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Das war 2022: Unser Krypto-Jahresrückblick

Ein Blick zurück hilft, unerwünschte Unfälle zu verhindern. Bild von Mark Nieno via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

2022 war nicht eben das beste Jahr für alle, die in Bitcoin und andere Kryptowährungen investiert haben. Interessant war es dennoch. Wir fassen das Wichtigste, das in diesem Jahr geschehen ist, zusammen.

Auftakt in rot

Der Januar schüttelte langsam und ruhig das alte Jahr ab. Wir erfuhren, dass Chengpeng Zhao, der Gründer und Chef der Börse Binance, der reichste Mann der Krypto-Branche ist – und vielleicht auch der reichste Asiate. Das Ende des Monats schüttelte jedoch die Märkte, und die Preise brachen, ohne dass ein rechter Grund ersichtlich war, um 10-30 Prozent ein. Bitcoin fiel auf unter 30.000 Euro, was zu dieser Zeit noch wie ein Blutbad wirkte. Leider ein passender Auftakt für 2022.

Trucks blockieren eine Straße in Kanadas Hauptstadt Ottawa

Die Freedom-Trucker in Kanada finanzieren sich auch durch Bitcoin

Anfang Februar war die Welt noch in Ordnung. Corona war unser größtes Problem, und daran hatte man sich irgendwie gewöhnt, auch wenn es manchmal eskalierte. In Kanada protestierten die Freedom Trucker gegen eine Quasi-Impfpflicht, indem sie in die Hauptstadt Ottawa einfuhren und dort campierten. Die Regierung Trudeau ließ die Crowdfunding-Konten des Konvoys einfrieren, woraufhin sich die Trucker durch Bitcoin und andere Kryptowährungen finanzierten.

Aus einem Musikvideo von Heather Morgan (link siehe unten)

Bitfinex-Hacker verhaftet

Das irrwitzigste Ereignis 2022 war die Verhaftung von Heather Morgan im Februar. Die 31-Jährige New Yorkerin rappte als Razzlekhan, hatte eine Kolumne in der Forbes – und wusch mit ihrem Mann Coins aus dem Bitfinex-Hack 2016 im Gegenwert von mehr als einer Milliarde Dollar. Das hätte sich keiner ausdenken können.

Kein Bezug zum Krieg, aber ein schönes Foto aus der Ukraine. Bild von Denis Bondariev via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Der Krieg in der Ukraine und Krypto

Ende Februar wurde dann alles anders. 2022 verlor seine Unschuld. Russland marschierte in die Ukraine ein. Die Regierung in Kiew sammelte daraufhin Spenden in Krypto und verkaufte NFTs, wodurch erstaunliche 100 Millionen Dollar zusammen kamen. Aber es flossen auch Kryptospenden nach Russland, und Moskau versucht, mit Krypto die Sanktionen zu umgehen. Die Bitcoin-Szene diskutiert derweil, ob Bitcoin Kriege verhindern kann.

Travel Rule und MiCA

Die Travel Rule ist die bisher unangenehmste Regulierung von Bitcoin und Kryptowährungen. Sie breitete sich 2022 international aus, etwa in Japan, den Niederlanden oder Estland, und überall greift sie in die Privatsphäre der User ein. Die EU diskutierte das Jahr über, wie sie die Travel Rule umsetzt. Im Sommer ratifizierte sie schließlich MiCA. Diese umfassende Regulierung des Marktes schafft EU-weit Einheitlichkeit – enthält aber auch bittere Pillen. Etwa zur Travel Rule.

Küste von El Salvador. Bild von jack_g via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

El Salvador und Bitcoin

Nachdem El Salvador 2021 Bitcoin zum gesetzlichen Zahlungsmittel gemacht hatte, stand das Land auch 2022 im Fokus. Auf der einen Seite straften internationale Finanzorgane wie der IWF oder die Ratingagenturen das Land ab – auf der anderen Seite pilgerte die Bitcoin-Szene nach El Salvador, was den Tourismus ankurbelte. Die Bitcoin-Bonds, eigentlich für März angekündigt, verschieben sich allerdings auf Unbekannt, und die Mehrheit der Bevölkerung wird mit Bitcoin nicht so richtig warm.

Der Mond, Symbol allen Reichtums. Bild von 一人寿司-Hitori Sushi via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die Terra-3AC-Celsius-Krise

Im Mai hatte sich der Markt stabilisiert, und Bitcoin war wieder auf mehr als 40.000 Euro gestiegen. Dann kam es aber zu einer Kaskade der Zusammenbrüche. Zuerst kollabierte der algorithmische Stablecoin UST, der sich etwas vorher eine Bitcoin-Reserve aufgebaut hatte, und mit ihm die unterliegendende Währung Terra (Luna). Das zog den Hedgefonds Three Arrows Capital mit sich, der riss die Lending-Plattform Celsius mit hinab, und diese schließlich die Berliner Bitcoin-Bank Nuri. Weil alles im Ökosystem miteinander zusammenhängt, stürzten die Preise aller Coins ab. Bitcoin brach auf 20.000 Dollar ein.

