Newsticker

Sind Vielcoiner etwa die besseren Bitcoin-Maximalisten?

Im zweiten Teil der Auswertung unserer Umfrage vergleichen wir verschiedene Gruppen: Vielcoiner und Maximalisten sowie Bitcoin-Generationen von 2011 bis 2020. Dabei stoßen wir auf kleine, aber deutliche und überraschende Unterschiede.

Die meisten Menschen tun sich schwer damit, wenn etwas Neues das Gewohnte ersetzt. So habe ich mich zuerst ziemlich geärgert, als WordPress mein gewohntes Umfragewerkzeug ohne Vorwarnung entfernt hat, um mich stattdessen dazu zu zwingen, einen kostenpflichtigen Account bei Crowdsignal zu eröffnen. Doch nachdem ich mich daran gewöhnt habe, freue ich mich darüber, nun wesentlich mehr Optionen für die Umfragen zu genießen.

Ein Feature, das ich bisher nicht hatte, ist der Filter: Ich kann erkennen, wie Umfrageteilnehmer, die bei der einen Frage eine bestimmte Antwort gaben, alle weiteren Fragen beantwortet haben. Dies macht es möglich, Korrelationen zu finden: Steigt die Wahrhscheinlichkeit dafür, Frage Y so oder so zu beantworten, wenn man Frage X so oder so beantwortet hat? Für sozialwissenschaftliche Statistiken sind solche Korrelationen ein äußerst wertvolles Instrument.

Nun aber genug der Vorrede: Kommen wir zur zweiten Auswertung der Umfrage. In der ersten haben wir die gesamten Ergebnisse ausgewertet. Nun werden uns damit beschäftigen, wodurch sich die verschiedenen „Bitcoin-Generationen“ auszeichnen und was Bitcoin-Maximalisten von Vielcoinern unterscheidet.

Ich glaube nicht, dass es zu diesen Themen schon Studien gibt. Auch wenn ich kein Wissenschaftler bin, wird diese Analyse einer Studie näher kommen als alles, was bereits existiert.

Generationen

Mit der Frage „Seit wann seid ihr in ‚Krypto‘?“ stelle ich fest, welcher „Bitcoin-Generation“ ihr angehört. Die dahinterliegende Theorie von mir ist, dass Menschen in Wellen zu Bitcoin und Krypto finden, und dass jede Welle milde unterschiedliche Typen oder Milieus anzieht.

Dank der Filter habe ich nun die Gelegenheit, diese These zu testen. Und wie zu sehen sein wird, bewahrheitet sie sich zum Teil. Zumindest finden wir einige Hinweise darauf.

Ich werte also einige Antworten von Bitcoinern der Generationen 2011, 2013, 2017 und 2020 aus. Das scheinen mir die markantesten Einstiegszeitpunkte zu sein, da es in jedem dieser Jahre einen Bullenmarkt gab, der viele neue Bitcoiner machte. Zum Abgleich werde ich einzelne Fragen mit den Generationen 2014, 2015, 2018 und 2019 abgleichen. Gibt es womöglich einen Unterschied zwischen Bitcoinern, die im Bullenmarkt und denen, die im Bärenmarkt eingestiegen sind?

Warum Kryptowährungen?

Was zieht Leute zu Bitcoin? Diese Frage finde ich eine der wichtigsten der Umfrage. Reizt die verschiedenen Generationen etwas anderes an der Kryptowährung?

Die Antwort ist offenbar Ja. So finden Bitcoiner der Generation 2011 vor allem die neue Technologie interessant. Darauf folgen, mit gutem Abstand, die monetäre Autonomie und das Bezahlen ohne Mittelsmann. Finanzielle Privatsphäre sowie hartes Geld ist für sie eher weniger wichtig.

Die Generation 2011

Dies ändert sich bereits bei der Generation 2013. Bei ihr rückt die monetäre Autonomie an die erste Stelle, gefolgt vom Bezahlen ohne Mittelsmann. Die neue Technologie ist weiterhin relevant, das harte Geld rückt auf, und die finanzielle Privatsphäre bleibt weiterhin nachrangig.

