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USA verhängt Sanktionen gegen Bitcoin-Adressen von zwei Iranern

Finanzministerium der USA, Bild von Florian Hirzinge via wikimedia. Lizenz: Creative Commons

Nun ist es soweit: Bitcoins werden wie normales Geld behandelt. Das US-Finanzministerium hat gestern angekündigt, dass das Office of Foreign Assets Control (OFAC) erstmals zwei Bitcoin-Adressen mit Sanktionen belegt. Funktioniert das überhaupt?

Die beiden nun offiziell sanktionierten Adressen gehören zwei Bürgern des Irans, Ali Khorashadizadeh und Mohammad Ghorbaniyan. Den beiden wird laut der Pressemitteilung des Finanzministeriums vorgeworfen, dabei geholfen zu haben, Bitcoins gegen iranische Rial zu wechseln. Darunter waren auch Bitcoins von zwei iranischen Hackern, die hinter der SamSam Ransomware standen, welche mehr als 200 Computer befallen hat. Insgesamt seien mehr als 7.000 Bitcoins im Wert von mehreren Millionen Dollar über die beiden Adressen, 149w62rY42aZBox8fGcmqNsXUzSStKeq8C und 1AjZPMsnmpdK2Rv9KQNfMurTXinscVro9V, gelaufen, und auf mehr als 40 Börsen gegen Fiat-Geld gewechselt worden.

„Das Finanzministerium ermittelt gegen Wechsler von digitalen Währungen, die es iranischen Cyperkriminellen ermöglicht haben, sich durch Lösegelder in digitalen Währungen zu bereichern,“ erklärt Sigal Mandelker, der beim Finanzminsiterium als Untersekretär für Terorismus und finanzielle Geheimdienste zuständig ist. „Da der Iran immer stärker isoliert ist und verzweifelt nach einem Zugang zu US-Dollarn sucht, ist es essenziell, dass Börsen für virtuelle Währungen, peer-to-peer Geldwechsler und andere Anbieter von Dienstleistungen in diesem Bereich ihre Netzwerke gegen solche kriminellen Machenschaften stärken.“ Die Bitcoin-Adressen werden veröffentlicht, „um kriminelle Akteure im Raum der digitalen Währungen zu identifizieren. Das Finanzamt wird den Iran und andere Schurken-Regime aggressiv verfolgen, wenn sie digitale Währungen und Schwächen in der Cybersicherheit und in Maßnahmen gegen Geldwäsche ausnutzen, um ihre schändlichen Aktivitäten fortzusetzen.“

Damit setzt das Finanzministerium erstmals Bitcoin-Adressen auf eine öffentliche Blacklist. Während Sanktionen im herkömmlichen Bankwesen dazu führen, dass es mehr oder weniger unmöglich wird, Geld an die entsprechenden Parteien zu senden, sind Sanktionen von Bitcoin-Adressen zunächst wirkungslos. Denn keine Sanktion kann einen privaten User daran hindern, mit seiner Wallet eine Transaktion an eine Adresse zu senden. Tatsächlich liefen auf den Adressen der beiden Iraner seit gestern auch mehrere Kleinsttransaktionen in, die vermutlich aus Protest gegen die Sanktionen gezeichnet wurden.

Digitale Währungen dämpfen die Effektivität von Sanktionen ohne Zweifel. Allerdings kann das US-Finanzministerium auf andere Weise Druck ausüben. So verpflichtet es Börsen und andere Dienstleister der USA – und in den Ländern, auf die die USA Einfluss hat – dazu, Guthaben zu identifizieren und einzufrieren, die mit diesen Adressen in Verbindung stehen. „Ein Resultat der heutigen Aktion ist es“, so die Pressemitteilung, „dass Personen, die durch Transaktionen mit Khorashadizadeh und Ghorbaniyan in Verbindung gebracht werden, möglicherweise zum Ziel sekundärer Sanktionen werden.“

Gemäß der FAQ zu Sanktionen, die nun um einen Teil zu digitalen Währungen erweitert wurden, unterliegen Transaktionen in digitalen Währungen denselben Auflagen unterliegen wie Transaktionen in Fiatwährungen: US-Bürger müssen sicherstellen, dass sie Transaktionen von Individuen, die direkt oder indirekt auf der Liste der OFAC stehen, blockieren und keinen Handel mit diesen betreiben. Ebenso ist es verboten, diese Personen finanziell, materiell oder technisch zu unterstützen. Börsen und Zahlungsdienstleister werden aufgefordert, dafür maßgeschneiderte technische Lösungen zu entwickeln, was wohl bedeutet, dass sie den Transaktionen von Kunden nachspionieren müssen, um sicher zu stellen, dass diese nicht in Verbindung mit von den USA sanktionierten Adressen stehen.

