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Der schwarze Sonntag: Kryptowährungen verlieren mehr als 40 Milliarden Dollar Kapitalisierung

Crash. Bild von Ted Van Pelt via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Wie so oft passieren bei Bitcoin und Co die wichtigen Dinge an Sonntagen. Seit gestern verzeichnen alle Kryptowährungen zweistelligen Kursverluste. Liegt es am missglückten Start von EOS? An den Ermittlungen, die eine US-Behörde aufnimmt? Oder dem Hack einer südkoreanischen Börse? Wir schauen, welche Ursachen in Frage kommen.

Wer sich den Sonntag gestern nicht vermiesen lassen wollte, hat besser darauf verzichtet, einen Blick ins Bitcoin-Internet zu werfen. Alle Kryptowährungen befanden sich gestern im freien Fall. Bitcoin rasselte von 6500 auf 5800 Euro, Ethereum von 510 auf 480 und Bitcoin Cash von 910 auf 800. Auch andere Währungen verloren massiv. EOS rutschte von 14 auf 11 Dollar und IOTA von 1,70 auf 1,36 Dollar.

Der Kursverlauf von Bitcoin (BTC) in den letzten 48 Stunden. Quelle: Bitcoin.de

Dieser ökosystemweite Einsturz zeigt sich am deutlichsten in der gesamtem Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen. Diese ist von etwa 340 Milliarden Dollar auf ein wenig weniger als 300 Milliarden gesunken. Damit hat das Ökosystem an einem einzigen Sonntag mehr als 40 Milliarden Dollar verloren.

Die Performance der gesamten Marktkapitalisierung in den letzten 7 Tagen. Quelle: Coinmarketcap.com

An sich braucht man keine speziellen Erklärungen dafür. Kryptowährungen sind, wie schon im Februar festgestellt, in einen Bärenmarkt übergegangen, nachdem sie vom Allzeithoch von einer Marktkapitalisierung von mehr als 800 Milliarden Dollar gefallen sind. Ein Bärenmarkt zeichnet sich dadurch aus, dass die Preise tendenziell nach unten gehen. Die Märkte suchen einen Boden, und gute Nachrichten werden meistens ignoriert, während schlechte Nachrichten die Kurse machen.

Gesamte Marktkapitalisierung in der 1-Jahres-Sicht. Quelle: erneut Coinmarketcap.com.

Der Blick auf den 1-Jahres-Chart zeigt, dass die Kurse auch nach dem gestrigen Sonntag höher liegen als noch im November 2017. Auch der Bitcoin-Preis liegt mit derzeit 5800 Euro noch deutlich höher als beispielsweise im Oktober 2017, als er zwischen 3500 und 4000 Euro schwankte. Und weiterhin gibt es 20 Kryptowährungen mit einer Marktkapitalisierung von mehr als einer Milliarde Dollar, darunter auch Orchideencoins wie Ontology oder VeChain, von denen noch kaum jemand etwas gehört hat.

Es gibt weiterhin 20 Krypto-Einhörner. Ist das wirklich gerechtfertig? Quelle mal wieder Coinmarketcap.

Wer darauf baut, dass der Abverkauf dieses Sonntags das finale Ausbluten der schwachen Hände war und dass nun, bei etwa 300 Milliarden Dollar gesamter Marktkapitalisierung, der Boden erreicht ist, könnte eine böse Überraschung erleben. Es wäre möglich, dass, aber sein Haus sollte man darauf nicht verwetten.

EOS, CFTC, Korea: Keine Ursachen, aber ein Anlass

Charttechnisch gesehen brauchen die Kurse der Kryptowährungen keinen Grund, um zu fallen. Was sie aber brauchen, ist ein Anlass: eine schlechte Nachricht. Ob es eine direkte Wechselwirkung zwischen schlechten Nachrichten und dem Kurs gibt, kann man natürlich nicht sagen. Man kann lediglich spekulieren und die schlechten Neuigkeiten als Gleichzeitigkeit zum Sonntags-Crash präsentieren. Dies machen wir an dieser Stelle:

Der EOS-Mainnet-Launch

Nach Monaten der Vorbereitung und Erwartung ist EOS, die als „Ethereum-Killer“ angekündigte Blockchain, ins Mainnet gestartet. Ich habe nicht die Kompetenz oder Einsicht, diesen Launch zu kommentieren. Aber laut verschiedenen Berichten war es eine Katastrophe.