Auch bei der Generation 2017 finden wir die monetäre Autonomie an der Spitze. Hingegen verdrängt der Wunsch nach hartem Geld den nach monetärer Autonomie, während die finanzielle Privatsphäre steigt weiter auf und die neue Technologie auf den untersten Platz abrutscht.

Generation 2017

Der Trend setzt sich mit der Generation 2020 fort: Das harte Geld verweist die monetäre Autonomie auf den zweiten Platz, die finanzielle Privatsphäre rückt auf den dritten Platz vor, Bezahlen ohne Mittelsmann fällt auf den vorletzten und die Freude an der neuen Technologie bleibt auf dem untersten Rang. Damit haben das harte Geld und die neue Technologie im Lauf von neun Jahren glatt ihre Position getauscht.

Kurzum: Wo es anfangs noch um die Freude an einer neuen Technologie ging, geht es heute um hartes Geld; monetäre Autonomie ist ein Dauerbrenner, der alle Bitcoin-Generationen verbindet, während das Bezahlen ohne Mittelsmann und die finanzielle Privatsphäre ohne klaren Trend im Mittelfeld bleiben.

Wie ist es bei den Bären-Bitcoinern?

Aber bestätigen die Bärenjahre diese Tendenz? Ich würde sagen, ja, zumindest teilweise. Die folgende Gallerie zeigt von links nach rechts und von oben nach unten die Antworten der Generationen 2014, 2015, 2016, 2018 und 2019.

Bei den Generationen 2014, 2015 und 2016 rangiert die monetäre Autonomie auf dem vordersten Platz, bei den Generationen 2018 und 2019 auf dem zweiten. Diese Beobachtung hält also. Auch die Freude an der neuen Technologie rutscht vom zweiten Platz 2014/15 über den dritten 2016 auf den fünften 2018 und schließlich auf den sechsten 2019. Dieser Trend des nachlassenden Interesses an der Technologie bestätigt sich eindrücklich.

Weniger klar ist das Bild bei der Bedeutung von hartem Geld. Das beginnt zwar tief mit dem fünften Rang 2014/15 und springt dann 2016 auf den zweiten. Doch schon 2018 rutscht es auf den dritten, um 2019 wieder dort zu landen, wo es 2014 stand – auf dem fünften Platz. Der Trend wird also durch die Bitcoiner der Bärengenerationen eher widerlegt.

Interessant ist, dass die Generationen 2018 und 2019 bei anderen Generationen eher exotische Antworten auf den ersten Platz gestellt haben. Könnte das dazu passen, dass Leute, die in Bärenmärkten investieren, generell gegen den Strom denken?

Was ist euch am wichtigsten?

Anschließend habe ich noch geprüft, ob es Unterschiede bei den Antworten gibt, was euch am wichtigsten ist. Die gibt es, in der Tat, doch ich bin mir nicht ganz sicher, wie viel sie aussagen.

So fällt auf, dass die Generation 2011 die einzige ist, der Freiheit am wichtigsten ist. Bei allen anderen ist dies die Gesundheit. Familie, Liebe und Natur nehmen hingegen einen gleichbleibenden Rang ein, wohingegen Glaube und Geld im Lauf der Generationen an Bedeutung zu verlieren scheinen. Aber insgesamt bin ich mir im Unklaren, was dies wirklich aussagt. Vielleicht, dass die Generationen nach 2011 ihren Idealismus verloren haben – aber dieser 2020 wiederkehrt?

Der Abgleich mit der Frage, was euch glücklich macht, zeigt mir schließlich, dass ich damit wohl auf dem Holzweg war: Es gibt so gut wie keine Unterschiede. Bis auf kleine Details ist die Rangfolge der Dinge, die euch glücklich machen, exakt identisch. Aber schaut selbst in dieser Gallerie, die die Antworten auf die Glücklich-Frage zeigt, bei den Generationen 2011, 2013, 2017 und 2020, von links nach rechts und von oben nach unten:

Das ganze ist recht merkwürdig: Warum gibt es bei der Frage nach dem, was euch wichtig ist, so große Unterschiede – nicht aber bei der Frage nach dem, was euch glücklich macht?

