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US-Kongress grillt SEC-Boss Gensler

Die US-Börsenaufsicht SEC randaliert derzeit im Ökosystem der Kryptowährungen. Nun schaltet sich das Repräsentantenhaus ein und verlangt von SEC-Chef Gary Gensler Klarheit. Nachdem er diese nicht geben kann oder will, wackelt sein  Stuhl.

Vergangenen Dienstag musste sich Gary Gensler, Chef der US-Börsenaufsicht SEC, in den US-Kongress begeben, um sich den kritischen Fragen des Financil Service Komitees zu stellen. Die mehr als fünfstündige Anhörung könnte zum Wendepunkt in der zunehmend rabiaten Krypto-Politik der SEC werden.

Treue Leser wissen darum: Die SEC klagt derzeit eine US-Börse nach der anderen an, etwa Kraken, Coinbase, Gemini und Bittrex, weil diese den Handel mit nicht registrierten Wertpapieren erlaubten. Die Börsen halten dagegen, dass die SEC weder klare Regeln vorgebe noch einen gangbaren Weg anbiete, sich zu registrieren. Man könnte das, was die Aufsicht derzeit macht, auch als moderne Wegelagerei bezeichnen: Sie macht es mehr oder weniger unmöglich, konform mit der Regulierung zu gehen – oder dies auch nur zu wissen – aber verklagt Unternehmen dann auf Schadenersatz.

„Du bestrafst Unternehmen, die mit digitalen Assets arbeiten, dafür, sich nicht an ein Gesetz zu halten, während sie nicht wissen, wie sie das tun können.“

In seiner Eröffnung der Anhörung warf der Vorsitzende des Komitees, Patrick McHenry, Gensler genau dies vor:

„Du hast mehr als 50 Klagen gegen Anbieter digitaler Währungen forciert, und nun verlangt deine Behörde weitere 78 Dollar für noch mehr Klagen. Zugleich verweigert sie es, Klarheit zu schaffen, ob ein digitales Asset ein Wertpapier oder ein Rohstoff ist, und, noch wichtiger, wie die Firmen mit dem Gesetz konform sein können. Du bestrafst Unternehmen, die mit digitalen Assets arbeiten, dafür, sich nicht an ein Gesetz zu halten, während sie nicht wissen, sie sie das tun sollen.“

Da sich die Aufsichtsbehörden SEC und CFTC nicht einig sind, was Krypto-Assets sind, müsse der Kongress, so McHenry, sich darum bemühen, klare Regeln für den Markt zu erarbeiten. Die von Genslers SEC betriebene „Regulierung durch Enforcement“, also durch Durchsetzung, sei weder befriedigend noch nachhaltig. „Deine Herangehensweise“, kritisiert der Abgeordnete, „treibt Innovation ins Ausland und bedroht die amerikanische Wettbewerbsfähigkeit.“

Gensler stellt danach ausführlich seine Position dar: Die SEC habe das Mandat, einen 100-Billionen-Dollar-Marlkt zu beaufsichtigen und dort etwa den Verbraucherschutz zu gewährleisten, und zwar unabhängig von der verwendeten Technologie. Daher falle auch der Kryptomarkt unter seine Aufsicht: „Ich sagte es bereits unzählige Mal: die weite Mehrheit der Krypto-Token sind Wertpapiere.“ Daher müssten sich die Intermediäre, die mit Kryptotoken arbeiten, bei der SEC registrieren, und es sei auch keine Ausrede, sich eine DeFi-Plattform zu nennen.

Derzeit arbeitet die SEC an mehreren Gesetzesvorschlägen, um Krypto-Assets einzuordnen. Er selbst, erklärt Gensler, bevorzuge eine Variante, die pauschal alle Krypto-Assets zu Wertpapieren macht. Letzten Endes legitimiert diese Regel das, was Genslers Behörde bereits betreibt, rückwirkend, und könnte alle zur Zeit laufenden Verfahren zugunsten der SEC entscheiden. Sollte er damit durchkommen, wäre dies vermutlich das Ende des Kryptomarktes in den USA.

„Wir wollen nur eine einfache Antwort auf eine einfache Fragen zum zweitgrößten digitalen Asset“

Allerdings sträubt sich Gensler, das Bedürfnis des Kongresses nach Klarheit gänzlich zu befriedigen. Insbesondere bei der 200-Milliarden-Dollar-Frage, was Ethereum in seinen Augen sei, Wertpapier oder Rohstoff, Security oder Commodity, windet er sich wie ein Aal, ohne eine präzise Antwort zu geben.

