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So wenig Bitcoin-Transaktionen wie seit zwei Jahren nicht mehr. Was ist los?

Tumbleweed. Bild von windy_ via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Seit bald einem Monat hängt die Anzahl der täglichen Transaktionen zwischen 150.000 und 200.000. Also etwa auf dem Niveau, das wir Anfang 2016 hatten. Liegt es an SegWit, an Batching, an Lightning – oder haben die Leute einfach aufgehört, Bitcoin zu benutzen?

Es gab mal eine Zeit, in der haben wir hier auf dem Blog die Anzahl der täglichen Transaktionen noch als wichtigsten Indikator für Bitcoin gefeiert. Wenn wir dieser Perspektive treu bleiben, ist der aktuelle Trend nicht eben erfreulich: Die Anzahl der täglichen Transaktionen ist von mehr als 300.000 im Dezember – mit Spitzen bei 375.000 – auf weniger als 200.000 gefallen. Damit rangiert die Aktivität auf der Bitcoin-Blockchain auf einem Niveau, das so tief zuletzt Anfang 2016 war.

 

Die Anzahl der täglichen Transaktionen seit etwa 2,5 Jahren. Quelle: Blockchain.info

Klar, man könnte jetzt natürlich sagen, und das zu recht, dass nicht die Anzahl der Transaktionen der wichtige Indikator sei, sondern der Wert der versendeten Bitcoins in Dollar. Dann sieht der Chart gleich ganz anders aus.

Das Volumen der täglichen Transaktionen in Dollar. Quelle: ebenfalls Blockchain.info

Allerdings ist es hier ein wenig fraglich, was die Henne und was das Ei ist. Ist der Anstieg des Preises eine Folge davon, dass Leute mehr Werte in Bitcoin versenden wollen – oder versenden die Leute mehr Werte, weil Bitcoin nun mal mehr wert geworden ist? Wer weiß, wie Bitcoin-Transaktionen funktionieren, versteht, dass es gar nicht möglich ist, nicht mehr Geld zu versenden, wenn der Preis steigt. Man könnte darüber sicherlich noch weiter diskutieren. Hier konzentrieren wir uns, der Einfachkeit wegen, allerdings auf die Variable der Anzahl der täglichen Transaktionen. Also, woran hängt’s? Schauen wir uns die möglichen Erklärungen an.

Liegt es an SegWit? Nein, ganz bestimmt nicht. Zwar sind mittlerweile rund 30 Prozent aller Transaktionen SegWit-Transaktionen, was die durchschnittliche Blocksize auf etwa 1,1 bis 1,2 Megabyte erhöht – doch SegWit reduziert nicht die Anzahl der Transaktionen, hat also mit der Frage an sich gar nichts zu tun.

Realistischer ist die Vermutung, dass das Lightning Netzwerk Wirkung zeigt. Denn Lightning bringt Transaktionen offchain, was bedeutet, dass sie nicht in die Zählung der täglichen Transaktionen eingehen. Mit Lightning wäre es möglich, dass unsere Statistik bei 150.000 Transaktionen verharrt, während in Wahrheit mehrere Millionen von Überweisungen stattfinden. Es wäre eine gute Erklärung, aber sie ist unwahrscheinlich. Denn das Lightning-Netzwerk stagniert seit mehreren Wochen bei etwas weniger als 2.000 Channels. Zum Teil ist es sogar rückläufig. Dass hier eine im Großen und Ganzen bedeutsame Aktivität geschieht, ist eher nicht zu erwarten.

Fündiger werden wir beim Thema Batching. Batching bedeutet, dass Börsen und andere Plattformen Transaktionen nicht einzeln versenden, sondern daraus Pakete schnüren. Bitcoin.de macht dies seit Jahren so. Im Zuge der extremen Gebührenspitzen im Dezember und Januar haben immer mehr Börsen begonnen, es Bitcoin.de nachzutun. Für Batching spricht, dass die Größe der Blöcke anders als die Anzahl der Transaktionen weit höher liegt als noch Anfang 2016. Der korrekte Wert, meinen daher manche, sei nicht mehr die Anzahl der Transaktionen, sondern die Gesamtzahl der Outputs, da jeder Output in einer Batching-Transaktion einer einzelnen Transaktion gleichkommt.

