor einer Stunde haben 12.000 Data Scientists (Datenanalysten) 1 Million Crypto Token erhalten, mit denen sie dafür belohnt werden, eine Hedgefond-KI zu bilden,” so Numerai gestern auf dem Firmenblog.

Das Ziel von Numerai ist es, “das erste Interface zwischen maschineller Intelligenz und globalem Kapital zu bilden.” Numerai ist ein “Hedgefond, der von einer Community anonymer Datenaanalysten gebildet wird.” Die Regeln sind einfach: Jeder, der mitmachen will, meldet sich an, lädt eine Zip-Datei mit Trainingsmaterialien für die eigene KI herunter, entwickelt mit diesen ein Modell für Kurs-Prognosen und gibt anschließend Voraussagen für ein bestimmtes Set an Kursen ab. Wer mit diesen Turnier-Prognosen am besten trifft, erhält einen Preis. Numerai ist also, um es anders auszudrücken, eine Dauerolympiade von KI-Entwicklern.

Dass Hedge Fonds und andere Investmentgesellschaften bereits Machine Learning und Data-Scientists nutzen, um bessere Kurs-Prognosen zu bilden, ist kein Geheimnis mehr. Dass dies aber auf offener, partizipativer Basis geschieht, ist hingegen neu. Bisher waren die Daten von den Fonds und Wall Street Firmen gehütet; sie waren ja deren größtes Kapital; um mit ihnen arbeiten zu dürfen, musste ein Analyst bei diesen Firmen beschäftigt sein. Im datengetriebenen Handel mit künstlichen Intelligenzen klafft eine riesige Informationslücke zwischen denen, die über Datenberge verfügen, und denen, die nicht. Das ist absurd, weil sich zur selben Zeit das Feld der Daten-Analyse durch Open Source Tools, günstige Cloud-Server und Online-Kurse deutlich geöffnet hat.

Numirai ist laut eigenen Angaben der erste Hedge Fond, der seine Daten umsonst herausgibt, damit Mathematiker, Informatiker und Ökonomen damit arbeiten können. Machine Learning und KIs treten in einen Wettkampf, und der Hedge Fonds selbst profitiert davon, indem er die besten Prognosen auf dem Markt umsetzt. Zumindest verstehe ich es so. Vielleicht möchte der Fonds aber auch langfristig profitieren, indem er den weltweit größten Bestand an Modellen für Marktprognosen aufbaut.

Als Anreiz für die Experten, ihre KIs beizusteuern, hat Numerai zunächst Bitcoins verteilt. Dabei zeigte sich jedoch ein Problem, das man spieltheoretisch recht einfach erklären kann: “Es ist nicht rational, deinen Freunden zu empfehlen, Numerai zu benutzen, denn es ist nicht rational, jemand anderem zu helfen, dich auszustechen. Es gibt einen endlichen Betrag an Bitcoin, der jede Woche vergeben wird, was bedeutet, dass wir in einem Nullsummenspiel sind.” Die Belohnung durch Bitcoins führt also zu negativen Netzwerkeffekten: je mehr Leute mitmachen, desto geringer wird die Motivation für weitere Leute, ebenfalls mitzumachen.

Abhilfe soll nun die eigene Kryptowährung bringen, der Numeraire. Er soll die negativen in positive Netzwerkeffekte verwandeln.

Heute hat Numerai 1.000.000 Numeraire Krypto-Token an unsere 12.000 bestehenden Daten-Wissenschafter herausgegeben, entsprechend ihrer vergangenen Performance in Numerai Wettbewerben. Es wird keinen Crowdsale geben. Numeraire können verdient werden, indem man an Numerais Data Science Turnieren teilnimmt. In gewisser Weise werden Numeraire durch Data Mining in Numerais Daten gemined, und die eingereichten Vorhersagen sind der Proof of Work.

Nachdem wir nun 1.000.000 Numeraire ausgegeben haben, wird es sich für die Data Scientists auf Numerai lohnen, dass diese Token mehr anstatt weniger Geld wert sind. Sie haben einen Anreiz, sie wertvoller zu machen. Aber eine Kryptowährung ohne überzeugende Anwendung ist nicht mehr als ein Souvenir ohne ökonomischen Wert. Der ökonomische Wert der Numeraires entsteht durch seine Nutzung innerhalb von Numerai.

Aber wie funktioniert das? Wie verknüpft Numerai den Wert der Token mit dem Erfolg der Plattform?

