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Aber Hallo!

Aber hallo! Diese Woche war was los. Der Kurs tanzt; der US-Senat beschäftigt sich mit dem Bitcoin; es geht um Regulierung und Anonymität: eine Firma will Adressen verzifizieren, ein Core-Developer bringt eine Bitcoin-Greenlist ins Gespräch. Die Szene ist entrüstet.

Womit soll man da anfangen?
Montags begann der Senat eine Anhörung zum Bitcoin.
Montag-Nacht explodierte der Kurs auf unerwartete 900 Dollar, setzte ein neues Allzeithoch – und stürzte ab. Manche Medien haben am nächsten Morgen allen Ernstes getitelt, der Bitcoin tue es wieder und crashe um 30 Prozent. Auf 600 Dollar Euro. Das ist natürlich … fürchterlich. Im ernst: Ist irgendjemand damit unzufrieden? Seitdem schwankt der Kurs zwar, geht aber tendenziell nach oben und liegt bei bitcoin.de schon wieder über 500 Euro.

Ein legitimes Finanzangebot

Der Grund für das Bläschen war wohl der US-Senat. Dorthin hat es der Bitcoin zum ersten Mal geschafft. Die Anhörung begann überraschend höflich. Thomas Carper eröffnete sie mit einem geschichtsbuchwürdigen Aphorismus: „Virtuelle Währungen, wohl vor allem der Bitcoin, reizen die Phantasie von manchen, streuen Furcht unter anderen und verwirren den Rest von uns fürchterlich.“
Das FBI schrieb den Senatoren, die virtuellen Währungen seien ein legitimes Finanzangebot, könnten aber durch maliziöse Aktoren ausgenutzt werden.
Der Vertreter des Justizministeriums, Mythili Raman, erklärte den Senatoren: „Wir erkennen, dass virtuelle Währungssysteme ein legitimes finanzielles Angebot sind und das Potenzial haben, den globalen Kommerz effektiver zu gestalten.“ Allerdings sagte er auch, er beobachte eine steigende Verwendung solcher Währungen durch Drogenhandel, Kinderpornographie und Betrug.
Ben Bernake, scheidender Chef der US-Notenbank, teilte den Senatoren schriftlich mit, virtuelle Währungen könnten „das langfristige Versprechen halten, vor allem, wenn die Innovation schnellere, sicherere und effizientere Zahlungssysteme voranbringen.“
Klingt bis jetzt positiver, als zu befürchten war.

Rote Listen

Regulation und Anonymität sind ein heißes Thema, das in der Bitcoin-Szene schon lange schwelt. Jetzt scheint es aber, als erreiche die Debatte einen Höhepunkt.

Der Stand der Dinge ist derzeit der, dass man zwar jeder Spur einer Transaktion endlos folgen kann, etwa auf blockchain.info, es aber unbekannt ist, wem die Adressen gehören. Dies ist keine vollkommene Anonymität, aber eine dank einiger Hilfsmittel funktionable Pseudoanonymität, die nicht nur die Behörden beunruhigt.

Die Bitcoin-Szene ist in dieser Hinsicht zwiegespalten: Für die einen ist Anonymität das Herz des Bitcoins, für die anderen ein Faktor, der kriminelle Energien weckt und daran hindert, mit dem Staat zu kooperieren.

Mike Hearns etwa. Der Sicherheitsingenieur von google ist im Kern-Entwicklungsteam des Bitcoins. Er rief im geschlossenen Forum der Bitcoin Foundation dazu auf, Bitcoins zu tracken oder zu bemalen. Sein Vorstoß kam diese Woche an die Öffentlichkeit.
Die Idee: Eine Redlist markiert kriminelle Zahlungseingänge und aktualisiert laufend, wohin sie überwiesen werden. Die befleckten Bitcoins können weiterhin verwendet werden, aber beispielsweise könnte das Wallet anzeigen, wenn man einen schmutzigen Bitcoin empfängt.
Hearns begründete seinen Vorstoß auch mit dem Kryptolocker (siehe dazu den letzten Newsrückblick). Das Verhältnis von Risiko und Belohnung sei mit diesem Virus außer aller Proportion. Dank Tor und Bitcoin benötige man einen gewaltigen Aufwand, um die Erpresser aufzuspüren, während die Schwierigkeit, einen solchen Virus zu generieren, relativ klein sei.

