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OneCoin: Riesen Gefahr oder super Chance?

Money von thethreesisters via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

[Update: 08.12.2015] Wegen einer Abmahnung des Anwalts von OneCoin darf ich jetzt ein paar Sachen über OneCoin nicht mehr schreiben. Das ändert aber nichts an meiner Meinung, dass OneCoin mit höchster Vorsicht zu genießen ist. Die Unterlassungserklärung wurde nur unterschrieben, weil ich in der Tat ein paar Sachen unglücklich und damit evtl. rechtlich angreifbar formuliert hatte. Diese Passagen habe ich nun aus dem Artikel herausgenommen. Jeder mache sich bitte selbst einen Reim aus der Geschichte.

Der OneCoin boomt gerade. Seine Anhänger bewerben ihn als beinah zwingenden Nachfolger des Bitcoins. Leute, die sich mit Kryptowährungen auskennen, bezweifeln dagegen, dass es den OneCoin überhaupt gibt. In diesem Artikel erfahren Sie die wichtigsten Infos zu OneCoin.

Der folgende Artikel widmet sich in relativer Tiefe dem OneCoin. Falls Sie Rat suchen, ob Sie dem Investment-Rat eines Bekannten folgen sollen oder nicht, finden Sie in diesem Artikel eine kurze und knackige Antwort.

[Update: 28. Juni 2016] Wie Heise berichtet, hat mittlerweile die BaFin die Untersuchung von OneCoin aufgenommen. Laut BehindMLM ermitteln auch bereits chinesische Behörden; drei chinesische Investoren seien verhaftet worden. news.bitcoincom hingegen zeigt in einem langen Artikel, weshalb OneCoin ein – nun ja, lest selbst – ist. In jedem Fall wird davor gewarnt. Entsprechend der Kommentardichte hier scheint das OneCoin-Fieber mittlerweile bereits nachzulassen. Stattdessen tritt der Swisscoin an, Nachfolger von OneCoin zu werden. Zumindest spricht die Werbung in den Kommentaren dafür.

Falls Sie, lieber Leser, hierhergekommen sind, um Swisscoin oder ein ähnliches System zu bewerben – lassen Sie es. Ich werde jeden Ref-Link löschen. Danke. Und los:
 

Wer wünschte sich nicht, schon 2009 Bitcoin gemined zu haben? „2008 begann die Erfolgsstory dieser Cyberwährung. Innerhalb von 5 Jahren stieg der Wert des BitCoin von damals 10 US-Cent auf über 1000 US-Dollar in 2013. Viele haben damals über den BitCoin gelacht und nur ca. 380 deutsche Haushalte haben hierin investiert,“ schreibt Lukas Klotz auf seiner Webseite one-coins.com. Klotz ist „unabhängiger Partner“ von Onecoin. Er bekommt eine Provision, wenn sich Leute über seine Links bei OneCoin anmelden. Sein Absatz über den Bitcoin mündet daher natürlich auch bei OneCoin:  „Vor einigen Monaten nun hat der OneCoin das Parkett betreten. OneCoin avanciert gerade dazu, die nächste große Kryptowährung zu werden – und das in einem atemberaubenden Tempo!“

Onecoin ist anscheinend einer der am steilsten aufsteigenden Sterne am Kryptohimmel 2015. Laut eigener Aussage der Webseite OneCoin.eu begeistern sich bereits über 740.000 Nutzer für den OneCoin. Bei einem Preis von mehr als 3,35 Euro je OneCoin wären die aktuell verfügbaren knapp 441.400.000 OneCoins schon fast 1,5 Milliarden Euro wert. Alle Angaben, auch die weiteren im Artikel, beziehen sich auf das Datum 08. Dezember 2015.

Allerdings kann wohl nicht von einem ernstzunehmenden Preis des OneCoin gesprochen werden. Denn die OneCoins sind derzeit nicht frei handelbar, sondern so wie es sich mir darstellt nur von Mitgliedern auf der Webseite OneCoin.eu. Die Kontrolle über die Preisfindung obliegt daher vermutlich in erster Linie OneCoin. Zwar sind z.B. Kursmanipulationen auch bei anderen Kryptowährungen wie dem Bitcoin möglich, aber durch die große Anzahl von Börsen und Handelsplätzen ist eine Manipulation bei klassischen Kryptowährungen vergleichsweise schwer. Dass OneCoin und seine Anhänger dennoch mit dem Preis werben, sollte als Warnsignal verstanden werden. Coinmarketcap, die Referenzseite für den Wert verschiedener Kryptowährungen, führt OneCoin gar nicht. Ich habe nur eine einzige, unbedeutende Webseite im heftigen Beta-Modus gefunden, xcoinx, die OneCoin listet. Und dort als zweitwertvollste Währung nach dem Bitcoin.

