“Es lief nicht alles superglatt, aber im Großen und Ganzen einfacher als erwartet.”
Lightning ist nur für Mikropayments? Von wegen. Vaultoro, eine Berliner Börse für den Handel mit Bitcoins gegen Gold, hat begonnen, Einzahlungen per Lightning anzunehmen. Wir haben uns mit dem CEO der Börse unterhalten.
Joshua Scigala ist in Berlin geboren, aber in Australien aufgewachsen. Daher spricht er lieber Englisch, obwohl sein Deutsch beinah akzentfrei ist. Er kam vor etwa fünf Jahren nach Berlin zurück und hat dort die Bitcoin-Gold-Börse Vaultoro gegründet. Dass seine Börse vor kurzem begonnen hat, Lightning-Transaktionen zu akzeptieren, nehmen wir zum Anlass, um ein Interview mit dem Aussi-Berliner zu führen.
Hallo Joshua! Erzählst du mir für den Einstieg, wie es zur Gründung von Vaultoro kam?
Gerne. Ich habe eine Menge Geld verloren, als Mt. Gox Anfang 2014 pleite ging. Also habe ich mir gedacht, das muss irgendwie besser gehen. Mein Bruder und ich haben uns zunächst über dezentrale Börsen informiert, aber wir haben schnell gemerkt, dass das noch nicht gut genug läuft, weshalb wir uns auf eine zentralisierte Börse mit einer besseren Transparenz fokusiert haben. Außerdem haben wir uns angeschaut, wie man die Risiken, die mit dem Gegen-Asset einhergehen, reduzieren können, weshalb wir von Fiat-Geld Abstand genommen haben. Denn wenn man einer Euro-Börse vertraut, geht man zwei Risiken ein: Erstens dass die Börse scheitert, und zweitens, dass die Bank, mit der die Börse zusammenarbeitet, Geld einfriert.
Wie habt ihr diese Probleme mit Vaultoro gelöst?
Man kann bei uns Bitcoins gegen Gold handeln anstatt gegen Euro. Wenn etwas mit der Börse passiert, ist das Gold noch immer vorhanden. Es ist vollständig versichert und gehört nicht uns, sondern dem Kunden. Wir lassen das Gold von Pro Aurum sichern, das ist einer der großen europäischen Goldverwahrer, der einen Tresorraum in Deutschland, der Schweiz und Hongkong hat. Das Gold unserer Kunden liegt in der Schweiz.
Nachdem wir diese Idee hatten, haben wir im Frühjahr 2014 begonnen, zu programmieren. Anfang 2015 gingen wir dann live. Heute nutzen rund 13.000 Kunden aus 93 Ländern Vaultoro. Der Markt ist natürlich kleiner, als bei Fiat-Börsen, aber dafür haben wir es uns in der Nische ganz gut eingerichtet.
Habt ihr schon mal darüber nachgedacht, Gold-Token herauszugeben?
Natürlich. Eine Menge Leute probieren das derzeit, aber es gibt auch eine Menge Probleme. Eines ist, dass es illegal ist, ein privates Geld herauszugeben, was vielleicht auf ein goldbasiertes Token zutrifft. Es ist auf jeden Fall rechtlich nicht ganz einfach. Das zweite Problem ist das der Zuweisung: Wenn der Kunde ein nicht zugewiesenes Gold kauft, muss er der Firma vertrauen, und wenn die Firma pleite geht, verliert er das Gold. Bei Vaultoro bieten wir dagegen zugewiesenes Gold an, es wird nicht auf unseren Namen, sondern auf dem der Kunden in einem Tresorraum verwahrt. So muss man uns nicht vertrauen, und der Kunde hat das Gold auch dann, wenn wir pleite gehen. Aber wenn wir ein Token herausgeben würden, wäre das Gold nicht zugewiesen, und man müsste uns wieder vertrauen. Wir denken derzeit über die Option nach, das Gold an einen privaten Schlüssel zuzuweisen. Aber daneben gibt es noch einige andere Probleme. Man kann sie lösen, denke ich, aber es braucht noch Zeit.
Bei euch gibt es keine Altcoins, keine Token und keine anderen Edelmetalle, aber einen Lightning-Channel. Wie kommt diese Priorisierung? Seid ihr Bitcoin- und Goldmaximalisten?
Wir interessieren uns immer für die neueste Technologie, und Bitcoin ist weiterhin die neueste Technologie unter den Kryptowährungen. Natürlich gibt es verschiedene Präferenzen, je nach Person oder Land, und viele Währungen konkurrieren derzeit auf dem Markt darum, die beste zu sein. Wir haben uns entschieden, zunächst Lightning zu implementieren, und dann werden wir uns um andere Coins und andere Edelmetalle kümmern.
Wie war die Integration von Lightning? Reckless?
Wir haben derzeit noch eine Basis-Implementierung, um die Risiken zu minimieren. Es ist schon sehr Beta. Derzeit ist es nur möglich, einhundert Satoshi zu senden, aber im nächsten Monat werden wir die Summe auf bis zu fünf Euro erhöhen. Wir wollen gerade vor allem, dass die Leute es testen.
Unsere Entwickler haben die Entwicklung von Lightning sehr genau verfolgt. Daher waren sie schon gut vorbereitet. Wir benutzen Lightning C, es lief nicht alles superglatt, aber im Großen und Ganzen schon ok. Hier und da gab es kleine Probleme, aber insgesamt war es einfacher als erwartet. Wir haben acht oder neun Channels offen, haben aber noch keinen geschlossen. Es ist wirklich aufregend, einen Channel mit einem anderen Node zu bilden, und schon kommt die Zahlung augenblicklich an, anstatt dass man sechs Bestätigungen warten muss.
