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Der wahre Effekt des Bitcoin-Halvings

Chartleserei ist Kaffeesatzleserei? Vermutlich schon. Dennoch fällt auf, dass die naheliegenden Charts vollkommen unbeeindruckt vom Halving geblieben sind. Wenn man etwas tiefer geht, findet man jedoch einen mächtigen Effekt: Bitcoin-Transaktionen waren niemals günstiger als heute.

Das Bitcoin-Halving hat am 9. Juli die Belohnung, die die Miner je Block erhalten, halbiert. Damit wurde sowohl der Ertrag, den die Miner erwirtschaften, als auch das Angebot frischer Bitcoins, das täglich auf den Börsen aufschlägt, drastisch reduziert. Wenn man sich die einschlägigen Charts anschaut, findet man aber erstaunlich wenig Folgen dieses ökonomischen Ereignisses.

Der Bitcoin-Kursverlauf im 30-Tages-Chart. Quelle: Bitcoin.de

Wie hier zu sehen ist, hat sich der Kurs seit dem Halving nur sehr milde veränder. Ok, von 597 auf 615, das sind Schwankungen von 3-4 Prozent im Verlauf von zwei Wochen, was viel für große Weltwährungen sein mag, aber wenig für Bitcoin nach einem Ereignis wie dem Halving.

Wenn also der Preis je Bitcoin stabil geblieben ist, aber die Miner alle zehn Minuten nur noch 12,5 anstatt 25 Bitcoin bekommen – dann lohnt sich das Mining nicht mehr, oder? Ist es dann nicht zu erwarten, dass zahlreiche Miner ihre Hardware ausschalten, weil der Ertrag nicht mehr die Stromkosten ausmerzt? Schauen wir uns die Hashrate an. Diese Kurve zeigt die Gesamtzahl an „Hashes“ – also potenzieller Lösungen der kryptographischen Rätsel – die die Miner je Sekunde einreichen.

Die Rate der Hashes je Sekunde im 180-Tages-Chart. Vom Halving ist nicht viel zu sehen.

Wenn man nicht wüßte, dass es das Halving gegeben hat – aus der Hashrate der Miner ließe es sich nicht ablesen. Von einem Exodus der Miner, von einem massenhaften Abschalten von Hardware ist nichts zu sehen.

Sowohl der eine als auch der andere Chart lassen nur einen Schluss zu: Märkte wie auch Miner waren außerordentlich gut auf das Halving vorbereitet. Die Investoren und Holder haben bereits vor dem Halving dessen Effekt eingerechnet und übermäßig viel investiert, um die Verknappung des Angebots vorwegzunehmen, und die Miner haben womöglich schon sukzessive Teile ihrer Erträge von den Börsen ferngehalten, um sich besser auf das Halving einzustellen.

Das Halving wird so zu einem leuchtendes Beispiel dafür, dass Märkte in der Lage sind, auch die einschneidendsten und disruptivsten Ereignisse problemlos abzufedern. Sofern diese Ereignisse berechenbar sind. Ich glaube nicht, dass es in der Geschichte der Wirtschaftswissenschaften jemals ein Experiment gab, dass die Bedeutung der Vorausberechenbarkeit von monetäre Schocks besser zum Ausdruck brachte als das Halving.

Gibt es also keinerlei Konsequenzen aus dem Halving? Hat sich das Bitcoin-Ökosystem dadurch in keinster Weise verändert? Nicht ganz. Um die wahren Folgen zu erkennen, müssen wir ein paar Schritte weitergehen.

Fragen wir es mal so: Was ist Bitcoin? Ein System, das Transaktionen prozessiert und die Miner für die Verifizierung von Transaktionen belohnt. Wenn die Belohnung der Miner sinkt, dann sinken auch die Kosten, die das gesamte System für die Prozessierung von Transaktionen bezahlt. Schauen wir uns zunächst einmal die gesamte Belohnung an, die die Miner, in Dollar, erhalten:

Endlich! In diesem Chart ist das Halving überdeutlich zu erkennen. Der Chart zeigt den täglichen Dollar-Ertrag der Miner im Verlauf eines Jahres. Wie offenkundig zu sehen ist, ist der Ertrag vor kurzem drastisch eingebrochen. Allerdings – und dies verdeutlicht vielleicht, warum das Halving keine Apokalypse ausgelöst hat – ist der Ertrag mit täglich gut einer Million Dollar etwa auf dem Stand von Ende Oktober / Anfang November 2015: Ein Stückchen höher als im Sommer des vergangenen Jahres, und deutlich tiefer als das gesamte bisherige Jahr 2016 hindurch.

Wenn wir diesen Chart schließlich auf das Transaktionsvolumen übertragen, kommen wir zu der Kurve, die meiner Meinung nach die höchste Aussagekraft hinsichtlich der „Gesundheit“ des Bitcoin-Systems hat: Die Summe, die das Ökosystem je Transaktion bezahlt.

Danke, blockchain.info.

Dieser Chart teilt den sich aus Belohnung und Gebühren zusammensetzenden täglichen Ertrag der Miner durch die Anzahl der täglichen Transaktionen. Er stellt die objektiven Kosten dar, die das Ökosystem entweder durch Gebühren oder durch die Generierung neuer Bitcoins für die Dienstleistung, Transaktionen zu prozessieren, verlangt. Wie deutlich zu erkennen ist, sind diese Kosten von vormals rund 10 Dollar auf 6 Dollar gesunken und stehen auf dem tiefste Stand des Jahres 2016. Es war in diesem Jahr niemals günstiger, Bitcoins zu benutzen, als nach dem Halving.

