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SWIFT schneidet Iran vom internationalen Zahlungsverkehr ab. Wer im Iran ein Hotelzimmer buchen will, braucht Bitcoins.

Öl- und Gasfeld im Westen des Iran. Bild von dynamosquito via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die  SWIFT entkoppelt den Iran vom wichtigsten internationalen Zahlungsnetzwerk, um kompatibel mit US-Sanktionen zu sein. Damit ist es so gut wie unmöglich, Geld in das Land zu überweisen. Das geschieht just zu einer Zeit, in der sich der Iran für Bitcoin und Kryptowährungen öffnet. Naht hier etwas Großes?

Das in Belgien ansässige Zahlungsnetzwerk SWIFT hat erklärt, dass die Zentralbank des Irans sowie Organisationen, gegen die die USA Sanktionen verhängt hat, vom global wichtigsten Netzwerk für den Nachrichten- und Transaktionsverkehr zwischen den Banken abgetrennt wird.

Al Jazeera beschreibt SWIFT als „das zentrale Nervensystem der internationalen Finanztransaktionen“. Wenn ein Land ausgeschlossen wird, kann es „keine Importe bezahlen und keine Bezahlung für Exporte entgegennehmen.“ Der Iran, mit 80-Millionen Einwohnern ein Machtzentrum Voderasians, ist damit vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen. Dies ist besonders schmerzhaft, weil der Iran als einer der größten Hersteller von Öl, Gas und Zement auf die Ausfuhr von Gütern angewiesen ist.

Kurz zuvor, am 5. November, hat die USA die Sanktionen gegen den Iran wieder aktiviert, nachdem sie im Zuge des Nuklear-Deals 2015 aufgelöst worden waren. In die Liste der sanktionierten Unternehmen wurden zudem mehr als 300 neue Ziele aufgenommen, darunter Energiefirmen, Banken, Individuen, Reeder und Luftlinien. Der US-Staatssekretär Mike Pompeo erklärte, das Ziel sei es, die Öleinnahmen des Landes auszutrocknen, damit es diese nicht länger für „Terrorismus, Raketenlieferungen, regionale Stellvertreter oder das Nuklear-Programm“ ausgeben kann.

Mit anderen Worten: Die iranische Wirtschaft soll zerstört werden. Man darf darüber zweifeln, ob es für die politisch ohnehin schon fiebernde Region hilfreich sein wird, ein so wichtiges Land in den Ruin und damit vermutlich auch den (weiteren) Fanatismus zu treiben. Der Iran grenzt unter anderem an den Irak, Pakistan, Afghanistan und die Türkei.

Der finanzpolitische Druck der USA war für den Iran schon vor dem 5. November deutlich zu spüren. Laut dem Handelsblatt wurden 80 bis 85 Prozent aller iranischen Transaktionen zurückgewiesen. Nun dürfte es gar keine Bank mehr geben, die mit iranischen Bürgern oder Unternehmen Geschäfte unterhält. Der Iran ist vom Rest der Weltwirtschaft isoliert.

Der echte Preis des Rials

Wie in allen Fällen, in denen sich eine Volkswirtschaft isoliert – bzw. isoliert wird – leidet das Geld. Die Mechanismen im Iran ähneln denen, die in Venezuela oder Nigeria und im Ansatz auch in der Türkei zu beobachten waren: Es kommt zu einer Knappheit an Devisen (also Dollar), wodurch der Wert der eigenen Währung, des Rial, sinkt. Logisch, Angebot und Nachfrage.

Die Regierung versucht, diesen Verfall durch offizielle Wechselkurse, Preisfestsetzungen und Kapitalkontrollen zu stoppen. Laut dem Handelsblatt lag der offizielle Preis des Rial am 1. November bei 42.000 Rial je Dollar. Gleichzeitig gibt es einen blühenden Schwarzmarkt und Schmuggel. Schätzungen zufolge werden täglich 20 bis 40 Millionen Liter Benzin aus dem Land geschmuggelt und gegen Devisen getauscht.

