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Die SegWit2x-Umfrage: die Ergebnisse

Beinah 500 Leser haben an unserer Super-Umfrage zur SegWit2x-Fork teilgenommen. Hier breiten wir nun die Ergebnisse aus – in der Hoffnung, dass sie ein wenig Licht auf die Ansichten der Community zur Hard Fork werfen.

Bevor ich zur Auswertung der Ergebnisse komme, werde ich zunächst über methodische Mängel sowie eine mögliche Unvoreingenommenheit der Fragen schreiben. Wem dies zu trocken ist, der kann gerne runter scrollen, bis zu den Grafiken, und direkt bei den Ergebnisse einsteigen.

Methodische Mängel

Die Umfrage bestand aus einer einzigen Box mit 22 Antwortoptionen, von denen man beliebig vielen zustimmen zu können. Um zu erfahren, wie viele Leser teilnehmen, habe ich ganz vorne die Antwortoption „Ich bin ein Mensch“ hinzugefügt. Es bleiben aber einige methodische Ungenauigkeiten.

Zunächst dürften gewitzte Internet-Benutzer in der Lage sein, eine solche Umfrage durch „Double-Votes“ zu manipulieren. Um dies zu prüfen, habe ich jede Stunde einen Screenshot der Ergebnisse gemacht. Diese zeigen keine Auffälligkeiten, weshalb ich davon ausgehe, dass solche Manipulationen, wenn überhaupt, in einem Umfang stattgefunden haben, der die Ergebnisse nicht verfälscht.

Schwerwiegender sollte sein, dass man nicht erkennen kann, in welcher Beziehung die Antworten zueinander stehen. Ein einfaches Beispiel: 38 Prozent der Teilnehmer finden SegWit2x in Ordnung, 35 Prozent halten SegWit und 2MB für notwendig, und 32 Prozent sind gegen SegWit2x. Wie ist das zu verstehen? Muss man die Pro-SegWit2x-Antworten addieren? Stehen hinter ihr die identischen Personen? Oder sind sie nur teilweise überlappend – und wenn ja, wie weit?

Diese Fragen sind nicht zu beantworten. Schon allein aus diesem Grund gehört hinter alle Ergebnisse dieser Umfrage ein riesiges, knallerotes Fragezeichen.

War die Umfrage voreingenommen?

Weiter wurde mir von einigen Teilnehmern vorgeworfen, die Umfrage hätte eine Schieflage zugunsten von SegWit2x. In der Regel wurde gesagt, die Antwortoptionen gegen SegWit2x seien unzureichend und vereinfachend oder falsch formuliert.

Es mag sein, dass ich wichtige Gründe gegen SegWit2x übersehen habe. Ich habe allerdings die meiner Meinung nach gängigsten Argumente gegen SegWit2x zur Wahl gestellt. Falls sich jemand von den Antwortoptionen nicht genügend repräsentiert fühlt, kann ich das nur bedauern. Ich kann nicht jedes Argument aufnehmen, und ich kann nicht jedes Argument auf eine Weise formulieren, dass es jedem passt.

Die Kritik von euch war in der Regel konstruktiv, weshalb sie auch Teil der Auswertung der Umfrage ist und ich sie in der nächsten Umfrage berücksichtigen werde. Es gab aber auch rabiate Kritik. Eine Leserin hat gezürnt, dass jede Anti-SegWit2x-Antwort ihr Unfug in den Mund lege, zeigte sich aber gleichzeitig nicht in der Lage, mir bessere Gründe zu nennen. Stattdessen hat sie mir wiederholt vorgeworfen, ich würde von Roger Ver, Jihan Wu oder anderen Feinden von Bitcoin bezahlt. Die dort geäußerte Feindseligkeit hat mich den ganzen Tag über verfolgt.

Von Freunden und Bekannten wurde ich gefragt, warum ich mir das gefallen lasse. Mir fiel zudem auf, dass einzelne Personen in der Lage sind, erstens ein schiefes Bild von den Leserreaktionen aufzuwerfen – eine von 464 Umfrage-Teilnehmern hat so erbost reagiert, hat aber rund 10 Prozent der Leserkommentare eingenommen – und zweitens auch diejenigen in ein schlechtes Licht zu rücken, die sich hier kritisch äußern, dies aber auf eine höfliche und konstruktive Weise machen. Welche Konsequenz ich daraus ziehe, weiß ich derzeit noch nicht genau.

Nun aber zu den Ergebnissen der Umfrage. Versteht sie bitte mit einer gehörigen Portion Skepsis. Meine Hoffnung ist, dass sie, immerhin, ein grobes Bild über die Stimmung wiedergeben.