Da ich das Gefühl habe, hier nicht viel mehr rausholen zu können als das offensichtliche, habe ich meine Ergebnisse durch einen anderen Filter betrachtet.

Maximalisten vs. Vielcoiner

Maximalisten sind Menschen, die sich auf eine Sache fokussieren. In Kryptokreisen sind dies vor allem die Bitcoin-Maximalisten. Sie lehnen alle anderen Coins ab, halten sie für Zeitverschwendung, im besten Fall, und für Betrug im schlechtesten. In unserer Umfrage erkennen wir sie daran, dass sie nur eine einzelne Kryptowährung besitzen.

Den Maximalisten gegenüber stehen die Vielcoiner – Leute, die mehr als zehn Kryptowährungen besitzen.

Die These, die ich hier verfolge, ist, dass es mehrere Unterschiede zwischen Maximalisten und Vielcoinern gibt, sowohl in Hinsicht auf Ideale und Milieus als auch zur Einstellung zu und Nutzung von Kryptowährungen. Ob sich diese These bestätigt, werden wir gleich sehen.

Ab wann in Krypto?

Tendenziell sind Vielcoiner deutlich länger in Krypto, während Maximalisten oft Newbies sind, die erst 2021 eingestiegen sind. Das könnte aber auch vor allem darauf hindeuten, dass viele, die mit „Krypto“ anfangen, erstmal Bitcoin kaufen und dann weiterschauen, und der ihnen von mir attestierte Maximalismus eher pragmatisch als Überzeugung ist.

Was passiert, wenn wir die Diagramme um die „Generation 2021“ bereinigen? Dann ändert sich das Verhältnis zwar, aber die Tendenz bleibt dieselbe. Wir kommen also nicht umhin, dass diejenigen, die länger in Krypto sind, zur Vielcoinerei, und die Newbies zum Maximalismus neigen.

Dies passt gut zur Erkenntnis, dass die früheren Bitcoin-Generationen die experimentelle Technik reizt, während die jüngeren Generationen eher hartes Geld wünschen.

Ab welchem Preis würdest du Bitcoin verkaufen?

Aus dem Bauch heraus sollte man annehmen, dass Maximalisten die härteren Hände haben und stärker an ihren Bitcoins festhalten, während Vielcoiner früher verkaufen. Dem ist aber nicht so.

Tendenziell ähneln die Ergebnisse bei beiden Gruppen: Sowohl bei Maximalisten als auch bei Vielcoinern würde mehr als die Hälfte niemals verkaufen; Preise zwischen 40.000 und 75.000 finden beide Gruppen unattraktiv, erst ab 100.000 steigt die Lust, zu wechseln.

Allerdings fällt auf, dass bei den Maximalisten einige dabei sind, die schon bei 31.000 Euro verkaufen würden, was man so verstehen könnte, dass dies diejenigen sind, die erst 2021 eingestiegen sind und froh sind, ohne Verlust oder mit kleinen Gewinnen wieder rauszugehen. Vielleicht sind sie überinvestiert oder haben bemerkt, dass die Volatilität für Bitcoin zu viel für ihre Nerven ist.

Unter Preisen unter 100.000 Euro finden wir bei Maximalisten eine etwas höhere Verkaufsbereitschaft als bei Vielcoinern, während ab 200.000 die Vielcoiner verkaufslustiger werden. Vielcoiner scheinen höhere Erwartungen an Bitcoin zu haben.

Dies nähert den überraschenden Eindruck, dass Vielcoiner die besseren und treueren Hodler sind. In jedem Falle scheint es keineswegs ein Gegensatz zu sein, sich mit Altcoins einzudecken und mit aller Überzeugung an Bitcoin zu glauben.

Habt ihr mit Krypto Geld verdient?

Oft heißt es aus der Ecke der toxischen Maximalisten, sie stänkerten nur so sehr, um Newbies daran zu hindern, Kohle in Shitcoins zu verpulvern. Unsere Umfrage erlaubt, diese These zu prüfen: Haben Maximalisten öfter mit Krypto Geld verdient als Vielcoiner?

