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Die SEC dreht auf: Staking und Stablecoins sind Securities (Wertpapiere)

SEC-Boss Gary Gensler. Bild von der SEC-Webseite, Lizenz: gemeinfrei.

Die US-Börsenaufsicht SEC sorgt gleich zweifach für Wirbel: Sie behandelt Staking-Programme und Stablecoins als Securities und klagt die Anbieter an, die notwendige Registrierung versäumt zu haben. Für den Kryptomarkt könnte dies einschneidend sein. Doch nicht jeder in der SEC ist einverstanden mit dem harten Kurs des Vorsitzenden Gary Gensler.

Die US-Börsenaufsicht SEC hat die Kryptobörse Kraken dafür angeklagt, mit ihren Staking-Programmen unerlaubte Securities (Wertpapiere) angeboten zu haben. Kraken hat sich mit der SEC darauf geeinigt, dass die Börse die Staking-Programme sofort abschaltet und eine Strafe von 30 Millionen Dollar bezahlt.

Kraken hat damit in einer entscheidenden Frage nachgegeben: Staking-Dienstleistungen, wie etwa für Ethereum, gelten damit als Security, also als ein wertpapierartiges Finanzprodukt. „Wenn Investoren Token an Anbieter von Staking-Dienstleistern übergeben, verlieren sie die Kontrolle über diese Token und gehen Risiken ein, die mit diesen Plattformen assoziiert sind,“ so die SEC. Kraken habe mit dem Staking regelmäßige Auszahlungen versprochen, die darauf beruhen, dass die Börse für die Investoren Leistungen erbringt – eine klassische Definition einer Security.

„So dumm sehe ich also aus.“

Egal ob Staking, Lending oder etwas anderes, erklärt der SEC-Vorsitzende Gary Gensler, „wenn man Investmentverträge gegen die Token der Investoren anbietet, muss man die angemessenen Auskunftspflichten und Schutzmaßnahmen leisten, wie sie die Wertpapiergesetze vorschreiben.“ Das Vorgehen gehen Kraken sei ein klares Signal, dass Staking-Anbieter sich registrieren und allen Auflagen gerecht werden müssen.

In einem CNBC-Interview erklärt Gensler, Kraken habe „der investierenden Öffentlichkeit nicht offengelegt, welche Risiken sie eingehen.“ Man könne in den USA fast jedes Investmentprodukt anbieten, wenn man die Risiken fair und wahrhaftig offenlege. Das sei „unser grundsätzlicher Kompromiss.“ Auf die Frage, worin sich Krakens Staking-Service etwa vom Yield-Programm von Coinbase unterscheide, reagiert Gensler etwas ausweichend. Egal wie man es nenne – man müsse sich registrieren, indem man ein Formular bei der SEC ausfüllt und die Risiken offenlegt.

Kraken-CEO Jesse Powell reagierte darauf sarkastisch: „Oh Mann, ich hätte also nur ein Formular auf einer Webseite ausfüllen und den Leuten sagen müssen, dass Staking-Rewards durch Staking entstehen? Ich wünschte, ich hätte das Video gesehen, bevor ich eine 30-Millionen-Dollar-Strafe bezahle und den Service in den USA für immer abschalte. So dumm sehe ich also aus. Mist.“

Zugleich geschah aber etwas erstaunliches, das vielleicht für die USA typisch ist, hierzulande aber ganz und gar undenkbar wirkt: Die SEC veröffentlicht auf ihrer Webseite am selben Tag einen Kommentar der SEC-Kommissarin Heister Peirce, in dem diese sich sehr deutlich gegen die Entscheidung positioniert. Eine Aufsichtsbehörde macht ihre internen Konflikte öffentlich! Allein die Vorstellung, das auch so zu machen, dürfte in der BaFin Kammerflimmern verursachen!

Eine „paternalistische und faule“ Regulierungspraxis

Die SEC, erklärt Peirce, hat Krakens Staking-Programm abgeschaltet und nennt es einen Sieg für Investoren. „Ich stimme nicht zu und widerspreche.“ Ob Kraken Staking hätte registrieren müsse, sei die eine Frage, der man zustimmen oder widersprechen könne. Aber fundamentaler sei eine andere Frage: Ob die Registrierung überhaupt möglich gewesen wäre? Peirce bezweifelt dies.

