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Halong: Der Miner, der Asics boosten darf

Vom Angriff zum Feature: Slush hat am Wochenende den ersten Block mit der umstrittenen AsicBoost-Technologie erzeugt. Das wirft viele Fragen auf: Warum ist AsicBoost jetzt in Ordnung? Und was hat es mit Halong, dem mysteriösen Hersteller der ersten AsicBoost-fähigen Mining-Hardware, auf sich?

Noch im Sommer 2017 war die Bitcoin-Community drauf und dran, Bitcoin zu verändern, um AsicBoost, ein Verfahren, mit dem man beim Minen etwa 20 Prozent Energie sparen kann, unmöglich zu machen. Sogar eine Hardfork war im Gespräch, um zu verhindern, dass die als Angriff auf das Bitcoin-Mining verschrieene Technologie zur Anwendung kam.

Nun hat am Wochenende Sluhs Pool getweetet, dass man den ersten Block gefunden hat, der durch AsicBoost produziert wurde. Dass dies nun in der Szene bejubelt wird, zeigt, was für einen bemerkenswerten Bedeutungswandel die Technologie innerhalb eines Jahres durchgemacht hat. Wir versuchen uns, durch das technisch-juristische Gewirr um AsicBoost zu schlagen.

Was ist AsicBoost?

AsicBoost ist eine von Timo Hanke und Sergio Lerner entwickelte Methode, um beim Mining Energie zu sparen. Dabei wird, erklärt Timo Hanke im Interview im Mai 2016, der Blockheader-Kandidat so geändert, dass einer der vier Schnitte des SHA-Algorithmus ausgelassen werden kann. Wer es genauer wissen will, sollte das Whitepaper lesen. Für alle anderen dürfte ausreichen, dass man mit AsicBoost je nach Aufbau des Asics 12 bis 24 Prozent an Energie einsparen kann.

An sich ist das harmlos, da es im Vergleich zu anderen Methoden, um das Mining zu verbessern, nicht eben durchschlagend ist. Die Methode ist bereits seit 2013 bekannt, machte jedoch Schlagzeilen, als Timo und Sergio Anfang 2016 eine Patentanmeldung für AsicBoost eingereicht haben. Einige Core-Entwickler wie Peter Todd und Matt Corallo haben beklagt, dass ein solches Patent die Dezentralisierung des Minings bedrohe, und gingen sogar so weit, eine Hardfork vorzuschlagen, um den Blockheader so zu verändern, dass AsicBoost nicht länger möglich ist.

Aufgrund der schwebenden Patente und der Drohung, AsicBoost auszuschalten, hat keiner der Miner die Technologie bisher verwendet. Der vor einigen Jahren pleite gegangene Hersteller von Mining-Geräten, Spoondolies, hatte AsicBoost ebenfalls entdeckt und patentiert, aber niemals eingesetzt. Auch Bitmain, der mit Abstand größte Ausrüster von Minern, hat AsicBoost in seine Antminer eingebaut und auf dem Testnetz ausprobiert, aber niemals im Live-Betrieb eingesetzt.

Offenes und heimliches AsicBoost

Im April 2017 erklärte der damalige CTO von Blockstream, Gregory Maxwell, dass er eine Möglichkeit entdeckt habe, wie Miner heimlich AsicBoost benutzen können. Maxwell nannte jede Art von AsicBoost einen „Angriff auf Bitcoins SHA2 Hashcash“ – was es streng genommen wohl auch ist, da es Kollisionen benutzt – erklärte aber, dass das heimliche, von Beobachtern kaum wahrzunehmende AsicBoost zudem inkompatibel mit SegWit sei. Dies würde, so Maxwell, erklären, weshalb manche Miner sich zu dieser Zeit sträubten, SegWit zu aktivieren.

Seit dieser Zeit galt AsicBoost als Angriff auf Bitcoin. Es brachte nicht nur Patente ins Mining, sondern setzte auch Anreize für die Miner, Upgrades, die ansonsten jeder wollte – zumindest hieß es so – zu blockieren. AsicBoost bekam sogar eine Listung als CVE, als Common Vulnerabilities and Exposures, womit die Technologie offiziell zum Angriff gekürt wurde.