Wie sich zeigt, trifft genau das Gegenteil zu. Die Maximalisten schneiden sehr viel schlechter ab als die Vielcoiner. Während bei den Maximalisten nur 53,5 Prozent Gewinn gemacht haben, sind es bei den Vielcoinern satte 86,3 Prozent. Damit liegen die Vielcoiner 4,2 Prozent über dem Durchschnitt, während die Maximalisten sehr deutlich darunter liegen. Keine Gruppe in unserer Umfrage verdient so schlecht mit Kryptowährungen wie die Maximalisten.

Erneut können wir darüber spekulieren, dass ein Teil der Maximalisten eben Neulinge sind, die erst 2021 eingestiegen sind und daher das größte Risiko tragen, Verluste gemacht zu haben. Aber selbst wenn wir die 13 Vertreter der „Generation 2021“ unter den Maximalisten vollständig denen zurechnen, die keine Gewinne gemacht haben, und dann aus der Gleichung entfernen, schneiden die Maximalisten unterdurchschnittlich ab: Nur 76,7 Prozent unter ihnen haben Gewinn gemacht.

Warum das so ist, ist mir ein Rätsel. Aber es scheint, als sei es die bessere Strategie, viele Coins zu besitzen.

Warum Krypto?

Ich versuche nun, die unterschiedlichen Ideologien oder Geisteshaltungen der beiden Gruppen herauszufinden. Was sagt die Anzahl der Coins, die ihr haltet, über euch aus?

Zunächst habe ich nach der Motivation, in Krypto zu sein, gefragt. Hier finden wir ein recht eindeutiges Muster: Die Vielcoiner finden Technologie spannend, die Maximalisten glauben an hartes Geld. Dieser Gegensatz ist so stark, dass die Technologie bei Maximalisten und das harte Geld bei Vielcoinern am wenigsten wichtig ist.

Dies ist wenig überraschend, da Vielcoiner älteren Generationen angehören und dort das Interesse an Technologie viel ausgeprägter ist. Dennoch hätte ich einen so starken Unterschied nicht erwartet.

Dahingegen stimmen beide Gruppen darin überein, dass sie Krypto wegen der monetären Autonomie reizt, und dass die finanzielle Privatsphäre viel weniger wichtig ist. Dass diese beiden Bestandteile der „Bitcoin-Ideologie“ in beiden Gruppen gleich stark (oder schwach) geschätzt werden, finde ich erneut überraschend.

Milde Unterschiede zwischen den beiden verbliebenen Items dürften zu schwach sein, um daraus eine ernstzunehmende Aussage abzuleiten.

Wie benutzt ihr Krypto?

Auch bei der Frage, wie ihr Krypto benutzt, finden wir sehr deutliche Unterschiede. Die folgenden Tafeln stellen die Werte in absoluten Zahlen dar; um sie vergleichen zu können, habe ich sie in Prozente umgerechnet.

Die Maximalisten
… und die Vielcoiner

Trading

Mehr als die Hälfte der Vielcoiner traded sehr oft oder oft, während dies bei den Maximalisten nicht ganz 20 Prozent tun. Beides ist allerdings über dem Durchschnitt aller Teilnehmer von 13,3 Prozent. Von Margin Trading lassen beide Gruppen überwiegend die Finger, auch wenn es bei den Vielcoinern mit 77 Prozent etwas weniger sind als bei den Maximalisten mit 85 Prozent.

Eigene Wallets

Die eigene Wallet benutzen in beiden Gruppen jeweils 23 bzw. 24 Prozent sehr häufig. Damit liegen beide Gruppen geringfügig über dem Durchschnitt aller Teilnehmer von 21,4 Prozent. Auch bei den anderen Angaben – oft, manchmal, selten, nie – finden wir nur geringfügige Unterschiede, denen zufolge die Vielcoiner etwas häufiger eine eigene Wallet verwenden. Aber das könnte auch ein Rauschen sein.