Die Anzahl der Outputs je Block seit einem Jahr. Quelle: outputs.today

Allerdings ist dieser Wert nicht viel sonniger. Auch in Sachen Outputs rangiert Bitcoin derzeit auf einem Tiefpunkt. Wenn man genauer darüber nachdenkt, wird man jedoch erkennen, dass die Outputs Batching nicht gerecht werden. Wenn man Transaktionen bildet, nimmt man im einfachsten Fall einen Input und transformiert ihn in zwei Outputs – einen für den Empfänger, und einen für das Wechselgeld. Wenn man also fünf Zahlungen einzeln durchführt, würden 10 Outputs entstehen. Wenn man hingegen die fünf Zahlungen batcht, bekommt man nur 6 Outputs.

Damit verdunkelt sich der tatsächliche Effekt von Batching. Allerdings darf man gerne annehmen, dass er deutlich größer ausfällt, als in den Charts zu erkennen ist. Rein theoretisch könnten die ungefähr 500.000 Outputs am Tag, die es derzeit gibt, mehreren Millionen Outputs ohne Batching gleichkommen. Es ist möglich, dass die wahre Anzahl der Transaktionen von Bitcoin derzeit auf einem absoluten Allzeithoch ist, das aber nicht in den Charts erkennbar ist.

Batching ist mit Sicherheit ein Teil der Antwort – aber vermutlich nicht alles. Denn es ist unbestreitbar, dass die hohen Gebühren und die schwer zu berechnende Dauer zur Bestätigung, die die Nutzererfahrung von Bitcoin im Dezember und Januar extrem geprägt haben, aber auch in den Monaten zuvor und danach immer wieder ausbrachen, zu einem Rückgang der tatsächlichen Benutzung geführt haben. So hat etwa Steam aufgehört, Bitcoin zu akzeptieren, und viele Leute haben nach einigen sehr negativen Erfahrungen aufgehört, Bitcoin als alltägliches Zahlungsmittel zu verwenden, um beispielsweise Pizza oder Druckprodukte zu bestellen. Gleichzeitig scheint Monero im Darkweb dabei zu sein, Bitcoin den Rang abzulaufen, was an sich nicht verwunderlich ist, da Monero-Transaktionen schneller, günstiger und anonymer sind.

Dieses Abnehmen der Bitcoin-Nutzung ist für viele in der Bitcoin-Szene weit weniger negativ, als man erwarten könnte. Denn warum sollte man ein Power-Geld wie Bitcoin dafür verwenden, Spiele bei Steam zu kaufen oder sich Pizza liefern zu lassen? Wäre das nicht Perlen vor die Säue geworfen? Wenn die Blöcke klein bleiben, hält das Bitcoin dezentral, und wenn dies den Effekt hat, dass das eher früher als spät Geschäftsmodelle verdrängt, die langfristig eh keinen Platz auf der Blockchain haben, ist das zu begrüßen.

Wie hoch dieser Rückgang der tatsächlichen Transaktionen allerdings wirklich ist, lässt sich ebenso schwer beziffern, wie der Effekt von Batching. Wie so oft landen wir am Ende also bei der Antwort, dass es ein wenig von diesem, und ein wenig von jenem ist, aber wir nicht mal im Ansatz sagen können, zu welchen Teilen. Wir können lediglich festhalten, dass es wohl einen tatsächlichen Rückgang an wirtschaftlicher Aktivität gibt, dieser aber vermutlich deutlich kleiner ist, als man auf den ersten Blick meinen könnte.

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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19 Kommentare zu So wenig Bitcoin-Transaktionen wie seit zwei Jahren nicht mehr. Was ist los?

  1. Es heißt „Perlen vor die Säue“ – nebenbei: Schweine sind zwar Allesfresser, aber Hunde müsste man gut untermischen damit das klappt.

  2. power-my-ass // 8. März 2018 um 14:53 // Antworten

    Power-Geld?

    Wohl eher im englischen Sinne mit dem Stromverbrauch. Der hohe Wert ist nur historisch bedingt. An Funktionalität bieten andere Kryptowährungen mehr für viel weniger Gebühren.

    Es liegt nur am Blockwart Bitpay, dass Bitcoin überhaupt noch für Zahlungen genutzt wird, sonst hätten sich BCH oder XMR schon längst als Zahlungsmittel etabliert. So ist es bspw günstiger Pizza per xmr.to mit Monero zu zahlen (effektiv wird die Zahlung so Teil einer gebatchten Transaktion von einem Exchange) als die eigene Bitcoin-Wallet zu nutzen.

