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Bis zu 3,79 Millionen Bitcoins sind unwiederbringlich verloren. Sagt zumindest eine Untersuchung.

Es ist wahrscheinlicher, ein einzelnes Sandkorn in der Wüste zu finden, als einen verlorenen Bitcoin zu bergen. Bild von Andrey via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die Blockchain-Analyse-Firma Chainalysis spürt eigentlich Verbrecher in der Geschichte der Bitcoin-Transaktionen auf. Gelegentlich gräbt sie aber auch andere Erkenntnisse aus der Blockchain aus – etwa dass rund 20 Prozent aller Bitcoins verloren sind. Diese Behauptung beruht aber auf einigen etwas gewagten Annahmen.

Man muss es einfach zugeben: Die Regel, dass des einen Leid des anderen Freud‘ ist, gilt selten so sehr wie beim Thema verlorene Bitcoins. Wenn man den Schlüssel für Bitcoins verschlampert oder verliert, sind diese für immer in der unendlichen Tiefe der (Un-)Wahrscheinlichkeit versunken. Für den, dem die Bitcoins gehört haben, ist dies irrsinnig ärgerlich – aber für alle anderen ist es, nun ja, erfreulich. Das wusste schon Satoshi, als er sagte, dass „verlorene Coins die Coins von allen anderen ein klein wenig wertvoller machen. Stellt’s es euch als eine Spende an alle vor.“

Klar: Bitcoins haben ihren Wert aus der Knappheit. Und wenn derzeit nicht gut 16,5 Millionen Bitcoins in Umlauf sind, wie es das Protokoll für heute bestimmt, sondern deutlich weniger, ist ein einzelner Bitcoin knapper – und damit in der Theorie auch wertvoller. Dementsprechend dürften viele über die Studie der Blockchain-Analysefirma Chainalaysis jubeln. Behauptet dieses doch, dass 2,8 bis 3,8 Millionen Bitcoins unwiderbringlich verloren sind. Bullisch!

Wie aber kommt Chainalysis zu diesem Resultat? Während es tausend Wege gibt, um einen Bitcoin totsicher zu vernichten, ist es so gut wie unmöglich, valide Annahmen darüber zu bilden, wie viele Bitcoins insgesamt verloren wurden. Dazu müsste man wissen, dass ein Schlüssel für eine Adresse verloren ist. Und wie soll man dies mit Sicherheit wissen?

Um die Anzahl verlorener Bitcoins zu schätzen, hat Chainalysis den bestehenden Bestand nach Alter und Transaktionsaktivität sortiert. Die Daten dafür hat die Blockchain-Analysefirma ja in Hülle und Fülle. Eingeteilt wurden die bestehenden 16,5 Millionen Bitcoins in fünf Gruppen. Chainalyses hat für diese Gruppen erstens die Anzahl der Coins bestimmt und zweitens geschätzt, wie viele davon verloren gegangen sind.

Kategorie Anzahl insgesamt Verloren Prozent Verloren Coins
Frisch geschürft 604.388 0% 0
Transaktionen 6.066.664 2% 121.333
Außer Verkehr („Hodler“) 5.110.898 50% 2.555.449
Strategisches Investment 3.557.539 2% 71.151
Satoshis Coins 1.041.715 100% 1.041.715
Gesamt 16.381.204 3.789.648

Diese Tabelle schreit nach einer Erklärung. Was „frisch geschürft“ meint, ist noch relativ einfach zu verstehen – es meint die Coins, die im Jahr 2017 gemined worden sind. „Transaktionen“ hingegen bezeichnet die Coins, die im Lauf des letzten Jahres bewegt wurden (die Anzahl deutet übrigens auf eine sehr große Velozität bei Bitcoin hin, deutlich größer als bei Fiat-Geld, aber das ist ein anderes Thema). Die Coins der „Hodler“ hingegen wurden vor 2 bis 7 Jahren erzeugt und nach ersten Transaktionen nicht mehr bewegt, während das „Strategische Investment“ Coins meint, die seit 1-2 Jahren gehalten werden. Satoshis Coins ist selbsterklärend und deckt sich mit den Forschungen von Sergio Lerner zum „wohlverdienten Vermögen von Satoshi.“

Weniger klar ist, wie Chainalyses auf die Prozentzahlen zu verlorenen Coins kommt. Die zwei Prozent verlorenen Coins im Transaktions-Segment beruhen, so die Firma, auf Internet-Recherchen zu Usern, die über Verluste berichten, sei es durch misglückte Überweisungen, den Tod oder Nachlässigkeit in der Schlüsselverwaltung. Eine ähnliche Quote wird kurzerhand auch den „Strategischen Investoren“ zugeschrieben.

