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Halten oder ausgeben? Zwei Seiten desselben Bitcoins

In der Bitcoin-Community wird die Frage, ob man Bitcoins halten oder benutzen soll, schnell zu einer Glaubensfrage. Dabei gibt es sowohl für das eine als auch das andere gute Argumente.

Die Hodler

Irgendwann hat jemand auf Bitcointalk geschrieben, er halte seine Coins, anstatt sie zu traden. Dabei vertippte er sich und schrieb anstatt „hold“, englisch für Halten, „hodl“. Bald darauf wurde daraus ein Meme, und das Hodl wurde in der Bitcoin-Szene zum Glaubensbekenntnis.

Die Hodler halten ihre Bitcoins, um jeden Preis. Sie geben sie nicht aus, sondern stopfen sie in ein Paper-Wallet, in eine Hardwarewallet, einen Offchain-Computer, wohin auch immer. Bitcoin zu benutzen, bedeutet für einen überzeugten Hodler, die Coins unter Verschluss zu halten, und allenfalls darüber zu sinieren, wie man seine Wallet noch besser, noch sicherer machen kann. Eingefleischte Hodler gravieren ihren privaten Schlüssel auf Metallscheiben, zerschneiden ihn in viele Stücke, legen diese in Tresore ab.

Die Bitcoins sollen weder ausgegeben werden, noch gehandelt noch verkauft. Stattdessen investieren Hodler ihr übriges Geld in weitere Bitcoins, die sie dann ebenfalls auf die Hodl-Wallet überweisen. Denn irgendwann, so die Überzeugung der Hodler, werden Bitcoins sehr viel mehr wert sein. Dann lohnt es sich, vielleicht, die eiserne Wallet zu öffnen.

Die Spender

Anders als bei den Hodlern gibt es für diejenigen, die Bitcoins ausgeben wollen, keine feste Bezeichnung. Diese Leute wollen so oft wie möglich mit Bitcoins bezahlen und die Coins in Umlauf bringen. Eine Paper-, Eisen- oder Hardware-Wallet ist für sie eher Nebensache, für sie geht es darum, dass man die Coins einfach, schnell und an möglichst vielen Orten ausgeben kann.

Spender kaufen sich gerne Bitcoins, aber sie machen dies eher nicht, um sie zu verwahren. Das ist für sie langweilig. Bitcoin soll nicht nur ein weiteres „Asset“ sein, eine seltsame Variante eines Wertpapiers, sondern ein Zahlungsmittel. Für sie liegt der große Reiz von Bitcoin darin, mit den digitalen Münzen zu bezahlen. Jedes Mal, wenn sie mit Bitcoins anstatt Euro überweisen, ist für sie ein kleiner Sieg gegen das System.

Einer der ersten Spender ist der legendäre Laszlo, der sich 2010 für 10.000 Bitcoin zwei Pizzen gekauft hat. Auch SmokeTooMuch, der erste deutscher Bitcoiner, ist ein Spender. Er hat schon früh versucht, Bitcoins loszuwerden, wo er konnte. Denn „jemand musste ja den Stein ins Rollen bringen.“

Wer ist der echte Bitcoiner?

Gelegentlich streiten sich Hodler und Spender darum, welche Gruppe die echten Bitcoiner repräsentiert. Dabei werfen beide den anderen gerne vor, Bitcoin nicht wirklich bzw. falsch zu benutzen. Hodler sagen, dass Bitcoins nur zum Sparen da sind, nicht zum Ausgeben, während die Spender sagen, dass Bitcoins nur einen Wert haben, wenn man sie benutzt.

Die beiden Gruppe vertreten zwei verschiedene Ansätze für Bitcoin. In der Regeln sind sie kompatibel. Die meisten Bitcoiner sind sowohl Hodler als auch Spender. Sie bewahren viele Bitcoins in der Wallet auf, geben sie aber auch aus, wenn sich eine Gelegenheit bietet. Und wenn der eine lieber hält, und der andere es vorzieht, Coins auszugeben, dann ist das an sich auch kein Problem. Jeder so, wie es ihm lieber ist. Eine der Grundideen von Bitcoin ist, dass einem niemand vorschreiben kann, was man mit seinem Geld macht.

Manchmal aber treffen die beiden Einstellungen unsanft aufeinander. Etwa wenn es darum geht, wohin es mit Bitcoin gehen soll, und sich die beiden Ziele widersprechen. Den Hodlern ist die Skalierbarkeit eigentlich egal, da sie sowieso nicht so sehr an Transaktionen interessiert sind, während für die Spender ein Anstieg der Gebühren äußerst unangenehm ist. Manchmal reicht es auch aus, wenn man, wie letztens auf unserem Blog, darüber diskutiert, und die Einstellungen zu Bitcoin plötzlich so weit auseinanderklappen, dass daraus ein Streit wird.

Wer ist nun der echte Bitcoiner – Hodler oder Spender? Wir können diese Frage nur mit „beide“ beantworten. Im Folgenden gibt es daher Argumente sowohl fürs Hodlen als auch fürs Ausgeben.

