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Prognosen im Rückblick: Was 2018 anders kam als erwartet

Geschäftsmann befragt leuchtende Glaskugel nach der Zukunft. Bild von InfoWire.dk via flickr.com. Lizenz: Öffenliche Domäne

Es ist immer wieder gut, das zu reflektieren, was man einmal verzapft hat. Anfang des Jahres habe ich eine Liste mit 13 Prognosen für 2018 aufgestellt. Was habe ich prophezeit – und was ist eingetroffen? Der kritische Blick auf die eigenen Prognosen wird ein Jahresrückblick als Selbstgespräch.

Das Blockchaincenter hat seine Prognosen für 2018 einem Selbst-Review unterzogen, und dabei auch Noten an sich selbst verteilt. Weil ich die Idee inspirierend fand, habe ich sie einfach kopiert, wenn auch ohne Noten. Dabei habe ich versucht, die Kritik meiner eigenen Vorhersagen für 2018 dafür zu nutzen, um eine Art Jahresrückblick zu schreiben – was ist in welchem Bereich in diesem Jahr 2018 passiert? Und was kam anders, als ich es erwartet hätte?

Also, los:

1. Bitcoin wird langweilig

… Der MemPool wird sich beruhigen, weil Bitcoin viele kleinere Zahlungen abschüttelt und SegWit langsam zündet. Das Chaos mit den Bestätigungen wird sich legen, doch ein merklicher Zugewinn an Kapazität wird ausbleiben. Das Lightning Netzwerk wird nur maginal genutzt werden, und es wird für externe Beobachter aussehen, als würde Bitcoin stagnieren und sich in einer Nische als stabiles, unveränderbares digitales Gold festsetzen.

Wenn man genauer hinschaut, wird jedoch ein erstaunlicher Fortschritt sichtbar werden: Lightning wird den dezentralen Wechsel in andere Währungen per Atomic Swaps ermöglichen, auf SegWit werden Mast und Schnorr-Signaturen die Basis-Schicht weiter verbessern, und, wer weiß, vielleicht kommt auch die Implementierung von Confidential Transactions einen Schritt voran. Bitcoin wird auch im Jahr 2018 die beste, sicherste und stabilste Kryptowährung.

Hier lag ich, würde ich sagen, recht gut. Bitcoin funktioniert weiterhin wunderbar, der Mempool ist wieder leer, Lightning entwickelt sich weiter, wird aber nur marginal benutzt, und die Akzeptanz im allgemeinen Handel ist eher stagnierend. In der Tendenz nicht schlecht.

Allerdings habe ich die Stabilität von Bitcoin überschätzt, zumindest in Sachen Kurs. Als „digitales Gold“ hat Bitcoin mit einem Wertverlust von bis zu 80 Prozent nicht eben brilliert.

Der Bitcoin-Kurs: Von 12.500 auf 2.500 Euro. Nicht so richtig wie Gold. Quelle: Bitcoin.de

Der technische Fortschritt – Mast, Schnorr, Atomic Swaps und Confidential Transactions – ging deutlich langsamer voran, als ich erwartet hätte. Immerhin wurde Schnorr spezifiziert – ist aber auch weiterhin weitgehend Theorie.

Das Lightning-Netzwerk schließlich hat einen beeindruckenden Start hingelegt. Anfang des Jahres begann es, sich auf dem Mainnet auszubreiten. Seitdem ist die Anzahl der Knoten auf einige Tausend gewachsen, und die Kapazität hat im Herbst mehr als 300 Bitcoin erreicht – während immer mehr Händler und Service-Dienstleister das Lightning-Netzwerk aufnehmen oder zumindest mit der Integration liebäugeln.

Dennoch ist das Lightning-Netzwerk noch weit davon entfernt, eine mit normalen Bitcoin-Transaktionen vergleichbare Benutzerfreundlichkeit zu erreichen. Das habe ich selbst erfahren, als ich einen Lightning-Node eingerichtet habe, um offchain-Zahlungen zu empfangen. Es war viel Mühe, die aber mit Erfolgserlebnissen belohnt wurde. Die Erfahrung zeigt jedoch, welche Probleme Lightning aus Nutzersicht verursacht.

