Website-Icon BitcoinBlog.de – das Blog für Bitcoin und andere virtuelle Währungen

Hat der Münchner Amok-Läufer seine Waffe mit Bitcoins bezahlt?

Nach dem furchtbaren Amoklauf in einem Münchner Kaufhaus wird berichtet, dass der Täter seine Waffe im Darknet gekauft hat. Und schon poppen die Berichte auf, die erklären, wie man mit Bitcoins im Hinterhof des Internets einkauft. Dabei ist längst nicht klar, dass der Täter Bitcoins benutzt hat.

Ich nehme an, ihr wisst alle, was am Wochenende in einem Kaufhaus in München passiert ist. Das ist einfach nur Irrsinn, und man sollte gar nicht darüber berichten, weil das das einzige ist, was diese Verrückten wollen, wenn sie andere Leute mit in den Tod reissen. Wer schon meint, sein eigenes Leben wegwerfen zu müssen, soll das von mir aus tun, auch wenn es besser wäre, sich klar zu machen, dass die kommenden Jahrzehnte vermutlich besser werden. Dabei aber noch andere Leute mitzunehmen, ist einfach nur armselig.

Naja. Nur ein, zwei Tage später ist das ganze Internet voll mit Nachrichten mit Schlagzeilen wie „Das Darknet und die Tatwaffe von München“ oder „Amoklauf in München: Das verbirgt sich hinter dem Darknet“. Der Täter hat nämlich seine Waffe im Internet bestellt, und darum klären jetzt alle Zeitungen ihre Leser darüber auf, wie das geht. Der „Was ist das Darknet“-Artikel scheint heute zum Standard in allen Tageszeitungen zu gehören.

SPON bezeichnet das Darknet als „virtuellen Hinterraum für Eingeweihte […], der nicht so leicht zu erreichen und anders gebaut ist als das offene Internet“, die FAZ nennt es „ein verborgener, jedoch leicht auffindbarer Bereich des Internets, in dem Kriminelle zum Beispiel Drogen oder eben Waffen anbieten“, und die Süddeutsche sagt „man kann dort nicht nur Waffen kaufen, sondern auch gleich Auftragskiller beauftragen oder Hacker dafür bezahlen, eine Webseite anzugreifen.“ Bezahlt wird „fast immer mit der Kryptowährung Bitcoin, damit beide Geschäftspartner unerkannt bleiben“, so die SZ weiter. Auch SPON erklärt: “ … bezahlt wird auf Darknet-Marktplätzen oft mit der Krypto-Währung Bitcoin. Um Bitcoin zu bekommen, gibt es gesonderte Online-Börsen, wo man sein Geld in die Krypto-Währung umtauschen kann.“ Das weiß selbst die RP: „Bezahlt wird im dunklen Internet fast ausschließlich mit der digitalen Währung Bitcoin. Bei ihr ist ebenfalls nur sehr schwer nachzuvollziehen, wer der Urheber einer Bezahlung ist.“

Damit haben wir es also: Hat Bitcoin die Morde ermöglicht? Hätte es diese Morde ohne Bitcoin nicht gegeben? Ist Bitcoin ein Hilfsmittel für all die Verrückten, die mit einem „erweiterten Selbstmord“ abtreten wollen?

Zumindest was das Darknet angeht, ist ein härteres Vorgehen der Polizei in Zukunft zu erwarten. SPD-Innenexperte Burkhard Lischka fordert in der Welt, das Darknet zu durchleuchten und die Sicherheitsbehörden besser auszustatten, damit diese effektiver gegen Plattformen vorgehen, auf denen im Darknet Waffen verkauft werden. Auch Stephan Mayer, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, forderte laut Tagesschau, dass die Bundes- und Landeskriminalämter „ihre Bestrebungen […] intensivieren, um den Händlern und Käufern auf die Schliche zu kommen.“

All das hört sich jetzt so an, als müsse man nur den Tor-Browser anwerfen, um mit Bitcoins auf Handelsplattformen Waffen zu kaufen, und als könnte man solche Amokläufe in Zukunft verhindern, indem man mehr Beamte dafür bezahlt, im Darknet zu ermitteln. Beides streift die Wahrheit im besten Fall.

Es ist zwar eine Tatsache, dass die Existenz von Bitcoin und dem Darknet es erschwert, unter Wahrung des Postgeheimnisses den Handel mit manchen Dingen zu verbieten. Dementsprechend finde ich es auch wenig hilfreich, dass heute alle Tageszeitungen meinen, darüber berichten zu müssen. Aber wenn man den Artikel liest, der all dem zugrundeliegt, nämlich einen Bericht in der Süddeutschen mit Hintergrundinformationen von der Polizei, stellt sich doch ein etwas anderes Bild dar. Diesem Bericht zufolge hatte der Irrsinnige eine Theaterwaffe aus Slowenien gekauft, die nicht mehr scharf war, aber wieder gebrauchsfähig gemacht wurde. Durch wen und mit wessen Hilfe sei derzeit noch nicht bekannt. Gekauft hat sie der armselige Amokläufer tatsächlich im Internet, aber nicht auf einem Marktplatz, sondern privat. Darauf zumindest deute ein Chatverlauf auf seinem Computer hin. Womit er bezahlt hat, ist nicht bekannt, von Bitcoins ist in dem Artikel nicht die Rede.

Die Waffe wurde also im Darknet gekauft, vielleicht mit Bitcoin, vielleicht mit Euro, in keinem Fall auf einem Marktplatz, sondern durch einen Chat, und sie wurde nicht scharf geliefert, sondern durch fachmännische Hilfe wieder scharfgemacht. Es geht also doch nicht so einfach, wie die Medien in ihren Artikeln über das Darknet nahelegen. Am Ende ist das Darknet, wie das Internet und Telefon, ein Instrument, um Informationen auszutauschen und einen Handel zu vereinbaren. Ich wage es zu bezweifeln, dass man das jemals verhindern kann.

Ob mit oder ohne Darknet – man kann nur hoffen, dass der Wahnsinn nicht noch weiter um sich greift.

Die mobile Version verlassen