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Bayern:1 — Darknet:0

Umzug in Garmisch. Bild von Se Mo via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Bayern räumt im Darknet auf. Zoll, Polizei und Justiz machen den Käufern von Waffen, Drogen und Falschgeld den Prozess. Damit zeigt sich einmal mehr, dass der Staat den digitalen Schwarzmarkt bekämpfen kann und will.

Mit fingiertem Waffenkauf in den Knast

Die erste Verhaftung, um die es heute geht, war eine Kooperationsleistung der deutschen und österreichischen Polizei. Und zwar wurde ein 26-Jähriger aus Wolfratshausen – das ist ganz im Süden von Bayern – dabei überführt, wie er eine Waffe im Darknet kaufen wollte.

Es begann damit, dass die österreichische Polizei auf ein Post in einem Underground-Forum gestoßen war, in dem jemand nach einem zuverlässigen Verkäufer von Pistolen der Marke Glock gefragt hatte. Dies sei, kommentiert das Magazin Deepdotweb, „immer schwieriger in Deutschland, seit es dort Deep Web Debakel und Mordvorfälle gegeben hatte.“ Deepdotweb spielt vermutlich auf den Münchner Attentäter David S. an, der seinen Anschlag mit einer im Darknet erworbenen Waffe durchgeführt hatte.

Die Österreicher informierten das Bundeskriminalamt (BKA) über den Fall. Die deutschen Polizisten gingen nach einem hierfür entwickelten Protokoll vor: Sie fingierten einen Kauf. Nach dem Massaker von München hatte das BKA bereits einige Darknet-Waffendealer verhaftet und deren Accounts übernommen. Ein digitaler Undercover-Ermittler nahm nun mit dem Profil eines bereits bekannten Waffenhändlers Kontakt zu dem potenziellen Waffenkäufer auf.

Der Ermittler baute sich das Vertrauen zu dem Mann auf, indem er über Wochen hinweg Nachrichten mit diesem austauschte. Mit einem Trick erfuhr er, wo der Käufer wohnte: Er forderte ihn auf, ein Bild seiner Wunschwaffe bei einem Bilderservice hochzuladen, den er selbst ausgesucht hatte und der die IP-Adressen speicherte. Nachdem der Wolfratshausener schließlich einwilligte, eine Glock 43 für 2.200 Euro zu kaufen – ob und womit er bezahlt hat, geht aus der Nachricht nicht hervor – stürmte die Polizei seine Wohnung. Dabei entdeckten sie auch einige Gramm Marihuana.

Mittlerweile wurde dem 26-Jährigen der Prozess gemacht. Zu seiner Verteidigung erklärte er, dass er einfach nur so eine Waffe haben wollte, ohne bestimmte Absichten gehabt zu haben, sie zu benutzen. Verurteilt wurde der Mann schließlich zu zehn Monaten Gefängnis.

Auf der falschen Liste

Nur wenige Tage zuvor hatten die Kollegen vom bayerischen Zoll ebenfalls Erfolge im Kampf gegen die digitalen Schwarzmärkte gefeiert. Erneut geht es dabei nicht um die Händler, sondern um die Käufer, diesmal aber nicht um Waffen, sondern um Drogen.

Am 25. Juli haben Zollbeamte in einer raschen, nur mehrere Stunden andauernden Aktion 15 Wohnungen in München, Ottobrunn, Neubiberg und Neuried durchsucht. Dabei haben sie 13 der 14 Verdächtigen angetroffen, denen vorgeworfen wird, im Darknet Drogen wie Marihuana, Kokain, Amphetamin oder MDMA erworben zu haben. Es liegen wohl Beweise dafür vor, dass die Verdächtigten insgesamt 40 Gramm MDMA, fast 700 Ecstasy-Pillen, 600 Gramm Amphetamine, 115 Gramm Marihuana, 4,5 Gramm Kokain, 50 LSD-Blätter und 28 Ritalin-Tabletten im Internet bestellt haben.