Lightning

Bei Lightning haben die Maximalisten die Nase vorne: fast 10 Prozent unter ihnen nutzen das Offchain-Netzwerk sehr oft, 69 Prozent jedoch nie. Die Vielcoiner könnten spotten, dass Bitcoin ohne Lightning ja gar nicht mehr zu benutzen ist. Unter ihnen verwenden nicht mal 3 Prozent Lightning, aber erstaunlicherweise ebenfalls nicht ganz 69 Prozent niemals. Relativ viele Vielcoiner verwenden Lightning selten oder manchmal. Zumindest die „Nie“ Werte von beiden Gruppen entsprechen etwa dem Durchschnitt von 70 Prozent. Anders gesagt: Maximalisten ignorieren Lightning zu ebenso großen Teilen wie alle anderen, benutzen es aber, wenn sie es benutzen, öfter.

Ethereum

Dass nur gut 80 Prozent der Maximalisten Ethereum NICHT benutzen, ist erstaunlich – schließlich haben sie ja nur Bitcoins. Warum sind es nicht 100 Prozent? Aber nur 2,3 Prozent der Maximalisten benutzen Ethereum häufig – vielleicht als Bitcoin-Token – und rund 10 Prozent verwenden es selten. Selbst wenn Maximalisten Ethereum probieren, scheint sich die Begeisterung in Grenzen zu halten. Ganz anders sieht es freilich bei den Vielcoinern aus: Hier benutzen fast 15 Prozent Ethereum häufig, und nur 10 Prozent benutzen es gar nicht.

DeFi

Analog dazu lieben Vielcoiner DeFi: 20 Prozent verwenden es sehr oft. Allerdings verwenden es 43 Prozent gar nicht. DeFi benutzt man offenbar ständig oder nie. Unter den Bitcoin-Maximalisten haben wir zwar einen kleinen Teil, weniger als 10 Prozent, die manchmal DeFi verwenden, aber 88 Prozent niemals. Das war zu erwarten.

Liquid

Erstaunt darf man dagegen sein, dass die Maximalisten die Liquid-Sidechain für Bitcoin, immerhin ein Produkt der Champions der Maximalisten, Blockstream, ebenso ignorieren wie DeFi. Und ebenso erstaunt darf man sein, dass der Anteil unter den Vielcoinern, die Liquid nie verwenden, mit 82 Prozent sogar geringer ist als unter den Maximalisten.

Dass ein Produkt, das explizit entwickelt wurde, um Altcoins überflüssig zu machen, bei Altcoinern besser ankommt als bei Maximalisten, hatte ich nicht erwartet.

Full Nodes

Dafür glänzen die Maximalisten mit Full Nodes: 23,8 Prozent unter ihnen benutzen den eigenen Full Node sehr häufig, und nur 59,5 Prozent niemals. Damit haben also 40 Prozent unter den Monocoinern einen Full Node, was eine ziemlich stolze Quote ist. Bei den Vielcoinern benutzen mit 66 Prozent wie erwartet etwas mehr keinen Full Node. Aber auch hier ist die Quote derjenigen, die Peers im Netzwerk stellen, erstaunlich hoch.

Fassen wir zusammen, bevor wir das Thema verlassen: Vielcoiner traden häufiger als Maximalisten und verwenden viel öfter Ethereum und DeFi. Maximalisten dagegen benutzen Lightning etwas öfter, bei eigenen Wallets und Full Nodes schenken sich die beiden Gruppen nichts, und die Liquid-Sidechain kommt bei Vielcoinern ein Stückchen besser an.

Was macht euch glücklich und was ist euch wichtig?

Nun begeben wir uns aufs sozialtheoretische Glatteis: Was sagt die Anzahl der Coins, die ihr haltet, über eure Lebenseinstellung im Generellen aus? Gibt es hier einen Zusammenhang?

Die erste Frage hierzu war die, was euch glücklich macht. Sowohl Maximalisten als auch Vielcoiner haben hier die Gesundheit auf den vordersten und Gott auf den letzten Rang erhoben. Das entspricht dem, was die gesamte Gruppe geantwortet hat.

