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Wie viel Strom verbrät das Bitcoin Netzwerk?

Das Braunkohlekraftwerk bei Weisweiler: So schön kann Umweltverschmutzung sein. Bild von Lars Döbler via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Oder: wie teuer ist eine Transaktion wirklich? Umweltschützer kritisieren schon länger, dass das Bitcoin-Konzept Anreize gibt, die Umwelt mit sinnloser Rechenarbeit zu belasten. Und da Strom nicht umsonst zu haben ist, geht die Umweltverschmutzung einher mit Kosten, die das Netzwerk verursacht. Aber wie viel Strom verbrennt der Bitcoin wirklich? Eine kurze Einführung ins Thema, diverse Milchmädchen-Rechnungen und ein Ausblick auf die Zukunft.

Dass der Bitcoin nicht gerade umweltfreundlich ist, wurde eventuell schon mal gesagt. Aber warum nochmal genau? Der Grund liegt in PoW, was „Proof-of-Work“ bedeutet und meint, dass die Miner sich das Recht erarbeiten müssen, Blöcke zu finden und Transaktionen zu verifizieren. Das dahinterstehende Prinzip ist genial, es hat jedoch einen Haken: Sie führt zu einer Art Wettrüsten der Miner, und das resultiert in immer höheren Stromkosten für deren Mining-Maschinen.

Also: wie hoch ist der Strombedarf des Bitcoins derzeit?

Man kann im ganz groben überschlagen, wie viel Strom das Bitcoin-Netzwerk frisst. Die erste Variable, die wir dazu brauchen, ist die Hashrate des Netzwerkes. Laut blockchain.info beträgt diese derzeit rund 250.000.000 Gigahash.

Die zweite Variable ist der Stromverbrauch je Gigahash. Das ist schon etwas schwieriger. Der Antminer S4 wirbt damit, mit 0,69 Watt je Gigahash auszukommen; KnC behauptet, der neue Neptune würde 0,57 Watt / GH benötigen; und der Titanium 2 von Asic-Mining-Technologies braucht angeblich nur 0,37 Watt (BITTE: Solche Angaben NIEMALS als Empfehlung für irgendetwas verwenden! Ich weiß nicht mal, ob diese Miner überhaupt wirklich existieren). Die optimistische Rechnung geht also von 0,5 Watt/Gigahash aus, die pessimistische von 0,8 Watt / Gigahash.

Wenn wir diese zwei Variablen verschmelzen, kommen wir also dazu, dass das Bitcoin-Netzwerk entweder

125.000.000 Watt (optimistisch) oder

200.000.000 Watt (pessimistisch) verbraucht.

Also: 1250.000 / 200.000 Kilowatt oder 125 / 200 Megawatt. Damit wären wir bei einem täglichen Verbrauch von 3,0 / 4,8 Millionen Kilowattstunden (3000 / 4800 Megawattstunden) am Tag bzw. 1,095 / 1,752 Milliarden Kilowattstunden im Jahr (1095 / 1752 Gigawattstunden).

Das ist nicht wenig – aber wie viel genau?

Um diese Zahlen in Relation zu setzen, können wir sie mit dem Strombedarf von Städten vergleichen. Laut Statistik verbrät ein Durchschnitts-Osnabrücker 2190 Kilowattstunden im Jahr, während ein sparsamer Rostocker nur 1420 Kilowattstunden verbraucht.

Der Strombedarf des Netzwerkes entspräche damit einer Stadt mit 500.000 bzw. 800.000 Osnabrückern oder 771.000 bzw. 1,2 Millionen Rostockern. Wow.

Wenn ein durchschnittliches Atomkraftwerk eine Leistung von 1200 Megawatt aufweist, benötigt der Bitcoin etwa ein Fünftel bis ein Zehntel von dessen Leistung. Bei einem Windrad mit einer Leistung von 2-3 Megawatt bräuchte man 40 bis 100 Windräder. Offshore sind Windkrafträder mit 5 MW etwas effektiver, so dass man nur noch 25 bis 50 Windräder bräuchte. Große Braunkohlekraftwerke produzieren etwa 3000 Megawatt, so dass der Bitcoin die Leistung von 1/24 bzw. 1/15 solcher Kraftwerke benötigte.

Wir können diese Werte auch in Euro umrechnen. Bei deutschen Energiekosten von etwa 25 cent je Kilowattstunde würde das Bitcoin-Netzwerk 31.250 / 50.000 Euro je Stunde, 750.000 / 1.200.000 je Tag und 273 / 438 Millionen Euro je Jahr kosten. Da Deutschland knapp vor dem Weltmeistertitel in Sachen Strompreise steht, wiederholen wir diese Rechnung nochmals mit Strompreise von 10 cent je Kilowattstunde (so etwa in Bulgarien oder Island). Damit wären wir bei 12.500/20.000 Euro je Stunde, 360.000 / 480.000 Euro je Tag und 131 / 175 Millionen Euro je Jahr.

