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Dezentrale Börse UniSwap mit Rekord-Handelsvolumen – ähnlich hoch wie auf Börse Stuttgart

Logo von UniSwap: Die Ethereum-Community liebt einfach Einhörner.

Bisher waren dezentrale Börsen eher ein Nischenthema. Gestern erreichte UniSwap jedoch erstmals ein Handelsvolumen, das selbst für große zentralisierte Börsen beachtlich ist. Für die Dezentralisierung der Finanzen ist das ein Meilenstein.

Man könnte sagen: Gestern war der Tag, an dem DeFi-Börsen erwachsen wurden. UniSwap hat demonstriert, dass eine dezentrale Börse keine Nischenspielerei für Tech-Enthusiasten sein muss – sondern auch ein Handelsvolumen stemmen kann, das über das von traditionellen, zentralisierten Börsen hinausgeht.

Gestern wurden auf UniSwap gut 200 Millionen Dollar gehandelt. Wie viel genau, ist schwer zu sagen. UniSwap selbst sagt 193 Millionen Dollar, CoinMarketCap notiert 210 Millionen, und CoinGecko errechnet sogar 260 Millionen Dollar. Was korrekt ist, hängt vermutlich davon ab, welche konkrete Zeitspanne man misst, und ob man lediglich UniSwap v2 beobachtet oder auch UniSwap v1 – aber das geht an dieser Stelle zu tief ins Detail.

Bleiben wir bei etwa 200 Millionen US-Dollar. Damit erreichte UniSwap als erste dezentrale Börse ein ernstzunehmendes Handelsvolumen, das sogar das von großen Kryptobörsen wie Bitfinex, Bittrex, Bitstamp und Poloniex übertraf. Die zweitgrößte Aktienbörse Deutschlands, die Börse Stuttgart, setzte 2019 übrigens knapp 70 Milliarden Dollar um, was etwa 190 Millionen Euro am Tag sind – und damit kaum mehr als das, was gestern auf UniSwap umgesetzt wurde. In diesen Dimensionen ist der dezentrale Handel also bereits angekommen.

Statistiken von UniSwap nach uniswap.info. Volumen und Liquidität schießen steil nach oben.

UniSwap ist an sich lediglich ein Bübdel von Smart Contract auf der Ethereum Blockchain, das eine Börse als DAO abbildet, also als Dezentrale Autonome Organisation. Die Teilnehmer der DAO können Liquidität beisteuern, indem sie Token und Coins in einen „Liquidity Pool“ geben. Dieser enthält eine Reserve der beiden in einem Tausch involvierten Token. Wenn dann ein User über UniSwap einen Coin tauscht, zum Beispiel Ether gegen Tether, geht eine Gebühr von 0,3 Prozent in den Liquiditäts-Pool. Die Teilnehmer der DAO, die die Liquidität bereitstellen, erhalten also eine Art Verzinsung ihrer Einlage als Lohn dafür, dass sie den Handel ermöglichen.

An sich bräuchte man die Webseite Uniswap.org nicht – sie ist lediglich ein Fenster zum Smart Contract. Die Schlüssel für sämtliche Guthaben bleiben stets in den Wallets der User.

Im Grunde ist UniSwap so, wie ShapeShift einmal war: Eine Webseite, auf der man sich ein Handelspaar aussucht, um dann mit einer Transaktion den Handel einzuleiten. Man muss sich weder registrieren noch einloggen, sondern kann direkt handeln. Anders als bei ShapeShift muss man bei aber UniSwap niemandem vertrauen, da die Transaktion, mit der man den Trade einleitet, diesen zugleich abschließt. Und anders als bei ShapeShift gibt es bei UniSwap keine Regulierung, die ein KYC-Regime durchsetzt und damit dem frohen Treiben ein Ende macht. UniSwap ist ein ziemlich grandioses Produkt, das Sicherheit, Unabhängigkeit und Privatsphäre mit einer angenehmen Usererfahrung verbindet.

Die mit Abstand umsatzstärksten Handelspaare deckten gestern den Tausch von Ether gegen Dollar ab, entweder Tether (USDT) oder USDC, und mit etwas geringerem Volumen DAI-Dollar. An Token wurden vor allem YFI (Yearn Finance) und AMPL (Ampleforth) gegen Ether getauscht. YFI ist das Token einer neuen DeFi-App, die verspricht, für die User die besten Raten zu finden, während Ampleforth die erste Kryptowährung ist, die die Geldmenge durch einen Algorithmus an die Nachfrage anpasst. Daneben verzeichneten Dutzende weiterer Handelspaare ein Volumen von mehreren Millionen Dollar.