Die Ergebnisse der Umfrage

Zunächst die Übersicht über die Umfrage an sich:

Kommen wir zu den Antworten zur SegWit2x-Fork im Allgemeinen. Die X-Achse zeigt die Anzahl von Stimmen, in den farbigen Balken ist der prozentuale Anteil an den Teilnehmern der Umfrage.

Wie zu sehen ist, sind 41,4 Prozent der Teilnehmer mit der Fork einverstanden. Knapp 38 Prozent sind sogar der Meinung, dass SegWit und 2MB notwendig sind; ebenso viele wollen, dass die Core-Entwickler mitziehen, anstatt sich weiter zu sträuben.

Auf der anderen Seite erreichen die ablehnenden Antworten auch 30 Prozent. Wir scheinen also eine recht gespaltene Community zu haben, bei der die Zustimmung zu SegWit2x zwar überwiegt, aber auch eine markante Ablehnung zu verzeichnen ist.

Schauen wir uns dieses Stimmungsbild etwas genauer an. Zunächst eure Haltung zum Ergebnis der Fork, also zu SegWit und 2MB:

Ich habe in der Umfrage absichtlich zwischen „SegWit2x“ – der Fork – und „SegWit + 2MB“ – dem durch die Fork erzielten Zustand – getrennt. Dabei wollte ich herausfinden, ob die Ansichten hierzu auseinander laufen.

Da aber die Zustimmung zur SegWit2x-Fork mit 41,4 Prozent die zur Antwort „SegWit + 2MB ist ok“ überwiegt, scheint der Plan nicht ganz aufgegangen zu sein. Vermutlich hätte ich es besser erklären sollen.

Immerhin fruchtet die Methode teilweise. Fast 35 Prozent finden SW und 2MB „ok“, sogar 37,5 Prozent finden es notwendig, und nur knapp 18 Prozent meinen, dass durch ein deutlicher Zentralisierungsdruck zustande kommt. Falls ich keinen anderen Grund gegen größere Blöcke vergessen habe – welchen? – scheint der Zustand SegWit + 2MB eine relativ breite Zustimmung und – vielleicht wichtiger: eine sehr geringe Ablehnung zu erfahren.

Anders sieht es aus, wenn man eure Meinung zur SegWit2x-Fork anschaut:

Rund 30 Prozent kritisieren (1) das Zustandekommen von SegWit2x: in einem Hinterzimmer und durch CEOs von Firmen, (2) die Abwesenheit von starker Replay Protection und (3) dass Core nicht beteiligt ist.

Lediglich 15,3 Prozent sehen in SegWit2x einen Angriff, und weniger als 10 Prozent sind bereit, eine Spaltung hinzunehmen, um SegWit2x zu verhindern. Beides bestätigt erneut die Theorie der lautstarken Minderheit, die den Eindruck erweckt, sie sei die Mehrheit, und würde alles tun, um den „Putsch“ durch SegWit2x zu verhindern.

85 Prozent der Bitcoiner halten SegWit2x eben nicht für einen Angriff, und mehr als 90 Prozent sind nicht bereit, Bitcoin zu spalten, um SegWit2x zu verhindern. Die Zornpickel sind zwar laut, aber sie sind definitiv eine Minderheit.

Die nächste Grafik bestätigt noch einmal den Eindruck, dass die Scharfmacher, welche die technisch-politische Diskussion zum moralischen Himmel-und-Hölle-Endkampf aufblasen, bei euch auf Granit beißen:

Danke! Gerade mal ein wenig mehr als ein Fünftel von euch lässt sich dazu herab, dem Kontrahenten maliziöse Absichten zu unterstellen. Dabei scheint diese Neigung unter den SegWit2x-Gegnern stärker vertreten zu sein als bei den Befürwortern.

Bevor wir uns weiteren Erkenntnissen zuwenden, können wir zusammenfassen, was vielleicht eine Schlüsselerkenntnis dieser Umfrage ist: Der Widerstand gegen SegWit2x speist sich weniger aus technischen Bedenken gegen das Ergebnis der Fork, als vielmehr entweder aus technischen Gründen gegen die Art und Weise, wie die Fork durchgeführt wird – keine Replay Protection – oder aus politischen Gründen – kein Core an Board, ein Abkommen von CEOs im Hotelzimmer. Man könnte also sagen, die Anti-SegWit2x-Stimmung ist eher politisch als technisch motiviert.

