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Bitcoin-Kurs springt um rund 10 Prozent – weil man bald bei Amazon mit Bitcoin bezahlen kann?

Amazon-Gründer Jeff Bezos. Bild von Steve Jurvetson via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Heute Nacht stieg der Bitcoin-Preis von etwa 29.000 auf gut 32.000 Euro, und wir haben einige Fragen: Liegt es daran, dass Amazon Gerüchten zufolge Bitcoins akzeptieren wird? Weil Teslas Elon Musk und Twitters Jack Dorsey weiterhin Optimismus verbreiten? Und haben sich die Bären nun erschöpft – oder handelt es sich doch nur um ein Strohfeuer, das lediglich den weiteren Weg in die Dunkelheit weist? Viele Fragen, viel Prominenz und wenig Fakten.

Heute Hü, morgen Hott: Vor nicht einmal einer Woche stürzte der Bitcoin-Kurs auf ein 6-Monats-Tief, nur etwas über 25.000 Euro — heute steht er wieder weit darüber. War das die seit einigen Monaten erhoffte Trendwende?

Vom Tief bei etwa 25.000 Euro kletterte der Preis ab Mittwoch-Nachmittag wieder aufwärts. Relativ langsam, aber dafür stetig. Ins Wochenende startete er bereits mit 29.000 Euro, die Tendenz blieb optimistisch. Dann, in der Nacht von Sonntag auf Montag, explodierte der Preis auf gut 32.000 Euro. Die Marktkapitalisierung – der Gesamtwert aller umlaufenden Bitcoins – hatte sich von rund 550 auf 720 Milliarden Dollar erhöht.

 

Bitcoin-Preis in Euro im 48-Stunden-Chart. Quelle: Bitcoin.de

Viele, die auf fallende Kurse getippt und mit geliehenem Geld Shorts gekauft hatten, holten sich in der vergangenen Nacht blutende Nase. Positionen über mehrere hundert Millionen, wenn nicht sogar mehr als eine Milliarde Dollar wurden liquidiert. Diese Liquidationen hatten vielleicht einen Ketteneffekt: Die Trader mussten Bitcoins nachkaufen, um ihre Positionen zu schließen und weitere Verluste zu verhindern. Dafür liquidierte die Börse vermutlich Dollar auf ihrem Account. So wurden die Shorttrader also gezwungen, Bitcoins zu kaufen, woraufhin der Preis stieg, was wiederum weitere Positionen von Shorttradern liquidierte.

Im Großen Ganzen allerdings ist die Erholung kaum sichtbar. Ob 25.000 Euro oder 32.000 spielt keine so gewaltige Rolle, wenn der Kurs von mehr als 50.000 Euro herabgesunken ist. Das wirkt eher wie eine Fußnote im großen Roman, eine Unschärfe in der Brille, eine Unentschiedenheit des Marktes. So schnell, wie der Preis stieg, kann er auch wieder fallen, und wenn es schlecht läuft, noch tiefer.

Bitcoin-Kursverlauf im Lauf eines Jahres bei Bitcoin.de

Dennoch sticht das Kursgeschehen der letzten Woche und der letzten Nacht aus dem Gesamtbild heraus. Seit die große Blase des Jahres 2021 geplatzt ist, seit der Kurs stetig fiel, nachdem er im April seinen Höhepunkt bei mehr als 50.000 Euro gefunden hatte – seitdem gab es keinen so deutlichen Schwenk nach oben. Seit dem brutalen Crash im Mai bewegt sich der Kurs in einem deutlich sichtbaren Kanal, in dem sinkende Hochs die obere und sinkende Tiefs die untere Grenze bilden. Aus diesem Kanal brach Bitcoin gestern Nacht aus.

3-Monats-Preis in Dollar nach coinmarketcap.com

Man könnte das alles rein durch Börsendaten erklären: Der Kurs ist gefallen, auf der Suche nach einem Boden; als er letzte Woche auf 25.000 Euro fiel, war das kein energischer Crash, sondern eher eine sanfte Landung, in deren Zug das Handelsvolumen auf allen Börsen austrocknete. Dieses versickernde Handelsvolumen wird oft als Hinweis auf eine nahende Trendwende verstanden – der Markt ist müde. Dass diese nun auch geschah – wenn auch nur mit schwach anziehendem Volumen – könnte man als Bestätigung dafür werten, dass der Boden gefunden wurde.

Handfeste Gründe?

Aber gibt es auch noch andere Gründe? Handfestere, als die selbsterfüllenden Prophezeiungen an sich willkürlicher Zahlen? Und seien es nur Gerüchte, Nachrichten, Ankündigungen?

