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Kidnapping und Kryptocoins: Ein neuer, bedrohlicher Trend?

Norwegen im Winter. Bild von Camilla via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Südafrica, Costa Rica und Norwegen: In diesen Ländern gab es vor kurzem Fälle von Kidnapping gegen Kryptocoins. Diese „Anwendung“ wird schon längers befürchtet und vorausgesagt. Nun mehren sich die Fälle, in denen sie eintritt. Erstmals verlangen die Erpresser dabei auch Monero.

Südafrika

Am 15. Dezember feierte Linathi Tisthala in Cape Town, Südafrika, ihren neunten Geburtstag bei ihrer Großmutter. Als sie am nächsten Tag nach Hause ging, nur zwei Häuser weiter, um ein Bad zu nehmen, kam sie niemals dort an. Einen Tag später ging bei der Anti-Crime-Seite und Facebook-Gruppe „Western Cape Gangwatch“ eine Nachricht ein:

“Möchtet ihr Linathi Titshala finden? Wenn ihr wollt, dass sie sicher zurückkehrt, bezahlt 5 Bitcoin an die folgende Adresse: 1Bk4TQzDXhxGgMwrXcaFhViSyoT9GLk2kN. Ihr habt 48 Stunden, wenn ihr in 48 Stunden nicht bezahlt, stellen wir die Kommunikation ein. Diese E-Mail wird in 12 Stunden gelöscht.“

Ein Sprecher der Gruppe erklärte, man würde versuchen, die Erpresser „durch den Bitcoin Code“ zu finden, befürchte aber, dass er eine E-Mail-Adresse benutzt habe, die er in einem Internet-Café erstellt habe. Man hoffe, dass die Erpresser realisieren, in welchen Umständen die Familie ist, und dass sie das Mädchen nicht für eine längere Zeit gefangen halten können. Nachdem Linathi weiterhin verschwunden ist, hat die Gruppe am 7. und 8 Januar begonnen, erneut nach ihr zu suchen.

Solche Entführungen sind in Südafrika keine Seltenheit. Laut den Statistiken von 2013/14 gab es 4.100 Entführungen in diesem Zeitraum. Alle fünf Stunden verschwindet ein Kind.

Dass die Erpresser dabei Bitcoin fordern, ist selten, aber häuft sich. Laut der Londoner Beratungsfirma Contro Risks gab es bereits in 12 Ländern Entführungen gegen Kryptowährungen, die Anzahl sei von zwei je Quartal in 2017 auf etwa einen Fall je Monat gestiegen. Bitcoins haben für Erpresser den Vorteil, dass man mit ihnen pseudonym Geld empfangen kann. Erst wenn man Bitcoins ausgibt oder tauscht, wird es möglich, die Identität des Besitzers zurückzuverfolgen. Akut dürfte eine Bitcoin-Zahlung daher zwar keine Rückschlüsse auf den Standort der Entführer geben – und damit auch nicht der Suche nach dem Opfer helfen –, doch die Chance, sie rückwirkend aufzuspüren, ist relativ groß.

Laut Guardian gab es in Südafrika bereits im Mai 2018 die erste Entführung gegen Bitcoins. Im September wurde ein Geschäftsmann gegen ein Lösegeld von 50 Bitcoins freigelassen. Im Dezember wurde ein bekannter Bitcoin-Trader eingelassen, um eine Präsentation zu halten, aber nach seiner Ankunft überwältigt und unter Folter gezwungen, sein Passwort und seine Bankdaten herauszugeben.

Dass so etwas in Südafrika, einem der gefährlichsten Länder der Welt, passiert, ist das eine. Allerdings haben sich vor kurzem auch zwei weitere Fälle in anderen Ländern ereignet.

Costa Rica

In Costa Rica, einem Staat in Mittelamerika, wurde im September der amerikanische Unternehmer William Sean Creighton Kopko, Besitzer einer Online-Glücksspiel-Plattform, entführt. Er war mit dem Auto nach Granadilla de Curridabat unterwegs, wurde aber von zwei beteiligten Beamten aus dem Verkehr gelotst und anschließend von den Entführern überwältigt.

Die Kidnapper verlangten eine Bitcoin-Zahlung im Gegenwert von etwa 950.000 Dollar. Nachdem die Familie von Kopko diese beglichen hatte, stellten sie die Kommunikation ein, während der Geschäftsmann weiterhin vermisst wird.