Bild von NOAA Photo Library via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Blacklists und Sanktionen

Schon seit einigen Jahren stehen Bitcoin-Adressen auf Schwarzen Listen des US-Finanzministeriums. 2022 war dies jedoch Methode geworden und Börsen rund um die Welt setzen die Blacklists um. Im August betrat das Finanzministerium aber Neuland: Es sanktionierte Tornado Cash – einen Smart Contract, der auf der Ethereum Blockchain lebt. Das Ökosystem zieht zwar weithin mit, doch Tornado Cash lebt weiter.

Inflation

2022 brach in Europa die Inflation aus. 5 Prozent, 10 Prozent, vielleicht auch 15 Prozent. Jeder hat das mitbekommen. Bitcoin enttäuschte als Inflationsschutz und verlor an Wert in Dollar und Euro. Neben der allgemein ungünstigen Marktlage war mit ein Grund, dass die Zentralbanken die Zinsen erhöhen, um die Inflation zu bremsen. Zum ersten Mal seit es Bitcoin gibt! Diese monetäre Zeitenwende entzieht den Finanz- und Kryptomärkten Liquidität.

Der Merge

Für viele war der Merge von Ethereum das lange erwartete Highlight des Jahres: Die zweitgrößte Kryptowährung ändert den Konsensmechanismus und ersetzt die Miner durch Staker. Der Stromverbrauch sinkt um etwa 98 Prozent, der Ausstoß neuer ETH reduziert sich um etwa 90 Prozent, und technisch änderte sich gleichzeitig vieles und wenig. Bisher ist der Merge geglückt, Ethereum läuft stabil weiter, und die meisten User haben von dem Mammutprojekt gar nichts mitbekommen.

Schon recht schön: Innsbruck. Bild von Neil Williamson via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Die BTC22 in Innsbruck

2022 durfte man endlich wieder: Nach den zwei drückenden Corona-Jahren gab es wieder Konferenzen ohne Auflagen. Etwa die BTC2022 in Innsbruck, die größte deutschsprachige Bitcoin-Only-Konferenz. Ich war auch dort und habe einen etwas durchwachsenen Bericht darüber geschrieben, wie sich die deutschen „Orangepiller“ in den Alpen treffen.

Banken, Bitcoin, Blockchain

2022 ist es für Banken fast schon normal geworden, mit Bitcoin zu arbeiten. Die Sparkasse entscheidet sich dennoch förmlich dagegen, während einzelne Volksbanken – etwa Bayern Mitte – ihren Kunden begeistert Bitcoin anbieten und die DZ-Bank – quasi die Zentralbank der Volksbanken – Kryptowerte verwahren möchte. International kündigt Visa Krypto-Kreditkarten für Lateinamerika an, und die französische Societe Generale nimmt ein Darlehen bei der MakerDAO auf – während diese selbst mehr und mehr zur Bank wird.

Das Penthouse in Nassau, in dem Sam Bankman-Fried und seine engsten Mitarbeiter lebten und arbeiteten.

Und dann kam FTX

Im Herbst schöpfte der Markt wieder Hoffnung. 20.000 Dollar bildeten einen soliden Boden, von wo aus der Kurs wieder aufwärts drängte. Doch dann passierte FTX: Eine der größten Börsen kollabierte über Nacht. 12 Milliarden Dollar waren einfach so verschwunden. Das Ausmaß an Skrupellosigkeit und Verantwortungslosigkeit war atemberaubend und ruinierte das Vertrauen in Krypto. Die Preise purzelten, und Bitcoin erreichte mit 15.000 Dollar ein neues Tief dieser Phase.

El Rayo. Foto von EdgarJa via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Lightning und Layer 2

Aber es gibt auch gute Nachrichten! Langsam reift die sogenannte „Layer 2“-Technologie. Bei Bitcoin meint dies das Lightning-Netzwerk, das 2022 langsam in Fahrt kam und zur Basis spannender Techniken wie Stablesats oder Taro wird. Bei Ethereum bilden Rollups wie Optimism oder Arbitrum die Layer 2, die seit Oktober bereits mehr Transaktionen abwickelt als die Blockchain selbst.