In der vergangenen Woche haben wir einige Faktoren aufgezählt, die Futter für die Bären abgeben, also dazu beitragen, die Marktstimmung zu trüben und die Kurse zu drücken: Die sich immer deutlicher abzeichnende, extrem restriktive globale Regulierung, das schwelende Risiko durch die Tether-Dollar, der Ausstieg Chinas und mehr.

Heute drehen wir die Sache um und fragen, welche Faktoren dazu beitragen, den Kurs zu heben. Und wie stets ist die spekulationsfreudige Krypto-Szene großzügig mit möglichen und unmöglichen Erklärungen für das Preisgeschehen. Im Fokus stehen dabei derzeit vor allem zwei Faktoren.

Auf ein B-Wort mit Jack Dorsey und Elon Musk

Noch am Mittwoch fand die virtuelle Konferenz „The B-Word“ statt, auf der sich Cathie Wood von ARK Investment, Twitter-Gründer Jack Dorsey, und Tesla-Gründer Elon Musk über Bitcoin unterhielten. Dabei zeigte sich, dass der Optimismus der beiden Tech-Milliardäre ungebrochen geblieben ist. Zumindest sah es auf den ersten Blick so aus.

Elon Musk redete etwa über das alte Finanzsystem, mit dessen Technologie er, als PayPal-Mitgründer, vertraut ist. Es sei veraltet, nicht sicher und langsam, weshalb es, aus der Perspektive von Innovation und Datenverarbeitung, „definitiv eine Gelegenheit gibt“. Und Bitcoin sei ein Kandidat dafür, das System zu erneuern.

Darüber hinaus stellte Musk es in Aussicht, dass Tesla bald wieder Bitcoin akzeptieren werde. Das Mining speise sich zunehmend durch erneuerbare Energien, besonders seitdem China das oft kohlekraftintensive Mining im Land verboten habe. Tesla müsse noch sorgfältig ergründen, ob das Mining wirklich zu mehr als 50 Prozent durch Erneuerbare betrieben werde. Wenn sich das bestätige, werde der Autohersteller Bitcoin wieder akzeptieren.

Jack Dorsey auf der virtuellen Konferenz „The B-Word“.

Noch euphorischer gab sich Jack Dorsey, Gründer von Twitter und dem Zahlungsdienstleister Square. Am meisten begeistere ihn der Geist der Community: „Höllisch durchgeknallt und ständig in Bewegung, das erinnert mich an das Internet, als ich noch ein Kind war.“ In der Bitcoin-Szene steckt die Energie, die die Welt verändert. Und das, so Dorsey, sei notwendig, wenn nicht sogar überfällig. Mit Square habe er eine „Abstraktions-Ebene“ für das Finanzsystem gebaut, damit das Geld für die Leute funktioniert. Aber das Fundament, „die raubtierhafte Natur der Finanindustrie“, blieb erhalten. In Bitcoin sieht er nun die Chance, dieses Fundament zu ersetzen. „Wenn das Internet eine native Währung bekommt, wird das Bitcoin sein, wegen seiner Entstehungsgeschichte, wegen der Resilienz gegen Veärnderungen, und wegen der Community.“

Das klingt alles sehr gut. Die beiden Tech-Milliardäre und ihre Unternehmen stehen weiterhin zu Bitcoin. Der Bärenmarkt, die möglichen Verluste, die Bitcoin in die Bilanz von Tesla gerissen hat – das alles kann ihrer Begeisterung nichts anhaben. Oder?

Ein interessantes Video auf Youtube analysiert die B-Word-Konferenz auf einer tieferen Ebene – und stellt fest, dass es vor allem eine Marketing-Show sei, in der sich die Gründer als Bitcoiner verkaufen, ohne dies wirklich zu sein. Vielsagender als Jack Dorseys idealistische Statements sei seine Antwort, als ihn Elon Musk fragt, warum Twitter Bitcoin nicht für Werbung akzeptiere. Jack Dorsey stammelt etwas, ohne zu antworten. Etwas später fragt Elon Musk erneut, und Jack Dorsey windet sich wieder aus der Frage raus.

Doch auch Elon Musks Kommentare haben einen doppelten Boden, etwa wenn er immer wieder kritisiert, dass das Transaktionsvolumen von Bitcoin zu gering und der Stromverbrauch zu hoch sei, aber dennoch daran festhalte, für Bitcoin zu sein – oder, zumindest: „Für die Idee von Bitcoin.“ Das klingt freundlich, aber genau betrachtet nicht mehr so begeistert.

