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Bitcoin-Kurs: Wie es von hier aus weitergehen kann

Egal wohin die Reise geht - guter Schlaf ist unbezahlbar. Bild von Anastasia Migunova via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Der Bitcoin-Kurs ist gerade in der Schwebe: Steigt er oder fällt er? Sind wir noch im Bullenmarkt oder schon im Bärenmarkt? Wir skizzieren in einigen Szenarien, was nun passieren könnte.

Ist es Kaffeesatzleserei, wohlinformierte Prognostik oder irgendetwas dazwischen, etwa halbkompetente Spekulation? Niemand weiß, was in Zukunft passieren wird. Steigt der Preis? Fällt er? Folgt er einem altbekannten Muster – oder bricht er es? Kaffeesatz oder Wissenschaft?

Der Bullenmarkt, den den Bitcoin-Preis seit Mitte 2020 kontinuierlich hochgetrieben hat, wurde unterbrochen. So viel steht fest. Das bisherige Allzeithoch von beinah 60.000 Dollar ist bereits mehr als einen Monat vergangen, und seitdem sinkt der Kurs, steigt aber auch mal. Es ist auf jeden Fall etwas passiert. Aber was genau? Und wohin wird das führen?

Wir skizzieren einige Szenarien, wie es weitergehen könnte.

(1) Es wintert ewiglich

Nichts wächst ewig, schon gar nicht exponentiell, und ein Regenbogen steigt nicht nur, sondern fällt, nachdem er den Scheitel überschritten hat.

Das Allzeithoch, das Bitcoin bei etwa 60.000 Dollar erreicht hat, war das absolute, ewige Allzeithoch. Von hier aus kann es nur noch abwärts gehen. Der Markt wird lange brauchen, um das zu begreifen. Es wird blutig, und es wird trotzigen und erbitterten Widerstand geben. Hier und da wird sich eine Bullenfalle bilden: ein Pseudo-Anstieg, vielleicht sogar eine Pseudo-Rally. Doch die Tendenz ist unabänderlich.

Der Kurs fällt, sein Ziel ist die Null. Gewiefte Trader holen hier und da noch einige Dollar raus. Early Adopter sichern sich ab, so dass sie als Multimillionäre aus dem Spiel rausgehen. Die Hodler mit den eisernen Händen, die in religiöser Überzeugung hinter Bitcoin stehen, lichten sich. Einer nach dem anderen gibt auf, und der harte Kern steht in einigen Jahren mit leeren Taschen da. Bitcoin war, wird man in einem halben Jahrzehnt wissen, eine sehr spezielle, aber gewaltige Art von Pyramidenspiel.

Kann es sein, dass der Regenbogen-Chart vom Blockchain Center falsch justiert ist? Wenn man bei der ersten Spitze ansetzt, dann eine Kurve über die zweite setzt und bei der Dritten ankommt – dann wäre das die letzte gewesen und der Regenbogen hätte seinen Scheitel überschritten.

Ist dieses Szenario realistisch? Kritiker wie David Gerard oder seit neuestem der Trading-Philosoph Nassim Taleb würden sagen, es sei nicht nur denk-, sondern sogar unvermeidbar.

Ich selbst sehe das, als Bitcoinblogger naturgemäß, natürlich anders. Bitcoin ist weiterhin knapp, und die staatlichen Geldpressen drehen weiterhin immer stärker auf. Das Finanzwesen ist weiterhin um große Silos zentralisiert, und die Option, digitales Geld vollständig selbst verwalten zu können, weiterhin von großem Wert. Daran, dass Bitcoin eine wichtige und große Erfindung ist, hat sich nichts geändert. Damit die Kryptowährung von hier aus nur noch sinkt, muss etwas geschehen, das den natürlichen Lauf des Weiter-So nachhaltig verändert.

Regierungen weltweit müssten sich verbrüdern, um Bitcoin zu verbieten. Der Kurs müsste unter eine kritische Schwelle fallen, um dem Versprechen, Werte zu erhalten, die Glaubwürdigkeit zu rauben. Zum Beispiel auf weniger als 1.000 Euro. Es müsste einen verheerenden Bug geben, etwa im Bitcoin-Code, oder in der Kryptographie, vielleicht ein Quantencomputer — irgendein Ereignis eben, das Bitcoin auf technische Weise zerstört oder zumindest spürbar schädigt. Unter Umständen könnte auch eine andere Kryptowährung, etwa Ethereum, Bitcoin vom Thron stoßen, was eine Abwertung von Bitcoin nach dem üblichen Shitcoin-Schema einleiten würde. Eventuell könnte auch ein Kollaps des Stablecoins Tether einen solchen Abschwung einleiten.

Aber solange all dies nicht passiert, sehe ich wenig Potenzial, dass Bitcoin von hier aus nur noch fällt. Die Gerards und Talebs, die jetzt so auf Bitcoin herumhacken und Bitcoiner als Idioten und Opfer beschimpfen, streicheln vor allem ihr eigenes Ego damit, dass sie recht hatten, als sie irgendwann entschieden, dass Bitcoin Unfug ist.