Staking-Programme existierten schon seit einer langen Zeit. Es wäre richtig gewesen, wenn die SEC hier Führung angeboten hätte. „Aber stattdessen entscheiden wir uns erneut dafür, durch Vollstreckung zu sprechen.“ Dies sei weder fair noch effizient und werde auch der Wirklichkeit des Stakings nicht gerecht. Besorgniserregend findet Peirce aber vor allem, „dass unsere Lösung für einen Verstoß gegen die Registrierungspflicht darin besteht, ein Programm abzuschalten, das den Leuten gute Dienste geleitet hat.“ Unabhängig von der Registrierung werde Kraken in den USA kein Staking mehr anbieten. Dies sei die unschöne Folge einer „paternalistischen und faulen“ Regulierungspraxis: „Initiiere keinen öffentlichen Prozess, um eine arbeitsfähige Registrierung zu entwickeln, die Investoren wertvolle Informationen gibt, sondern schalte es einfach ab.“

Diese interne Kontroverse hält die SEC aber nicht davon ab, gleich den nächsten Schritt zu gehen, der nicht weniger wegweisend für die Branche sein könnte: Die Börsenaufsicht hat, berichtet das Wall Street Journal, die Firma Paxos Trust darüber informiert, dass sie vorhabe, eine Klage auf Verletzung des Investorenschutzes anzustregen.

Security ist, was die SEC eine Security nennt

Paxos ist die Herausgeberin des Stablecoins Binance USD (BUSD), der mit 16 Milliarden Einheiten nach Tether und Circle-Dollar der drittgrößte Stablecoin ist. In den Augen der SEC ist er ein unregistriertes Security – ein Wertpapier. Gensler hatte im November 2021 in einer Podiumsdiskussion erklärt, er betrachte Stablecoins als etwas ähnliches wie Bankeinlagen oder Geldmarktfonds.

Die konkreten Hintergründe des Schreibes der SEC sind noch unklar. Weder Paxos noch die Behörde wollen es bisher kommentieren. Der Brief ist ein sogenannter „Wells Notice“, eine kurze Information der Behörde, die dem betreffenden Unternehmen die Gelegenheit gibt, sich zu äußern und der SEC zu erklären, weshalb sie von einer Klage absehen soll. Eventuell könnte Paxos auch mit einem außergerichtlichen Vergleich reagieren, was man aus einem nur geringfügig verschobenen Blickwinkel auch ein Schmiergeld nennen könnte: In der Kryptobranche liegen viele Milliarden Dollar herum, und die SEC muss nur ein Vergehen konstruieren, um sie einzusacken.

Chengpeng Zhao von Binance stellt klar, dass die BUSD trotz des Namens nicht von Binance herausgegeben werden, sondern von Paxos. Man sei darüber informiert worden, dass die Stablecoin-Herausgeberin von der New Yorker Finanzaufsicht verpflichtet worden sei, keine neuen Dollar-Token zu prägen. Daher werde die Summe aller BUSD im Lauf der Zeit nur noch sinken.

Er sei kein Experte für Juristisches, mein Zhao, aber als Laie stimme er Miles Deutscher zu, der fragt: „Wie zur Hölle kann ein STABLECOIN als Security betrachtet werden, wenn es eindeutig nicht den Kriterien des Howey-Tests entspricht?“ Der Howey-Test gilt als das maßgebliche Instrument, um zu beurteilen, ob etwas eine Security ist, also ein Wertpapier. Eines seiner Kriterien ist die Erwartung, mit dem Investment Profite zu machen, welche, wie Deutscher richtig sagt, niemand, der BUSD gekauft habe jemals gehegt habe.