Für Menschen, die sich mit Kryptowährung auskennen, ist sowieso verwirrend, wo bei OneCoin nun die Coins sind und was der Zweck dieser Kryptowährung sein soll. Kein einsehbarer Quellcode wie die OneCoins entstehen, keine als Software installierbaren Wallets für den eigenen PC und kein Mining auf dem eigenen Rechner. Es fehlen also all die Dinge, die gewöhnlich eine Kryptowährung ausmachen.

Was ist also das Produkt?

Fast alles spielt sich bei OneCoin augenscheinlich auf der Webseite OneCoin.eu ab. Mit dem sogenannten Rookie-Account darf man einige Tage zuschauen. Wer sich eines der vielen Pakete, die bis zu 18.000 Euro kosten, kauft – Bezahlung per PayPal oder Kreditkarte – darf mitmachen. Er kann OneCoins minen, an andere OneCoiner verkaufen oder gegen Aurum tauschen. Aurum sind laut eigener Angabe mit Gold gedeckte virtuelle Münzen. Auf bitcointalk wurden sie schon oft und vor langem als….(na ja, lest am besten selbst)…bezeichnet.

Vor allem aber bekommt der Käufer eines OneCoin-Pakets eine Provision in Form von sogenannten Tokens, wenn er neue OneCoiner wirbt. Je mehr Leute man davon überzeugt, dass OneCoin der nächste Bitcoin ist, desto mehr OneCoins kann man minen. Aus meiner Sicht 100%iges Multi-Level-Marketing mit allem Drum und Dran.

Einen freien, börslichen Handel, wie bei klassischen Kryptowährungen von Anfang an üblich, soll es vermutlich mit OneCoins erst dann geben, wenn eine bestimmte Menge von ihnen gemined ist. Das soll anscheinend ca. Ende 2016 der Fall sein. Diesen Entzug von Kontrolle über das, was eigentlich ihr Eigentum sein sollte, preisen OneCoin-Fans mitunter tatsächlich als Vorteil.

Soso.

Immer ein Lächeln im Gesicht

Geschäftsführerin und Gesicht von OneCoin ist Frau Dr. Ruja Ignatova. Die bulgarische Geschäftsfrau ist eine glamoröse Person, gerne im roten Kleid mit großem Ausschnitt, mit langen, schwarzen Haaren, ein Lächeln im Gesicht. Ignatova ist laut eigener Angaben in Sofia aufgewachsen und mit ihren Eltern nach Deutschland gezogen, wo sie die neunte und zehnte Klasse wegen überragender Leistungen überspringen durfte. Sie hat in Oxford einen Master in Jura gemacht und anschließend für Firmen wie die Deutsche Bank oder McKinseys gearbeitet. 2012 und 2014 erhielt sie in Bulgarien einen Titel als Unternehmerin des Jahres.

Diesen Titel würden ihr die Bürger von Waltenhofen sicherlich nicht verleihen. Dort hat man Frau Dr. Ignatova augenscheinlich in keiner guter Erinnerung.

Wieviel von all dem stimmt ist schwer zu sagen. Ignatova präsentiert Dinge gerne in einem bestimmten Licht. Zum Beispiel hat OneCoin einige Zeit damit geworben, dass Frau Dr. Ignatova es auf das Forbes-Cover gebracht hat. Das „Interview“ mit der Forbes entpuppte sich laut BehindMLM allerdings bald eher als eine Art Werbeauflage.

In dem Interview erklärt Ignatova, was den OneCoin so besonders macht. Sie redet nicht von technischen Vorteilen, sondern vom Club. Von der OneAcademy, die Vertriebler schult, von den Netzwerken, von den Profiten. OneCoin ist wohl viel weniger eine Währung, sondern mehr ein Netzwerkvertriebsschema. Vielleicht steckt dahinter eine echte Kryptowährung, vielleicht auch nicht. Das eigentliche Produkt, so scheint es mir, ist derzeit wohl eher der Vertrieb.

Ideale? Geld!

Ein Vertriebler ist Lukas Klotz. Er behauptet von sich selbst zwar nicht, ein ausgemachter Profi in Sachen Kryptowährungen zu sein – lässt sich davon jedoch nicht abhalten, auf seiner Webseite den OneCoin in den höchsten Tönen zu loben. Neben Klotz gibt es noch zahlreiche andere Affilianten, die OneCoin anpreisen. Derzeit springt fast jeden Tag eine neue OneCoin-Webseite aus dem Nichts, die daran erinnert, wie hoch die Profite der ersten Bitcoiner waren – und versichert, dass OneCoin der nächste Bitcoin sei. Und damit Sie das auch ja mitkriegen, schalten mache sogar Werbung bei Google.