Was dieser Chart auch zeigt, ist, dass sich kurz vor dem Halving eine Art Blase aufgebaut hat, die durch das Halving mehr als ausgemerzt wurde. Wenn wir uns nun die Entwicklung der Transaktionskosten langfristig anschauen, sticht eine kaum übersehbare Korrelation zwischen Preis und Kosten je Transaktion ins Auge.

In jeder Blase – ob 2011 oder 2013 – steigen die Kosten je Transaktion auf ein bei weitem überdurchschnittliches Ausmaß. So waren auf dem Höhepunkt der Blase von 2013/14 60 Dollar je Transaktion ganz normal. Der Abbau einer Blase kann so auch als eine Anpassung des Preises je Transaktion verstanden werden. Seit Mitte 2013 scheint sich der Preis je Transaktion auf ein relativ stabiles Plateau von 8-10 Dollar einzupenden. Werte, die darüber liegen, zeigen eine Blase an, während Werte, die darunter liegen, ein Vorbote eines Anstiegs des Preises sein können.

Warum aber lag das „stabile“ Plateau 2012 mit 1-2 Dollar so viel tiefer? Zum einen könnte man antworten, dass auf den Marktpreis Ende 2012 ein bisher einzigartiger Anstieg des Preises erfolgte (nämlich von 10 auf dauerhaft mehr als 500 Dollar) und dieses Plateau dementsprechend eine massive Unterbewertung zum Ausdruck brachte. Zum anderen – und das dürfte wichtiger sein – kommt es nicht nur auf die Anzahl von Transaktionen an, sondern auch auf deren Volumen. Prinzipiell kann man mit einem einzigen Bitcoin hunderttausende von Transaktionen am Tag versenden. Einen Einfluss auf den Preis hat die Anzahl von Tranaktionen aber erst, wenn wir das Volumen dazurechnen.

Für diese Berechnung liefert Blockchain.info einen unendlich wertvollen Chart: Die Kosten der Transaktionen ausgedrückt in Relation zum Volumen in Dollar. Mit anderen Worten: der Prozentsatz an Gebühren, den das Bitcoin-Netzwerk für Transaktionen verlangt. Mit diesem Wert können wir das gesamte Netzwerk direkt mit Kreditkarten, PayPal etc. vergleichen.

 

Wie hier zu sehen ist, bewegt sich der Preis zwischen 0,8 und 2 Prozent. Zwar können Tage mit ungewöhnlich großem und ungewöhnlich kleinem Transaktionsvolumen Ausreisser in beide Richtungen hervorrufen, doch die generelle Tendenz zeigt klar, dass die relativen Transaktionskosten von Bitcoin durchaus mit Kreditkarten konkurrieren können. Das Halving hat den relativen Preis auf Werte von 0,8-0,9 Prozent gedrückt, wo er seitdem über den längsten Zeitraum verharrt, der im letzten Jahr zu beobachten war.

Wenn wir diesen Chart auf zwei Jahre ausdehnen, wiederholt sich das Muster der bereits erwähnten Bildung und Rückbildung von Blasen:

Auch wenn es schwierig ist, aus Kurven und Charts ernstzunehmende Begründungen herauszuarbeiten, sticht die Korrelation zwischen überteuerten Transaktionskosten und dem Aufkommen einer Blase erneut ins Auge. Noch im Spätsommer 2014 verschlangen Transaktionen 5 Prozent des Volumens. Der Abbau dieser Kosten geht mit dem Abbau der Blase und dem Finden eines Plateaus zwischen 1 und 1,5 Prozent einher. Während der Preis dann im Spätsommer 2015 weitgehend stabil war, sackten die relativen Kosten je Transaktion weiter ab. Kurz darauf begann der Preis zu steigen.

Die Betrachtung dieses Charts seit Anfang der Aufzeichnung verursacht bei Blockchain.info gewisse Probleme. Denn das geringe bis vernachlässigbare Dollar-Volumen von Transaktionen in den Jahren 2009/2010 lässt den Wert für diese Jahre mitunter auf mehr als 1000 Prozent anschwellen, wodurch eine optische Begutachtung des Charts vollkommen unmöglich wird. Lediglich eine exponentielle Darstellung – die blockchain.info zum Glück erlaubt – kann aussagekräftig sein. Und sie ist es:

Auch wenn die Kurve ihres exponentiellen Charakters wegen schwer Aussagen im Detail zulässt, ist ein Trend offensichtlich: Bitcoin-Transaktionen werden, in Relation zu ihrem Volumen, immer günstiger. Die „geringen“ Gebühren von 1-2 Dollar im Jahr 2012 zeigen sich in dieser Perspektive als mit 5% äußerst teuer und auf demselben Niveau wie während der großen Blase 2013/14.

Interessanterweise ist auf dieser Kurve auf das erste Halving, das Anfang 2013 den Ertrag der Miner je Block von 50 auf 25 Bitcoin senkte, zu sehen. Es drückt die relativen Transaktionsgebühren von etwa 4 auf unter 2 Prozent. Das Halving in diesem Jahr hat die Gebühren nun von etwa 1,2 auf 0,6 Prozent gesenkt. Bitcoin ist damit, relativ gesehen, so günstig wie noch nie. Und das ist vielleicht die wichtigste Folge des Halvings.

 

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