2. Offchain wird ein Ding

Allerdings nicht bei Bitcoin, sondern bei Ethereum. Es gibt Dutzende von Gründen, warum: Etwa weil State Channels bei Ethereum etwas vollständig neues ermöglichen – schnellere, günstigere und komplexere Smart Contracts – während das Transaktionsgeschehen von Bitcoin einfach auf andere Blockchains oder PayPal migrieren kann. Weiter sind die Ethereum-Wallets schon bereit für die komplexen Smart Contracts, und die großen Contracts auf Ethereum könnten der perfekte Anfang sein, um die ersten Hubs eines offchain-Netzwerkes zu bilden.

Vor allem aber braucht Ethereum Offchain-Kanäle viel dringender als Bitcoin. Ein digitales Gold mit moderaten bis hohen Transaktionsgebühren funktioniert auch onchain. Der dezentrale Weltcomputer, den Ethereum bilden will, ist rein onchain gar nicht mal denkbar. Daher werden wir 2018 vermutlich Raiden (Ethereums Lightning Network) und Plasma (Sidechains) in Aktion erleben. Ein Stipendium der Ethereum-Foundation könnte helfen, diese Entwicklung voranzutreiben.

Sollte dies jedoch ausbleiben, steht Ethereum ein stagnierendes, enttäuschendes und verheerendes Jahr bevor.

Naja. Recht hatte ich hier bestenteils marginal. Offchain hat bei Ethereum größtenteils stagniert. Es gab ein paar aufsehenserregende Meldungen zu Plasma-Sidechains, aber nüchtern betrachtet ist man hier noch meilenweit davon entfernt, dass es benutzt wird – während die Ethereum-Blockchain sich weiter aufplustert und für viele Full Nodes mehr und mehr zur Belastung wird.

Enttäuschend war das Jahr 2018 für Ethereum ohne Zweifel, wenn man auf den Preis schaut. Wie bei allen Kryptowährungen. Aber Ethereum blieb auch stabil. Das Transaktionsvolumen hat sich bei etwa 500.000 am Tag eingependelt, womit Ethereum fest in der Position der am stärksten genutzten dezentralen Blockchain ist.

Tägliche Anzahl von Ethereum-Transaktionen. Quelle: Etherscan.io

Mit Metamask bietet Ethereum einen intuitiv zugänglichen Einsteig ins Web 3.0, das 0x-Protokoll hat zahlreiche „dezentrale“ Börsen gebracht, der DAI-Stablecoin einen Dollar auf Ethereum. Das Gaming mit nicht-fungiblen Token wird immer populärer, und Opera bringt die erste native Wallet in einen Browser – ausschließlich für Ethereum und Token auf Ethereum.

3. Bitcoin Cash wird die Währung für Alltagstransaktionen

Bekommt aber Konkurrenz durch Litecoin, Dash oder Zcash. Nachdem Bitcoin aufgehört hat, als Alltags-Zahlungsmittel nützlich zu sein, ist eine Lücke im Markt entstanden. Derzeit ist Bitcoin Cash der aussichtsreichste Kandidat, um sie zu schließen, da hinter ihm die größte Dynamik zu stecken scheint. Wenn BitPay im Frühjahr wie angekündigt Bitcoin Cash aufnimmt, könnte dies den Forkcoin zu einem weit verbreiteten Zahlungsmittel machen.

Hier kann man nur eines sagen: Nö. Fail. Weder Bitcoin Cahs, noch Litecoin, Dash oder Zcash wurde zum Zahlungsmittel für den Alltag. Bitcoin Cash hätte eigentlich gute Voraussetzungen gehabt: Transaktionen sind spottbillig, man kann dank BitPay fast überall bezahlen, wo man mit Bitcoin bezahlen kann, und die Leute, die vor August 2017 Bitcoins hatten, haben auch Bitcoin Cash.

Vergleich der Anzahl tägliche Transaktionen von Bitcoin Cash (blau) und Dogecoin (rot). Quelle: Bitinfocharts.com

Aber … es geschah nicht. Das tägliche Transaktionsvolumen von Bitcoin Cash hat das gesamte Jahr über stagniert. Es blieb in einem Korridor zwischen 15.000 und 30.000 Transaktionen am Tag (blaue Kurve). Sogar Dogecoin hatte meistens mehr (rote Kurve). Im August, September und November gab es Spitzen durch Stresstests, die zeigen, dass Bitcoin Cash mit einer Spitzen-Belastung von mehr als 20 MB Blocksize klar kommt, was bedeutet, dass es möglich sein sollte, mehrere Millionen Transaktionen am Tag durch das System zu jagen. Aber offenbar ist das Interesse daran gering.

