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Die Woche der Lapps: Blockstream präsentiert Infrastruktur für Lightning

Früher hat die Bitcoin-Szene Anwendungen neu erfunden, die es schon für Fiat-Geld gab – aber mit Bitcoin. Nun scheint sie das ganze nochmal neu zu erfinden – aber  mit Lightning.

Es ist kein Geheimnis, dass die Firma Blockstream eine der treibenden Kräfte hinter der Entwicklung des Lightning Netzwerkes ist. Derzeit feiert die Firma die Woche der Lapps, der „Lightning Applications“. Je Tag gibt es eine neue Anwendung für Lightning. Bisher sind dies die folgenden fünf Lapps:

Es ist genial, dass Blockstream die verschiedenen Module für ein Lightning-Ökosystem kostenlos und quelloffen zur Verfügung stellt. Das ist genau das, was Lightning braucht, wenn es sich in dem Bereich, für den es ideal geeignet ist, durchsetzen soll – im Mikropayment.

Eigentlich nicht direkt etwas Neues

Das Problem ist jedoch, dass es jeder dieser Anwendungen bereits gibt. Es gibt oder gab zahlreiche Seiten, um Dateien gegen Bitcoin zu verkaufen, um Artikel oder Blogposts hinter einer Bitcoin-Paywall zu verbergen. Es gibt und gab Bots, die Tips über soziale Netzwerke prozessieren, und wenn jemand eine Spende will, muss er lediglich eine Bitcoin-Adresse veröffentlichen. Auch die Idee, für API-Calls und andere Computerleistungen Geld zu verlangen, wurde von 21.com – heute Earn.com – bereits umgesetzt und wird auch von IOTA angegangen. Ebenso gibt es bereits zahlreiche Bitcoin-Tools für den Einzelhandel.

Wenn Blockstream nun etwa schreibt, dass „Lapps wie FileBazaar und Lightning Publisher die Dynamik der Content-Produktion im Internet dramatisch ändern“ und schon verspricht, uns Autoren und Künstler von der Abhängigkeit von Sponsoren oder Werbung zu befreien, oder Paypercall komplett neue Märkte im Internet erschließen soll, klingt dies so, als habe die Firma diese Anwendungen erfunden. Tatsächlich aber hat sie lediglich bereits bestehende, oft visionäre, Anwendungen für Bitcoin auf Lightning übertragen.

Am wichtigsten ist es vielleicht aber, anzumerken, dass all diese Anwendungen bisher nicht wirklich gezündet haben. Manche Plattformen für den Verkauf von Dateien gegen Bitcoins halten sich einigermaßen, doch der Großteil ist eingegangen. In Sachen Micropayment für Content dürften Yours.org und Steemit die einzigen Seiten sein, die einigermaßen Erfolg haben – aber bei weitem nicht genug, um auch nur irgendeinen sichtbaren Einfluss auf die Medienindustrie zu haben – während SatoshiPays Nanopayment-Tools wie auch die API-Märkte von Earn.com mehr oder weniger scheintot sind.

Es scheint äußerst schwer zu sein, den immer wieder beschworenen Bedarf nach Micropayments mit Kryptowährungen zu bedienen. Von einer irgendwie geartetene Revolution von irgendetwas ist man auch mehr als 9 Jahre nach dem Genesis-Block noch meilenweit entfernt.

Ändert Lightning etwas am Kern des Problems?

Warum, so die große Frage, sollte Lightning etwas ändern? Dass Transaktionen sofort bestätigt sind, ist bei Micropayments eigentlich egal, da man hierfür in der Regel ohne alle Bedenken unbestätigte Transktionen akzeptieren kann. Der einzige echte Vorteil ist, dass man mit Lightning die Gebühren noch ein Stück weiter senken und nachhaltig ein riesiges Volumen an Zahlungen prozessieren kann, ohne die Grundlagen der Blockchain anzugreifen. Dies aber war bisher nicht das Problem von Versuchen, Mikropayment mit Bitcoin zu verwirklichen.

Vielmehr waren die Probleme, dass es zu wenig Kunden gibt, die Kryptowährungen benutzen, und dass für diese die Benutzung oft noch zu umständlich ist. Lightning, muss man sagen, ändert an diesen Problemen nichts, sondern macht sie eher noch schlimmer. Lightning reduziert den Netzwerkeffekt, den sich Bitcoin mühsam aufgebaut hat, auf die derzeit existierenden 1.350 Nodes. Die Lapps dürften für den Empfänger der Zahlungen die wohl denkbar komplizierteste und aufwändigste Art sein, die gewünschte Zahlungs-Anwendung umzusetzen, während das Benutzen von Lightning das Zahlen für den User, zumindest derzeit, noch deutlich verkompliziert.

Es deutet nicht viel darauf hin, dass die Bitcoin-Anwendungen, die schon bisher keinen bis kaum einen Erfog am Markt haben, plötzlich das Fliegen lernen, weil sie mit Lightning betrieben werden. Vielmehr darf man annehmen, dass es noch sehr lange dauern wird, bis Lightning-Zahlungen die Netzwerk-Effekte und Nutzerfreundlichkeit erreichen, die sich Bitcoin-Zahlungen im Lauf von neun Jahren aufgebaut haben. Ungeachtet dessen, sind die von Blockstream vorgestellten Lapps definitiv die erste Möglichkeit, solche Zahlungen nachhaltig und langfristig zu Bitcoin zu bringen.

Wenn die Sache mit dem Mikropayment einmal wirklich zündet, wird man Lightning brauchen. Doch es ist fraglich, ob Lightning wirklich dabei hilft, dorthin zu kommen.

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