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Die tausend Feinde von Bitcoin

Storm Troopers. Bild von Sonny Abesamis via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Geht’s noch? Der Zank um die SegWit2x-Hardfork erreichte in der vergangenen Woche einen peinlichen Höhepunkt: Blockstream-CEO Adam Back erklärte alle Teilnehmer von SegWit2x zu Feinden von Bitcoin. Bitcoin.org zog prompt nach und drohte, all diese Firmen öffentlich anzuprangern, wenn sie es wagen, den SegWit2x-Coin Bitcoin zu nennen. Die Reaktion darauf fiel aber anders aus als erhofft …

In dem Klima, das die Online-Diskussion zu Bitcoin seit bald zwei Jahren beherrscht, passiert es rasch, dass man zum „Feind von Bitcoin“ erklärt wird.

Der Ablauf einer solchen Feindeserklärung ist recht trivial: Jemand mag deine Meinung nicht, ist aber zu faul, darauf mit sachlichen Argumenten zu reagieren. Also erklärt er die eigene Sicht der Dinge kurzerhand für den Kern des Bitcoin-Ethos. Das versetzt ihn in die vorteilhafte Lage, deine Meinung nicht länger mit Fakten widerlegen zu müssen, sondern dir öffentlichkeitswirksam die Anschuldigung an den Kopf werfen zu können, ein Feind von Bitcoin zu sein.

Du willst Bitcoin zentralisieren? Peng! Eine Hardfork gegen den Konsens vorantreiben? Das Lightning-Netzwerk verhindern? Die Core-Entwickler feuern? Peng! Peng! Peng! Feind Feind Feind!

Eigentlich geht eine solche Moralisiererei gegen alles, was Bitcoin darstellt – nämlich das Überkommen der kollektivistischen Herrschaft der Moral über das Geld. All jene, die mit Appellen an den Bitcoin-Ethos und Feindeserklärungen um sich werfen, versuchen, die kalte und harte Mechanik von Bitcoin der Moral zu unterwerfen. Aber das wird unter dem Nimbus der Rechtschaffenheit gerne übersehen.

In der Vergangenheit traf es bereits einige der ersten Bitcoin-Entwickler (Gavin Andresen, Mike Hearn), den größten Bitcoin-Miner (Jihan Wu) sowie den größten bekannten Bitcoin-Investor (Roger Ver). Von ihnen allen wurde und wird immer wieder gesagt, sie wollten Bitcoin kaputtmachen. Mike Hearn hat den „Bitcoin-Ethos“ wohl so sehr verletzt, dass selbst heute, eineinhalb Jahre nach seinem wütenden Abschied, daran erinnert wird, dass er ein Feind von Bitcoin ist.

In der vergangenen Woche zeigte sich, dass der Kreis der Bitcoin-Widersacher viel weiter reicht, als befürchtet. Er umfasst einen Großteil der aktiven Bitcoin-Wirtschaft und mehr als 90 Prozent der Miner. Der CEO von Blockstream, Adam Back, hat den folgenden Tweet vom Stapel gelassen:

Übersetzt: „Leute, die eine Übernahme von Bitcoin durch Unternehmen wollen, sind gegen den Bitcoin-Ethos und damit Anti-Bitcoin. Sie sind Feinde von Bitcoin.“

Das wird man doch mal sagen dürfen, oder? Hier geht es ums große Ganze, um Pro und Contra Bitcoin, um Freundschaft und Feindschaft. Wer wird da noch Zeit mit sachlichen, konstruktiven Diskussionen verlieren? Mit Feinden von Bitcoin kann – nein: darf! – man nicht verhandeln. Wir oder Sie!

Für Adam Back, der kraft Cypherpunk-Aura moralisch a priori auf der richtigen Seite steht, sind die folgenden Firmen nun also Feinde von Bitcoin:

1Hash, Abra, ANX, Bitangel, BitClub, Bitcoin.com, Bitex, bitFlyer, Bitfury, Bitmain, BitPay, BitPesa, BitOasis, Bitso, Bixin.com, Blockchain.info, Bloq, btc.com, BTCC, BTC.TOP, BTER.com, Circle, Civic, Coinbase, Coins.ph, CryptoFacilities, Decentral, Digital Currency Group, Filament, Genesis Global Trading, Genesis Mining, GoCoin, Grayscale Investments, Jaxx, Korbit, Luno, MONI, Netki, OB1, Purse, Ripio, Safaello, SFOX, ShapeShift, surBTC, Unocoin, Veem, ViaBTC, Xapo, Yours.