Dabei wird natürlich vermieden, allzu konkret Profite zu versprechen. Da OneCoin keinen festen Profit verspricht und man, da Kryptowährung mit wahnsinnigem Wertwachstumspotenzial, auch Gewinn machen kann, ohne weitere Teilnehmer anzuwerben, sei das Vertriebssystem von OneCoin rechtens, erklärt sinngemäß eine Hamburger Anwaltskanzlei, die unter anderem auf Netzwerkmarketing spezialisiert ist. Daher, schlussfolgert Klotz, ist OneCoin in Deutschland legal.

Zweifel, ob es sich bei OneCoin überhaupt um eine Kryptowährung handelt, erwidert er mit dem Gutachten einer anderen Anwaltskanzlei, die bestätigt, dass OneCoin eine Kryptowährung sei. Und schließlich seien da noch die Unternehmensprüfer von Semper Fortis, die regelmäßig Blockchain-Audits bei OneCoin durchführen.

Also doch alles gut?

Es gibt mehr rote Flaggen, als man aufzählen kann. In Finnland ermittelte die Polizei. Die Ermittlungen wurden laut Aussage des Rechtsanwalts von OneCoin am 04. November 2015 jedoch eingestellt – vorerst wie es scheint. Hintergrund dessen sei, dass das Minen der Coins solange „vor der Öffentlichkeit verdeckt erfolgt“ (sic!) bis 50% der Coins produziert seien. Weiter schreibt der Anwalt: „Sobald 70% der Währung produziert wurde, also der Quellcode des OneCoin virtuellen Geldes, auf welchem minen basiert, wird es der Öffentlichkeit offenbart„. Diesen Satz verstehe wer will. Vermutlich soll das heißen, dass der Quellcode erst veröffentlicht wird, wenn 70% der OneCoins produziert wurden. Der Quellcode soll auf jeden Fall frühestens Ende 2016 bekanntgemacht werden. Eine zuverlässige Beurteilung der Sachlage durch das finnische National Bureau of Investigation kann laut Aussage des Rechtsanwalts erst nach der Veröffentlichung des Quellcodes ca. Ende 2016 erfolgen. Interessant. So wie ich das verstehe, können die finnischen Behörden also erst Ende 2016 zuverlässig beurteilen, ob es eine Grundlage für die Wiederaufnahme der Ermittlungen gibt oder nicht. Das wäre dann ja ungefähr so, wie wenn die Staatsanwaltschaft in Wolfsburg ihre Ermittlungen erst dann wieder aufnimmt, wenn Volkswagen in 2 Jahren dann gnädigerweise die „Optimierungs-Software“ für die Abgaswerte offenlegt. Na ja, aber vielleicht habe ich das ja einfach nur nicht richtig verstanden.

Nehmen wir an, OneCoin sei, entgegen all der Anzeichen, eine echte Kryptowährung. Was würde sie bieten, um zum nächsten Bitcoin zu werden, wie es ihre missionierenden Fans versprechen? Die Antwort könnte sein, dass OneCoin eigentlich alles ist, was die Kryptoszene hasst: Closed Source, Intransparenz, Zentralismus, Bevormundung. Die Kontrolle über die eigenen OneCoins ist aus meiner Sicht „überschaubar“, um es mal freundlich zu formulieren. Die „Fürsorge“ von OneCoin geht sogar so weit, dass man erstmal lange Zeit warten muss (es waren mal 6o Tage), bis man die Coins, die man erworben hat, wieder verkaufen darf. Und selbst dann darf man nur einen kleinen Teil seines Bestandes jeden Tag verkaufen.

Ob es sich als DER Joker der OneCoins, dass sie jeden Idealismus, der im Bitcoin steckt, austreibt, und die Lücke durch die nackte Gier schließt? Ich hoffe doch nicht. Aber Gier frisst Hirn sagt eine alte Börsenweisheit. Davon können sich Bitcoin und andere Kyptowährungen auch nicht völlig frei machen, aber bei echten Kryptowährungen habe ich wenigstens die volle Kontrolle über meine Coins, nämlich wie diese entstehen, wo ich sie lagere und wo ich sie verkaufe.

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Um jedem Missverständnis vorzubeugen: Dieser Artikel stellt umgotteswillen keine Kaufempfehlung dar. Ganz im Gegenteil: Kaufen Sie keine OneCoins. Das Produkt ist aus meiner Sicht extrem doof.

Mein Tipp: Kaufen Sie das Original, den Bitcoin. Und falls Ihnen das noch nicht spekulativ genug ist, können Sie auf anerkannten Altcoin-Börsen in Altcoins investoren oder sich über weitere Bitcoin-Investments informieren.

 

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