Allerdings gelang es der Polizei, die Entführer zu erwischen. Drei von ihnen setzten sich zunächst nach Kuba ab, um dann einen Monat später nach Spanien zu fliehen. In der Stadt Zaragosa nahm sie die spanische Polizei fest. Kurz danach durchsuchte die Polizei in Costa Rica ein Haus und verhaftete weitere neun Mitglieder der Gang. Wie es ihnen gelungen ist, die Verbrecher aufzuspüren, gab die Polizei nicht bekannt.

Costa Rica ist nicht Südafrika, aber es gibt dennoch Berichte von einer steigenden Kriminalität und Gewaltbereitschaft. Da Costa Rica eine relativ lebendige Kryptowährungs-Szene hat, ist Kidnappern hier schon seit längerem bekannt, dass ihnen Bitcoins nützlich sein können. Bereits im Januar gab es hier den ersten Fall weltweit, als Entführer 500.000 Dollar Lösegeld für die Freilassung eines Kanadiers verlangten.

Norwegen

Ein Ort, an dem man Entführungen auf den ersten Blick gar nicht vermuten würde, ist hingegen Norwegen. Hier wird seit dem 31. Oktober jedoch die 68-jährige Anne-Elisabeth Falkevik Hagen vermisst. Sie ist die Frau von Tom Hagen, Gründer der Strom- und Ölfirma Elkraft und einer der reichsten Einwohner Norwegen. Die dreifache Großmutter verschwand aus ihrem Haus in Fjellhamar, einem kleinen Dorf nahe Oslos.

Wie E24.no berichtet, ließen die Entführer am Tatort eine Nachricht in gebrochenem Norwedisch zurück, in der sie drohten, die Frau umzubringen, wenn ihr Mann die Polizei einschaltete. Zudem verlangen sie ein Lösegeld von 85,9 Millionen Norwegische Kronen, was knapp neun Millionen Euro entspricht.

Die Polizei ermittelt seit einigen Monaten im Geheimen mit Hilfe von Europol und Interpol. Bislang fand sie aber kein Lebenszeichen von der Entführten und kaum Hinweise zu den Entführern.

Das Besondere an diesem Fall ist gar nicht mal so sehr, dass er in einem der reichsten und sichersten Länder der Erde geschieht. Manche Leute erwarten schon lange, dass dies passiert. Denn die Regierung veröffentlicht jedes Jahr die sogenannten Skattelisten, die allgemeinen Steuerlisten. Es ist vollkommen transparent, wer wie viel verdient. Die Medien nutzen diese Listen, um über die reichsten Bürger des Lanndes zu berichten. Über Tom Hagen wurde auch schon ein Artikel geschrieben, der sogar – man glaubt es nicht – ein Bild des Hauses des Ehepaars zeigt und online stellt. Dem Artikel zufolge ist Hagen auf dem 172. Platz der Reichenliste in Norwegen; er hatte 2018 ein Vermögen von 1,8 Milliarden Kronen, was etwa 180 Millionen Euro sind.  Eine solche Transparenz von Vermögensverhältnissen lädt Kidnapper förmlich ein.

Das wirklich Besondere an dem norwegischen Fall ist, dass die Entführer keine Bitcoins verlangen, sondern Monero. Monero ist eine Kryptowährung, die dank Confidential Transactions und Ringsignaturen als beinah vollständig anonym gilt. E24.no schreibt, dies mache es unmöglich, zu wissen, wer wem wie viel sendet, was Monero attraktiv für Cyberkriminelle mache. Tatsächlich ist es bei Monero nicht nachvollziehbar, wohin Zahlungen gehen, weshalb die Erpresser die Monero nicht nur einnehmen können, ohne dabei erwischt zu werden, sondern sie auch danach ausgeben können, ohne sich dadurch erkenntlich zu zeigen.

Für Monero dürfte dies eher keine gute Nachricht sein. Ein Zyniker könnte meinen, dass nun die Nachfrage nach Monero steigt. Pragmatisch gesehen wird dies aber einer legalen Akzeptanz der Währung erheblich schaden, da Monero damit noch mehr in die Cyberkrime-Nische gedrängt wird.

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