    • Apropos Stromverbrauch: Es gibt eine Electroneum-App mit einer genialen Neuerung. Die App berechnet anhand der Hardware, auf der sie läuft, wie lange diese Hardware zum schürfen neuer Coins benötigen würde. Dann wird der entsprechende Reward einfach gutgeschrieben anstatt diese Verschwendung von Ressourcen wirklich durchzuführen. Als nützlicher Nebeneffekt wird dadurch noch deutlicher, daß Proof-of-Work nichts anderes ist als zu überprüfen, welche Hardware sich jemand leisten kann. Von mir daher auch gerne als Proof-of-Fiat bezeichnet.
      乱馬

      • Und wie soll das funktionieren? Was hindert mich daran, diese App mehrmals auf dem gleichen System auszuführen?
        Gibt bestimmt einen multithread detektor, der nur eine Instanz zulässt.. nagut.. dann starte ich nacheinander n+1 virtuelle Maschinen, in denen jeweils eine Instanz läuft; Bei Bedarf mit verschiedenen Proxies, falls es noch einen IP Filter gibt.

        Vielen Dank für diesen kurzen Exkurs; Jetzt weiß ich, warum man sich über Electroneum so lustig macht.

  3. Der wahre Grund wird interessanterweise nicht genannt: Die hohe Korrelation mit dem Preis. Wenn es wie im November / Dezember täglich ein neues Allzeithoch gibt, steigt auch die Anzahl der Transaktionen. Im Januar / Februar war es halt umgekehrt. Segwit und Batching mögen ihren kleinen Teil dazu beigetragen haben, aber der Hype und das Platzen der Blase sind sicherlich die Hauptgründe. Reicht ja schon, das mal mit den gehandelten Volumina an den Börsen zu vergleichen.

  4. Fabian Suhr // 8. März 2018 um 15:09 // Antworten

    Nicht nur die Anzahl der Transaktionen ist entscheidend, sondern das Volumen.

    Wie dieser Tage bekannt wurde, war wieder mal ein berühmter Japanar (diesmal nicht Satoshi Nakamoto, sondern Nobuaki Kobayashi – kein Witz) mit seinen Massiv-Verkäufen aus dem Mt.Gox Treuhandfond dafür verantwortlich, dass die Kryptobörsen seit Dezember abstürzten und immer noch abstürzen. 18-Dez-2017, 22-Dez-2017, 17-Jan-2018, 31-Jan-2018, 5-Feb-2018 – diese Stichtage kommen einem sicherlich bekannt vor…

    Hier der vollständige Bericht: https://www.mtgox.com/img/pdf/20180307_report.pdf
    http://www.thecryptotea.com/index.php/2018/03/07/mt-gox-trustee-dumping-millions-bitcoin/

    Und das war nur der Anfang (36 Tsd. Bitcoins). Der gute Mann hat noch 170 Tsd. Bitcoins zu verkaufen und hat schon angekündigt es tun zu wollen.

    Das wird wohl nix mehr mit steigenden Bitcoin Kursen dieses Jahr…

    • wenn ich mich nicht verrechnet habe, dann haben 170 Tsd. Bitcoins bei einem Kurs von ca. 10 TSD USD einen Gesamtwert von 1,7 Mrd. USD. Bei einer aktuellen Marktkapitalisierung von fast 170 Mrd. USD reden wir hier gerade mal von 1% Anteil am Gesamtmarktkapital. Das hört sich für mich nicht so an, als ob der Verkauf dieser Bitcoins langfristig einen großen Einfluss auf den Kursverlauf haben sollte. Kurzfristig dagegen natürlich schon.

      • Marktkapitalisierung ist ein sehr, sehr schlechter Bemesser von Gegenwert.
        In dem Augenblick, in dem man verkauft, sinkt die Marktkapitalisierung ja bereits. Solchee vereinfachten Rechnungen können sehr schnell sehr falsche Schlussfolgerungen nach sich ziehen.

      • Name required // 9. März 2018 um 12:09 //

        Das sehe ich auch so.
        Eigentlich ist es sehr gut, dass die Coins jetzt abverkauft werden, nach dem irrsinnigen Preisanstieg in den letzten Monaten. So kommt das Ganze wieder in „realistischere“ Regionen. Und damit meine ich, dass der Preis sich ordentlich konsolidiert, um dann wieder in neue Höhen aufsteigen zu können.