Als die Polizei die Wohnungen stürmte, stellte sie bei zehn der Verdächtigen kleine Mengen Rauschgift sicher, maximal 75 Gramm Marihuana oder 45 Tabletten Ecstasy. Auch 6.000 Euro Bargeld, Unterlagen, PCs, Laptops, Handys und Datenträger wurden konfisziert, um über diese Hinweise auf Lieferanten und Abnehmer zu erhalten.

Der Auslöser der Ermittlungen war, erklärt der Zoll, die vorherige Beschlagnahmung von verdächtigen Briefsendungen sowie die Auswertung von Verkaufslisten von Händlern, die von der Polizei zuvor verhaftet worden waren. Die Zollämter Berlin, Essen und Frankfurt a. Main hatten solche Listen an die bayerischen Kollegen weitergeleitet. Zur gleichen Zeit hatte das Polizeipräsidium München eigenständige Ermittlungen geführt, die nun in einigen Wohnungsdurchsuchungen in der Landeshauptstadt gipfelten.

Das Magazin Deepdotweb spekuliert, ob es einen Zusammenhang zu einem Erfolg des Berliner Zolls im April gibt. In diesem Monat hatten der Morgenpost zufolge Internetspezialisten des Zollfahndungsamtes Berlin-Brandenburg einen Darknet-Drogenring ausgehoben. Dabei kamen sie in Besitz einer Liste mit 1500 Kundennamen. Gegen mehr als 1000 davon, so das Zollamt, seien Ermittlungen eingeleitet worden.

„Das kann jeder Jugendliche“

Ende Juli schließlich musste sich ein 19-Jähriger aus dem Landkreis Regensburg vor Gericht einfinden. Er wurde angeklagt, im Darknet Falschgeld gekauft und anschließend in Umlauf gebracht zu haben.

Der Junge hatte bei AlphaBay, einer mittlerweile geschlossenen Plattform, mindestens 25 „Blüten“ a 50 oder 20 Euro bestellt. Als ein Freund von ihm, den er in den Baumarkt begleitete, nicht genügend Bargeld parat hatte, gab er ihm einen gefälschten Zwanziger. Allerdings bemerkte die Kassiererin den Schwindel und ließ die beiden jungen Männer festhalten, bis die Polizei eintraf. Diese durchsuchte den 19-Jährigen und fand einen weiteren falschen Zwanziger – Anlass genug, auch seine Wohnung zu inspizieren. Dabei fand die Polizei 22 Gramm Marihuana, knapp 20 Gramm Haschisch, ein knappes Gramm Kokain, drei Ecstasy-Tabletten und ein Gramm MDMA. Über den beschlagnahmten Laptop konnten die Beamten 34 Falschgeld- und Drogenbestellungen im Darknet rekonstruieren.

Vor dem Jugendschöffengericht sagte der mittlerweile 20-Jährige, dass es „relativ einfach“ sei, Falschgeld im Internet zu bestellen. „Das kann jeder Jugendliche.“ Er bestätigte nicht nur die gegen ihn erhobenen Vorwürfe – er habe Falschgeld für 1.500 Euro bestellt, um davon Essen, Getränke und Alkohokl zu kaufen – sondern toppte sie noch: Die Polizei habe bei ihm im Baumarkt nur einen Teil der Blüten gefunden: „Die Geldbörse mit dem Falschgeld habe ich auf ein Regal raufgeworfen, bevor die Polizei da war.“

Von den Beamten wird der junge Mann als psychisch labil beschrieben. Mal sei er sehr kooperativ und biete an, der Polizei zu helfen, das Darknet auszuräumen, nur um im anderen Moment wieder vollständig zu blockieren.

Auch ohne Blockchain-Analysen überführt

Die drei vorgestellten Fälle sind nur die jüngsten Beispiele für einen kontinuierlichen Strom an Festnahmen und Gerichtsprozessen zu Darknet-Verbrechen, in Bayern und in anderen Bundesländern, in Deutschland und in anderen Ländern.