Realistischer erscheint mir daher das zweite Szenario.

(2) Die quälend langen Bärenjahre

Wenn es eine Sache gibt, die wir aus Bitcoins Vergangenheit kennen, dann ist dies die übliche Abfolge von relativ kurzen Bullen- und quälend-langen Bärenmärkten: Der Kurs steigt für ein halbes, vielleicht auch für ein ganzes Jahr und gipfel in der Blase einer vollkommen surrealen Überbewertung. Danach, wenn diese Blase geplatzt ist, wird er mehrere Jahre lang fallen.

So war das zwischen Juni 2011 und März 2013, zwischen Januar 2014 und Januar 2017, zwischen Januar 2018 und März 2020 … wird es wieder so sein, von Mai 2021 bis … bis … Juli 2023? 2024? Oder gar 25?

Der Bärenmarkt von 2014-2017 nach coinmarketcap.

Wenn wir nun in einem der langen Bärenmärkte angekommen sind, würde es für zwei, drei, vielleicht sogar vier Jahre etwa so weitergehen: Der Kurs sinkt, mal ganz langsam und kaum spürbar, so, wie man einen Frosch kocht, oder schnell und schmerzhaft, so, wie man einen Baum fällt. Der Markt extrahiert Dollar und akkumuliert Bitcoins. Zwischen diesen Episoden des Sinkens wird es immer wieder kurze Anstiege geben, sogar kleine Rallys. Die werden sich aber als „Bullenfallen“ entpuppen: Als Fallen für die Optimisten, die in jeder Schwalbe schon den ganzen Sommer sehen. Solche Bullenfallen werden die Holder bei Stange halten, bis die kaltblütigen Trader genügend Dollar rausgezogen haben.

Und der Bärenmarkt nach der Blase 2017/18.

Dieses typische Schema für Bärenmärkte, das Trader „Dead Cat Bouncing“ nennen, eine tote Katze, die auf und ab prallend die Treppe hinunterpurzelt, wird sich einige Jahre hinziehen. Das Handelsvolumen wird dabei zurückgehen, die meisten Krypto-Unternehmen werden Umsatzeinbußen hinnehmen und von dem zehren müssen, was sie in diesem Bullenmarkt zurückgelegt haben. Startups, die rein auf dem Hype und übertriebenen Preisen gebildet sind, werden pleitegehen.

Zugleich sind aber Bärenjahre Macherjahre. In einem Bullenmarkt gibt es einen Überschuss an Kapital, oft noch dummes Kapital, das sich wie ein Zuckerguss unterschiedslos über jedes Projekt legt. Wenn das Kapital den Markt jedoch verlässt, findet eine Auslese statt. Nicht Whitepaper, Kopien und Selbstdarsteller werden belohnt, sondern gute Ideen, harte Arbeit und Ausdauer. Bullenmärkte spülen Kapital in den Markt – und in Bärenmärkten wird mit diesem Kapital gearbeitet. Bärenjahre sind schmerzhaft, aber schöpferisch und voller Chancen.

Irgendwann kommt dann der Moment, der wie eine umgedrehte Blase aussieht: Der Kurs sackt tiefer, als er sollte; es kommt Panik auf, der Preis bewegt sich an der Schwelle, ab der man denken könnte, Bitcoin sei jetzt gescheitert. Doch er prallt von dort ab, kraftvoller und entschiedener als zuvor. Nun läuft Bitcoin seitwärts. Der Boden ist gefunden.

Und von dort aus steigt der Preis wieder, in der Regel nach einem Halfening, um ein neues Allzeithoch zu erreichen, in dessen Schatten das vorhergegangene kaum mehr sichtbar ist. Also voraussichtlich 2024 oder 2025.

Aber muss man wirlich so lange warten? Oder gibt es noch ein drittes Szenario?

(3) Die Korrektur des intakten Bullenmarktes

Die dritte Möglichkeit ist, dass der Bullenmarkt noch nicht an seinem Ziel angekommen ist. Der Einbruch, den wir jetzt gesehen haben, war nur eine Korrektur. Der Zyklus ist nicht an seinem Ende, sondern lädt sich lediglich auf, um diesem mit voller Wucht entgegen zu stürmen.

Als historisches Beispiel dürfte die erste Blase 2013 ideal sein. Bitcoin erreichte im April 2013 ein Hoch von rund 260 Dollar, was in diesem Jahr ein extremer Anstieg war. Ebenso extrem fiel der Kurs jedoch von dort aus, auf bis zu 50 Dollar, um sich danach bei etwa 100 Dollar einzupendeln. Nach einigen Monaten des von Ungewissheiten, Zweifeln und Sorgen begleiteten Seitwärtskurses brach Bitcoin etwa ein halbes Jahr später aus – um auf einen neuen Gipfel von etwa 1250 Dollar zu stürmen.

Die Doppelblase 2013 nach Bitcoincharts.com

Das, was man für den Gipfel einer Blase hielt, war nur ein Vorgeschmack. Das, was wie ein Crash aussah, war in Wahrheit eine Korrektur. Und das, was wie ein Bärenmarkt wirkte, war tatsächlich nur der Auftakt für den wahren Bullenmarkt.