Eine Erklärung der Probleme, die AsicBoost verursachen kann, findet man in diesem Paper. Laut jemandem in der Mailing-Liste ist das Problem mit AsicBoost im Generellen, dass damit nicht länger jeder Input gleich ist, sondern es möglich ist, Inputs zu bilden, die leichter zu minen sind als andere. Dies unterminiere die Sicherheits-Annahmen von Bitcoin.

Halong Miner: Konkurrenz für Bitmain?

Im November 2017 hat jemand mit dem Pseudonym BtcDrak angekündigt, gemeinsam mit der Firma Halong einen Asic-Miner zu produzieren, der Bitmain herausfordern würde: Den DragonMint-Miner, der mit 16 Terahash je Sekunde der vielleicht effizienteste Miner überhaupt sein sollte.

Das Besondere an Halong ist vermutlich, dass sich die Firma sofort an eine bestimmte Szene der Bitcoin-Community wandte. Die Verflechtungen sind schreiend. Dies beginnt bei BtcDrak. Er ist zwar nicht wirklich als Core-Entwickler aktiv, aber als Moderator der Mailing-List und des Slack-Raumes, Inhaber des Core-Twitter-Accounts und Entwickler der Core-Webseite die vielleicht einflussreichste Person in der Kommunikation um die Core-Entwickler. Dabei hat er noch niemals gezögert, drastische Maßnahmen zu ergreifen, um seiner Position Geltung zu verschaffen.

Als Gründer und Leiter des berüchtigten Slack-Raum Dragon’s Dans, wo sich Trolle und Moderatoren trafen, dürfte BtcDrak eine überragende Rolle bei den lustigen Troll- und Rufmord-Kampagnen gespielt haben, die die Bitcoin-Szene in den letzten Jahren begleitet haben. Bezeichnenderweise ist das Logo auf dem Dragonmint-Miner – ein stilisierter Drache – identisch mit dem Logo auf einer von Blockstreams Samson Mow herausgegebenen Mütze.

Der Halong-Miner wurde dementsprechend in den einschlägigen Kreisen mit aller Vehemenez beworben: Der Journalist Aaron van Wirdum schrieb auf dem Bitcoin-Magazine wohlwollend über die Firma, und ließ auch danach keine Gelegenheit aus, über Halong zu berichten, während er ansonsten Mining eher uninteressant zu finden scheint. Blockstreams CEO Adam Back kündigte an, der Firma zu vertrauen und bereits eine Bestellung aufgegeben zu haben, und Slushs Pool erklärte, die Miner bereits getestet und für gut befunden zu haben.

Die Firma nahm Vorbestellungen für die Miner auf, die angeblich im März geliefert werden. Bislang geschah das, was bei fast allen Mining-Herstellern, die Vorbestellungen entgegennahmen, regelmäßig geschieht: Die Lieferfristen werden nicht eingehalten. Dennoch wird Halong als die Firma gefeiert, die das Beinah-Monopol von Bitmain brechen kann.

Die Blockchain Defensive Patent: So geht AsicBoost

An dieser Stelle kommt nun endlich wieder AsicBoost ins Spiel. Denn die Dragonmint-Miner von Halong sparen Energie durch AsicBoost. Ausgerechnet diese Firma ist die erste, die die umstrittene Technologie einsetzt.

Allerdings wurden Anstalten getroffen, um AsicBoost weniger kontrovers zu machen. So hat eine kalifornische Firma namens Dragon Technology die Patente von Timo und Sergej gekauft und sich der Blockchain Defensive Patent License (BDPL) angeschlossen. Die BDPL möchte verhindern, dass einzelne Miner wie Bitmain durch Patente einen übermäßig hohen Anteil an der Hashrate erhalten. Dazu ermutigt die Initiative Miner dazu, ihre Patente auf die Mining-Hersteller unter eine freiwillige, defensive Patent-Lizenz zu stellen, „die maßgeschneidert für die Bedürfnisse von Bitcoin oder anderen Blockchain-Protokollen ist, um zu verhindern, dass irgendein Konsortium von Minern die schreckliche Fähigkeit bekommt, Mehrheits-Angriffe zu starten.“ Wie die von Blockstream entwickelte Patent-Vereinbarung sollen die BDPL-Patente Technologien davor schützen, von einzelnen Akteuren vereinnahmt zu werden.