Damit beginnt ein Prozess, der für Bitcoin schon seit langem prophezeit wurde: das Blacklisting beginnt, die Fungibilität bricht. Ein Coin ist eben doch nicht wie der andere, sondern je nach Herkunft beschmutzt. Coins, die in Verbindung mit den Adressen der beiden Iraner stehen, werden sehr viel schwerer zu verkaufen sein, als saubere Coins, da es kaum eine regulierte Börse geben wird, die sie akzeptiert. Anders als im Bankwesen sind solche Sanktionen aber relativ leicht zu umgehen oder zu entkräftigen, etwa durch die Nutzung mehrerer Adressen, Mixer oder anderer Coins. Dass die beiden Iraner stets dieselbe Adresse genommen haben, um Geld zu waschen, zeigt auch, dass sie über relativ überschaubare Kenntnisse der Materie verfügen. Ob und wie es unter diesen Umständen möglich ist, dass die USA ihre Finanzsanktionen gegen kompetente User aufrecht halten, wird eine spannende Frage der nahen Zukunft sein. Aktuellen Forschungsergebnissen zufolge gibt es Instrumente im Bereich der virtuellen Währungen, welche Blockchain-Analysten vor große Herausforderungen stellen.

Nicht minder spannend dürfte es sein, zu beobachten, wie sich Bitcoin im Iran entwickelt. Wie das Finanzministerium korrekt feststellt, ist das Land durch die internationalen Finanzsanktionen immer weiter isoliert, insbesondere seit SWIFT auf Druck der USA das Land vom wichtigsten Zahlungsnetzwerk der Welt abgetrennt hat. Die Folge ist, dass Bitcoins und andere digitale Währungen immer weiter an Bedeutung gewinnen, um der Volkswirtschaft Devisen zuzuführen. Die Konsequenzen dieser Politik werden für immer mehr Börsen und Iraner spürbar. So hat vor kurzem erst Binance, eine der weltweit größten Krypto-Börsen mit Sitz auf Malta, seine Kunden aus dem Iran aufgefordert, die Guthaben abzuziehen, da deren Account bald geschlossen wird. Laut einem Blockchain-Aktivisten aus dem Iran trudeln solche Nachrichten von Börsen immer häufiger ein, seit die USA die Sanktionen gegen das Land verschärft hat. Neben Binance blockeren auch Bittrex und Bitmex User aus dem Iran.

Damit steuert Bitcoin also mal wieder auf einen Konflikt zu, der eigentlich von Anfang an in die digitale Währung einprogrammiert wurde. Es wird sich zeigen, ob es der USA gelingt, die Währung zu kontrollieren – und wie sie reagieren wird, wenn dies nicht gelingt.

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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16 Kommentare zu USA verhängt Sanktionen gegen Bitcoin-Adressen von zwei Iranern

  1. Gibt es denn mittlerweile benutzbare dezentrale Börsen?
    Mit benutzbar meine ich:
    – keine Spezialkenntnisse notwendig
    – vertrauenswürdige uns zuverlässige client SW
    – ausreichende Liquidität

    was auch immer „ausreichende Liquidität“ sein mag, z.B. um mal eben 10 BTC zu (ver-) kaufen ohne den Preis zu beeinflussen

    • Bisq ist nicht schlecht, allerdings >95% Handelsvolumen BTCXMR, kaum Shitcoins… Und Fiat zu Krypto dezentral geht eigentlich nur lokal mit Cash, alles andere ist in der Finanzwelt leider doch nicht so final wie man es sich denkt (SEPA Überweisung z.B.) und daher ungeeignet für dezentrales anonymes Trading.