Dazwischen haben wir einige kleine, aber feine Unterschiede. Man könnte den Schluss ziehen, dass Vielcoiner sozialere Menschen sind als Maximalisten, da sie Liebe, Familie und Freunde höher bewerten als die Maximalisten, denen zwar auch Freunde wichtig sind, aber für die Kunst/Kultur und Natur höher rangieren als Liebe und die Familie – womit sich Maximalisten vom Durchschnitt der Umfrageteilnehmer abheben.

Geld ist beiden Gruppen erstaunlich unwichtig – erstaunlich, weil dies ein Blog über digitales Geld ist – wobei es die Vielcoiner wohl ein Stückchen glücklicher macht.

Als eine Art Kontrollfrage habe ich gefragt, was euch am wichtigsten ist. Das auch aus persönlicher Neugier, ob die Antworten von denen zum Glück abweichen. Das führte zu einigen interessanten Unterschieden, die aber etwa dem entsprechen, was wir schon für die Grundgesamtheit festgestellt haben.

Generell finden wir unter den Maximalisten etwas größere Abweichungen, was aber auch daran liegen könnte, dass die Gruppe kleiner ist. Oder ist für Maximalisten die Pflicht wichtiger als die Lust? Dass ihnen also weniger das wichtig ist, was sie glücklich macht, sondern idealistisch Wertvolles? In jedem Fall bekommen Geld und die Natur in beiden Gruppen eine Abwertung, während Familie und Glaube aufgewertet werden.

Faszinierend sind eure Antworten zur Liebe: Während die Vielcoiner mehr Glück in der Liebe finden, ist diese den Maximalisten wichtiger. Könnte man dadurch spekulieren, dass Vielcoiner eher in stabilen Beziehungen sind, während Maximalisten tendenziell noch suchen? Könnte das an Altersunterschieden liegen?

Freiheit, Sicherheit oder Geld?

Mit drei Fragen habe ich versucht, auszuloten, welche Bedeutung Freiheit, Sicherheit und Geld für euch haben. Meine Vermutung war, dass Maximalisten eher ideologiegetrieben sind und dadurch stärker für Freiheit stimmen.

Allerdings stimmen beide Gruppen bei den Fragen weitgehend überein. Den Maximalisten ist Freiheit ein kleines Stückchen wichtiger als den Vielcoinern, denen dafür Sicherheit signifikant wichtiger ist. Das könnte meine These bestätigen – wirft aber die Zweifel auf, wie sich das höhere Sicherheitsbedürfnis der Vielcoiner mit ihrer höheren Handelsaktivität verträgt.

Geld dagegen ist beiden Gruppen am wenigsten wichtig, den Maximalisten konsistent zum vorhergegangenen Abschnitt ein Stückchen weniger.

Anschließend habe ich versucht, diese Frage auf ein Duell zwischen Freiheit und Sicherheit einzuengen. Dazu habe ich euch zwei Sätze vorgesetzt und gefragt, wie sehr ihr ihnen zustimmt. In beiden Gruppen finden wir eine starke Zustimmung dazu, dass wir mehr Freiheit brauchen, und eine starke Ablehnung, dass wir mehr Sicherheit auch auf Kosten von Freiheit brauchen. Unterschiede zwischen beiden Gruppen gibt es kaum.

Schließlich habe ich noch abgeklopft, wie stark euer Misstrauen gegen politische und wirtschaftliche Eliten ist. Die dahinterstehende Vermutung war, dass ihr einer eher liberalen Weltanschauung anhängt und daher wirtschaftlichen Eliten mehr Vertrauen entgegenbringt als den politischen. Bisher hat sich die Vermutung eurer liberalen Einstellung bestätigt, wenn ihr Freiheit für sehr viel wichtiger als Sicherheit haltet.

Doch zumindest bei den Maximalisten zeigt sich nun, dass das Misstrauen gegenüber den wirtschaftlichen Eliten nur minimal geringer ist als gegenüber den politischen. Bei den Vielcoinern klafft der Spalt auf weiterhin geringem Niveau etwas stärker auf. Mehr als ein Misstrauen in die Politik scheint euch also ein generelles Misstrauen gegen Eliten zu vereinenen.