Ich vermute, dass es dafür zwei Gründe gibt: Erstens haben sich die Gebührenverhältnisse bei Bitcoin wieder beruhigt, womit die Schmerzen, die einen Wechsel motivieren könnten, geringer werden. Zweitens ist das allgemeine Interesse daran, mit Bitcoin zu bezahlen, weiterhin relativ überschaubar, woran auch ein größeres Blocksize-Limit nichts ändern. Dementsprechend konnten sich auch Litecoin, Dash oder Zcash nicht als allgemeines Zahlungsmittel etablieren.

Kursmäßig war das Jahr für Bitcoin Cash sowieso eher unbefriedigend. Als dann noch die November-Hardfork zur Spaltung führte, weil sich die Parteien nicht einigen konnten, wie man noch mehr Überkapazität bereitstellt, fiel der Preis von Bitcoin Cash auf ein Allzeittief von weniger als 100 Dollar, während sich Bitcoin SV absplittete.

4. Für IOTA wird 2018 ein entscheidendes Jahr

Make it or break it: Für IOTA wird 2018 spannend. Die vor allem von der deutschen Wirtschaft hoch geschätzte Kryptowährung für das Mikropayment von Maschinen wird sich in diesem Jahr beweisen müssen. Wird es gelingen, den zentralen Koordinator auszuschalten? Wird das Netzwerk stabil laufen, ohne die Ausfälle und Aussetzer, die wir im letzten Quartal 2017 öfter mal gesehen haben? Wird IOTA es schaffen, dauerhaft Spam zu vermeiden, und wird sich das System tatsächlich stabilisieren, wenn das Transaktionsvolumen zunimmt, so wie es die Entwickler prophezeien?

Für IOTA ist einiges im Jahr 2018 passiert. Forscher der RWTH Aachen widmen sich der Tangle-Währung, Fujitsu und andere Firmen bewerben IOTA auf der Hannover Messe, und mehr. Das Interesse der Industrie war auch in diesem Jahr deutlich zu spüren, während die Community weiter aktiv bleibt.

Wer das Blog beobachtet, weiß, dass ich zuweilen meine lieben Nöte mit IOTA habe. Im einen Moment begrüßt die Community einen tiefgehenden Artikel über IOTA, im nächsten befinde ich mich in einem Kleinkrieg mit ihnen, weil ich mich negativ über IOTA äußere. Im Mai habe ich darum eine Art offenen Brief an die Szene geschrieben, indem ich darüber reflektiert habe, was es bedeutet, ehrlich über Kryptowährungen zu schreiben, und warum das bei IOTA zuweilen schwierig ist. Zu meiner Freude haben viele IOTA-Fans dies mit viel Respekt aufgenommen.

Der Coordinator wurde auf im Jahr 2018 nicht entfernt, womit IOTA weiterhin auf dem gleichen Problem sitzt wie seit langem – dass es als dezentrale Kryptowährung oft nicht ernst genommen wird. Der Begeisterung um IOTA herum und dem wachsenden Interesse der Industrie und Forschung hat dies aber kaum einen Abstrich getan. Schließlich läuft die Währung unter den Umständen, in denen sie sich befindet, recht stabil. Dahr war meine Prognose „Make it or break it“ eher falsch.

5. Monero wird sich im Darknet durchsetzen

Unter den Coins mit besonders guter Privatsphäre ist Monero ohne Zweifel am beliebtesten. Im Darknet hat sich die Kryptowährung bereits relativ weit durchgesetzt. 2018 könnte das Jahr werden, in dem Monero Bitcoin als “Einheitswährung des Cybercrime”, wie Europol schon 2015 schrieb, ablöst.

Auch hier reicht es bestenfalls für ein „Naja“. Ich habe nur wenig Datenpunkte, aber das Transaktionsvolumen und der Preis deuten schon mal an, dass Monero weiterhin nur nebensächlich verwendet wird. Ich erinnere mich auch an einen Bericht von Europol, der betonte, dass Bitcoin weiterhin die absolute Hauptwährung im Darknet ist.

Zwar meine ich, hier und dort gelesen zu haben – zum Beispiel im „Darknet-Branchenmagazin“ Deepdotweb – dass sich Monero großer Beliebtheit erfreut. Auch die Europol-Berichte sowie die Forscher im Bereich der Strafverfolgung dehnen ihre Analysen mehr und mehr auf andere Kryptowährungen aus. Monero wird dabei immer genannt, und seitdie Entwickler per Hardfork Bullet Proofs eingeführt haben, hat sich das Potential der Währung als Zahlungsmittel vervielfacht.

