Newsticker

Musik, Seehecht, Rohöl

Keine Schönheit, aber eine Delikatesse: Der Schwarze Seehecht, auf englisch Patagonian Toothfish. Bild von richie rocket via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Es gibt jeden Tag Nachrichten, wie und wofür eine Blockchain eingesetzt werden soll. Diese Flut macht es schwierig, die Spreu vom Weizen zu trennen. Wir präsentieren drei der Blockchain-Anwendungen der letzten Wochen, die vielleicht interessant sind. Bei allen geht es darum, Vorgänge im Lebenszyklus einer Ware transparent zu machen.

Surround: Bitfurys Plattform für Musik

Bitfury ist seit langem ein Miner und Hersteller von Asics. Daneben betreibt die Firma auch viele Projekte um Lightning, Blockchain-Analyse und “Blockchain Tech.” Nun startet die Firma “Surround”, eine laut Pressemitteilung “Musik und Entertainment Abteilung, die Blockchain-Lösungen schaffen wird, welche auf die Herausforderungen reagieren, vor denen Künstler und Stakeholder der Musikindustrie stehen.”

Der erste Wurf von Surround wird eine Open-Source-Plattform sein, die durch die Bitcoin-Blockchain gesichert wird. Die Surround-Plattform soll sich an alle Beteiligten im Wertschöpfungsprozess eines Musikstückes – vom Künstler über die Studios zu Labels hin zum Download als MP3 – wenden. Sie soll es ihnen ermöglichen, diesen Prozess zu verschlanken, indem sie etwa Copyrights, Rechte, Verbindungen und Zahlungen sicher über eine Blockchain transferiert. Daneben möchte Bitfury noch Management-Lösungen anbieten und eine künstliche Plattform-Intelligenz aufbauen.

Technisch ist Surround interessant: Es baut auf Bitfurys Exonum Blockchain-Plattform auf. Exonum ist ein Blockchain-Framework, durch das jeder seine private oder semi-private Blockchain bilden kann, die durch einen speziellen Konsens-Algorithmus regiert wird. Das Innovative an Exonum ist, dass die Blockchains in gewissen Zeitabständen eine Hash des States auf der Bitcoin-Blockchain abspeichern. Dies schützt sie davor, rückwirkend vom ihrem Besitzer gefälscht zu werden.

WWF möchte mit Blockchain Lieferkette von Lebensmitteln transparent machen

Der australische World Wildlife Fund, WWF Australien, plant, eine Blockchain einzusetzen, um “individuelle Produkte vom Ursprung bis zum Konsumenten zu verfolgen.” Dies solle Unternehmen und Verbraucher helfen, es zu erkennen, wenn ein Produkt einen illegalen, umweltschädlichen oder unethischen Beigeschmack hat. Die erhöhte Transparenz soll zugleich die Lieferkette effizienter und schlanker machen.

Der Name der Plattform ist OpenSC. Welche Blockchain dafür benutzt wird, geht aus der Pressemitteilung nicht hervor. Sie erklärt die Technik am Beispiel des Schwarzen Seehechts. Dieser barschartige Fisch lebt in den Gewässern rund um die Antarktis, etwa an den Küsten Chiles, Patagoniens oder der Falklandinseln. Er schwimmt in Tiefen von mehr als 1.000 Metern, wird bis zu zwei Meter lang und fünfzig Jahre alt. Da er als Delikatesse gilt, wird er oft illegal gefischt; was die Population wegen der späten Geschlechtsreife gefährdet.

Mit OpenSC bekommt der Schwarze Seehecht direkt am Fangort ein RFID-Tag. Das ist ein Mikrotransponder, der eine geringe Menge Daten speichert und versendet. Mittels GPS wird dann verifiziert, wo der Fisch gefangen wurde, und wenn er dann im australischen Perth filetiert wird, wird das RFID-Tag entfernt und durch einen QR-Code ersetzt. Jede dieser Operationen wird offenbar auf einer Blockchain abgespeichert und so transparent gemacht. Die Kunden im Supermarkt können schließlich den QR-Code einscannen, um die Herkunft des Fisches zu verifizieren.

