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Kriminelle stellen fast die Hälfte aller Bitcoin-Transaktionen – oder doch nur 0,08 Prozent?

Venezianische Maske. Bild von gnuckx via flickr.com. Lizenz: Public Domain

Ein neues Paper behauptet, kriminelle Aktivitäten seien für beinah 50 Prozent aller Bitcoin-Transaktionen verantwortlich. Andere Analysten dagegen setzen den Anteil mit 0,08 Prozent sehr viel tiefer an. Wie kann es sein, dass die Ergebnisse so krass verschieden sind? Und wo liegt die Wahrheit?

Wissenschaftler aus Australien nennen in einem bald erscheinenden Paper Bitcoin das „PayPal des Darkwebs“. Laut Talis Putnis und Jonathan Karlsen von der Universität of Technology in Sydney und der UTS Business School ist beinah die Hälfte aller Bitcoin Transaktionen damit assoziiert, illegale Produkte und Dienstleistungen zu verkaufen, etwa Drogen, Waffen oder raubkopierte Software.

Etwa ein Drittel aller Bitcoin-User sei in solche Aktivitäten involviert. Diese User seien sehr aktiv, sie kaufen, verkaufen und handeln viel, während die „legalen“ User vor allem kaufen und horten.

Dieser Befund steht in krassem Gegensatz zu anderen Studien. So stellt der Blockchain-Analyst Chainalysis in einem Auszug seines Jahresberichts fest, dass die Darknet-Märkte lediglich in Zusammenhang mit 0,08 Prozent aller Bitcoin-Transaktionen stehen. Zwar sind die Darknet-Märkte nur ein Teil des Darknets und nur ein Teil der illegalen Aktivitäten, aber sie dürften der beliebteste sein. Selbst wenn sie nur ein Prozent aller kriminellen Transaktionen ausmachten, wäre dies noch himmelweit von dem entfernt, was die australischen Forscher prognostizieren.

Bei derart krassen Unterschieden im Resultat stellt sich die Frage, ob Ergebnisse von Blockchain-Analysen überhaupt ernstzunehmen sind. Dennoch lohnt es sich, nach Unterschieden in der Methode zu fragen. Chainalysis hält sich darüber in dem Bericht relativ bedeckt. Der Auszug berichtet ausführlich darüber, dass das Transaktionsvolumen von Darknet-Markets im vergangenen Jahr um 70 Prozent gestiegen ist, und wie deren User rasch zu einem neuen Markt migrieren, sobald ein alter Markt verschwindet.

Die Analysten von Chainalysis beginnen bei den Märkten. Vermutlich rekonstruieren sie deren Wallets, indem sie sich anmelden und kleine Beträge an eine Adresse des Marktes senden, um auf Basis dieser Adresse rückwirkend die gesamte Wallet – oder große Teile davon – zu enthüllen. Danach untersuchen sei, woher die Einzahlungen kommen, wobei sie diese vermutlich über mehrere Schritte in der Blockchain rückverfolgen, bis sie bei einer bekannten Entität landen. Dies sind zu einem großen Teil P2P-Börsen und Börsen, während andere Darknet-Märkte und unbekannte Quellen nur kleine Teile ausmachen.

Die Forscher aus Australien dagegen haben eine laut eigenen Aussagen „durchbrechende Methode“ entwickelt, um illegale Transaktionen zu erkennen. Sie begannen damit, die Aktivität von Bitcoin-Usern zu verfolgen, die vom FBI oder anderen Strafverfolgern überführt worden sind. Anschließend analysierten sie deren Handelsnetzwerk, indem sie Information aus dem Darknet sammelten und zusammenfügten. Danach ermittelten sie User-Charakteristiken, die User unterscheiden, die in illegalen oder legalen Aktivitäten involviert sind. Einer dieser Indikatoren sei es, wie weit jemand geht, um seine Identität und seine Handels-Aufzeichnungen zu verschleiern.

Man könnte die heftigen Unterschiede der Ergebnisse der beiden Studien damit erklären, dass Chainalysis nur mit validierten Informationen arbeitet. Die Dunkelziffer dürfte dabei hoch sein: Das Wallet-Clustering kann vermutlich nur Teile der Wallets der Darknet-Märkte rekonstruieren, und es fasst nicht die User, die außerhalb der bekannten Darknet-Märkte illegal handeln. Die australischen Forscher dagegen arbeiten mit Schätzungen, sie scheinen pauschal alle User der illegalen Aktivitäten zu verdächtigen, die ähnliche Transaktionsmuster aufweisen wie Kriminelle – die also auf ihre Privatsphäre achten, indem sie Mixer und Börsen ohne KYC-Regime benutzen. Diese Methode dürfte eine erhebliche Menge an „false Positives“, also Fehlmeldungen, mit sich führen.

Einig dürften sich die beiden Gruppen von Wissenschaftler aber darin sein, dass die illegalen Aktivitäten eine erhebliche Rolle im Bitcoin-Ökosystem spielen. Chainalysis hat bereits in einem Post über Börsen und illegale Guthaben erklärt, dass Broker, die Gelder aus illegalen Herkünften für ihre Kunden tauschen, bei mehreren großen Börsen zu den aktivsten Tradern gehören. Im Post über die Darknet-Märkte beschreiben die Analysten nicht nur, dass das Handelsvolumen der Märkte mit 600 Millionen Dollar im vergangenen Jahr neue Rekorde erreicht hat, sondern auch  – und sie nennen es die womöglich interessante Einsicht – dass die damit verbundenen Transaktionen „weniger von den Ebben und Fluten der Krypto-Märkte beeinflusst sind“ als andere Arten von Dienstleistungen, etwa Börsen, Zahlungsdienstleister und Glücksspielseiten. Das könnte zeigen, dass es für andere User eher eine flüchtige „Mode“ ist, Bitcoin zu benutzen, für Kriminelle aber oft eine Notwendigkeit.

Die Bitcoin-Szene reagiert auf solche Berichte mit gemischten Gefühlen. Auf der einen Seite sehen wir Medien wie Decrypt.co, die in einem Artikel titeln, dass 99 Prozent aller Bitcoin-Transaktionen NICHT an Darknet-Märkte gehen, um dann zu erklären, dass Bitcoin aufgrund der mangelnden Privatsphäre absolut ungeeignet für Kriminelle ist – während das BitcoinMagazine seinen Lesern erklärt, wie CoinSwaps Blockchain-Analysten verwirren können, um der Privatsphäre von allen zu helfen. Auf der einen Seite weisen Bitcoiner gerne auf die hohe Transparenz der Blockchain hin, um zu erklären, dass Bitcoin kein Geld für Kriminelle sei – auf der anderen Seite fordern sie mehr Privatsphäre für Transaktionen.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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2 Kommentare zu Kriminelle stellen fast die Hälfte aller Bitcoin-Transaktionen – oder doch nur 0,08 Prozent?

  1. ja wenn das so ist brauch wir mehr sicherheit.. ich kuka mal auf unser time projekt..
    ja jawhol ich bring en ding demnächst der scherheit wegen muss ma l ihn der hut schachtel kuke..-
    un gut bis dann liderer miki

  2. The Run of the Golden Bull
    https://www.youtube.com/watch?v=nJeddv1QbeQ
    🙂

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