Hierbei fällt auf, dass die Polizei längst nicht mehr nur die Händler und Dealer verfolgt, sondern auch die Käufer ins Visier nimmt. Man könnte vermuten, dass sie einen Abschreckungseffekt erzielen möchte. Es gilt, zu verhindern, dass die Darknet-Plattformen den Handel mit illegalen Waren kommerzialisieren und es auch jenen ermöglichen, Drogen und Waffen zu kaufen, die an sich keine Kontakte zu kriminellen Szenen haben.

Weiter fällt auf, dass Bitcoin-Transaktionen trotz ihrer fragwürdigen Privatsphäre in keinem der vorgestellten Fälle zu den Tätern geführt haben. Stattdessen waren es ein Post in einem Deepweb-Forum, ein Eintrag auf einer Liste mit Post-Adressen und eine aufmerksame Kassiererin in einem Baumarkt. Blockchain-Analysen sind offenbar nicht notwendig, um Verbrecher zu überführen.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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11 Kommentare zu Bayern:1 — Darknet:0

  1. Nixgeschenkt // 21. August 2018 um 8:22 // Antworten

    Falschgeld, noch so ein Überbleibsel aus der FIATwelt 🤗

  2. Kartoffelkopf // 21. August 2018 um 8:43 // Antworten

    Was die Drogen angeht:

    Cui bono? Die Polizei macht sich hier zum Handlanger der größten Dealer in Bayern und Deutschland: den Bier-, Wein und Spirituosenproduzenten!

    Entweder alles verbieten oder alles (unter staatlicher Kontrolle) freigeben! Zumindest wäre dies konsequent und hätte nich dieses Geschmäckle.

    • Alles verbieten? Hat ja schon bei der Prohibition so viel gebracht. *hust*

      An dieser Stelle will ich auch erwähnen, dass Cannabis (vor Alkohol) mit 14 Jahren meine Einstiegsdroge war, ich mit 20 eine Psychose hatte, nachdem ich bis auf Ketamin alles konsumiert habe. =(

      90% meiner Kollegen, die mit 26 Jahren immer noch konsumieren sind Opfer geworden.

      25 Jahre sind ein vernünftiger Zeitpunkt um mit diesen Geschichten zu beginnen. Auf diese Weise verpasst man keine Chancen, andere Talente, ist vollständig ausgewachsen und hat die Möglichkeit sich wieder jung zu fühlen und sein Leben genießen zu können, falls dem nicht so sein sollte.

      Meine Meinung..

  3. wtf?
    gibs echt nix anderes zu berichten und wenn schon, macht das auch nix.
    aber das ist ja jetzt übelstes bild niveau!
    massaker?????
    was für ein massaker? da hab ich wohl die hauptshow verpasst…
    und es wurden tatsächlich bei dem üblen terroristischen schläfer auch noch ein paar gramm marihuana gefunden?!
    na, das erklärt ja eigentlich gleich alles, kann ja nur nen rechter nazi reichsbürger sein.
    oh weh oh weh…

    mal davon ab, auf was zielst du mit dem boulevard post ab?
    das btc&co auf dem gewünschten weg der massenadaption seriös oder so wird?
    mal abgesehen davon dass die coins weiterhin keine währung sind und darstellen, wieso wird mit in dieser unserer dikatatur denn bei jedem furz in die kriminalität getrieben?
    man bedenke, je restriktiver der zugang für den bürgen zu waffen zur verteidigung ist, desto weiter ist man von dieser chimäre der sogenannten demokratie entfernt!
    und drogen? wtf? es sollte wohl jeder für sich selber entscheiden dürfen, was er mit sich und seinem bewusstsein anstellt.

    dein blog ist der einzig deutssprachige den ich zu dem thema lese, aber wenn du jetzt auch DIE typisch deutsche doppelmoralische schiene fährst, bin ich auch hier wieder weg!

    für alle die gleich wieder kreischen und mich nicht kennen, ich bin ein absoluter befürworter und fan der blockchain, aber keine staatsmacht wird es auf diesem planeten irgendwo zulassen, dass es eine alternative geduldete währung geben wird, das sollte doch inziwschen eigentlich jedem klar sein!