Dies Vision, dass der Kunde im Kaufhaus die absolute Transparent über die ökologische und ethische Qualität einer Ware aufs Smartphone bekommt, möchte der WWF Australien auch auf andere Produkte ausdehnen, sei es Fleisch, Palmöl oder vieles mehr.

Ob dies tatsächlich einmal möglich sein wird oder nicht – die Idee, die Supply Chain im Fischfang durch Blockchains transparenter zu machen, rennt im pazifischen Raum scheinbar offene Türen ein. Neben dem WWF Australia benutzen auch schon die Mitglieder der größten Thunfischfang-Genossenschaft, MSC, die Ethereum-Blockchain, um die Herkunft der saftigen Thunfischfilets transparent zu machen. Die Prozesse sind ähnlich, aber nicht identisch.

Chevron, Total und Reliance schließen sich Energie-Blockchain VAKT an

Vergangene Wochen haben sich die Konzerne Chevron, Total und Reliance dem VAKT-Projekt angeschlossen. Damit sind fünf der Top-Ten-Energieunternehmen Mitglied.

VAKT hat vor zwei Monaten eine Blockchain-basierte Plattform für den Handel mit Rohöl eröffnet, an der unter anderem BP und Shell beteiligt sind. Bisher läuft der Markt noch parallel zu den bestehenden internen Systemen der Unternehmen, dient also eher als doppelte Absicherung. Geplant ist, die Operation auf alle physikalisch gehandelten Energierohstoffe auszudehnen.

Es handelt sich bei VAKT weder um eine Handels- noch eine Settlement-Plattform. Stattdessen übernimmt das System die Schritte zwischen Handel und Settlement: Verzögerungen, Bestätigungen, Verträge, Logistik und Rechnungen. Sie erfüllt die Aufgaben, die bisher das Papier erledigen muss, und sie stellt die vielen intern verwahrten Dokumentationen auf eine gemeinsame, transparente Basis.

Als technische Infrastruktur benutzt VAKT die Quorum Blockchain von JP Morgan. Quorum ist eine private Version von Ethereum, die es erlaubt, die bei Ethereum möglichen Transaktionen und Smart Contracts in einem geschlossenen Kreis mit hohem Durchsatz zu prozessieren.

Über Christoph Bergmann (2692 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

4 Kommentare zu Musik, Seehecht, Rohöl

  1. WWF möchte mit Blockchain Lieferkette von Lebensmitteln transparent machen

    Einsehbare Supply Chains sind eigentlich ein No-Brainer für Blockchain Technologien. Der einzige Knackpunkt, den es zu beachten gibt ist, dass aus einem 10kg Seehecht unterwegs (beim Filetieren etc.) auf einmal eine Tonne werden. Aber das ist mittels einer Blockchain durchaus abbildbar.

  2. Käptn Blaubär // 28. Januar 2019 um 12:34 // Antworten

    Der schwarze Seehecht auf dem Bild ist ein Löffelstör ;o)

  3. Roland Leisch // 5. Februar 2019 um 13:05 // Antworten

    Was ich noch immer nicht in mein Hirn bekomme (und vielleicht kann mir jemand hier helfen) ist wie die tatsächliche Abbildung einer Ware auf einer Blockchain helfen soll.

    Ich stelle mir das so vor, dass z.B. für einen gefangenen Fisch ein Eintrag auf einer Blockchain erstellt wird und die beiden dann irgendwie “verlinkt” werden müssen – bekommt der Fisch einen Chip der ihn identifiziert? Wo wäre sonst der Vorteil der Lösung bzw. könnte man ja ohne diese Verlinkung wieder sehr leicht die Transparenz aushebeln indem man einfach den Fisch austauscht?

Schreibe eine Antwort zu Paul JanowitzAntwort abbrechen

%d