Der Prozentsatz der von den Hodlern verlorenen Coins ist mit 50 Prozent ein Maximum. Die Untergrenze legt Chainalyses bei 30 Prozent fest. Wie die Firma darauf kommt, ist mir ein Rätsel. Eventuell wurden Berichte über verlorene Bitcoins gesammelt, wie sie in den Jahren bis 2012 relativ häufig auftraten, und hochgerechnet. Tatsächlich dürfte diese Schätzung aber sehr verwegen sein. Ich kenne einige Personen, die Coins aus dieser Kategorie haben, und keine von ihnen hat 30 bis 50 Prozent verloren.

Chainalyses hält die Methodologie vertraulich, verrät aber, immerhin, dass es etwas mit den Forks der letzten Monate zu tun hat. Diese haben viele Besitzer von Wallets, die jahrelang inaktiv waren, veranlasst, Transaktionen zu zeichnen, was eine gute Gelegenheit war, Daten für Analysen abzugreifen. Dennoch bleibt die Basis der Schätzung, soweit sie bekannt ist, eher unbefriedigend.

Auch die letzte Kategorie, die Coins von Satoshi, geht von einer gewagten Annahme aus: dass Satoshi seine Coins vernichtet oder verloren hat oder selbst verloren oder vernichtet wurde. Diese Annahme ist nicht wirklich zu beweisen, auch wenn es zugegebenermaßen merkwürdig ist, dass Satoshi die Coins noch niemals angerührt hat. Wenn er sie noch hätte, er also stur jeden einzelnen Bitcoin, den er geschürft hat, behalten haben würde, dann wäre Satoshi heute übrigens 10-facher Dollar-Milliardär und damit einer der hundert reichsten Menschen der Welt. Damit er zum reichsten Menschen der Welt, zu Bill Gates, aufholt, müsste Bitcoin übrigens einen Wert von 75.000 Dollar erreichen.

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14 Kommentare zu Bis zu 3,79 Millionen Bitcoins sind unwiederbringlich verloren. Sagt zumindest eine Untersuchung.

  1. „Hodler“ klingt nach Typo, soll bestimmt „Holder“ heißen, oder?

  2. Der reichste Mensch der Welt ist nach der Cyber Monday Week nun übrigens Jeff Bezos mit 100 Milliarden 😉

  3. Hallo Christoph, meinst du wir könnten diese Firma mal anschreiben? Lg, Tom

  4. Ich hatte mal 0,1 Bitcoin. Davon habe ich sehr wohl hundert Prozent unwiederbringlich verloren. Das hatten mir alle Experten damals versichert, daß in dem Fall weg wirklich weg bedeutet. Weil ich nämlich einer Online-Wallet vertraut hatte. Weil ich meinte, wenn jemand schon so eine Dienstleistung anbietet, dann kennt der sich damit bestimmt besser aus als ich. Natürlich auch in Sachen Sicherheit für Computer und Internet. Der Dienstleister ging auch bankrott und ist endgültig verschwunden. Das ist übrigens der wichtigste Grund, warum ich heute nur noch Zuschauer bin.

    Es wundert mich nicht, wenn fast viermillion Bitcoin unwiederbringlich verloren sind. Das macht den Bitcoin nochmal deflationärer. Wenn sich darüber wirklich Leute freuen, dann beweist das nur einmal mehr, daß Bitcoin nur der Spekulation dient.
    乱馬

  5. Nein lieber Ranma, diese 0,1 Bitcoin sind nicht verloren. Wenn die Coins auf einer Onlinewallet hast und die gehen da verloren, dann hat die meist ein andere. Meist ein Gauner…

  6. Die Rechschreibung ist auch unwiderbringlich verloren.. Denn im Titel dieses Artikels steht „unwiderbringlich“ 😉

  7. wenn es ein Programm gäbe, das alle alten wallet.dat akzeptiert und diese ohne Probleme wieder einspielen würde hätte ich auch einige der verlorenen …
    aber man kann ja nicht mal mehr die alten Versionen von den Bitcoinprogrammen finden und die installieren. Meine verlorenen sind von 2013-2014 .

    • wallet.dat sind doch nur berkeley dbs, in denen unter anderem die keys stehen. Wenn die wallet.dat nicht verschlüsselt ist oder Du das PW zur Verschlüsselung weisst, ist das wiederherstellbar! 🙂

  8. „unwiederbringlich“ wird mit ..ie.. geschrieben!

  9. das stimmt nur so lange die bitcoinsekte gleichermassen ernst genommen wird wie vorher,

  10. wenn sie weniger ernst genomen wird mit der zeit und immer mehr als betrüger und pyramidensystem wahrgenommen wird,, dann kommt es zu einem zusammenbruch des bitcoin preises, unbedeutend wieviele bitcoins eingefroren sind bis dato

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