So berichtet The Next Web etwa davon, dass eine chinesische Sicherheitsfirma zahlreiche Bugs in EOS gefunden hat. Kurz darauf hat EOS ein Bug Bounty Programm gestartet, das Hackern je Bug 10.000 Dollar auszahlt. Nur eine Woche später hatte ein Hacker 120.000 Dollar verdient. Dann hat EOS eine Konstitution verabschiedet, die die Firma dahinter, Block.one, womöglich bevorteiligt und vielleicht sogar als zentrale Regierung von EOS etabliert. Ein Mitschnitt eines Calls der 21 „Block Producer“ zeigt, dass diese sogar willkürlich neue EOS-Token schaffen können.

Daneben gibt es zahlreiche weitere Kritiken an EOS. Für ein Projekt, das sagenhafte 4 Milliarden Dollar eingesammelt hat, um den Ethereum-Killer zu bauen, ist das nicht nur enttäuschend, sondern ein Disaster. Ohnehin gibt es von vielen Stellen Vermutungen, dass der Preis der EOS-Token erheblichen Manipulationen unterliegt. Nicht nur, weil die Firma dahinter, block.one, auch in Tether und womöglich Bitfinex verwickelt ist, sondern auch, weil die EOS-Macher durch die ICO genügend Ether eingesammelt haben, um den Preis zu manipulieren.

Insgesamt dürfte EOS besser als alles andere zeigen, in welch fragwürdigem Zustand Teile des Ökosystems sind. Solange eine Sache wie EOS mehr als 10 Milliarden Dollar wert ist, dürfte ein echter, tragfähiger Boden noch nicht einmal in Sichtweite sein. Der schwache EOS-Launch ist für mich der überzeugendste, aber nicht der einzige Grund, sich als Investor Sorgen zu machen.

CFTC ermittelt gegen Kryptobörsen

Die Commodity Futures Trading Commission (CFTC) ist eine US-amerikanische Behörde zur Überwachung und Regulierung der Optionen- und Futuremärkte. Zwar hat der Kommissar der CFTC, Rostin Behnam, kürzlich außerordentlich optimistische Statements zu Kryptowährungen abgegeben: Er nannte sie „eine technologische Revolution“, vielleicht sogar „ein modernes Wunder“. Virtuelle Währungen, so Behnam, „werden Teil der ökonomischen Praxis werden, in jedem Land, überall.“

Gleichzeitig jedoch leitet seine Behörde Ermittlungen ein. Die CFTC hat die Börsen BitStamp, Coinbase, itBit und Kraken aufgefordert, Trading-Daten herauszugeben. Hintergrund ist, dass die Börse von Chicago diese Kryptobörsen benutzt, um die Kurse ihrer Bitcoin-Futures zu bestimmen. Die CFTC befürchtet nun, dass Trader auf diesen Börsen die Kurse der Futures manipulieren.

Ob die Ermittlungen in die Preisbildung der Bitcoin-Futures eingreifen, kann derzeit noch nicht gesagt werden. Am Rande gibt es jedoch erneut Befürchtungen, dass die Behörden über die Börsen auch versuchen werden, Manipulationen des Preises von Tether aufzudecken. Diese Dollar-Token wurden in den vergangenen 15 Monaten zu einer zunehmend wichtigen Säule des Krypto-Handels, während ihre Hinterlegung durch echte Dollar weiterhin unbestätigt bleibt. Sollte Tether fallen, könnte dies einen Flächenbrand im Kryptoökosystem verursachen.

Südkoreanische Börse Coinrail gehackt

Coinrail, eine eher kleine Börse aus Südkorea, wurde gehackt. Ob dies einen Einfluss auf den Preis von Bitcoin hat, ist aber zweifelhaft. Denn Coinrail ist mit einem Handelsvolumen von gut 2 Millionen Dollar am Tag eher ein kleiner Fisch. Die Börse scheint sich darauf spezialisiert zu haben, jedes noch so unbedeutende und zwielichte ICO-Token zu listen.

Falls es hier überhaupt einen Zusammenhang zum allgemeineren Kurssturz gibt, dann den, dass der Hack einen symbolischen Effekt hat. Ein Bärenmarkt braucht, wie schon erklärt, keinen materiellen Grund, um die Preise einstürzen zu lassen. Er braucht lediglich einen Anlass. Wie eben schlechte Nachrichten, egal wie wenig Substanz sie haben.

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