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Industrielle Auslandsüberweisung zwischen Argentinien und Paraguay in Bitcoin

Blick auf die Paraguaynische Hauptstadt Asuncion. Bild von queulat00 via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Ein Hersteller von Schädlingsbekämpfungsmitteln aus Argentinien hat Waren nach Paraguay exportiert. Bei der Zahlung wurde Bitcoin, vielleicht zum ersten Mal überhaupt, als Tunnelwährung im grenzübergreifenden Zahlungsverkehr verwendet. Damit tritt die Kryptowährung in Konkurrenz zu SWIFT und Dollar.

Das könnte eine Weltpremiere sein: Erstmals wurde Bitcoin als Zahlungsmittel in einer offiziellen internationalen Transaktion verwendet. Ein argentinischer Hersteller von Schädlingsbekämpfungsmitteln hat Güter im Wert von 7.100 Dollar nach Paraguay exportiert. Prozessiert wurde die Zahlung vom argentinischen Bitcoin-Startup Bitex.la.

Bitcoin fungierte dabei als Tunnelwährung: Der Importeur aus Paraguay hat mit der hiesigen Währung, dem Guarani, bezahlt, und der Exporteur aus Argentinien hat Argentinische Pesos erhalten. Bitex hat den Guarani in Bitcoins und die Bitcoins wieder in Pesos gewechselt. Die Kryptowährung übernahm dabei die Rolle eines Clearinghouses – sie fixierte die Transaktion. Weil das ansonsten entweder durch das internationale Zahlungsnetzwerk SWIFT oder eine Dollar-Transaktion gemacht wird, könnte diese kleine, unscheinbare Transaktion Geschichte schreiben: Zwei lateinamerikanische Länder treiben Handel miteinander ohne von einem externen Service abhängig zu sein.

Manuel Beaudroit von Bitex sagte, man wolle die lateinamerikanischen Volkswirtschaften dadurch miteinander verbinden und wettbewerbsfähiger machen. Bitex ist ein Zahlungsdienstleister aus Argentinien, der im Lauf des letzten Jahres extrem umtriebig war. Im Mai hat das Startup eine Partnerschaft mit der Bank Masventas angekündigt, deren Ziel es eben ist, eine Alternative zu SWIFT für internationale Zahlungen zu schaffen. Und erst vor einer Woche vermeldete Bitex, mit SUBE den Betreiber des staatlichen Nahverkehrs gewonnen zu haben. Kunden können ihre SUBE-Karten, mit denen die Tickets beglichen werden, nun mit Bitcoin aufladen.

Die Export-Transaktion nach Paraguy ist Teil des „Export-Simple-Programms“, ein argentinisches Programm zur Förderung des Exports, an dem Bitex teilnimmt. Das Programm baut Bürokratie im Außenhandel ab, indem es ermöglicht, Sendungen bis 300 Kilogramm zu versenden, ohne sich als Exporteur registrieren zu lassen. Der Service von Bitex richtet sich vor allem an kleinere Zahlungen zwischen 150 und 5.000 Dollar und erlaubt es argentinischen Händlern, Produkte nach Süd- und Mittelamerika, von Chile bis Mexiko, aber auch nach Australien und in die USA zu versenden. Dank Bitcoin kann Bitex Reibungen in der Zahlung reduzieren, weil es weniger Vermittler gibt, die jeder für sich neue bürokratische Prozeduren einführen.

Derzeit verlangt Bitex für die Zahlungen pauschal Gebühren von einem Prozent. Dies macht die Transaktionen für kleine Zahlungen, bis 5.000 bis 15.000 Dollar, profitabel, darüber hinaus aber teurer als die regulären Kanäle. Gleichzeitig sagt Marco Moscatelli von Bitex in einem Kommentar, das Netzwerk sei für „große Spieler und bedeutende“ Beträge bestimmt. Wie man diesen Widerspruch genau auflöst, ist mir nicht bekannt. Wichtiger als die Kosten sei jedoch die Geschwindigkeit, da eine Zahlung in einer Stunde anstatt in drei Tagen finalisiert ist.

Es dürfte kein Zufall sein, dass ein solches Unternehmen seinen Ausgang in Argentinien nimmt. Das Land im Süden von Südamerika ist schon seit längerem für die aktive Bitcoin-Szene bekannt, was sich vermutlich zu großen Teilen der starken Inflation verdankt. Im Vergleich zum Euro ist der Kurs des Pesos im Lauf der letzten fünf Jahre von 1:10 auf 1:43 gesunken. Dies ist noch weit von einer Hyperinflation wie in Venezuela entfernt, aber mehr als ausreichend, um die Ersparnisse der Bevölkerung anzugreifen und den Außenhandel und dessen Finanzierung zu beeinträchtigen.