So lange wartet ihr bei Bitcoin-Einzahlungen?
Wir haben unbestätigte Einzahlungen bis Anfang 2017 akzeptiert. Dafür haben wir einige Full Nodes benutzt, die geprüft haben, ob eine Transaktion eine gute Chance hat, in einen Block zu kommen, etwa weil sie ausreichend Gebühren bezahlt und schon weit genug im Netzwerk verbreitet ist. Es lief super, wir hatten kein einziges Double-Spend.
Als die Blöcke aber voll wurden und die Gebühren anstiegen, begann unser System zu scheitern. Viele User bezahlten zuwenig Gebühren, und es wurde unheimlich, weil wir nicht mehr genau beurteilen konnten, ob eine Transaktion bestätigt wird oder nicht. Wir wollten nicht riskieren, Geld zu verlieren, und warten seitdem Bestätigungen bei Einzahlungen. Dazu beschlossen wir, Lightning auszuprobieren.
Eigentlich soll Lightning ja eher für Mikropayments sein, und nicht für Gold. Oder ist das ein Irrtum?
Als das Internet begann, wurde es auch nur für kleine Dinge genutzt, jpegs, gifs, weil das Netzwerk noch sehr klein war. Wenn man das Lightning Netzwerk anschaut, sieht man, wie es immer mehr Nodes und Channels gibt, und dass eine Zahlung auf hunderte von Channels aufgeteilt werden kann, um ihr Ziel zu erreichen. Derzeit ist Lightning noch vor allem gut für kleine Zahlungen, und das kann auch noch eine Weile so bleiben, aber es wird wachsen. Wenn Börsen wieder unbestätigte Transaktionen sicher annehmen kann, wird das ein sehr großer Schritt sein. Über Vaultoro kann man so Bitcoins innerhalb von Sekunden in Gold verwandeln.
Benutzen eure Kunden schon die Einzahlung über Lightning?
Nachdem wir es bekannt gegeben haben, haben sich etwa 400 Leute angemeldet, um mit Lightning zu experimentieren. Daher werden es vor allem die neuen Kunden sein, die es benutzen. Bisher liefen alle Zahlungen sehr flüssig, sie kamen an und wir können sie gut erkennen. In manchen Nischenfällen gibt es noch keine Probleme, aber im normalen Betrieb läuft es super. Daher werden wir bald das Limit von 100 Satoshi erhöhen können.
Wie wird das Lightning Netzwerk Bitcoin deiner Meinung nach verändern?
Ich glaube, es wird ein sehr großer Schritt sein, um Bitcoin stabiler zu machen. Wenn man einmal in Sekunden Bitcoins von Börse zu Börse senden kann, wird die Arbitrage extrem schnell gehen, und dies wird die Preise stabilisieren. Wenn eine Börse massive Verkaufs-Order hat, neigen andere Börsen derzeit dazu, überzureagieren. Wenn man aber Echtzeit-Arbitrage hat, wird das nicht geschehen, dann werden die anderen Börsen stärker ausgleichend reagieren.
Darüber hinaus wird Bitcoin durch das Lightning-Netzwerk privater und fungibler werden. Ich glaube, die fehlende Privatsphäre war einer der Gründe, weshalb Banken sich von Bitcoin ferngehalten haben. Es ist einfach zu transparent. Aber mit Lightning bekommt man endlich mehr Privatsphäre und Diskretion.
Ich glaube auch, dass das alles früher kommen wird, als viele meinen. Am Anfang des Jahres gab es das Lightning Netzwerk noch nicht, jetzt sehen wir, wie es wächst. Es wächst exponentiell, was für Menschen oft schwer zu begreifen ist. Daher denke ich, es wird sehr schnell sehr groß werden.
Klasse Beitrag aus der realen Welt.
Das Lightning Network wächst exponentiell? Da habe ich so meine Zweifel…
Insgesamt ein interessanter Artikel, der zeigt, dass das Potential des Bitcoin Netzwerks noch längst ausgeschöpft ist und vielmehr nicht nur theoretisch, sondern zunehmend in der Praxis ausgebaut wird.
Momentan sieht es eher nach linearem Wachstum aus: https://bitcoinvisuals.com/ln-nodes Die Botschaft ist aber: Es wächst und findet zunehmend Verwendung. Kann man auch hier schön sehen: http://lightningnetworkstores.com/
Ich glaube nicht, dass sich das Automobil jemals durchsetzen wird. Dafür ist die Technik dahinter viel zu kompliziert. Wir sollten skalieren, indem wir unsere altbewährten Pferde mit Anabolika aufspritzen.
Organschäden etc. sind egal. Lasst uns zu gegebener Zeit, falls nötig, einfach alle Organe des Pferds austauschen. Sehen wir dann weiter. Modus Operandi “mal schauen”.
Hm … auf die von dir beschriebene Weise wurde die Mobilität mehrere Jahrtausende lang skaliert. Meinst du ernsthaft, man hätte jemals Autos oder Flugzeuge gehabt, wenn im Jahr 1010 n. Chr. jemand gesagt hätte, man dürfe keine Pferde mehr skalieren?
Ich würde lieber ein Hanfauto benutzen. Und eigentlich brauchen wir auch eine andere Zeitangabe als Vor- und Nach Christus das geht nämlich schon langsam auf den Zeiger.