UniSwap ist also die erste dezentrale Börse, die ein Handelsvolumen erreicht, das mit dem der großen zentralisierten Börsen mithalten kann. Dabei profitiert UniSwap natürlich immens von dem Hype um DeFi, was man ja auch schon daran sieht, dass YFI das nach Stablecoins meistgehandelte Token ist. UniSwap sah in den letzten 40 Tagen einen kometenhaften Aufstieg. Ende Juni lag das tägliche Handelsvolumen noch bei weniger als 10 Millionen Dollar, um dann im Lauf des Julis sich den 100 Millionen Dollar anzunähern und nun plötzlich auf 200 Millionen hochzuschießen. Laut einem Bericht von the Block hat UniSwap im Juli beinah 58.000 neue User gewonnen, und schon in den ersten zehn Tagen des Augusts weitere 27.000.

Das weckt natürlich auch das Interesse der Investoren. Am 6. August hat UniSwap bekanntgegeben, dass man ein Investment von 11 Millionen Dollar erhalten habe. Mit diesem Investment werde man UniSwap v3 entwickeln, „das die Flexibilität und Kapitaleffizienz des Protokolls dramatisch verbessern“ werde.

Welchen Sinn ergibt es für Investoren, den Entwicklern eines Protokolls Geld zu geben, wenn die Börse vollständig dezentral ist? Das Team hinter UniSwap entwickelt den Smart Contract, der das Protokoll regiert, und bildet mit der Webseite ein Fenster zu diesem für die User. Direkte Einnahmen hat es an sich nicht. Vermutlich setzen die Investoren darauf, dass es dem Team gelingen wird, mit der Webseite Geld zu verdienen, lukrative Zusatzleistungen anzubieten oder, wie Compound, einmal ein erfolgreiches Token auf den Markt zu werfen. Vielleicht wollen sie sich auch einfach einen Einfluss darauf sichern, wie sich eine möglicherweise in Zukunft enorm wichtige Schnittstelle der globalen Finanzen entwickelt.

Der Erfolg von UniSwap überrascht selbst starke DeFi-Optimisten. Er hat aber für die User einen Preis. Denn Ethereum kratzt sowieso schon am Kapazitätslimit, was sich in immer weiter steigenden Gebühren niederschlägt. Dass UniSwap allein gestern mehr als 120.000 Transaktionen auf der Ethereum-Blockchain verursacht hat, macht die Problematik natürlich nur noch schlimmer. Die durchschnittlichen Gas-Preise sind gestern auf teils mehr als 150 GWei gestiegen, was bedeutet, dass man für eine Standardtransaktion schon mehr als einen Dollar bezahlen musste.

Die Transaktionen, mit denen User Token bei UniSwap wechseln, sind natürlich wesentlich komplexer und damit auch teurer. Heute bezahlt man gerne 7-10 Euro an Gas allein für einen Handel, worin noch nicht die 0,3 Prozent Handelsgebühr enthalten sind, die an den Liquidity Pool geht. Dies macht UniSwap für kleine und mittlere Beträge zur vermutlich  teuersten Börse überhaupt.

Für die Miner wird das Erreichen der Kapazitätsgrenze dagegen immer lukrativer. Gestern nahmen sie allein an Transaktionsgebühren 9.332 Ether ein, was gut 3,1 Millionen Euro entspricht. Das war gut doppelt so viel wie die Bitcoin-Miner gestern an Gebühren verdient haben – und gestern war für sie ein sehr lukrativer Tag. Schon für Bitcoin-Minimaltransaktionen mit einem Input kostete eine schnelle Bestätigung 2-3 Euro, und wer mehrere Inputs kombinierte – was Wallets sehr oft und gerne machen – war rasch bei 5 Euro und mehr.

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15 Kommentare zu Dezentrale Börse UniSwap mit Rekord-Handelsvolumen – ähnlich hoch wie auf Börse Stuttgart

  1. „UniSwap ist ein ziemlich grandioses Produkt, das Sicherheit, Unabhängigkeit und Privatsphäre mit einer angenehmen Usererfahrung verbindet.“ Ich finde das ist noch untertrieben 🙂
    Alle zentrale Börsen wie z.B. Binance dürfen sich warm anziehen, denn der Handel ist nun ohne KYC möglich. Auf einmal dürfen alle Nationen miteinander handeln, besser geht es doch nicht?
    Habe es auch schon ein paar mal mit metaMask in Verbindung mit meinem Ledger Nano ausprobiert und bin begeistert. Endlich WEB 3.0.