Bei der relativ breiten Zustimmung zu SegWit2x könnte man meinen, dass die meisten Teilnehmer der Umfrage wollen, dass Börsen den SegWit2x-Coin als BTC listen. Dem ist nicht so.

Angesichts der vorherigen Ergebnisse ist dies überraschend: 31 Prozent sind dafür, dass Börsen den SegWit-Bitcoin ohne 2MB als BTC listen, während nicht mal 20 Prozent den 2MB-Coin bevorzugen.

Fast 25 wollen den Coin mit der höchsten Hashrate – was im Umkehrschluss bedeutet, dass 75 Prozent die Hashrate nicht als wichtigstes Kriterium sehen – und nur 9,9 Prozent wollen den Coin mit dem höchsten Wert als BTC haben. Schauen wir uns diesen Widerspruch nochmal an:

Das ist nicht ganz konsistent, oder? Ihr scheint mit SegWit2x einverstanden zu sein, wollt aber nicht, dass SegWit2x als BTC gelistet wird. Eventuell könnte man es damit erklären, dass die Gegner von SegWit2x – die allen bisherigen Ergebnisse zufolge bei etwa 30 Prozent liegen – konsistent dafür gestimmt haben, dass Börsen SegWit1x als BTC listen, während die Befürworter von SegWit2x ihre Antwort stärker differenziert haben.

Dies führt uns zu einer anderen Frage: Was ist Bitcoin? Ist es der Coin der User, der Miner, der Unternehmen oder der Core-Entwickler?

Hier immerhin haben wir eine klare Antwort: Die User entscheiden, was Bitcoin ist. Mit 55,1 Prozent hatte diese Aussage von allen Antwortoptionen in der Umfrage die deutlich höchste Zustimmung. Leider ist es schwer bis unmöglich zu quantifizieren, was die User wollen.

Der Aussage „Bitcoin ist Core“ haben 35,5 Prozent der Teilnehmer zugestimmt, was schon mal 11 Prozent mehr sind als der Aussage, dass Bitcoin mit der Hashrate gleichzusetzen sei. Mit 3,4 Prozent die geringste Zustimmung unter allen Antworten hatte „Die Unternehmen entscheiden, was Bitcoin ist.“ Damit wären die Verhältnisse, zumindest hier, geklärt. Bitcoin gehört weder Unternehmen noch Minern, sondern den Usern oder den Core-Entwicklern.

Die hohe Zustimmung, die SegWit2x bei Minern und Unternehmen hat, bedeutet bei euch also nicht wirklich viel.

Interessant ist hier auch die Haltung der Teilnehmer zu den Core-Entwicklern:

Sowohl die Antwortoption „Core soll mit ziehen [mit SegWit2x]“ als auch die Option „Bitcoin ist Core“ haben sehr hohe Zustimmungsraten. Man könnte eure Einstellung zu Core damit zusammenfassen, dass ihr gerne hättet, dass Core aufhört, sich gegen die Blocksize-Hardfork zu sträuben, aber dies für euch keinen Grund darstellt, den Core-Entwicklern die Treue zu kündigen.

Einen schwerer aufzulösenden Widerspruch finden wir beim Thema Spaltung und Replay Protection:

Hier gab es die größte Überraschung in der Umfrage: 40,1 Prozent von euch meinen, dass die stärkere Chain die schwächere zerstören darf. Dies passt gut dazu, dass nicht mal zehn Prozent von euch einen Chain-Split in Kauf nehmen wollen, um SegWit2x zu verhindern.

Die meisten von euch wollen die Einheit der Bitcoin-Blockchain erhalten und haben wenig Sympathie an einem Szenario, in dem sich Bitcoin in viele Forkcoins aufspaltet. Soweit, so konsistent.

Widersprüchlich wird es aber, wenn wir die Frage zu der Replay Protection dazu nehmen. Denn „starke Replay Protection“ bedeutet, das Transaktionsformat zu ändern, was wiederum bedeutet, die Kompatibilität mit jeder bestehenden Bitcoin-Software zu brechen. Eine starke Replay Protection ist sinnvoll, wenn man wie Bitcoin Cash bewusst einen Altcoin schafft. Sie ist aber im höchsten Maße kontraproduktiv, wenn man wie von euch gewünscht die Einheit der Blockchain erhalten will.

Mit diesem Widerspruch endet die Präsentation der Ergebnisse unserer Umfrage. Ich hoffe, dass sie trotz aller methodischen Mängel wenigstens ein Stück geholfen hat, die Stimmungslage rund um die SegWit2x Fork besser zu verstehen.

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