    • „keine staatsmacht wird es auf diesem planeten irgendwo zulassen, dass es eine alternative geduldete währung geben wird, das sollte doch inziwschen eigentlich jedem klar sein!“

      inzwischen, wo sich immer größere Teile der (Finanz-)wirtschaft um Teile des Kuchens BTC bemühen und keine generellen Abwehrreaktionen der Regierungen zu erkennen sind (mal von ein paar weniger „westlichen“ Staaten abgesehen), ist natürlich jedem klar, dass BTC bald verboten wird… da komme ich nicht so ganz mit

      ansonsten stimme ich dir bei den Drogen zu, Verbote bringen hier gar nichts

      bei Waffen ist die Lage allerdings komplett anders, Punkt 1 sind diese nicht verboten, sondern nur reglementiert, wer unbedingt mit Waffen rumspielen will, macht einen Waffenschein und dann kann er das
      In einem Land, wo jeder zweite mit einer Waffe rumläuft möchte ich auch nicht leben. Waffenkäufe zur Verteidigung ist ohnehin das Sinnloseste, was es gibt. Tausende Amerikaner sterben Jahr für Jahr vermeidbare Tode, damit jeder das Gefühl hat, sich gut verteidigen zu können… wieso wir uns das in Deutschland auch wünschen sollten, leuchtet mir nicht so ganz ein.

    • Hm, mit „Massaker“ ging vielleicht wirklich mein innerer Bild-Redakteur mit mir durch 🙁

      Ansonsten: Ich finde diese Nachrichten interessant, ohne dass ich sie jetzt bewerten oder Bitcoin unnötig stark damit verbinden möchte. Ob Drogen und Waffenbesitz jetzt gut oder schlecht ist, ist nicht mein Thema. Hier geht es um Bitcoin, und da sind digitale Waffen- und Drogenkäufe sowie die Ermittlung der Polizei dazu eben ein Teilthema.

  4. Darknet: 500
    Bayern: -3000
    Dummheit der Menschen: ∞

  5. Kein Staat kann einen Schwarzmarkt von illegalen psychoaktiven Substanzen effektiv bekämpfen. Auch autoritäre Systeme schaffen das nicht. Die genannten Beispiele zeigen eher das Scheitern des Kriegs gegen Drogen. Jede Repression steigert das Leid der Betroffen und die Menge des Blutes das an diesen illegal produzierten Substanzen klebt. Halte die Berichterstattung in diesem Fall für unseriös reißerisch (ganz im Gegensatz zu anderen Artikeln des Blogs).

    • Danke fürs Feedback. Warum reisserisch? Kann sein, dass mein innerer BILD-Journalist mit mir durchgegangen ist, aber eigentlich sollte der Artikel berichten, nicht jubeln / klatschen / skandalisieren …

  6. Bayern zeigt sich vor Wahlen immer von der besten Seite. Insbesondere, wenn populistische Partei im Nacken sitzen und es mit der absoluten Mehrheit für die regierende Partei nichts mehr wird. Die “Ordnungszelle“ Bayern lebt wieder auf.
    Da sollte man nicht klatschen jubeln, sondern Angst haben.

  7. Außerdem finde ich diese “Erfolge“ lächerlich. Gut, jemanden drankriegen, der illegal eine Waffe kaufen wollte ist schonmal etwas. Die anderen “Erfolgsgeschichten“ sind doch einfach nur ein Witz. Das sind zum Teil kleine Fische bzw. Käufer/ Konsumenten von Drogen.
    Uh, was für ein Erfolg.
    Bei Verkäufern und vor allem Herstellern von Drogen kriegen die selten was hin. Ein Schelm wer böses dabei denkt. Und Erfolge bei Kinderpornografie gibt es auch nur alle 5 Jahre mal. Die müssen ja richtig stolz auf sich sein bei der Polizei.
    Ach übrigens weswegen hat der eine Verfassungsschutzchef seine Berurlaubung bekommen? Angeblich wurden bei ihm auf seinem Rechner schon einmal was dubioses gefunden.

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