Aber von einer Ablösung kann nicht die Rede sein. Von daher: Fail.

6. Viele Einhörner werden geschlachtet

Derzeit gibt es im gesamten Kryptomarkt rund 40 Währungen, die eine Marktkapitalisierung von mehr als einer Milliarde Dollar haben. Man könnte von Krypto-Einhörnern sprechen. Von diesen Währungen werden lediglich eine Handvoll tatsächlich genutzt (Bitcoin, Bitcoin Cash, Ethereum, Litecoin, Monero, IOTA), und eine weitere Handvoll sind eine Art funktionales Backup auf diese Coins (Dash, Zcash, Bytecoin, Ethereum Classic). Alles weitere dürfte Experiment und Spekulation sein.

Es gibt keine reale ökonomische Aktivität, die die Existenz von 40 Krypto-Einhörnern rechtfertigt. Vermutlich gibt es in der Welt nicht einmal den Bedarf nach 40 Kryptowährungen mit dieser Marktkapitalisierung. Es ist durchaus möglich, dass diese Anzahl 2018 zunächst noch weiter steigt. Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass wir in diesem Jahr noch ein Gemetzel unter diesen Einhörnern sehen werden.

Endlich. Hier hatte ich auf voller Linie recht. 100 Punkte. Die Kurse von Kryptowährungen sind simultan eingebrochen, Woche für Woche und Monat für Monat, und die gesamte Marktkapitalisierung ist von knapp 800 Milliarden auf gut 100 Milliarden gefallen.

Verlauf der gesamten Marktkapitalisierung. Quelle: Coinmarketcap.com

Von den ehemals 40 Einhörnern sind bis heute nur 9 am Leben geblieben; mit Bitcoin SV kam ein zehntes hinzu.

Zehn Einhörner sind noch. Quelle: ebenfalls Coinmarketcap.com.

Diese Prognose traf ein, vielen Dank!

7. ICO werden weniger spannend, beginnen aber, Aktien abzulösen

Die Zeit der unregulierten Wild-West-ICOs mit blendenden Gewinnen und surrealen Einnahmen dürfte vorbei sein. ICOs bleiben aber weiterhin ein Mittel, um Geld einzusammeln. Wir prophezeien zwei Trends: Auf der einen Seite werden die unregulierten ICOs noch unseriöser und die Gefahr, auf einen Betrüger reinzufallen, wird noch weiter steigen. Dies wird ICOs für die profitverwöhnte Krypto-Community reizlos machen.

Auf der anderen Seite finden ICOs ein immer stärkeres Interesse von Unternehmen, die an sich nichts mit Krypto zu tun haben. Dies sowie die zunehmende regulatorische Sicherheit bei ICOs könnte dazu führen, dass die Blockchain-Token mehr und mehr zur Alternative zu Aktien, Mittelstandsanleihen oder Genussrechten werden. Möglicherweise werden wir sogar erleben, dass etablierte Börsen in Europa den Handel mit ICO-Token anpeilen.

Auf der einen Seite hatte ich recht. Die ICO-Schwemme ist zurückgegangen. Immer mehr ICO-Investments bekommen Ärger mit der Regulierung. Wenn diese sie verpflichtet, die Investments zurückzuzahlen, geht dies mit Abverkäufen auf den Token- und Kryptomärkten einher. Startups, die ein ICO geplant haben, rudern mehr und mehr zurück. Soweit, so richtig.

Auch das Interesse, ICOs in einem regulatorisch sicheren Umfeld zu nutzen, um Unternehmen zu finanzieren, ist zu spüren. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) veröffentlicht regulatorische Statements, der Bundesverband Blockchain hilft bei der Bildung des rechtlichen Rahmenwerkes mit, und sogar das EU-Parlament erkennt an, dass in ICOs ein großes Potential liegt, und die ersten Finanzinstitute beginnen, über ICO-Plattformen nachzudenken.

Aber sehr viel ist 2018 dennoch nicht passiert. ICOs und Aktienbörsen haben weiterhin keine Berühungspunkte. Aber die Wege, um beides zusammenzubringen, wurden immerhin angeschritten.