Worin vertraut ihr?

Schließlich wollte ich noch wissen, in was ihr vertraut. Gibt es hier Unterschiede zwischen Vielcoinern und Maximalisten?

Zum Teil, ja, aber die Gemeinsamkeiten überwiegen auch hier. Die Vielcoiner – ausgerechnet sie! – setzen Bitcoin auf den ersten und die Mathematik auf den zweiten Platz, während es bei den Maximalisten genau umgekehrt ist. Bei beiden finden wir den Markt auf dem dritten Platz. Soweit die Gemeinsamkeiten.

Eine interessante Beobachtung ist, dass sowohl Maximalisten als auch Vielcoiner deutlich von den Antworten der Grundgesamtheit abweicht, bei der die Familie auf dem ersten Platz landete.

Danach beginnen jedoch die Unterschiede. Maximalisten legen mehr Vertrauen in Wissenschaft und Zeitung, Vielcoiner eher in Freunde, Familie und die Open-Source-Community. Damit haben wir erneut einen Indiz dafür, dass Vielcoiner sozialere Menschen sind als Maximalisten, die weniger ihren Mitmenschen als abstrakten Entitäten vertrauen.

Man könnte allerdings auch sagen, Maximalisten vertrauten den etablierten Institutionen stärker, während die Vielcoiner auf informellere Netzwerke setzten. Beide sind sich zwar einig, der Politik und dem Fernsehen ihr Vertrauen zu entziehen, doch bei den Vielcoinern rangiert die Zeitung noch unter der Politik. Die Erosion des Vertrauens in die Institutionen unserer Gesellschaft scheint bei den Vielcoinern weiter vorangeschritten zu sein.

All dies sind freilich seichte, schwache, nicht beweisbare Vermutungen, zarte Hinweis auf etwas in der Wirklichkeit. Um sie zu stärken, müsste man die offenen Fragen und angerissenen Thesen gezielt mit Fragen prüfen. Dies leistet zumindest diese Umfrage nicht.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
Das Bitcoinblog wird von Bitcoin.de gesponsort, ist inhaltlich aber unabhängig und gibt die Meinung des Redakteurs Christoph Bergmann wieder ---

7 Kommentare zu Sind Vielcoiner etwa die besseren Bitcoin-Maximalisten?

  1. Multi-Akademiker // 17. Juni 2021 um 13:45 // Antworten

    … ich bin versucht, der Frage nachzugehen, WARUM habe ich nicht 2008 / 2011 die Wahrnehmung um BTC und Konsorten gehabt, ich habe nirgends eine informierende Quelle gesehen, die mich zur Existenz von „digitalen Währungen“ informiert hat.
    Früher habe ich mit am Internet aufgebaut… war viele Jahre „vor der Realität“ aktiv, aber ich verstehe bis heute nicht, warum habe ich das Neue übersehen? Wie kam es dazu? Mir kommt alles recht verdeckt und versteckt „Im Untergrund mauschelnd“ vor…

    Absolut blind.
    Keine Nachricht, keine Meldung, kein „Ping“ zur Thematik habe ich vernommen…

    Ich hätte zu den „Viel-Coinern“ gehört, gleich zu Beginn an, „ordentlich eingepackt“ bei Dollar 1 oder 10 je nach dem… und bis heute geparkt…
    Weil ich genau weiß, dass das sinnführend ist.
    Damals konnte man leider auch nicht in 1992 seine Aktie / Anteil am Projekt „Internet“ kaufen…

    • Ich habe es zwar mitbekommen, aber das erste Mal bei unter 100 USD war mir die Registration/Geld Überweisung bei mtgox zu kompliziert/dubios. Später habe ich dann doch gekauft und 10 coins liegen jetzt noch da 😎