  2. Wenn ich an die Iraner jetzt ein Gedicht verkaufe, z.B. „Ich ess‘ ein Brot, es ist ganz rot“
    … und dafür 199 Satoshi zur Zahlung in meine Wallet verlange. Unabhängig von meinem hohen dichterischen Können und dem viel zu geringen Preis: Mache ich mich strafbar? Und wenn ich danach einen Kaffee bei Starbucks mit Bitcoin bezahle: Steht die Kaffeerösterei dann auf einer Liste mit Sanktionsbrechern und wird selbst bestraft´?

  3. Hab aus Protest auch etwas btc gespendet, jetz habe ich Angst 🙂

  4. So kann man sich selber swatten. Glückwunsch 😉

  5. Ich glaube es würde eine super politische Diskussion auf der Welt entfachen, wenn alle die btc besitzen einen minibetrag auf die beiden Adressen überweisen. Natürlich kann das katastrophale Wirkungen auf die Krytowährungen im Allgemeinen haben. Beispielweise weltweites Totalverbot und so. Aber ob sich unsere Regierungen in der aktuell ohnehin schon angespannten Lage zum Volk (fast in jedem europäischen Land brodelt es bereits) dann auch noch weiter mit den USA verbünden in einem Streit der sie zum Abdanken bringen kann möchte ich bezweifeln.

    • Beispielweise weltweites Totalverbot und so.

      Klappt ja schon bestens mit Drogen. Der Unterschied ist nur, man hat einen ehrenhaft klingenden Grund und sorgt sich um die Gesundheit der Menschen! Bei Technologien ist dieser mMn nicht so leicht zu finden…

  6. Coins, die in Verbindung mit den Adressen der beiden Iraner stehen, werden sehr viel schwerer zu verkaufen sein, als saubere Coins, da es kaum eine regulierte Börse geben wird, die sie akzeptiert.

    Es könnte schlimmer kommen, denn Deposits von ahnungslosen Haltern geblacklisteter Coins dürften eingefroren werden, zumindest bis man nachweisen kann, dass man diese rechtmäßig erworben hat.

    Anders als im Bankwesen sind solche Sanktionen aber relativ leicht zu umgehen oder zu entkräftigen, etwa durch die Nutzung mehrerer Adressen, Mixer oder anderer Coins.

    Beim Mixen werden alle teilnehmenden Parteien getainted, da wird nichts gewaschen. Die Adressen hätte man in der Tat besser variieren können, aber dann könnte man eben statt 2 auch 200 oder 2000 blacklisten können. Anderer Coins? Da sind wir bei der Bitcoin Dominanz, was für potenzielle Opfer ohnehin schon eine Hürde ist und dann noch auf einen weniger verbreiteten Coin zu setzen?

    Ob und wie es unter diesen Umständen möglich ist, dass die USA ihre Finanzsanktionen gegen kompetente User aufrecht halten

    Kompetente User wälzen das Problem auf andere weniger kompetente ab, indem sie ihre Coins mit ihnen gegen entsprechend nicht trackbare traden. Falls wirklich auch „leicht“ getaintete Coins auf den ersten Exchanges eingefroren werden sollten, dann findet sich der Boden noch lange nicht, aber vielleicht würde dies dann tatsächlich dazu führen, dass sich die Leute mehr mit der Technologie auseinandersetzen, was Loooong term wahrscheinlich gut wäre und zumindest den von mir erhofften Shakeout der offensichtlichen Scams mitbringen würde.

    Die Meldung hat mich übrigens gestern dazu gebracht, den Aufrufen zu folgen und (rudimentär) ein Blog aufzusetzen, statt überall rumzuspammen… https://coinscience.de/fungibilitat-und-was-sie-fur-kryptowahrungen-bedeutet/

  7. Grégoire Lambert // 30. November 2018 um 12:28 // Antworten

    Eine Seite rüstet auf, die andere zieht nach. Katze und Maus. Auch Iraner werden lernen, Wasabi, Samourai und andere Lösungen zu nutzen, die vielleicht nicht vollständig anonymisieren, aber eine Nachvollziehbarkeit von Transaktionen mit den aktuell bestehenden Mitteln zumindest unpraktikabel machen.

