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Ist das noch eine Korrektur, oder schon ein Crash?

Wer derzeit die Krypto-Charts verfolgt, hat bereits genügend rote Kerzen gesehen. Bild von Procsilas Moscas via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Falls Sie noch keinen Bitcoin-Crash miterlebt haben, dürfte Ihnen der gestrige Dienstag blutig vorgekommen sein. Aber bei genauerem Hinsehen werden Sie erkennen, dass sich lediglich ein besonders extremer Teil der Blase abgebaut hat. Für die nahe Zukunft kann das dies oder das bedeuten.

Gestern sind die Preise auf den Kryptomärkten abgestürzt. Bitcoin sackte von rund 11.500 Euro auf 8.500 Euro ab, Ethereum von 1.100 auf 850, Bitcoin Cash von 2.000 auf 1.500, und überhaupt: Wohin man auch schaut, man sieht rote Zahlen. Jede einzelne Kryptowährung ist seit gestern im Sturzflug nach unten, die Preise haben fast überall um mindestens 20 Prozent nachgegeben.

Hier die 48-Stunden-Charts der drei auf Bitcoin.de gehandelten Währungen Bitcoin (BTC), Bitcoin Cash (BCH) und Ethereum (ETH):

BTC

BCH

ETH

Und, weil es so dramatischer aussieht: Hier die 1-Jahres-Perspektive des Bitcoin-Preises. Sie zeigt das Ausmaß des Absturzes deutlich klarer.

Das ist schon deutlich, oder?

Und nein, es gibt keine Kryptowährung, bei der es besser aussieht. Ripple, Cardano, Litecoin, NEO, Stellar, Nem, IOTA, Dash, Monero, Bitcoin Gold, Ethereum Classic – alles ist am Fallen.

Ist es nun also so weit? Haben wir den Bitcoin-Crash? Ist die vierte (oder fünfte) große Bitcoin-Blase geplatzt? Beginnt jetzt der Bärenmarkt? Oder ist jetzt einfach nur ein guter Zeitpunkt, um nachzukaufen?

Anatomie der Bitcoin-Blasen

Ich kann Ihnen nicht sagen, was in der Zukunft passieren wird. Vielleicht steigt der Kurs, vielleicht fällt er, vielleicht scheint die Sonne, vielleicht rieselt der Schnee. Aber was ich Ihnen sagen kann, ist, wie es in der Vergangenheit abgelaufen ist.

Schauen wir uns an, wie die früheren Blasen geplatzt sind. Bitcoincharts.com bietet hierfür ein gigantisches Archiv historischer Kurse. Die folgenden Charts versuchen, das Platzen der Blase in einer 2-Monats-Sicht einzufangen.

2011

2013 April

2013 November / Dezember

Und jetzt heute:

Ein Unterschied sticht schon mal ins Auge: Alle bisherigen Blasen haben sich relativ rasant aufgebaut und sind dann noch rascher zusammengefallen. Die aktuelle Blase sieht, zumindest in dieser Betrachtung, viel langsamer aus. Aber vielleicht täuscht dieser Eindruck auch. Daher erweitern wir die Perspektive auf 4 Monate:

2013, April

2013, November / Dezember

Heute:

So kann man die Charts schon mal viel besser vergleichen, oder? Was fällt uns also auf? Der Anstieg der aktuellen Blase scheint etwas weniger steil zu sein als der der letzten beiden Blasen, wie auch der Absturz weniger drastisch ausfällt. Ein Vergleich:

Blase Erster Crash Zweiter Crash
2013, April $240 auf $80 (65%) $160 auf $100 (37,5%)
Ende 2013 $1.100 auf $700 (36%) $1.000 auf $500 (50%)
Anfang 2018 $19.000 auf $14.000 (26%) $17.000 auf $10.000 (41%)

Der aktuelle Einbruch ist zwar heftig, aber er ist weniger drastisch als die vergangenen. Auch geschehen die Einstürze weniger rasant, sondern ziehen sich länger hin. Gemein mit den beiden vorhergegangenen Crashes scheint aber zu sein, dass sie in mehreren Etappen stattfinden: Es beginnt mit einem initialen Crash, dann folgt eine kurze Erholung, die allerdings in einem zweiten Crash mündet. Sowohl Ende 2013 als auch heute war der zweite Crash heftiger als der erste.

Sowohl 2011 als auch Ende 2013 folgte auf den Crash ein Bärenmarkt. Der Kurs sank fortlaufend weiter, stieg manchmal zwar an, stürzte aber auch immer wieder ab. Nach gut einem Jahr fand der Kurs rund ein Jahr später einen Boden, Mitte 2012 bei etwa 5 Dollar, also einem Sechstel vom Höhepunkt der Blase, und Anfang 2015 bei etwa 200 Dollar, also etwa einem Fünftel der Spitze. Wenn man dieses Geschehen auf die gegenwärtigen Kurse überträgt, würde der Preis in etwa einem Jahr einen Boden zwischen 3.000 und 4.000 Dollar finden.