Der Krypto-Investor Adam Cochran reagiert darauf mit einer beunruhigenden Erklärung: Der Howey-Test gelte nur für Investmentverträge, während der Begriff der Security viel breiter definiert sei. „Um ehrlich zu sein ist der Begriff so vage, dass die SEC, wenn sie will, alles darunter verstehen kann.“

Sollte die SEC unter Gary Gensler weiterhin diesen eher willkürlichen, aber juristisch gangbaren Kurs fahren, könnte dem Krypto-Markt in den USA eine wilde Zeit bevorstehen.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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8 Kommentare zu Die SEC dreht auf: Staking und Stablecoins sind Securities (Wertpapiere)

  1. Wenn das auch für Deutsche Staker auf Kraken gilt wäre es echt bitter. Gerade nachdem Ether ewig geblockt wurde und diese Erlöse damit wegfallen dürften??

  2. Ich weiß nicht ob das hier Fakt oder doch nur Gerücht ist, aber plausibel kann man es wohl nennen — Kontext zum BUSD-Thema:

    „New York State’s Department of Financial Services, or NYDFS, reportedly received a complaint from stablecoin issuer Circle regarding Binance’s reserves prior to its crackdown on BUSD.“
    https://cointelegraph.com/news/circle-blew-the-whistle-on-binance-reserves-to-nydfs-report

  3. Krass das wird Folgen haben.
    Darf ich dein Artikel nutzen um mit gpt ein neuen zu machen und auf Peer zu veröffentlichen?

  4. Ich kann es nicht oft genug wiederholen, nur Dezentralisierung kann uns weiterbringen, alle die auf sinnvolle Regulierung hoffen, sind naiv.

    Leider sehen das >90% anders und träumen von schnellem Reichtum, nicht in Bitcoin, sondern Fiat. Dann verleiht, staked, whatever man seine Coins auf zentralisierten aber unregulierbaren Börsen und weint, wenn es schief läuft. Auch ich nutze genau eine zentrale Börse als Fiat On-/Off-Ramp, mehr nicht. Warum? Weil dezentrale Alternativen einfach nicht vorhanden sind. Ich würde das viel lieber persönlich gegen Bargeld tun, aber per Banküberweisung oder Paypal ist es zu unsicher und lokal macht das kaum jemand, obwohl es einige Möglichkeiten gäbe… Localbitcoins, ähm sorry, die haben gerade dicht gemacht, Bisq, AgoraMarket, LocalMonero. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es in einer Großstadt in jeder Straße mehrere Leute gibt, die in irgendeiner Form mit Coins zu tun haben, aber CEX haben es uns eben gemütlich und diese Form unpopulär gemacht. Was nützt eine dezentrale Währung, die zu 99% über zentralisierte Dienstleister abgewickelt wird?

    Klar wird man P2P Trading auch unterbinden wollen mit Obergrenzen usw., aber wen kümmert das? Für die meisten Trades dürften diese erstmal ausreichend sein, für größere Trades werden sich Dienstleister etablieren und analog zu den Bargeldobergrenzen, um die sich kein Händler schert werden diese dies für Crypto auch nicht tun.

    Beim P2P Trading gibt es leider noch einen Haken, der insbesondere bei DEX wie Bisq oder Atomic Swaps zwischen BTC und XMR sichtbar wird… Anbieter, die nicht fungible Coins gegen fungible tauschen, nehmen immer einen Aufschlag gegenüber dem Preis auf zentralisierten Börsen. Ich würde BTC allenfalls über einen von mir erstellten Lightning Channel gegen Monero tauschen, ganz sicher nicht OnChain um dann auf Tainted Coins sitzenzubleiben. Diejenigen, die das tun, nutzen meist CoinJoins, um ihre BTC zu waschen…

    Bezüglich Stablecoins: Es ist ziemlich einleuchtend, dass diese Securities sind, denn jemand verwahrt (angeblich) einen hinterlegten Betrag gegen einen digitalen Schuldschein. Egal wie viele Audits erstellt werden, kann ein Exit Scam jederzeit dazwischen erfolgen.