8. Nicht-fungible Token werden zum Trend

Während die meisten ICOs fungible Token herausgegeben haben, die sich gleichen wie ein Ei dem anderen, sind nicht-fungible Token individuell. Das Spiel CryptoKitties hat Ende 2017 bewiesen, dass die Token funktionieren und am Markt ankommen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind breit und werden vermutlich 2018 ausgelotet.

Man kann nicht-fungible Token nicht nur in diversen Spielen verwenden. Auch der Einsatz für alle Arten von Sammelgütern kommt in Frage. Wichtiger dürfte er aber bei Themen wie Grund- und Vermögensverwaltung sein: Nicht-fungible Token können etwa Grundstücke, Immobilien, Kunstwerke und Versicherungen darstellen. Dass es hierfür nun einen Standard gibt, könnte den Einsatz von Blockchain-Technologie etwa in der öffentlichen Verwaltung erheblich beschleunigen.

Diese Prognose ist auch einfach: Ja. Nicht-fungible Token sind im Trend, es gibt immer mehr Spiele für Ethereum, die auf sie zurückgreifen. Für andere Anwendungen – Grundstücke, Kunstwerke und so weiter – werden sie aber weiterhin nicht genutzt. Eventuell ist das aber eine Sache, die wir 2019 (oder später) sehen werden.

9. Es wird eine Form von Blacklisting geben

Wir haben es beim Thema Monero schon angedeutet: Die Regulierer werden weiter die Schrauben anziehen. Nachdem so gut wie alle Börsen der Welt die Kunden identifizieren und diverse Unternehmen ausgefeilte Blockchain-Analyse-Tools entwickelt haben, steht einem Blacklisting nicht mehr viel im Wege.

Blacklisting bedeutet, dass die Unternehmen “schmutzige Adressen” austauschen. Coins, die mit einer solchen Adresse in Kontakt stehen, werden von Börsen oder Händlern nicht mehr akzeptiert. Während es bereits möglich ist, solche Adressen zu markieren, dürften die Datenschutzgesetze es noch schwer machen, die Daten in einem Maß auszutauschen, das für ein globales Blacklisting notwendig ist. Vor allem aber muss ein Blacklisting auch in die privaten Wallets integriert werden, um nicht in Chaos beim User zu enden.

Es wird also noch ein relativ weiter Weg sein, bis ein umfassendes Blacklisting Wirklichkeit wird. Aber 2018 werden vermutlich weitere große Schritte in diese Richtung gemacht werden. Eventuell werden wir die ersten Experimente und die ersten Blacklists sehen.

Oha. Auch hier hat mir das Jahr 2018 ein „Richtig“ geschenkt. Zumindest im Ansatz. Ein Blacklisting für alle Wallets ist weiterhin weit entfernt (und wird es zum Glück vermutlich niemals geben). Aber die meisten Börsen benutzen mittlerweile Analysetools, um Bitcoins zu identifizieren, die irgendwie eine kriminelle Vergangenheit haben, und das US-Finanzministerium hat erst vor kurzem zwei Bitcoin-Adressen in die offizielle Blacklist der Finanzsanktionen der USA aufgenommen.

10. Finanzämter werden lernen, Kryptowährungen zu lieben

Mittlerweile sind die Finanzämter weltweit wach geworden. Menschen haben mit Kryptocoins Millionen verdient, und nun will der Staat seinen Anteil. Viele, die gedacht haben, dass Bitcoin und Co. vor dem Zugriff der Steuerfahndung schützen, werden auf die harte Tour lernen, dass sie damit falsch lagen. Die Finanzämter werden durch die Krypto-Millionäre sehr viel einnehmen.

Weiter werden die Finanzämter im Jahr 2018 den Datenabgleich mit Kryptobörsen und der Blockchain intensivieren. Möglicherweise werden die Behören auch begreifen, dass Bitcoin perfekt geeignet ist, um die Steuerschuld der Bürger zu ermitteln, da man Transaktionen automatisiert auf der Blockchain prüfen kann, anstatt sie stückweise bei der jeweiligen Bank abzufragen. Wer weiß, vielleicht werden SAP und Datev Kryptowährungen in ihre Software integrieren, und vielleicht findet das Finanzministerium Bitcoin so toll, dass es Steuererleichterungen für Zahlungen mit Krypto gibt? Aber das ist vermutlich zu weit gedacht …

Ja, das war zu weit gedacht. Die Finanzämter sind noch weit davon entfernt, flächendeckend mit Bitcoins umzugehen. Meine persönliche Erfahrung mit einem eher provinziellen süddeutschen Finanzamt zeigt aber, dass das Thema allgemein angekommen ist und die Sachbearbeiter es begrüßen, wenn sie es in der Steuererklärung vorfinden.