Kann es dieses Mal auch so kommen? Theoretisch ja. Bitcoin hat das Potenzial der Knappheit noch längst nicht ausgeschöpft. Nur ein extrem kleiner Anteil von Unternehmen weltweit – ein nanoskopisch kleiner – verlagerte einen Teil seines Portfolios in Bitcoin, und das, obwohl die Anzeichen einer massiven Inflation immer schwieriger zu ignorieren sind. Die Infrastruktur und das Know-How, das diese Unternehmen und ihre Steuerberater benötigen, um Bitcoins zu halten, entsteht derzeit ebenso wie die technisch-rechtliche Basis, die Banken bedürfen, um ihre Kunden in Bitcoin investieren zu lassen. Das Material, das dem aktuellen Bullenmarkt als Treibstoff dient, ist noch längst nicht erschöpft. Nicht im Ansatz.

Allerdings ist eine solche Doppelblase historisch eher die Ausnahme. Das Territorium ist 2021 komplett anders als 2013. Damals wurde der Markt von einer einzelnen Börse dominiert – von Mt. Gox – und auf dieser haben sowohl im April als auch im November Fehler, Bugs und Manipulationen dafür gesorgt, dass der Kurs rascher stieg, als er sollte, und schneller abstürzte, als er musste. Der Markt ist heute sehr viel dezentraler, reifer und resistenter gegen Manipulationen.

Darüber hinaus ist der Markt auch sehr viel „schwerer“. Damals konnten solche starken Bewegungen durch einige Millionen Dollar ausgelöst werden. Heute braucht es dafür viele Milliarden Dollar. Ich persönlich hoffe zwar, dass dieses Szenario wahr wird, ich glaube es jedoch eher nicht. Aber ich bin auch ein schlechter Trader und daher auch ein schlechter Ratgeber.

Dennoch wage ich, einige vollkommen unverbindliche Hinweise zu geben, was man angesichts der derzeitigen Situation machen könnte oder sollte.

Richtiges und falsches Handeln

Grundsätzlich sollte man als erstes an den eigenen Schlaf denken. Wenn Sie zuviele Kryptocoins im Portfolio haben, so dass Ihnen Kurseinbrüche den Schlaf rauben, dann sollten Sie verkaufen. Selbst dann, wenn der Preis vor einer Woche höher war, und selbst dann, wenn Sie überzeugt sind, dass der Kurs in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr höher sein wird. Sich eines Risikos zu entledigen hat einen Wert, den man nicht mit Geld messen kann.

Dasselbe trifft aber auch auf Fiatgeld zu. Wenn Sie es verpasst haben, rechtzeitig in Bitcoin zu investieren, und wenn Sie nun auf einem Berg Euro sitzen, der im Schein der gelddruckenden Zentralbank schmilzt, ohne durch Zinsen Erträge zu erwirtschaften – kaufen Sie Bitcoins. Vielleicht war es vor drei Tagen günstiger, vielleicht wird es in einer Woche, einem Monat oder einem Jahr noch günstiger sein. Aber wenn Sie überzeugt sind, dass nicht das erste Szenario eintritt, sollten Sie den optimalen Zeitpunkt eher als Rundungsfehler abtun.

Und damit wären wir vermutlich bei der Kernbotschaft: Solange Sie nicht denken, dass der Bitcoin-Kurs von hier aus für immer und ewig sinken wird – solange Sie also meinen, dass Bitcoin in Zukunft noch höher steigen wird, aber nicht wissen, wann – solange dies so ist, lohnt es sich, Bitcoins zu halten oder zu kaufen. Wenn Sie an hartes Geld glauben, wenn Sie die Inflation des Fiatgeldes fürchten. Wann genau Sie kaufen, spielt dabei keine Rolle. Machen Sie sich halt darauf gefasst, dass es einige Jahre dauern könnte, bis der Bärenmarkt vorbei ist, und halten Sie im Blick, dass es auch eine (kleine) Chance gibt, dass er niemals vorbeigehen wird.

Meiner Meinung nach ist zu empfehlen, in dieser Situation weder komplett in Euro (oder Dollar) zu sein noch komplett in Bitcoin. Es wird voraussichtlich noch glänzende Gelegenheiten geben, günstig nachzukaufen, und vielleicht wird es auch noch vorübergende Spitzen geben, wie sie eben typisch für Bärenmärkte sind. Wenn Sie vorhaben, hier und da zu handeln, werden Sie dafür viele Gelegenheiten bekommen. Aber überschätzen Sie sich nicht. Die meisten Leute verlieren durch übereifriges Traden mehr als sie gewinnen.

Ferner würde ich empfehlen, sich auf DeFi einzulassen, auf die Dezentralen Finanzen. Dort können Sie ihre Coins und Fiattoken angenehm verzinsen und vermehren und so die Zeit überbrücken, bis der Bärenmarkt vorübergezogen ist. Aber auch hier gilt, dass Sie das Risiko kennen sollten. Daher sollten Sie das wichtigste nicht aus den Augen verlieren – Ihren Schlaf.

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