Wenn wir diese Werte in einem nächsten Schritt auf die tägliche Anzahl von Transaktionen umlegen, kommen wir zu den Kosten je Transaktion. Bei etwa 70.000 Transaktionen am Tag kostet eine Transaktion also mindestens 5,14 Euro und höchstens 17,14 Euro. Sie ist also relativ teuer.

Kann das nachhaltig sein?

Nun ja, das ist die schwierige Frage. Auf den ersten Blick wäre die Antwort wohl klar: Ein Netzwerk, das mehr als 5 Euro an Energie benötigt, um eine Transaktion abzuwickeln, kann gar nicht nachhaltig sein. Dazu gleich mehr. Zunächst vergleichen wir diese Kosten mit dem Verdienst der Miner. Diese generieren täglich gut 4.000 Bitcoins. Wenn jeder davon 300 Euro wert ist, könnte das Netzwerk sogar mit einer pessimistischen Rechnung zu deutschen Stromkosten laufen. Mit bulgarischen Strompreisen und einem optimistischen Watt/GH-Verhältnis könnte das Netzwerk sogar mit einem Preis von 90 Euro je Bitcoin funktionieren. Die Anreize für die Miner sind also in Ordnung. Man kann den maximalen Stromverbrauch des Netzwerkes auf diese Weise berechnen: Einfach die Anzahl erzeugter Bitcoins je Tag mit ihrem Preis multiplizieren und ausrechnen, wieviel Strom man damit kaufen kann. Bei bulgarischen Strompreisen und beim derzeitigen Preis wäre somit auch eine Hashrate von etwa einer Million Gigahash der Grenzwert der Rentabilität (ohne Anschaffungskosten für Miner).

Dass beim Mining eine Menge Energie verschleudert wird, dürfte sich nach dem gesagten von selbst ergeben. Gegen den Vorwurf der sinnlosen Umweltverschmutzung sprechen allerdings zwei Punkte:

1.) Das Bitcoin-Netzwerk ist beliebig skalierbar. Wie Kernentwickler Gavin Andreesen vor kurzem schrieb, könnte es auch langfristig mehrere Milliarden Transaktionen je Tag bewältigen. Der Stromverbrauch müsste dabei nicht steigen, er könnte sogar sinken (bzw. muss es dank des abnehmenden Rewards sogar zwingend). Wenn wir von einer Milliarden Transaktionen je Tag ausgehen, kostet eine davon weniger als 0,1 cent bzw. 0,12 cent. Verglichen mit den Stromkosten für Bankfilialen, Geldautomaten, Kreditkartenfirmen etc. dürfte der Bitcoin so sogar zu einem sehr nachhaltigen Zahlungsnetzwerk werden.

2.) Die Abwärme. Asic-Miner wandeln beinah die komplette Energie, die in sie hineingesteckt wird, in Hitze um. Das bedeutet, sie sind sozusagen eine Elektroheizung. Bei den meisten Mining-Farmen wird dies noch als Fehler gehandhabt, den man durch (ebenfalls energieaufwändige) Belüftungssysteme ausgleicht. Eine Alternative wäre es jedoch, die Asics als Heizung zu verwenden. Zum Teil geschieht dies bereits, etwa bei Genesis-Mining, die, wie Felix Vögele schreibt, bereits rumänische Schulen mit Asic-Wärme beheizen. Für den Haushalt sind Elektroheizungen in der Regel zwar eine teure Alternative zu Gas oder Öl, aber das Restprodukt Wärme hat dennoch einen Nutzen. Wenn wir noch die Problematik der Elektromobilität hinzudenken, dass E-Autos künftig im Winter die Wärme elektronisch erzeugen müssen, die bisher vom Motor als Abfallprodukt in die Kabine gepumpt wurde, stoßen wir langfristig auf interessante Anwendungen.

Trotzdem: Gibt es Alternativen zum Mining?

Nicht überzeugt? Dann sollten Sie vielleicht über Alternativen zu PoW nachdenken. Proof-of-Stake (PoS) etwa nutzt nicht das Mining, sondern den Besitz von Coins als Mittel der Verifikation. Der Pionier des Proof-of-Stake ist der Peercoin. Ein wichtiger PoS-Altcoin ist der Blackcoin. Und schließlich gibt es noch den Gridcoin, der vor wenigen Tagen sein Proof-of-Research vorgestellt hat: Er kombiniert Proof-of-Stake mit einer Methode, die Erzeugung von Coins an einen Beitrag zum wissenschaftlichem Cloud-Computing zu knüpfen. Aber zu diesem aufregenden Altcoin bald mehr, versprochen.

Disclaimer: Der Autor ist weder Experte für das Bitcoin-Mining noch für Elektrizität. Falls sich die hier vorgestellten Zahlen als grober Unsinn herausstellen sollten, bittet er darum, dies bekanntzumachen – gerne auch als Kommentar unter dem Artikel.

 

 

 

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