All diese Firmen haben das Abkommen von New York unterzeichnet. Keine Feinde dürften Bitwala, F2Pool, Vaultoro und Wayniloans sein. Diese Firmen haben das Abkommen zwar ebenfalls unterschrieben, mittlerweile aber aufgekündigt oder zumindest relativiert.

Es mag euch bisher entgangen sein, aber die gesamte Bitcoin-Wirtschaft wurde offenbar von Bitcoin-Feinden unterwandert. Von Leuten, die im Blocksize-Streit eine Lösung wollen, die beide Seiten zufriedenstellt, von Leuten, die nachhaltig onchain skalieren wollen, von Leuten, die mit vereinter Kraft eine Hardfork wagen wollen. Die größten Börsen, die größten Online-Wallets, die größten Payment-Provider, mehr als 90 Prozent der Hashrate – Feinde, Feinde, Feinde.

Eine der wichtigsten Bitcoin-Webseiten, Bitcoin.org, legte am Wochenende nochmal nach. Die Webseite kündigte an, SegWit2x öffentlich anzuprangern. Am 10. November wird Bitcoin.org auf jeder Seite einen Banner posten, der vor den Risiken von SegWit2x warnt und jede Firma, die hinter der Fork steht, namentlich denunziert. Um dem öffentlichen Prangern zu entgehen, müssen die Firmen geloben, den SegWit2x-Coin nicht als BTC oder als Bitcoin zu listen, SegWit2x nicht ohne Replay Protection zu benutzen und weiterhin den alten Bitcoin zu unterstützen. Unter der Ankündigung postet Bitcoin.org die oben genannte Liste von Firmen.

Die Ankündigung erwähnt noch einmal, dass Bitcoin nicht von Minern regiert wird und dass das Handeln von Minern keine Rechtfertigung ist, um Bitcoin neu zu definieren. Zum Beleg verlinkt Bitcoin.org auf einen Eintrag im Bitcoin-Wiki namens „Warum Bitcoin nicht von Minern regiert wird„. Dieser Artikel wurde von Theymos – der auch Besitzer von Bitcoin.org ist – Anfang August angelegt. Weiter erklärt Bitcoin.org, dass SegWit nichts, aber auch gar nichts, mit SegWit2x zu tun hat.

Um den genannten Firmen die Gelegenheit zu geben, dem öffentlichen Pranger zu entgehen, hat Bitcoin.org eine Seite auf github eingerichtet, auf der die Firmen bekannt geben können, dass sie nicht länger SegWit2x unterstützen. Die Reaktion auf diese Aufforderung fiel jedoch nicht ganz im Sinne von Bitcoin.org aus.

Anstelle von Kündigungen von SegWit2x gab es bislang nämlich lediglich Gesuche, in die Liste der Feinde von Bitcoin aufgenommen zu werden. So verlangte die größte thailändische Börse bx.in.th, zu den SegWit2x-Firmen gezählt zu werden, wie auch die Bitcoin-Implementierung GoCoin. Der Entwickler Piotr fand dabei relativ deutliche Worte:

Ich glaube wirklich, dass es am Ende des Tages die Miner sind, die das Protokoll kontrollieren. Es geht um die Sicherheit, und ich kann es euch mit wenigen, sehr einfachen Beispielen erklären, aber ich habe das Gefühl, dass ihr nichts darüber hören wollt. Egal … ich werde den Consensus-Teil von GoCoin so modifizieren, dass es ab Block 494.784 Blöcke bis zu 2MB erlaubt. Der Node wird den Zweig als aktiv betrachten, der mehr Proof of Work hat, ohne eine der beiden ‚Implementierungen‘ zu diskriminieren. Daher könnt ihr mich gerne einen Feind von Bitcoin nennen und mein Projekt in eure lustige Liste reinschreiben.

Nachdem noch Forked.net – ein Anbieter von Online-Servern -, der ATM-Provider Coinfucius und zahlreiche Individuen erklärten, bitte auch in die Liste einzugehen, hat Theymos den Thread geschlossen. Kann ja auch nicht sein, dass eine Liste, die eigentlich gegen SegWit2x gehen sollte, von den Supportern der Fork getrollt wird.

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