    Bezüglich Staking: Wenn die Coins dafür bei einem zentralen Dienstleister hinterlegt werden (müssen), sieht es imho ähnlich aus wie bei Stablecoins. Entweder man staked selbst oder man lässt es besser. Wenn das Protokoll zu große Tickets zulässt und keine dezentralen Pools zulässt, dann ist es in meinen Augen ohnehin nicht durchdacht. Das gilt übrigens sogar fürs Bitcoin Mining, bei welchem man seinen Anteil zumindest bis zur Auszahlung in die Obhut des Pools legen muss. P2Pool wurde bei Bitcoin vor Jahren vorgeschlagen, aber wie so oft als nicht interessant genug erachtet… Irgendwann hat es jemand bei Monero als SideChain implementiert und kommt mittlerweile auf knapp 10% der Hashrate, ganz ohne zensierbaren Pool, jeder Miner erstellt sein eigenes Tx-Set aus dem TxPool.

    Vor ein paar Jahren wurde ich noch belächelt, dass ein „Privacy Coin“ wie Monero mit Sicherheit zensiert wird, aber es gibt dafür einfach keine rechtliche Grundlage. Klar, totalitäre Regimes wie China werden es tun, aber auch vor Bitcoin nicht zurückschrecken und wenn es hart auf hart kommt, können sie dies mittels Great Firewall sogar durchsetzen und die Konnektivität zum Netzwerk erheblich erschweren. Auch darüber macht man sich bei Monero Sorgen und mit Tor & I2p Nodes (auch remote) sorgt man für gewisse Abhilfe. Auch Großbritannien und Australien haben einen Ban durch die Hintertür umgesetzt, der aber „nur“ zentrale Börsen betrifft, indem sie Banken (inoffiziell) auferlegt haben, Börsen, die Monero listen keinen Zugang zum Banksystem zu geben -> siehe totalitäre Regimes… Nützt nur nix, Dank Bitcoin & Co., denn selbst wenn der Kauf über eine CEX laufen sollte, ist er maximal bis zum Swap nachverfolg- und ggf. regulierbar.

    Also, nach 14 Jahren Irrweg zur Regulierung: Back to the Roots! A Peer-to-Peer Electronic Cash System

  5. Auch wenn es einigen Leuten nicht gefallen mag: Die Entscheidung der SEC ist vollkommen in richtig, auch wenn es hier und da noch definitorische Unschärfen gibt. Gleichzeitig ist es ein starkes Statement für Bitcoin, der übrigens von SEC-Chef Gensler höchstpersönlich am MIT unterrichtet wird („Blockchain and Money“) und der kaum Zweifel aufkommen lässt, daß Gensler von Bitcoin fasziniert ist. Gensler hat auch als SEC-Chef immer wieder betont (und wurde vom Senat dafür gegrillt), daß Bitcoin eben gerade nicht automatisch „Krypto“ bedeutet, sondern Bitcoin als Rohstoff anzusehen sei (da politisch die Definition als „Geld“ nicht durchsetzbar).

    Überall da, wo Unternehmen für ihre Anleger undurchschaubare Risiken erzeugen, muß zwangsläufig reguliert werden. Ein Grund mehr für Anleger, die „reine Lehre“ nicht aus den Augen zu verlieren und seine Bitcoin mittels der eigenen Wallet zu kontrollieren.

    • Guido Hassknecht // 15. Februar 2023 um 18:54 // Antworten

      sondern Bitcoin als Rohstoff anzusehen sei

      Rein rechtlich gesehen ist das die einzig sinnvolle Sichtweise. Rein philosophisch gesehen frage ich mich schon seit längerem welche Art Rohstoff Bitcoin ist.
      Ist vielleicht die absolut ideelle (weil virtuelle) Form des Value hier der Rohstoff, oder die Sicherheit mit der eine Transaktion virtuell stattfinden kann, ohne gleichzeitig als Gelddruckmaschine missbrauchbar zu sein, wie andere virtuelle Transaktionssysteme, wie das Buchgeld?

      • A. Kostolany // 16. Februar 2023 um 12:44 //

        Eine interessante Frage. Persönlich sehe ich den „Rohstoff“ im BTC-Token, der alles andere im Bitcoin-Ökosystem repräsentiert.

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