        Auf jeden Fall können jetzt größere Investoren wieder günstig einsteigen, was langfristig eine Stabilisierung der Preise zur Folge hat, indem die „Weak Hands“ abgeschüttelt werden.

        Wieso der Mt.Gox-Verwalter die Coins nicht per Auktion bzw. Over-The-Counter verkauft, bleibt zwar sein Geheimnis, aber die Herde, die jetzt dem Kurs nach unten nachläuft, wird nach dem Abverkauf auch wieder nach oben hinterherrennen. Nennt sich Marktpsychologie und wird immer besser erforscht via Behavioral Finance bzw. Verhaltensökonomik.

  5. Zum Thema batching:
    Wenn bitcoin.de schon sehr lange batched, wieso sind dann die Transferkosten trotzdem so hoch?

    • Weil bitcoin.de zwar batch’t und damit eigene Ausführungskosten optimiert, den Nutzern bei der Gebührenberechnung trotzdem „Einzeltransaktions“-Gebühren zum aktuellen Kurs in Rechnung stellt?

  6. Der nachfolgende Link ist vielleicht nicht repräsentativ, aber für mich scheint es als ob bei den einfachen Bitcoin-Usern die Schmerzgrenze bei Transaktionskosten und Transaktionszeiten erreicht ist. Abwarten bleibt angesagt 🙂
    http://www.arnhembitcoinstad.nl/#stats

  7. Anscheinend muß ich es mal wiederholen: Je besser eine Währung für Spekulanten geeignet ist, desto geringer ist ihre Tauglichkeit für realwirtschaftliche Transaktionen. Nehmen diese aber ab, dann fragen sich allmächlich auch die Spekulanten, was den Preis der Währung eigentlich rechtfertigt.
    乱馬

    • Name required // 9. März 2018 um 12:26 // Antworten

      Nicht zwangsläufig.
      Wenn die bequeme Wertspeicherfunktion in den Vordergrund rückt, dann ist die Tauglichkeit für realwirtschaftliche Transaktionen nicht mehr so wichtig. Siehe Gold. Und Gold ist deutlich schwieriger zu tauschen als Bitcoin. Das ist ja das Schöne an Bitcoin, deshalb wird es ja auch als Gold 2.0 bezeichnet. Und als Anlageinstrument ist es logischerweise auch Schwankungen unterworfen, wie jede Form der Kapitalspeicherung. Bin deshalb auch gespannt, was passiert, wenn in Kürze die Immobilienblase in Deutschland platzen wird. Die real erzielbareb Mietrenditen rechtfertigen die hohen Kaufpreise jedenfalls schon lange nicht mehr …

  8. Rechtschreibfehler und das repository auf GitHub heißt coinmaketcap, nicht coinmaRketcap.. Finger weg!

  9. Meine Hypothese: Die Blöcke werden ja nicht kleiner, sondern nur die Transaktionen größer. Zwischen Ende Oktober und Ende Februar ist der Mem-Pool ja niemals mehr leer gewesen. Ein erheblicher Block an sehr großen (in Bytes) Transaktionen mit geringer Fee hat sich angestaut. Dieser Block wurde nun abgebaut und die Fees sind so niedrig wie es nur geht. Transaktionen von 2-3 Satoshi/Byte dürften spätestens in wenigen Stunden bis Tagen durchgehen. Das nutzen viele Leute nun, um ihr UTXO-Set zu verkleinern. Was heißt das?
    Jede Zahlung die man auf eine Adresse erhält ist wie eine Münze (UTXO), die in einem Fach (Bitcoin-Adresse) der eigenen Wallet landet. Beim Ausgeben kostet jede einzelne Münze (UTXO) Bytes. Hat man viele kleine Zahlungen auf eine Adresse bekommen, kann das Ausgeben extrem teuer werden – bei den Gebühren, die wir im Dezember und Januar gesehen haben, möglicherweise teurer als der Nennbetrag der Münze. Jetzt ist die Gelegenheit, die Münzen für fast keine Gebühr zu größeren Münzen „umzuschmelzen“ und womöglich auch noch gleich auf Segwit-Adressen umzuziehen, um später dann noch einige Bytes zu sparen, wenn es mal wieder richtig teuer sein sollte. Solche Transaktionen haben viele Inputs und sind recht groß, aufgrund der Gebührenlage aber erschwinglich.
    Aber natürlich haben auch die im Artikel genannten Batching-Verfahren denselben Effekt.

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