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Der Kampf um den Namen „Bitcoin“ eskaliert: Sammelklage gegen Bitcoin.com in Planung

Lebende Statue "Justitia". Bild von FaceMePLS via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Auch nach der Spaltung in Bitcoin und Bitcoin Cash geht der Streit weiter. Vor kurzem hat Bitcoin.com, das Portal von Roger Ver, Bitcoin Cash (BCH) als Bitcoin betitelt, während der eigentliche Bitcoin (BTC) als Bitcoin Core läuft. Die Bitcoin-Community ist darob so verärgert, dass sie begonnen hat, eine Sammelklage gegen Bitcoin.com zu planen.

Nein, Namen sind nicht Schall und auch nicht Rauch, sondern etwas ziemlich wichtiges. Vielleicht sogar alles. Als Bitcoin.com kürzlich begonnen hat, Bitcoin (BTC) als „Bitcoin Core“, aber Bitcoin Cash (BCH) kurzzeitig als „Bitcoin“ zu führen, löste dies eine Aufregung aus, die auf den ersten Blick surreal wirkt. Knapp 1.000 Leute versuchen nun sogar, eine Sammelklage gegen Bitcoin.com loszustoßen. Hat der Name wirklich so eine große Bedeutung?

Um zu verstehen, warum, sollte man wissen, dass es im jahrelangen Blocksize-Streit am Ende meistens um den Namen ging. Immer wenn es zu Versuchen kam, eine Fork loszubrechen, etwa mit Bitcoin Unlimited oder SegWit2x, verteidigte die Community um Bitcoin Core herum das Recht des eigentlichen Bitcoins, über das Kürzel BTC zu verfügen, und bestand darauf, dass die durch eine Fork entstehenden Coins eindeutig als Altcoin gelistet werden sollen. Bitcoin Unlimited scheiterte, als die Börsen bekanntgaben, es als BTU zu listen, und auch für SegWit2x kam es einem Todesurteil gleich, als so gut wie alle Börsen erklärten, den eigentlichen Bitcoin unabhängig von der Hashrate als BTC zu listen. Es geht um die Macht, zu definieren, was Bitcoin ist.

Bitcoin Cash hat sich nun diesem Kampf entzogen, indem es von vorneherein als „Bitcoin Cash“ und nicht Bitcoin angetreten ist. Dabei aber haben führende Bitcoin Cash Befürworter wie Roger Ver von Anfang an klar gemacht, dass sie Bitcoin Cash für den echten Bitcoin halten. Roger Vers Portal Bitcoin.com hat kurz nach dem Start von Bitcoin Cash einen Artikel veröffentlicht, in dem erklärt wird, warum Bitcoin Cash (BCH) der wahre Bitcoin ist und das, was man als Bitcoin kennt (BTC), sich durch SegWit weggeforkt hat und dementsprechend nicht Bitcoin, sondern „Bitcoin Core“ zu nennen ist.

Die Small Blocker bzw. das Lager um Bitcoin Core hingegen weigert sich konsequent, Bitcoin Cash bei diesem Namen zu nennen, sondern betiteln es stattdessen als „bcash“. Denn der Name Bitcoin Cash, so die Core-Community, assoziiert eine Verwandtschaft mit Bitcoin, die nicht gegeben ist, und verleitet Anfänger dazu, sich anstatt Bitcoin womöglich Bitcoin Cash zu kaufen. Außerdem parasitiere Bitcoin Cash von dem starken Namen. Wenn es ein Altcoin wäre, etwa mit den Namen „bcash“ – dann würde sich kaum jemand für diesen wenig originellen Coin interessieren.

Dieser bisher eher schwelende Streit um den Namen ist vergangenen Woche eskaliert. Denn Bitcoin.com hat eine neue Namenspolitik eingeführt. Das bisher als „Bitcoin“ geführte BTC wird nun „Bitcoin Core“ genannt, während BCH kurzzeitig einfach nur als „Bitcoin“ bezeichnet wurde. Mittlerweile ist Bitcoin.com aber wieder zurückgerudert und nennt BCH „Bitcoin Cash“, sowohl im Blockexplorer als auch beim Verkauf von Bitcoins per Kreditkarte.