Relativ stabil ist dagegen der paraguayische Guarani. Paraguay ist ein kleines, interessantes Land zwischen Argentinien, Bolivien und Brasilien. Hier wohnen gerade mal 6 Millionen Menschen, die Demokratie scheint stabil zu sein, die Wirtschaft ist überwiegend agrarisch. Wenn man das so genau weiß. Denn das Land hat einen großen Schwarzmarkt bzw. informellen Sektor. Es gibt einen blühenden Schmuggel zu den Nachbarländern, Paraguay ist der größte Produzent von Cannabis in Südamerika und exportiert 95 Prozent des geernteten Cannabis in die Nachbarländer.

Ende Januar hat die Regierung erwogen, Strafzölle für Importe aus Argentinien und Brasilien zu verhängen. Industrieminister Luis Llamosas brachte Gebühren ins Gespräch, „die die Einfuhr ausländischer Produkte regulieren würden, weil sie derzeit sehr billig sind“. Grund dafür ist die Abwertung der Währungen der beiden Länder. Er hoffe jedoch, dass Brasilien und Argentinien ihre Währungskrisen in den Griff bekommen, und ein solches Instrument nicht notwendig sein werde. Paraguays Wirtschaft ist eng mit Brasilien, Argentinien und Uruguy verwoben, mehr als 50 Prozent der Importe kommen aus diesen Ländern, mehr als 60 Prozent der Exporte gehen in sie.

Für Bitcoin-Miner scheint Paraguya ob des riesigen Überschusses an Hydro-Energie immer interessanter zu werden. Im November 2018 hat die südkoreanische „Blockchain Technology Foundation“ angekündigt, in Paraguay das größte Mining-Center der Welt nebst einer Kryptobörse aufzubauen. Die Foundation hat nahe der zweitgrößten Stadt des Landes, Ciudad del Este – bekannt als Metropole des Schmuggels – fünf Grundstücke von je 10.000 Quadratmetern von der Regierung gekauft. Die Regierung hat den Minern eine fünfzehnjährige Garantie für günstige Strompreise gewährt; Vizepräsident Hugo Velázquez sagte: „Die Regierung von Paraguay wird das ‚Golden Goose‘-Projekt der Commons Foundation aktiv unterstützen Steuererleichtungen ermöglichen.“

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7 Kommentare zu Industrielle Auslandsüberweisung zwischen Argentinien und Paraguay in Bitcoin

  1. Wurde das überprüft, ob das wirklich die erste industrielle Zahlung dieser Art ist?

    Es wurde doch schon mal berichtet, dass die Türkei eine Tankerladung (war es weizen….?) in bitcoin bezahlt hat, oder war das damals eine Ente?

  2. Ja, ich meine auch, dass das die erste war:
    https://thebitcoinnews.com/freighter-load-3000-tons-wheat-paid-bitcoins/

  3. > Zwei lateinamerikanische Länder treiben Handel miteinander ohne von einem externen Service abhängig zu sein.

    Sie sind doch aber von einem Service, einer dritten Partei, abhängig. Ist ja schön, dass jener Bitcoin nutzt, aber es macht keinen Unterschied ob der Intermediär das behauptet oder direkt die eine staatliche Währung in die andere wechselt. Ok, es sind 2 Wechselvorgänge statt einer und kostet wahrscheinlich mehr.

    Also den Gewinn außer der Publicity sehe ich nicht.

    • Hm. Ich würde sagen, Bitcoin macht es einem kleinen Startup möglich, anstelle von SWIFT die Rolle des Mittelsmann zu übernehmen. Das ist schon ein Gewinn, oder?

      • Nunja. Ich sehe da höchstens einen minimalen Fortschritt. Liegt immer ganz daran, wem sie mehr vertrauen. SWIFT oder einem kleinen Start-Up. Da wähle ich im Zweifel lieber Ersteres

        Interessant wird es dann, wenn dass Vertrauen in Bitcoin so groß wird, sodass Produkte und Dienstleistungen einen Preis in Bitcoin bekommen und die gesamte Zahlungsabwicklung ohne Mittelsmann über die Blockchain läuft.

      • Das Ding ist: (fast) jeder kann ein Startup gründen, das das macht, was Bitex macht. Damit wird ein Markt, der bisher auf zwei Institutionen – SWIFT und Dollar-Banken – zentralisiert ist, aufgebrochen.

  4. Im Prinzip ja.
    allerdings ist das derzeit vermutlich nur möglich, weil bitcoin relativ klein ist und nicht reguliert. Wird das größer, wird man als solches Startup, denke ich, auch eine Zulassung als finanzdienstleister brauchen. Das wird vielleicht leichter als eine vollwertige Banklizenz, aber irgendwie geht es in die gleiche Richtung…? Banken gibt es auch viele (sozusagen dezentral?).
    Das ‚umgehen‘ von swift ist aber durchaus interessant

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