Aber kann man das? Wir vermuten nicht. Denn die Märkte sind 2018 komplett anders als 2011 und 2013.

Altcoins: Oder warum der vermeintliche Crash bestenfalls eine Korrektur ist

Der deutlichste Unterschied zwischen 2013 und heute ist, dass die Bedeutung von Bitcoin für die Kryptomärkte erheblich zurückgegangen ist. Die früheren Blasen konnte man auf Bitcoin reduzieren. Die heutige kann man nur vor dem Hintergrund des gesamten Markets analysieren. Und hier zeigt sich, dass die Märkte gerade mal den Überschwang der zweiten Dezember-Hälfte korrigiert haben:

Gesamte Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen. Quelle: Coinmarketcap.com

Sehen Sie diese extreme Spitze Ende des Jahres? Diese wurde in den letzten zwei Tagen deutlich abgebaut.

Man könnte sagen, dass der generelle Aufwärtstrend seit September jedoch weiterhin intakt ist. Ja, die Marktkapitalisierung könnte sogar um weitere 200 Milliarden Dollar auf etwa 250 Milliarden zurückgehen, ohne den Trend zu brechen.

Man muss an dieser Stelle einfach anerkennen, dass das letzte halbe Jahr verrückt war. Auf der Spitze der Blase waren alle Kryptowährungen zusammen mehr als 800 Milliarden Dollar wert. Ende November lag dieser Wert noch knapp unter 200 Milliarden, und erst im Juni konnten wir zum ersten Mal eine Marktkapitalisierung von mehr als 100 Milliarden feiern.

Dieselbe Tendenz finden wir bei den „Krypto-Einhörnern“ wieder, also den Währungen, deren Marktkapitalisierung mehr als eine Milliarde Dollar beträgt. Im Juni habe ich mich noch gewundert, dass es sieben Krypto-Einhörner gibt, auf der Spitze der Blase gab es mehr als 40, und auch heute sind laut Coinmarketcap noch 31 am Leben.

Einige offenbar stark überbewertete Kryptowährungen haben besonders heftig verloren. So ist Ripple etwa von mehr als 3 Dollar auf gerade mal 1 Dollar gestürzt und Cardano von maximal 1,30 auf rund 50 cent.

Andererseits stehen einige andere Währungen selbst im 1-Monats-Chart weiterhin im Plus. Ethereum stand noch am 31. Dezember bei etwa 630 Euro und wird auch heute, nach einem veritablen Absturz, weiterhin zu mehr als 700 Euro gehandelt. Und Bitcoin Cash wechselte noch am 13. Dezember zu gut 1.100 Euro den Besitzer, erzielt aber noch heute einen Preis von mehr als 1.500 Euro. Auch Bitcoin selbst steht heute noch genauso gut da wie Ende November.

Was bedeutet das für die nahe Zukunft?

Selbstverständlich kann ich Ihnen nicht sagen, wo der Preis in Zukunft hindriftet. Aber ich kann zwei Möglichkeiten aufzeigen, die sich aus dem hier Geschriebenen ergeben:

Erstens könnte sich der Kurs auf dem Niveau, auf das er heute gefallen ist, stabilisieren. Damit wäre zwar der Dezember-Exzess wieder verloren, doch der allgemeine Aufwärtstrend des vergangenen Jahres wäre weiterhin intakt. In diesem Fall wäre der Einsturz lediglich eine sogenannte „Bärenfalle“ – eine Illusion, die Pessimisten davon überzeugt, zu verkaufen, während die Optimisten günstig nachkaufen können.

Zweitens könnte der kleine Crash lediglich ein Vorbote für die echte Korrektur oder für ein quälendes „Dead-Cat-Bounce“ sein. Dies meint eine langwierige Abfolge von Einstürzen und Erholungen, wobei die Einstürze so gut wie immer stärker sind als die Erholung. Das Bild erinnert an eine tote Katze, die eine Treppe herunterfällt. Es gibt ohne jeden Zweifel noch eine Menge Potential für Kursverluste, und meine persönliche Blasen-Metrik der Krypto-Einhörner deutet weiterhin darauf hin, dass noch Spielraum nach unten besteht.

Aber es gibt nur eine Möglichkeit, zu erfahren, wohin die Reise geht – indem man abwartet. Ich hoffe, Sie bringen Ihr Vermögen gut durch diese aufregenden und wilden Tage.

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