11. Der internationale Handel wird Kryptowährungen benutzen

Wir hatten im Jahr 2017 die ersten Anzeichen dafür, dass Unternehmen beginnen, Bitcoin für den internationalen Handel zu benutzen. Dieser Trend wird sich 2018 fortsetzen und verstärken. Wir werden sehen, wie Frachter mit Rohstoffen, Immobilien und vieles mehr mit Kryptowährungen bezahlt werden.

Die seit kurzem auf der Börse von Chicago angebotenen Futures könnten ein wertvolles Instrument werden, um Kryptowährungen für den internationalen Handel nutzbar zu machen. Sie erlauben es Unternehmen, sich gegen Verluste durch die schwankenden Preise abzusicheren. Die Chancen stehen gut, dass vor allem stark internationalisierte Firmen in diesem Jahr beginnen werden, Bitcoin oder andere Kryptowährungen als Instrument zu verwenden, um die globalen Lieferketten zu optimieren.

Interessant könnte es auch werden, wenn diesen Lieferketten zugleich Blockchain-Technologie einsetzen, um die Transparenz zu erhöhen. Dies wird durch zahlreiche Projekte versucht. Gut möglich, dass das eine oder andere in diesem Jahr zünden wird.

Nicht wirklich. Der internationale Handel benutzt Bitcoin nicht viel mehr als noch vor einem Jahr. Dies dürfte vermutlich an der Volatilität liegen. Zwar könnte man sich mit Futures gegen diese absichern, aber mir ist nicht bekannt, dass dies in nennenswertem Umfang gemacht wird.

Immerhin konnte ich erst diese Woche eine Erfolgsstory finden, wie ein Unternehmen aus München mithilfe einer Blockchain eine internationale Lieferkette verbessert. Daher darf ich mir hier immerhin einen Ehrenpunkt zuschreiben.

12. Die Märkte werden sich weiter in mehr Altcoins diversifizieren

Bitcoin verliert kontinuierlich an Marktanteilen, und während andere Kryptowährungen wie Ethereum zwar gewinnen, reicht dies doch nicht, um die Lücke vollständig zu füllen. Daher wird der Anteil einzelner Kryptowährungen am gesamten Markt immer kleiner, und ein immer größerer Anteil entfällt auf die “sonstigen Währungen”.

Noch konzentrieren sich die Märkte relativ stark auf Bitcoin und Ethereum. Doch dies könnte sich wandeln. In Zukunft könnte ein Marktanteil von 5 Prozent bereits unfassbar hoch sein. 2018 dürfte sich der bisherige Trend fortsetzen. Die Kryptomärkte dezentralisieren sich, und die Investoren werden darauf reagieren, indem sie ihr Portfolio weiter diversifizieren. Es wird zum Standard werden, dass Plattformen und Zahlungsdienstleister eine Vielzahl an Coins annehmen.

Ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, wie ich meinen konnte, dass diese Prognose kompatibel mit dem Gemetzel unter den Einhörnern ist. Dementsprechend lag ich falsch: Bitcoin hat sich Marktanteile zurückerobert. Im Januar ist der Dominanzindex von Bitcoin auf kaum mehr als 30 Prozent gefallen. Seitdem steigt er kontinuierlich an, seit August ist er stabil bei mehr als 50 Prozent. Das ist noch weit von den alten Jubeltagen jenseits der 80 Prozent entfernt – aber es unterstreicht klar, dass sich die Märkte eben nicht in Altcoins diversifizieren, wie ich prognostiziert habe.

Bitcoin-Dominanzindex (orangebraune Linie). Quelle: Coinmarketcap.com.

Allerdings fand dennoch eine Art Diversifizierung statt. Denn so gut wie alle Bitcoin-Dienstleister wurden im Lauf des Jahres 2018 zu Multicoin-Unternehmen. Wallets, Zahlungsdienstleister, Börsen – sie alle nehmen mehr und mehr Coins ins Portfolio auf. Ein reines Bitcoin-Unternehmen ist Ende 2018 äußerst selten geworden.