Auf diesen Schwarzmärkten wird der echte Kurs des Rial ausgehandelt. Laut Handelsblatt wurden zwischenzeitlich 190.000 Rial für einen Dollar getauscht – während der Kurs offiziell noch immer bei 50.000 Rial je Euro liegt. Man kann diese Differenz auf auf den Bitcoin-Märkten nachvollziehen. Auf LocalBitcoins werden Bitcoins derzeit zu 830 bis 880 Millionen Rial angeboten, was einem Wechselkurs von 150.000 Rial für einen Euro entspricht. Die Welt hat bereits am 17. Oktober davon berichtet, dass im Iran eine schwere Inflation tobt. Im Vergleich zum Vorjahr seien die Preise um 280 Prozent gestiegen. Unter finanzieller Abschottung und Ölpreisverfall zerrinnt der Wert des Rial. Dieser Mechanismus scheint wie ein Gesetz zu funktionieren.

Das Land benötigt verzweifelt Wege, den Zahlungsverkehr mit dem Ausland wieder auf die Beine zu stellen, um eine Katastrophe zu verhindern. Venezuela und Nigeria haben demonstriert, wie schwer es für ein Land ist, aus dem Teufelskreis von Devisenknappheit, Inflation und Kapitalkontrollen zu entkommen. Am Ende steht, wie in Venezuela, der vollständige Kollaps: Leere Supermärkte, Hungersnöte, extreme Kriminalität, Millionen von Flüchtlingen.

Mit Kryptowährungen – vor allem Bitcoin – hat der Iran nun die Möglichkeit, der Abwärtsspirale zumindest etwas entgegenzusetzen. Wird das Land sie ergreifen?

Bitcoin im Iran

Iran wäre das perfekte Land für eine dezentrale Währungsreform, wie Bitcoin sie sein kann: Es ist groß, hat eine starke Wirtschaft und eine gut gebildete Bevölkerung, und, vor allem: Es leidet an den zwei Problemen, die Bitcoin lösen kann – an einem Wertschwund der eigenen Währung sowie an einer Zensur von Transaktionen mit dem Ausland. Theoretisch passt es hervorragend – aber wie sieht es praktisch aus?

Der Bitcoin-Handel im Iran ist relativ dünn. Auf den ersten Blick fallen die Börse EXIR, einige Händler auf LocalBitcoins, die Seite BitBarg, und die Plattform Coinava ins Auge. Angaben zum Handelsvolumen sind auf die Schnelle nicht zu finden; Coin.Dance zeigt für LocalBitcoins ein eher bescheidenes Volumen von 20-30 Bitcoins je Woche an, andere Werte sind mir nicht bekannt. Das ist, trotz einer sichtbar steigenden Tendenz, noch relativ unbedeutend. Es ist etwa so viel wie in Chile.

Das Handelsblatt nennt einige Gründe, die dagegen sprechen, dass der Iran Kryptowährungen nutzen kann, um die Handelsbarrieren zu umgehen. Erstens zitiert die ZEitung einen Rechtsanwalt, der erklärt, dass Kryptowährungen im Iran verboten seien, weil sie nicht schariagerecht seien. Denn es fehle ein echter Wert, mit dem sie unterlegt sind. Zweitens hinaus habe die US-Regierung bereits präventiv angekündigt, das Schlupfloch zu schließen. Die US-Finanzaufsicht werde von Banken verlangen, dass sie prüfen, ob Dollar-Überweisungen, die mit Kryptowährungen zu tun haben, auf Transaktionen mit dem Iran zurückgehen.

Tourismus, Öl und Mining

Trotz der eher bescheidenen Zahlen scheint Bitcoin im Iran auf dem Vormarsch zu sein. So hat Ende September IranbyBit angekündigt, den Tourismus im Iran durch Bitcoins zu retten. Das Startup bietet an, mit baren Mitteln oder Bitcoin das zu bezahlen, was Reisende brauchen: Unterkünfte, Sim-Cards, Debit-Cards, Touren und mehr. Bitcoins sind, um es so zu sagen, die einzige Möglichkeit, mit einem elektronischen Zahlungsmittel ein Zimmer im Iran zu buchen.