Die Miner geben auf

Für die Bitcoin-Miner war 2022 ein bitteres Jahr: Der Bitcoin-Preis sank – und damit ihr Ertrag -, während die Strompreise stiegen – und damit ihre Kosten. Die Miner mussten ihre „Hodl-Strategie“ aufgeben und Bitcoins abzustoßen, anstatt zu horten. Einige große Miner in den USA gehen pleite, und die Hashrate fällt. Lending-Plattformen, die die Miner finanziert hatten, bleiben zum Teil auf der nun wertlosem Hardware sitzen. Doch Bitcoin regeneriert.

Foto von actionvance via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

CBDC

Mit den Central Bank Digital Currencies, kurz CBDC, wollen die Zentralbanken Bitcoin den Wind aus den Segeln nehmen. Pläne und Ambitionen hegen die meisten Zentralbanker, doch im Jahr 2022 sind nur wenige CBDC tatsächlich aktiv. Der chinesische Yuan und die nigerianische Naira zeigen, wo die Reise hingeht: Während der eYuan wie erwartet ein Werkzeug der Kontrolle wird, haben die Nigerianer so gut wie kein Interesse an der eNaira.

Gewölbe (Vault) in
der Basilique Notre-Dame. Bild von Patrick via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Bitcoin-Entwicklung

Für Nicht-Eingeweihte wirkt die Bitcoin-Entwicklung kryptisch und meist langweilig. Grundsätzliche Änderungen kommen selten vor, das Feilen an Details ist die Regel. 2022 gab es zwei Kontroversen, die die Entwicklung von Bitcoin etwas greifbarer machen: BIP119, das Vaults per Softfork einführen wollte, und RBF, welches unbestätigte Transaktionen weniger sicher macht. Beides löste Kontroversen aus, die zeigen, wie viel Politik in technischen Details stecken kann.

Das war’s von unserer Seite. Was war euer Highlight?

Über Christoph Bergmann (2796 Artikel)
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5 Kommentare zu Das war 2022: Unser Krypto-Jahresrückblick

  1. Christoph, vielen Dank für den Jahresrückblick!

    Auch wenn ich eher der nicht-spekulativen Fraktion angehöre, hat mich 2022 die XMR/BTC Entwicklung positiv überrascht, denn Monero hat seinen Kurs entgegen des Marktes gegenüber Bitcoin fast verdoppelt. Was mich etwas irritiert oder sogar beunruhigt ist, dass Monero sich umso besser entwickelt, je schlechter es Bitcoin geht und andersherum… Siehe den Kurssprung bei Bitcoin (und fast allen anderen Coins) nach der kürzlichen Zinsentscheitung der FED, während Monero neutral geblieben oder sogar eingebüßt hat.

    Zu den ganzen Pleiten und resultierenden Kursverfällen kann ich nur sagen: Leute, ihr habt Bitcoin nicht im Ansatz verstanden, wenn die Keys von jemandem anders verwaltet werden. Zentralisierte Börsen sind maximal für Fiat On-/Offramp zu gebrauchen und danach sofort zu liquidieren, Trading zwischen digitalen Assets geht heute schon Non-Custodial.

    Egal, 2023 wird besser! Unter anderem hoffe ich, dass ein von mir beratend betreutes Café in Berlin noch im Januar startet und wahrscheinlich das erste in der Stadt sein wird, welches Monero akzeptiert. Tatsächlich Monero-only, denn es gibt kein mir bekanntes vernünftiges/einfaches PoS System, welches auch Bitcoin und Lightning neben Monero integriert hat, daher müssen zumindest erstmal alle Altcoins außen vor bleiben 😉

    • Egal, 2023 wird besser! Unter anderem hoffe ich, dass ein von mir beratend betreutes Café in Berlin noch im Januar startet und wahrscheinlich das erste in der Stadt sein wird, welches Monero akzeptiert. Tatsächlich Monero-only, denn es gibt kein mir bekanntes vernünftiges/einfaches PoS System, welches auch Bitcoin und Lightning neben Monero integriert hat, daher müssen zumindest erstmal alle Altcoins außen vor bleiben 😉

      Das sind für mich aufregende Neuigkeiten, auch wenn es wie ein kleiner Schritt erscheint. Der Room77 (RIP) hatte ja schon Monero als Zahlungsmittel akzeptiert (glaube ich). Ich bin gespannt. Gibt es bald Graefekiez-Reloaded?

      • Donnerechse // 25. Dezember 2022 um 22:53 //

        Das mit den Zitat-Klammern hat bei mir leider nicht so gut hingehauen. :-/

  2. Hallo,
    echt ein toller Beitrag. Es ist sehr viel negatives passiert, hoffen wir, dass das nächste Jahr genau soviel positives im Kryptospace passiert.

    LG,
    Andi

  3. Danke!

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