  2. Paul Janowitz // 11. August 2020 um 16:12 // Antworten

    Das Logo gefällt schon einmal meiner 4-jährigen sehr! Crypto Mass Adoption?!?

    Der Aufbau auf Ethereum hat natürlich etliche Vorteile, da man alle Token die darauf basieren ziemlich „easy“ oder zumindest auf einen Schlag implementieren konnte, ähnlich der zentralisierten Exchanges, die alle ERC-20 Token listen. Aktuell sind dafür wohl nur die Fees ein Problem, denn „mal eben“ einen fuffi von ETH nach Dai zu swappen wird, mit dem man womöglich etwas bezahlen kann, wird jetzt schon ziemlich kostspielig. Wird sich zeigen, ob das nachhaltige Umsätze haben wird, oder wie bei Bisq zu einem ca. $20M Tapespeak führte und danach stark zurückgegangen ist.
    Auch kann man bei UniSwap (noch?) nicht zu den meisten Coins aus den Top50 swappen, weil sie mit dem Protokoll nicht kompatibel sind, darunter BTC, BCH, BSV und natürlich XMR 😉
    Immerhin kann man tokenisierte WBTC swappen, da diese auf der Ethereum Blockchain laufen…

    Es benötigt eine Ressourcen- und kosteneffiziente Plattform, die dezentralisiert beliebige Atomic Swaps einleiten kann, die keine Zwischenwährung nutzen müssen. Diese dürften heute schon mit fast allen Bitcoin-basierenden Coins möglich sein, für ETH zu BTC gibt es afaik sogar mehrere Ansätze und auch XMR wird sowohl zu BTC als auch ETH „atomic swappbar“ sein, sobald das aktuell geaudite CLSAG Signaturupdate im Oktober eingeführt ist. Wir brauchen also eine Art API wie Chainlink, am besten ohne Single Point of Failure, die einen offenen Markt direkt zwischen Teilnehmern ermöglicht.

    Das alles ist ziemlich komplex und bisher konnte das noch niemand so User-freundlich und dezentral geschafft wie nötig… Bisq will die Interoperabilität jetzt durch einen eigenen unnützen Token BSQ schaffen, der Bitcoin als Base Currency ersetzen soll. Vielleicht braucht es auch diese kleinen Schritte, bevor wir die erste komplett offene DEX sehen…

    • Ja, eines der großen Verdienste der Ethereum-Community ist, dass sie ein Design und User-Interface macht, das nicht nur Geeks anspricht.

      Die Fees sind natürlich unerträglich hoch. Ich bin ziemlich sicher, dass der Druck bei Ethereum immens ist, Second Layer Netzwerke zu etablieren. Gibt ja schon einige Kandidaten dafür, xDai, OMG, Optimistic Rollups, etc. Bei Bitcoin erhöhen sich einfach die Gebühren ein wenig, bis halt nur noch große Transaktionen durchgehen, alle sagen, „das ist ok für Bitcoin“, und dann die Gebühren wieder sinken, wenn weniger Leute Bitcoin-transaktionen schreiben. Bei Ethereum kann das nicht so laufen. Daher bin ich ziemlich sicher, dass in einem halben Jahr die Sidechains bei Ethereum sehr viel erfolgreicher sein werden als bei Bitcoin.

      Was natürlich eine lustige Ironie wäre. Ethereum ist schon jetzt die erfolgreichste Sidechain für Bitcoin, erfolgreicher als Lightning oder Liquid, und in Zukunft wird womöglich die Sidechain von Ethereum die erfolgreichste Sidechain von Bitcoin werden …

      • Paul Janowitz // 12. August 2020 um 15:10 //

        Auf Ethereum sind afaik bereits mehr als 20.000 BTC tokenisiert, auf Liquid + Lightning zusammen deutlich unter 4.000, es ist tatsächlich ein Treppenwitz. Ich muss ehrlich gestehen, dass ich nicht soooo tief in Ethereum stecke, dass ich sagen könnte, ob deren 2nd Layer besser sind als die bei Bitcoin…

      • herzmeister // 13. August 2020 um 17:25 //

        lol, immer dieser dumme vergleich.

        Bitcoins in Lightning sind Bitcoins.

        Tokenisierte Bitcoins sind nicht „Bitcoins auf ETH“, es sind Bitcoins auf den Bitcoin-Adressen anderer Leute.