Die Gründerin Setare Shabanipour erklärt im Interview mit bitcoinnews.com, dass sie versuchen werden, mehr Unternehmen im Land zu überzeugen, die Kryptowährung zu benutzen. Der Iran habe eine sehr aktive Bitcoin-Community, und viele Menschen glaubten daran, dass Bitcoin als Währung und Zahlungsmittel eine wichtige Lösung sei.

Kein Wunder angesichts der Umstände. Iran ist der drittgrößte Produzent von Rohöl; durch die Sanktionen ist es dem Land nun fast unmöglich, das Öl weltweit gegen Dollar zu verkaufen. Mit Sicherheit ist das Land gezwungen, sein Öl über den Schmuggel in benachbarte Ausland sehr weit unter Wert zu verkaufen. Sollte es beginnen, anstatt der Dollar Bitcoin zu akzeptieren, könnte dies eine Gezeitenwende im Energiemarkt einleiten. Mit Venezuela hätte der Iran sicherlich einen Verbündeten in dieser Mission.

Rechtlich, erklärt Setare Shabanipour, sei Bitcoin im Iran in einer Grauzone: Noch nicht reguliert, aber auch nicht verboten. Tatsächlich hat die iranische Regierung Anfang September begonnen, Bitcoin teilweise zu legalisieren. Der „Hohe Rat des Cyberspace“ hat erklärt, dass das Mining von Kryptowährungen wie Bitcoin ein legales Gewerbe ist. Der Sekretär des Rates kündigte an, dass man sehr bald ein politisches Rahmenwerk für Startups und Firmen der Krypto-Branche veröfentlichen werde.

Da die Strompreise im Iran – vermutlich wegen der Subventionen und der überschüssigen Energie – mit zu den weltweit geringsten gehören, ist dies eine außerordentlich kluge Entscheidung. Venezuela hat bereits erfahren, dass Krypto-Mining zu einer hilfreichen Quelle von Devisen werden kann, wenn diese durch Finanzsanktionen und fallende Ölpreise knapp werden. Das Mining macht es dem Iran möglich, einen nicht-verkaufbaren Überschuss an Energierohstoffen wie Gas und Öl direkt, ohne Mittelsmänner, in ein international gültiges Zahlungsmittel zu konvertieren – in Bitcoins. Über die ökologischen Folgen möchte ich hier allerdings nicht spekulieren.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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6 Kommentare zu SWIFT schneidet Iran vom internationalen Zahlungsverkehr ab. Wer im Iran ein Hotelzimmer buchen will, braucht Bitcoins.

  1. Hallo Christoph,

    das Thema hatten wir doch schon:
    “ … haben die USA …“ nicht „… hat die USA …“

    Und auch in der Überschrift ist bereits ein Fehler: „Hotezimmer“. Richtig wäre: Hotelzimmer.

    Du willst doch eine seriöse Quelle sein, oder? Da sollte man sich schon die Mühe machen, richtig zu schreiben und ggfls. ein Lektorat in Anspruch nehmen.

    😉

  2. Parparlapp, Christoph schreibt cool,und die paar Rechtschreibfehler, naja 🙂

  3. die iranische regierung muss gesturzt werden . die mullahs regierung hat das das zu wirtschaflich ruine gefuhrt.und das wird immer weiter treiben. die mullahs kampfen und versuchen um jeden preis und allem versuch an der macht zubleiben.

    • Es bleibt zu hoffen. Ich wünsche jedem Iraner alles Gute – auf das ihr (wieder) eine sekuläre Regierung erhaltet.

  4. Mike Pompeo ist Außenminister. Secratary of state ist die englische Bezeichung dafür.

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