Amazon laut Insider kurz davor, Bitcoin zu akzeptieren

Wichtiger als die B-Wort-Konferenz dürfte aber ein Gerücht über Amazon sein. Das Londoner Wirtschaftsmagazin CITY A.M. berichtete am Montag Vormittag über Amazon und Bitcoin.

Aufhänger war eine Stellenausschreibung von Amazon für einen Entwickler, der Erfahrungen mit „Blockchain, Distributed Ledger, Central Bank Digital Currencies und Kryptowährungen“ mitbringt. Es liegt nahe, dass Amazon also „etwas mit Blockchain und Krypto“ plant. Eine angebliche Insiderin aus dem Konzern verriet dem Magazin, was genau.

Amazon plane, Bitcoin für Zahlungen zu akzpetieren. Und es handele sich dabei nicht nur um einen Plan, Bitcoins irgendwann in Zukunft in das Checkout zu bringen: „Das ist ein wohldiskutierter, ausgereifter, integrater Teil der zukünftigen Art, wie Amazon funktionieren wird.“ Es beginne mit Bitcoin – das sei der erste Schritt des Kryptoprojekts. „Und die Anweisung kommt von ganz oben … von Jeff Bezos höchstpersönlich.“

Nach Bitcoin werde Amazon, so die Insiderin, Ethereum, Cardano und Bitcoin Cash akzeptieren, gefolgt von acht weiteren populären Kryptowährungen. Die Pläne stehen schon seit 2019, daher werde es nicht mehr lange dauern. Im Anschluss daran werde Amazon beginnen, ein eigenes Token herauszugeben.

Natürlich ist diese Nachricht mit Vorbehalt zu verstehen. CITY A.M. nennt die Insiderin nicht beim Namen, noch nennt das Magazin Details, wie vertrauenswürdig die Quelle ist. Die Stellenausschreibung ist so vage gehalten, dass man vieles darunter verstehen könnte: Ein Service für AWS-Kunden, die mit Blockchains arbeiten, ein Experiment für Lieferketten, und so weiter.

Überrhaupt: Ergibt es wirklich Sinn für Amazon, Bitcoin für Zahlungen zu verwenden? Onchain dürfte wegen der hohen Gebühren kaum funktionieren. Ein winziger Bruchteil von Zahlungen bei Amazon übersteigt bereits die Kapazität von Bitcoin. Vielleicht mit Lightning, vielleicht mit der PayPal-Sidechain, vielleicht – und das ist am wahrscheinlichsten – über eine eigene Architektur mit Amazon Pay. Damit könnte Amazon rasch zum Hüter einer großen Menge Bitcoins werden, was dem Konzern, abgesehen vom tatsächlichen Nutzen, Gewicht und Einfluss verschaffen könnte. Aber rechtfertigt das die potenziellen regulatorischen Probleme? Die mögliche schlechte Presse?

Es gibt also hier noch viel Ungewissheit – doch noch kein Dementi von Amazon. Der Markt scheint das Gerücht derweil zu mögen. Zumindest vorerst.

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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5 Kommentare zu Bitcoin-Kurs springt um rund 10 Prozent – weil man bald bei Amazon mit Bitcoin bezahlen kann?

  1. Multi-Akademiker // 26. Juli 2021 um 15:05 // Antworten

    Alle Kurse, die unter 55.000 Euro/Btc verortet sind und nix mit anhängigen Verhaltensweisen von Unternehmen zu tun haben, finde ich eher als nicht relevant.

  2. Damit könnte Amazon rasch zum Hüter einer großen Menge Bitcoins werden, was dem Konzern, abgesehen vom tatsächlichen Nutzen, Gewicht und Einfluss verschaffen könnte.

    Oh, ja. Das ist wirklich eine Frage, ob man sich das wünschen sollte. Ein Anbieter wie Amazon hat schon das Potential zu einem großen Wal zu werden. Und Wale haben Einfluss auf Kurse, oder?

  3. Man sollte der Gier nicht immer so lange Zügel lassen. Im Okt. 2020 habe ich den letzten Bitcoin für 10.000 € gekauft. Gestern stand er bei 33.000€. Wozu also die Aufregung. Es ist immer noch wunderbar, was da passiert. Am besten ist es zu hodeln und nicht riskant zu traden.

    • Ja, wie wahr. Das ist schon damals, in der Welt der Aktien, immer ein guter Rat gewesen.
      Bei Bitcoin ist es eine Tugend.

      • Paul Janowitz // 28. Juli 2021 um 22:04 //

        Naja, ich kann persönlich kaum etwas Gutes am HODLn sehen, wenn man schon den Vergleich zu Aktien zieht, dann gibt es keine Aktie, deren Produkt nicht aktiv genutzt wird. Wirecard mal ausgenommen…

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