Wenn ein Daten-Wissenschaftler seine Vorhersagen bei Numerai einreicht, werden diese Vorhersagen gegen die historischen Daten geprüft, und Numerai macht eine Auszahlung, die davon abängt, wie gut diese Modelle die historischen Daten treffen. Allerdings ist für Numerai die live Performance in unseren Hedge Fonds wichtiger als die Performance im Test mit der Vergangenheit. Numeraire zu staken ist daher eine Möglichkeit, einen Anreiz für die live Performance zu setzen …

Dieser Staking Mechanismus, so Numerai ein wenig großspurig, löst “das größte Problem in der quantitativen Finanzwirtschaft; er ist eine Funktion des ökonomischen Zwangs, um die Performance rückwirkender Tests mit der live Performance anzugleichen.” Und zwar passiert das Folgende: Wenn jemand seine Vorhersagen einreicht, kann er auf diesen Vorhersagen Numeraire staken. Dazu sendet er die Numeraire an den entsprechenden Smart Contract auf der Ethereum Blockchain. Anschließend werden die Vorhersagen analysiert. Wenn sie korrekt sind, verdient der Staker Geld. Das bedeutet, seine Numerai vermehren sich. Sind sie schlecht, werden die Token zerstört.

Auf diese Weise sollen also gute Vorhersagen belohnt und schlechte bestraft werden. Darüber hinaus entsteht durch das Staken ein Anreiz, Numeraire zu kaufen. Denn nur mit ihnen kann man sich die Belohnung für gute Vorhersagen abholen. Ob eine Währung allerdings wirklich einen Wert aufbauen kann, einzig und allein, weil man sie benötigt, um mehr Einheiten in ihr zu erzeugen, ist fraglich. Dennoch ist Numerai ein spannendes Projekt für einen futuristischen Hedgefonds, der die Blockchain nutzt, um Anreize für Teilnehmer zu setzen, eine künstliche Trading Intelligenz aufzubauen.

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3 Kommentare zu KI-Hedgefond Numerai gibt eigene Kryptowährung heraus, um Datenminer zu belohnen

  1. Wenn die Begründung bzgl. des “negativen” Netzwerkeffektes Bitcoins von Numerai kam, würd ich mich mal ganz weit von den Leuten fernhalten. Sowohl ein Hedgefond, als auch die Leute, die dieser dort anziehen möchte sollten wissen, dass weniger BTC für den Einzelnen eine allgemein höhere Nachfrage bedeuten und somit die Kaufkraft – der reale Wert – steigt. Jeder versteht es und niemand legt sich lieber 1 Trilliarde Simbabwe Dollar aufs Konto anstatt 10000 USD, obwohl das ja laut den Aussagen dieser Experten auch nur ein “Nullsummenspiel” wäre.

    • “Sowohl ein Hedgefond, als auch die Leute, die dieser dort anziehen möchte sollten wissen, dass weniger BTC für den Einzelnen eine allgemein höhere Nachfrage bedeuten und somit die Kaufkraft – der reale Wert – steigt.”

      Das trifft in dem Fall aber nicht zu, weil der Wert von Bitcoin sich völlig unabhängig von der Teilnahme an diesen Turnieren entwickelt. Für jeden Einzelnen sinkt die Wahrscheinlichkeit, bei einem Turnier Bitcoins zu gewinnen, je mehr Kontrahenten teilnehmen. Die Bitcoins werden dadurch aber nicht automatisch mehr wert, nur weil jeder im Schnitt weniger davon erhalten kann. Nimmt man bspw. an einem Fernsehgewinnspiel teil, dann verändert das ja auch nicht den Wert des Euro, wenn Gewinne statt auf einen auf mehrere Mitspieler verteilt werden.

      Darüber hinaus glaube ich nicht, dass dieses Voraussageprinzip überhaupt funktionieren kann, das verhindert doch allein schon die Reflexivität des Marktes. Angenommen Numerais würde durch geeignete KI-Technologien einen Blick in die Zukunft von Marktbewegungen erhalten. Ziel ist ja offenbar, dies finanziell auszunutzen, dann würde durch die eingenommene Trading-Position der zukünftige Kursverlauf doch bereits verändert werden (Hedgefonds sind durchaus kursbewegende Marktakteure). Würden sie dieses System dann auch noch der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, könnte das ja gleich gar nicht mehr funktionieren.

      • Guter Punkt. Wäre dann nur interessant, ob die Numeraire überhaupt einen Handelswert darstellen werden. Mir wären Bitcoin lieber als “Bezahlung”. Zumal der negative Effekt bei Numeraire wohl auch eintreten dürfte.. Je mehr Teilnehmer, umso besser muss die eigene Voraussage werden. Alternativ könnte man auch unabhängig der Anzahl der Teilnehmer Numeraire ausschütten, was dann aber wiederum einen inflationären Effekt hätte.

        Ihre Schlussfolgerung ist allerdings ebenso interessant. Würde Numerai eine entsprechende Marktkraft aufbauen, käme es wohl zu selbsterfüllenden Prophezeiungen.

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