So fragt McHenry: „Im Jahr 2018 sagte der damalige SEC-Finanzdirektor Bill Hinman, dass er denke, Ethereum sei keine Security. Im vergangenen Monat sagte der Vorsitzende der CFTC, Rostin Behnam, dass Ether eine Commodity ist. Doch die New Yorker Staatsanwalt schlug in einer Schrift vergangenen Monat vor, dass Ether eine Security ist. Ein Asset kann offenbar nicht zugleich Commodity und Security sein, oder?“

Gensler antwortet zunächst ausweichend: „Ich will nicht über ein spezielles Asset sprechen.“
Doch McHenry hakt ein: „Du hast schon über Bitcoin gesprochen, nun kommen wir zu Ethereum, dem zweitgrößten Krypto-Asset.“
Gensler: „Ich rede über Token, davon gibt es 10.000 bis 20.000.“
„Ich habe nach Ethereum gefragt.“
„Auch hier hängt es von Fakten und dem Gesetz ab.“
„Ich frage, wie du die Fakten auslegst.“
„Du willst nicht, dass ich vorverurteile …“
„Aber das machst du, du hast mehr als 50 Klagen geschrieben. Leute bekommen Wells Notices, und sie fragen, welche Assets sind Security und welche nicht, und wir wollen nur eine einfache Antwort auf eine einfache Fragen zum zweitgrößten digitalen Asset.“

Gensler will sich nicht festnageln lassen, ob Ethereum in seinen Augen ein Wertpapier oder ein Rohstoff ist. In gewisser Weise ist das verständlich: Sagt er, Ethereum sei ein Rohstoff, verschlechtert sich die Position der SEC in den laufenden Gerichtsfällen. Sagt er, Ethereum sei ein Wertpapier – und das denkt er offenbar – macht er sich wiederum angreifbar, einerseits durch den Kongress, der kaum geschlossen dafür sein wird, das gesamte Ethereum-Ökosystem zu verscheuchen – andererseits durch Anwälte, die damit eine Aussage haben, die sie beklagen können.

Die Hotel-California-Regel

Aus welchen Gründen auch immer Gensler keine Klarheit schaffen möchte oder kann – die Mitglieder des Repräsentantenhauses sind damit nicht sehr zufrieden. Das Schlusswort, mit dem der Abgeordnete Warren Davidson die Anhörung beendet, fällt vernichtend aus.

Der Politiker aus Ohio warf Gensler eine „Liste des Scheiterns“ vor. Der SEC-Chef habe dabei versagt, Investoren zu schützen, aber seine Macht missbraucht. So schlage Gensler, rechnet Davidson ab, je Monat zwei neue Regeln vor, setze unangemessen kurze Fristen zu öffentlichen Kommentaren und verhänge ungesetzliche und unumsetzbare ESG-Regeln.

Für den Kryptomarkt habe er eine „Hotel California“-Regel etabliert: „Du kannst einchecken, wann immer du willst, aber du kannst nicht raus.“ Es gebe keine Klarheit für die, die im Markt gefangen sind, Genslers Vorschläge seien unbrauchbar und ein „de fakto Verbot“. Daher schlägt Davidson vor, Gensler zu entheben und mit einem anderen Direktor zu ersetzen.

Und überhaupt, so vor ihm der Abgeordnete Donalds, habe der Kongress Gensler niemals das Mandat gegeben, digitale Assets zu regulieren. „Wie kommst du darauf? Du nimmst es dir einfach, das ist Teil des Problems, um das es geht.“

Die Krypto-Branche begrüßt diese Wendung. Einige wenige – in Deutschland etwa der Blocktrainer – ärgern sich, dass Ethereum womöglich doch nicht als Wertpapier reguliert wird, wie erhofft. Doch der mit Abstand größte Teil der Szene freut sich, dass es dem SEC-Boss nun schwerer fallen wird, seinen Raubzug durch das Krypto-Ökosystem fortzusetzen.

Über Christoph Bergmann (2802 Artikel)
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3 Kommentare zu US-Kongress grillt SEC-Boss Gensler

  1. Aus meiner Sicht sollte man Gensler seine Amtes entheben. Diese Willkür die die SEC an den Tag legt kann so nicht weiter gehen. Gleichzeitig sollte sich der Kongress um klare Gesetze bemühen.

  2. Gensler und SEC ist Mafia. Ich erinnere an GME und Meta Materials

  3. Alexander Steinhoff // 25. April 2023 um 8:36 // Antworten

    Hotel California-Regel: You can check OUT any time you like, but you can never leave.

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