Ich habe nicht die Kompetenz, um die patentrechtlichen Paragraphen einzuschätzen. Auf den ersten Blick sieht es jedoch ganz ordentlich aus. Dass die Initiative bisher lediglich Halong und Little Dragon – vermutlich eng verwandte Firmen – unter ihren Unterstützer hat, ist seltsam, aber sagt ebenso wenig aus, wie dass unklar ist, wer dahinter steht. Eine solche Patentvereinbarung schafft in jedem Fall Klarheit und eine gewisse Rechtssicherheit, um bestimmte Technologien bei der Entwicklung von Minern anzuwenden, ohne sich vor Klagen fürchten zu müssen.

Die Bestimmungen der BDPL scheinen auszureichen, um die Gefahr durch Patente auf AsicBoost auszuschalten. Da Halongs Miner zudem kein heimliches, sondern offenes ist auch das zweite große Problem aus der Welt – die Inkompatibilität mit Protokoll-Upgrades wie SegWit. Daher ist es wohl auch weitgehend in Ordnung, wenn BtcDrak vorschlägt, dass der Bitcoin-Code so angepasst wird, dass der Einsatz von AsicBoost die Nodes nicht länger irritiert.

So kann es auch für Jubel sorgen, dass Slush – der einzige Pool, dessen Treue zu Core so weit geht, dass er kein Bitcoin Cash schürft – nun AsicBoost anwendet, um Bitcoins zu minen. Mit Erfolg, wie der Block am Wochenende zeigt.

Alles nur Betrug?

Gleichzeitig kommt von unerwarteter Seite heftige Kritik an Halong. Cobra, der als Mitbesitzer von Bitcoin.org eigentlich als ehrenhafter Verteidiger Cores gilt, erklärt auf seinem Blog, dass er meint, dass Halong Betrug ist. Er prophezeit, „dass die Mehrheit der Kunden entweder niemals ihre Hardware erhalten werden, oder so spät (und vielleicht schon benutzt), dass sie niemals ihre Ausgaben einspielen werden.“

Cobra sieht mehrere drastische Alarmsignale: Erstens die „massive Kampagne auf den sozialen Medien, als die Firma begann, Vorbestellungen aus der Community aufzunehmen.“ Zweitens, die Webseite, die Vorbestellungen annahm, aber keine Rückerstattungsrichtlinie hat, „und, am schlimmsten, die Firma … existierte … nirgendwo. Niemand kann mir sagen, wer der CEO ist und wo sie ihre Büro haben. Wer steckt dahinter?“

Drittens nimmt die Firma bereits Vorstellungen für Miner mit neuen Algorithmen an, die bald geliefert werden sollen – während die Dragonmint-Miner noch immer nicht versendet sind. „Wie kann ein kleines Startup, ohne bisherige Erfolgsgeschichte, eine Firma, von der man nicht einmal den CEO kennt, sich all die Forschung und Entwicklung leisten, um all diese Miner zu entwickeln und in der Masse zu produzieren?“ Viertens erkennt Cobra die typischen Verhaltensweisen einer betrügerischen Firma: Sie erlaubt keine Kommentare unter ihren Youtube-Videos, es gibt keine Statements von tatsächlichen Kunden, sondern nur von wenigen Personen, die das Vertrauen der Community genießen (wie Slush und Adam Back).

Slush begegnet den Vorwürfen mit der Erklärung, dass Halong ein echtes Produkt ausgeliefert habe. Keine Kopie eines Miners von Bitmain, sondern ein eigenständiges, gut dokumentiertes und funktionierendes Gerät. Aber vielleicht ist das auch nicht mehr so wichtig. Denn selbst mit AsicBoost ist es fraglich, ob der Dragonmint-Mint Miner tatsächlich mit Bitmains neuestem Antminer mithalten kann, der in der Anschaffung je Terahash deutlich günstiger ist, während der Stromverbrauch je Terahash laut Spezifikation etwa gleich hoch ist.

Über Christoph Bergmann (2801 Artikel)
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1 Kommentar zu Halong: Der Miner, der Asics boosten darf

  1. Der große Unterschied liegt darin, daß der von slush benutzte „overt asicboost“ kompatibel zu segwit ist und damit auch nicht dem Protokoll Upgrade im Weg steht/stand, wie es bei bitmains „covert asicboost“ der Fall war.o

    Zwar heißen beide Methoden asicboost, sie greifen aber an anderen Stelle im Block ein: over->nversion und covert->merkeroot.

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