Pro Hodl

Greshams Gesetz besagt, dass Leute dazu neigen, das schlechte Geld auszugeben und das gute aufzuheben. Und es ist ziemlich klar, dass der Euro das schlechte und der Bitcoin das gute Geld ist. Warum also sollte dieses alte Gesetz nicht auch bei Kryptowährungen zutreffen? Warum sollten Menschen gegen ihre Interessen handeln?

Darüber hinaus erhält Bitcoin seinen Wert – und darum geht es dem Hodler – nicht durchs Ausgeben, sondern durchs Aufheben. Wer Bitcoins unter Verschluss hält, reduziert die effektive Menge an umlaufenden Coins. Er macht sie knapper, und damit auch wertvoller. Wer sie hingegen ausgibt, verkauft sie effektiv gegen Waren und risikiert, dass der Händler sie auf einer Börse gegen Euro verkauft, um seine Stromrechnung oder dergleichen zu bezahlen. Er macht damit Bitcoins eher weniger wertvoll.

Ferner könnte zugunsten der Hodler gesagt werden, dass es oft wenig Sinn macht, mit Bitcoins anstatt Euro zu bezahlen. Mit Euro kann man an viel mehr Orten bezahlen, es ist dank Kreditkarten, Sofortüberweisung und Lastschrift einfach, schnell, sicher und kostenlos. Wozu sollte man den Aufwand auf sich nehmen, einen Shop zu suchen, der Bitcoin akzeptiert, und dort mit einem komplexeren, teilweise unsicheren und teureren Geld bezahlen? Nur, um eine falsche Vision von Bitcoin als Zahlungsmittel zu erhalten?

Schließlich gibt es noch das Argument, dass unnötiges Ausgeben von Bitcoins dem System selbst schadet. Denn eine Blockchain skaliert nicht unbedingt gut und ist daher auch schlecht geeignet, Bitcoin zu einem Alltagswelt zu machen. Wer die Kryptowährung dennoch als solches nutzt, nimmt denen, die Bitcoin als ein spezielles Geld brauchen, den Platz weg.

Pro Spend

Natürlich findet man auch gute Argumente fürs Ausgeben von Bitcoins. Grundsätzlich ist die Frage, was das für ein Geld sein soll, das nicht ausgegeben wird? Wofür braucht man ein Auto, wenn man es nur in der Garage stehen lässt? Es war ja auch nicht die Idee der Motorisierung, dass jedermann ein Auto in der Garage hat, aber weiter zu Fuß geht.

Bitcoin hat keinen intrinsischen Wert. Dies unterscheidet es von Gold. Der Wert von Bitcoin beruht auf der Erwartungshaltung, dass es einmal ein echtes Geld wird, dass es womöglich in naher oder ferner Zukunft den Euro ersetzen wird. Um dahin zu kommen, muss Bitcoin von möglichst vielen Händlern akzeptiert werden. Und damit dies passiert, muss es benutzt werden.

Für viele Spender liegt in Bitcoin die Vision einer globalen, internetweiten Währungsunion. Diese Union verwirklicht sich nicht, wenn jeder Bitcoins in seiner Wallet lässt – sondern indem Leute, egal wo, mit Bitcoin bezahlen. Die Hodler leisten in dieser Perspektive überhaupt keinen Beitrag zur Währungsunion.

Technisch gesehen wird Bitcoin nur vorwärts getrieben, wenn es benutzt wird. Keiner entwickelt benutzerfreundliche und funktionsreiche Wallets, APIs oder Zahlungssysteme, wenn niemand mit Bitcoin bezahlt. Die aktive Nutzung von Bitcoin als Geld gibt notwendige Anreize, um die Währung und die Wallets technisch fort zu entwickeln.

Weiter liegt der Wert von Bitcoin in seinem Netzwerkeffekt. Und dieser steigt nicht, wenn man seine Bitcoins behält, sondern nur, wenn man sie benutzt, um damit zu bezahlen. In gewisser Weise bauen viele der Versprechungen, die Bitcoin, als ein natives Geld des Internets, hat, darauf auf, dass als Zahlungsmittel genutzt wird. Ohne dies ist Bitcoin nur ein digitales Asset, dessen Wert darin liegt, dass die Hodler es hodlen.

Sowohl als auch

Man könnte vermutlich noch weitere Argumente für beide Seiten finden. Wahr ist jedoch, dass beide sich brauchen. Wenn niemand Bitcoin benutzt, fällt ein wichtiger Grund weg, weshalb der Wert von Bitcoin steigen sollte, wie es die Hodler erwarten – und gleichzeitig brauchen die Spender die Hodler, um den Wert von Bitcoin zu stabilisieren.

Hodlen und Ausgeben sind eben zwei Seiten desselben Bitcoins. Sie betonen lediglich andere Aspekte von Geld. Die Hodler das Mittel der Wertaufbewahrung, die Spender das des Zahlungsmittels. Keines von beiden funktioniert ohne das andere.

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