Bitcoin.com führt diesen Kampf um den Namen am offensivster, aber nicht als einziger. Der von Rick Falkvinge aufgekaufte blockexplorer.com listet Bitcoin (BTC) auch als Bitcoin Legacy und plant, die API so umzustellen, dass Bitcoin Cash zum Standard wird. Eine Timeline dafür gibt es aber noch nicht, um bestehende API-Anfragen nicht zu verwirren. Tatsächlich ist Bitcoin Cash (BCH) für viele in der Szene der echte, wahre Bitcoin, während das, was offiziell als Bitcoin gilt (BTC), auf den Namen „Bitcoin Core“ laufen sollte, weil sich dieser Coin vor allem dadurch definiert, von Core entwickelt zu werden, und weil seine Roadmap, um zu skalieren, sehr weit vom eigentlichen, von Satoshi vorgegebenen Plan abweicht.

Für das Team Core ist das natürlich in keinster Weise hinzunehmen. Bitcoin (BTC) ist der echte und einzige Bitcoin, all die Forks, bcash, bgold und so weiter, sind Altcoins und sollen auch so genannt werden. Dass Bitcoin.com sich erdreistet, BTC nun Bitcoin Core zu nennen, so, als würde Bitcoin Cash gleichberechtigt neben dem echten Bitcoin stehen, setzte dem Fass bereits die Krone auf. Bitcoin Cash obendrein „Bitcoin“ zu nennen, so, als wäre nicht bcash, sondern Bitcoin Core der Klon, ist nun eine Provokation, die man nicht unbeantwortet lassen darf. Auch dann wenn Bitcoin.com den letzten Zug mittlerweile wieder zurück genommen hat.

Man versteht die Verärgerung und Kränkung, die die Aktion von Bitcoin.com auslöst. Aber dass dabei tatsächlich Kunden zu Schaden kommen, ist eher unwahrscheinlich. Schließlich sind die Coins weiterhin relativ klar ausgezeichnet, können jederzeit gewechselt werden, und bislang schneidet Bitcoin Cash kurstechnisch sogar eher besser ab als Bitcoin Core. Dennoch hat die Community um Core begonnen, zu einer Sammelklage aufzurufen.

Ins Leben gerufen wurde die Initiative von jemanden mit dem Pseudonym MoneyTrigz, der Administrator von eher unbedeutenden Newsseiten im Kryptocoin-Bereich ist. Die Webseite titelt „Haben Sie Geld durch Bitcoin.coms betrügerische Praktiken verloren? Wir können helfen.“ Um welche Praktiken es genau geht, verrät die Webseite jedoch nicht. Man erfährt lediglich noch, dass es sich um eine Gruppe von beinah 1000 Personen handelt, darunter auch einflussreiche Persönlichkeiten der Szene.

Genannt werden unter anderem Charlie Shrem, Richard Heart, John Carvalho und Ragnar Lifthrasir. Von diesen fallen aber viele schon lange dadurch auf, dass sie in sozialen Medien Gift und Galle gegen Roger Ver (und alle anderen bekannten Big Blocker) speien. Dass sie Bitcoin.com Betrug vorwerfen, ist keine Überraschung, sondern seit Monaten bekannt. Ob die Vorwürfe genügend Substanz haben, um vor Gericht eine Chance zu haben, ist tendenziell eher unwahrscheinlich. Denn offenbar geht es hier weniger darum, Menschen vor finanziellen Verlusten zu schützen – wie die Klage vorgibt -, sondern darum, das Gericht zu benutzen, um die eigene Definitionshoheit über den Namen Bitcoin durchzusetzen.

Update: Die Sammelklage wurde offenbar abgeblasen, nachdem nicht mehr als 3.700 Dollar an Spenden zusammenkamen. So groß scheint der Wunsch, Bitcoin.com vors Gericht zu bringen, offenbar doch nicht zu sein, wie das Internet es suggeriert hat.

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