Die Reaktion darauf fiel, wie nicht anders zu erwarten war, harsch aus. Mike Hearns erntete etwa das, was man gerne Shitstorm nennt. Sein Vorschlag wurde beschimpft, verspottet und abgelehnt. Gregory Maxwell, ebenfals Core Developer, erklärte es so: „… sie scheren sich nicht um eines der Prinzipien, das den Bitcoin zu einem wertvollen Beitrag für die Welt macht.“ Darüberhinaus zerstöre Hearns Idee die „Fungitabilität“ des Bitcoins. Bedeutet: dass einer exakt so viel wert ist wie der andere. Das ist eine Grundeigenschaft von Geld, die durch beschmutzte Coins untergraben würde.

Tatsächlich stellt sich bei Hearns Vorstoß auch die Frage, was geschehen würde, wenn man Bargeld auf eine Redlist setzen würde – gäbe es dann überhaupt noch saubere Scheine?

Grüne Listen

Eine ähnliche Taktik in grün verfolgt Coin Validation.
Die Firma möchte aber nicht die Coins, sondern die Adressen bemalen. Sie erklärt, sie wolle den US-amerikanischen Bitcoin-Unternehmen helfen, sich an die regulatorischen Bedingungen anzupassen und zu verhindern, dass Behörden ihre Konten einfrieren und beschlagnahmen. Gemeinsam mit den Behörden arbeitet Coin Validation Richtlinien für die Zulassung von Bitcoin-Unternehmen aus, analog zu denen, die Unternehmen einzuhalten haben, um Kreditkarten zu akzeptieren.
Außerdem will Coin Validation eine Bitcoin Greenlist aufbauen: Eine Datenbank von Bitcoin-Adressen, die mit der Identität ihrer Inhabern verknüpft wird. Kurz: Benutzer können freiwillig auf die Anonymität der Bitcoins auf einer Adresse verzichten, um Vertrauenswürdigkeit und Rechtssicherheit zu gewinnen. Der Plan ist, dass andere Unternehmen nur noch weiße Coins annehmen können, um ein Zertifikat oder eine Zulassung zu erhalten. Coin Validation arbeitet bereits mit den Behörden zusammen.

Auch dieser Vorstoß fand eher ablehnende Reaktionen. Für viele wurde der Bitcoin ausschließlich dafür gemacht, um der Beobachtungswut des Staates zu entfliehen. Nicht nur der westlichen Staaten. Auch der aller Diktaturen dieser Welt.

Grenzen der Freiheit?

Letztendlich geht es um Freiheit und Überwachung. Die politische Haltung hinter dem Bitcoin ist vom Liberalismus des Silicon Valley geprägt und lehnt jede Art des Staatseingriffs ab. Es geht aber auch darum, wo die Grenzen der Freiheit liegen.

Es ist nicht schön, zu sehen, dass es kaum eine Möglichkeit gibt, die Erpresser hinter dem Kryptolocker aufzuspüren. Verbrechen ohne Risiko ist schwer zu tolerieren.

Es scheint aber, als stehen die US-Behörden dem Bitcoin nicht feindlich gegenüber. Zwar werden manchmal Konten gesperrt und konfisziert, aber den Boom, der derzeit stattfindet, unterdrücken sie offensichtlich nicht. Die Statements der Behörden zeigen, dass keinerlei Interesse daran besteht, die Innovation der virtuellen Währungen abzuwürgen. Sie suchen aber nach einem Weg, mit ihrer Existenz umzugehen. Neuland eben.

Was es sonst noch zu wissen gibt

Vor all dem Regulierungs-Gedöns wollen wir Ihnen nicht verheimlich, dass die Bitcoin-Adaption mit Riesenschritten vorangeht. Ein paar Beispiele:

Ein kanadisches Bergbau-Unternehmen bezahlt Wolfram-Schürfer mittlerweile in Bitcoins.

Grabo, der größe bulgarische Online-Supermarkt, akzeptiert nun auch Bitcoins.

Die größte private Hochschule in Zypern akzeptiert auch Bitcoins als Studiengebühr. Sie will zudem das Fach „virtuelle Währungen“ anbieten.

Der zweite Bitcoin-Automat steht in … Istanbul! Die Travelbox wurde am Flughafen angebracht. Geplant sind Travelboxen im Inland und in zwanzig weiteren Flughäfen.

In China kann man für Bitcoins bereits Immobilien erwerben.

„Super interessante“, das einflussreichste brasilianische Wissenschaftsmagazin, hat eine Bitcoin-Paywall eingerichtet.

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