  2. Also absolut blind, warst Du sicherlich nicht. Was wir heute meist vergessen: Vor BTC gab es viele andere E-Geld Währungen die alle gescheitert sind und dass die Blockchain sich zu einer disruptiven Technologie werden wird, das haben selbst vor 4 Jahren auch noch einige Finanzprofis nicht für möglich gehalten.
    Übrigens ist das auch der Grund, warum es hier so wenig Multimilionäre und Milliardäre gibt. Wer mit BTC reich werden wollte, war am Anfang nicht investiert. Das „Ping“ war in Foren, in denen es nicht um die Geldanlage ging, sondern in denen Technik Nerds diskutiert haben.
    Wer dagegen eine neue Technik testen wollte, hat oftmals den private Key nicht aufgewahrt. Warum auch? Er wollte ja nicht damit reich werden und die BTC zum testen waren ja (relativ) recht günstig zu haben.

  3. Die Frage „mit Krypto Geld verdient“ ist missverständlich. Sind auch Buchgewinne damit gemeint? Eigentlich nein, denn Geld verdient hat man (bestenfalls) erst, wenn man seine Coins wieder verkauft hat. Das erklärt vielleicht die vielen Maximalisten und Hodler, die (bisher) kein Geld verdient haben: Sie haben ihre Coins noch.

  4. Sehr schöne Analyse, Chistoph.

    Obwohl ich solchen Umfragestatistiken mit kleinen Teilnehmerzahlen generell eher etwas kritisch gegenüberstehe, finde ich Deine Vermutungen über die verschiedenen Bitcoinergenerationen sehr schlüssig.

    Zumindest erklärt es sehr schön, auf welche Weise wir hier in den Kommentaren mitunter sehr gewandt aneinander vorbeireden, nur weil wir vielleicht aus unterschiedlichen Generationen von Bitcoinern abstammen.

  5. Ich meinte natürlich Christoph. Sorry, das liess sich nachträglich leider nicht mehr korrigieren.

  6. Paul Janowitz // 20. Juni 2021 um 19:26 // Antworten

    Gute Frage, ich bin ein wenig-Coiner, im Grunde One-Coiner 😀
    Eigentlich war ich Bitcoin Maxi, habe weder unnütze Code-Forks ohne grundlegenden Sinn wie Litecoin nicht akzeptiert und auch das preminte Ethereum da es aus iedologischer Sicht schon ein Shitcoin ist, immerhin ein ziemlich interessanter Shitcoin, der viel Entwicklungsarbeit geleistet hat bzw. die Community, die sich darum geformt hat. Irgendwo habe ich noch BTC, BCH & BSV, die durch Code-Forks entstanden sind, immerhin konnte ich zumindest BCH schon desöfteren als Zahlungsmittel online nutzen, aber größtenteils habe ich meine Funds zu Monero geswappt, bin also mehr oder weniger wieder Onecoiner… Warum? Weil ich glaube, dass sich das beste Geldsystem durchsetzen wird und das ist in meinen Augen seit mindestens 5 Jahren Monero. Auch da gibt es hin und wieder Zank um einzelne Entscheidungen, aber der wird dann offen ausgetragen und meist sind die Konflikte in 2-3 Tagen gegessen. Die krasse Dezentralisierung des Minings durch CPU-Bevorzugung und ASIC-Resistenz tut ihr übriges, denn man kann „die Miner“ eigentlich gar nicht fragen, weil es eben keine zentralen Ansprechpartner gibt.
    Ich wäre sogar bereit, zurück zu Bitcoin zu switchen, aber ich sehe keinerlei Bewegung in die Richtung, um die es mir geht. Skalierbarkeit -> fail. Fungibilität -> fail. Privatsphäre -> fail. Am ende auch Dezentralisierung -> fail. Das waren alles Dinge, warum ich überhaupt von Bitcoin überzeugt war und dachte, sie werden irgendwann gefixt (oder mir waren die Zusammenhänge noch nicht klar).

Schreibe eine Antwort zu DschoAntwort abbrechen

Entdecke mehr von BitcoinBlog.de - das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

Jetzt abonnieren, um weiterzulesen und auf das gesamte Archiv zuzugreifen.

Weiterlesen