      • So wie Bitcoins in der Liquid-Sidechain. Wäre das auch ein dummer Vergleich?

      • Paul Janowitz // 13. August 2020 um 18:42 //

        Lieber herzmeister, bei Lightning kann man durchaus unterschiedlicher Meinung sein, aber wenn ich einen Lightning Channel aufmache, gehören die Coins unter Umständen auch schon meinem Channelpartner, aber gehen wir erstmal von ehrlichen Menschen aus.

        Dagegen ist Liquid komplett 1:1 mit der Tokenisierung auf Ethereum vergleichbar, nur dass es trotz viel niedrigerer Gebühren etwa um Faktor 10 weniger genutzt wird.

      • herzmeister // 14. August 2020 um 0:48 //

        > aber wenn ich einen Lightning Channel aufmache, gehören die Coins unter Umständen auch schon meinem Channelpartner, aber gehen wir erstmal von ehrlichen Menschen aus.

        nein. setzen sechs!

      • Paul Janowitz // 14. August 2020 um 4:26 //

        Doch, wenn der Mempool entsprechend voll ist und die Gebühren einer Penalty Tx die verbleibende Balance überschreiten, was bei derzeitigen Channel Größen durchaus oft vorkommen dürfte.

      • herzmeister // 14. August 2020 um 13:42 //

        das ist ein potenzieller exploit, der vor ein paar wochen diskutiert wurde, und kein feature, das bleiben wird.

      • Paul Janowitz // 14. August 2020 um 15:20 //

        Ändert nichts daran, dass man potenziell keine Kontrolle mehr über die Coins hat. Bei Blockstreams heiligem Liquid ist das sogar ein Feature und man muss darauf vertrauen, dass das Konsortium sie wieder rausrückt.

  3. Polkadot hat mit PolkaSwap genau das angekündigt. Eine DEX, die Crosschain alle Coins swappen kann, die im Polka-Ökosystem als Parachain angebunden sind. Entwickelt wird Polkaswap von Soramitsu, welche auch über einen eigenen Token (XOR) verfügen, welcher dadurch in den letzten Wochen explodiert ist. Inwiefern ihre Pläne realistisch sind und wie weit Soramitsu noch von dem Launch entfernt ist, weiß ich allerdings nicht. Die Versprechen sind auf jeden Fall riesig. Polkaswap würde den Markt revolutionieren und zentrale Exchanges de facto überflüssig machen. Wie realistisch die Umsetzung der riesigen Versprechen von Polkadot im Allgemeinen und PolkaSwap im Speziellen ist, kann ich allerdings nicht beurteilen. Vielleicht ist hier ja jemand mit größerem technischen Wissen ausgestattet und kann da mal eine Einschätzung abgeben.

    Davon abgesehen arbeitet REN daran neben Bitcoin (renBTC), BitcoinCash (renBCH) und Zcash (renZEC) weitere Coins auf die Ethereum Blockchain zu bringen. Der große Unterschied zu WBTC besteht darin, dass der ganze Prozess auf Smart Contract Basis abläuft und damit muss ich keiner zwischengeschalteten Instanz mehr vertrauen (wie bei WBTC). Natürlich gibt es aber das Smart-Contract-Risiko.

  4. Paul Janowitz // 12. August 2020 um 15:16 // Antworten

    Polkadot hat mit PolkaSwap genau das angekündigt.

    Manche Projekte strotzen so vor Ankündigungen und ich würde sie wirklich nur am Code messen, der bereits verfügbar ist. IOTA z.B. kündigt gerne Ankündigungen von Ankündigungen an, die „in einer Woche“ fertig sind, aber dann doch in nichts resultieren… Bleiben wir lieber abseits des Kryptohypes bei den Fakten.
    Leider zu aufwendig bei tausenden Projekten wirklich ins Detail zu gehen, mache ich z.B. bei Bedarf aber gerne gegen eine Aufwandsentschädigung.

  5. kryptokenner // 12. August 2020 um 18:49 // Antworten

    Interessanter Artikel! Schade, dass ETH wieder überlastet ist. Ich finde schon interessant, dass genau wie beim ICO Hype die meistens DeFi Projekte auf Ethereum laufen. Da werden die 32 ETH fürs Staking demnächst wohl zur Pflicht und Selbstgänger. 😉

  6. Paul Janowitz // 13. August 2020 um 10:37 // Antworten

    Wow, ETH Gebühren auf Allzeithoch und bezüglich Uniswap wirkt sich das scheinbar so aus:
    https://twitter.com/coinmaverick/status/1293759704552751104

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