    • Es gibt bei einer Ransomware oder Straftat immer eine Adresse, über die das Geld geflossen ist. Diese wird geblacklisted und deren Coins sind tainted. Als Erpresser würde ich natürlich „Lösungen“ wie Wasabi nutzen, ich kann ja nur „bessere“ Coins rausbekommen, da meine zu 100% „schlecht“ sind.
      Aber wenn ich von mir selbst ausgehe, müsste ich schon wagemutig sein, um mit sauberen Coins an so einem CoinJoin mit 100 Unbekannten teilzunehmen… Wer nutzt sowas als Early Adopter? Meist diejenigen, die es nötig haben und ich habe bei 100 Teilnehmern eine fast an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, dass jemand dort richtig schmutzige Coins reinwirft und ich ein Stück davon abbekomme.

      • Grégoire Lambert // 1. Dezember 2018 um 8:48 //

        Früher haben Mixer so funktioniert, dass man im schlimmsten Fall seine „sauberen“ Coins gegen getaintete Coins tauscht. Mit CoinJoin/ZeroLink (Wasabi, Samourai) wird die Historie der Coins so stark verwässert, dass man danach nicht mehr zwischen sauberen und getainteten Coins unterscheiden kann, z.B. https://smartbit.com.au/tx/a4e03856a2b29308c6d5dcb2b91bed466a90c3748931bb7af6b44a64ec66cdf9 Es findet nicht einfach ein mehr oder weniger zufälliger Tausch statt, sondern eine echte Durchmischung.

        Wasabi läuft seit einem Monat erfolgreich und hat mittlerweile >1000 BTC (re-)fungibilisiert, https://wasabiwallet.io/

      • Vielen Dank, Grégoire Lambert, für deinen sachkundigen Beitrag.

        Exakt so ist es beim CoinJoin/Wasabi-clienten, ausreichende CoinJoin-Runden
        vorausgesetzt, ist es hinterher UNMÖGLICH nachzuvollziehen woher welche coins kamen die irgendjemand durch coinjoin bekommen hat.

        Sogar die Wasabi software selbst weiss nicht welche Eingänge welchen Ausgängen zugeordnet werden, es ist ziemlich genial, lest halt selbst:
        https://github.com/zkSNACKs/Meta / —
        https://medium.com/@nopara73/wasabi-1-stable-f8bc5e48289f

        Fazit:
        – Völlig sinnfreie Massnahme, soll nur von Bitcoin abschrecken und eine Illusion von Macht vorgaukeln, Propaganda halt..

      • @Grégoire Lambert & Jutta
        Gerade in diesem geschilderten Fall kann ein CoinJoin mit zufälligen „Partnern“ verhängnisvoll werden, da Du per Gießkanne mit Menschen connected wirst, welche Du eigentlich meiden würdest und Deine eigenen Coins auch „unsauber“ werden.
        Wenn CoinJoin zum Standard in etablierten Wallets werden würde, wäre es wahrscheinlich nicht mehr nachverfolgbar, aber leider pfeiffen 99+% auf Privatsphäre und die CoinJoins von Wasabi stechen sehr stark hervor, sind damit auch potenziell für Timing-Attacken offen.

  8. Name required // 1. Dezember 2018 um 11:04 // Antworten

    Zu dem Thema kann man immer wieder nur auf folgenden Artikel von Thomas Fischer (Richter am Bundesverfassungsgericht) verweisen:

    https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2015-10/geldwaesche-fischer-im-recht/komplettansicht

    Eigentlich müßte die USA demnach auch ihre ganzen Dollar auf eine Blacklist setzen. Denn vermutlich ist JEDER einzelne davon „kontaminiert“. JEDER Nutzer von staatlichen Währungen macht sich strafbar, denn es gibt aller Wahrscheinlichkeit nach keinen Euro, Dollar, Yen, Renminbi etc. der nicht schon einmal in ein strafbare Aktion verwickelt war. Und ja, auch z.B. Schwarzarbeit ist strafbar und Erträge daraus illegal.

    • Name required // 1. Dezember 2018 um 11:08 // Antworten

      Edit: es muß natürlich „… eigentlich müßteN die USA …“ heißen.
      War aber nur ein Tippfehler. In dem Zusammenhang auch nochmal der Hinweis an Christoph (siehe Text oben, letzter Abschnitt: „… ob es der USA gelingt, …“) … 😉

    • Name required // 1. Dezember 2018 um 11:45 // Antworten

      … und noch eine Korrektur: Thomas Fischer ist natürlich Richter am Bundesgerichtshof (BGH), nicht am Verfassungsgericht.

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