13. Dezentrale Börsen und Marktplätze werden immer wichtiger

Die letzten 1-2 Jahre haben die ersten dezentralen Börsen und Marktplätze hervorgebracht. Etwa eine lokale Software wie Bisq oder OpenBazaar, ein Smart Contract auf Ethereum wie EtherDelta, oder eigene Blockchains wie Particle oder Syscoin. Bislang konnte noch keine dieser Plattformen wirklich zünden.

2018 könnte es dazu kommen, dass diese dezentralen Handelsplattformen an Fahrt aufnehmen. Dies könnte ein ganz neues Kapitel in der Geschichte der Kryptowährungen beginnen, da dann nicht nur Geld, sondern auch Unternehmungen und Plattformen dezentralisiert werden.

Eindeutig: jein. Ein Durchbruch für dezentrale Börsen gab es nicht, aber definitiv einen Fortschritt, sei es  bei 0x-Börsen auf Ethereum, Bisq oder Atomic Swaps. Aber das Volumen ist weiterhin gering, die Szene ist klein, und die Technologie zu umständlich, um für breitere Trader-Kreise attraktiv zu sein. Eventuell kommt der Durchbruch 2019, eventuell bleiben die dezentralen Plattformen weiterhin in einer Nische.

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12 Kommentare zu Prognosen im Rückblick: Was 2018 anders kam als erwartet

  1. Mal wieder ein toller Artikel! Hab dir als kleines Dankeschön bißchen was über Lightning geschickt.

    Kommt ein Artikel mit Prognosen für 2019?

    • Danke. Hat die Lightning-Zahlung geklappt? Meine PHP-seite mit LN ist glaube ich down, und ich kam noch nicht dazu, es zu richten.

      Prognosen, bin mir nicht sicher, wenn ich ehrlich bin, würde ich vermutlich fast dasselbe schreiben wie für 2018 … das meiste ist ja noch nicht eingetrofen … vielleicht fällt mir noch was gutes ein, man darf ja auch noch in den ersten Januarwochen Prognosen abgeben.

  2. Also bei mir steht Zahlung bestätigt. Hab das invoice benutzt, dass du mal bei Twitter gepostet hast. Ich hoffe die Zahlung kommt doch noch bei dir an!

    • Ach so, dann ist es sicherlich schon angekommen. Um es zu sehen, muss ich mich im VPS einloggen, und das lustige ist, dass ich bei meinem Setup gar keine Möglichkeit habe, Zahlungen zu erkennen, wenn ich keine Invoice rausschicke (und weil lnd keine Funktion hat, alte Invoices zu löschen, muss ich da eine endlos lange Liste laden). Aber hauptsache die Balance passt 🙂 — Danke!

  3. Juergen Roeger // 19. Dezember 2018 um 17:37 // Antworten

    Ja, super Artikel, – ehrlich und kompetent. Dankeschön kommt als BTC.

  4. Wieder ein lesenswerter Artikel. Aber zum Zitat:

    „Als “digitales Gold” hat Bitcoin mit einem Wertverlust von bis zu 80 Prozent nicht eben brilliert.“

    Der Goldpreis in USD ist von 1980 bis 1982 um ca. drei Viertel gefallen. Momentan steht Gold ca. 30% unter seinem Höchstkurs.

    Gold ist alles andere als eine sichere Wertanlage. Gold ist aus Sicht des Anlegers eine Versicherung, genau wie Bitcoin.

  5. „oder eigene Blockchains wie Particle oder Syscoin. Bislang konnte noch keine dieser Plattformen wirklich zünden.“

    Es heißt „Particl“ -> auch ein interessantes Projekt auf Privacy ausgelegt, die arbeiten gerade an bulletproofs Ringct für Bitcoin (testnet). Wäre gut wenn sich ein dezentraler Marktplatz in irgendeiner Weise durchsetzt.

  6. Bobby Lee Swagger // 20. Dezember 2018 um 1:39 // Antworten

    Zweiter Satz: „Anfang des Jahres habe ich eine Liste mit 13 Prognosen für 2013 aufgestellt.“

  7. „Eindeutig: jein.“ Tolles Oxymoron 😉
    Sehr schöner Artikel Chrisoph, wieder einmal.
    Vielleicht habe ich über die Feiertage mal Zeit meine immer wieder unregelmäßige (Oxymoron 😉
    Spende mal über Lighting zu versuchen.

  8. Leichter ist es vielleicht erstmal Spenden über tippin.me zu empfangen.

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