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Operation Onymous: weltweiter Schlag gegen Deepweb-Drogenmärkte (Update)

"Eine Nase für die Prinzessin: cocaine robot". Bild von m.a.r.c. via flickr.com. Lizenz: Creative Commons

Der Krieg gegen die Drogen hat den Cyberspace erreicht: FBI und Europol haben gestern in einer konzertierten Aktion sechs Deepweb-Drogenmärkte geschlossen. Der bekannteste darunter ist Silk Road 2, dessen Betreiber festgenommen wurde. Mehrere Dealer, die auf den Märkten Drogen verkauft hatten, wurden ebenfalls verhaftet. Wie genau es den Behörden gelungen ist, die Köpfe und Server hinter den Märkten aufzuspüren, ist noch nicht ganz klar. Klar ist hingegen, dass für die Schwarzmärkte raue Zeiten anbrechen. Die Washington Post schreibt, die Operation Onymous habe die Welt zu einem gefährlicheren Ort gemacht.

Das FBI gab gestern bekannt, dass es in New York Blake Benthall verhaftet habe. Dem 26-jährigen Texaner wird vorgeworfen, unter dem Pseudonym „Defcon“ den Deepweb-Drogenmarkt Silk Road 2 betrieben zu haben. Die Seite, die nur über das Tor-Netzwerk abrufbar war, wurde vom Netz genommen und durch einen Banner mit dem Logo des FBI ersetzt. Laut diesem waren an der Aktion neben dem FBI die ICE Homeland Security Investigations, Europol und Eurojust beteiligt. Der Staatsanwalt von Manhattan, Preet Bharara, kommentierte die Verhaftung von Benthall: „Um es ganz klar zu sagen: diese Silk Road, in welcher Form auch immer, ist die Straße zum Gefängnis.“

Benthall muss sich nun einer Reihe von Anklagen stellen: Der Verschwörung zum Drogenhandel, der Verschwörung zum Hacking, der Verschwörung zum Handel mit gefälschten Ausweisen und der Geldwäsche. Laut seinem Webprofil ist Benthall ein Webprogrammierer in San Francisco. Die mutmaßlich von ihm geführte Silk Road 2 hatte die im frühen Herbst des vergangenen Jahres vom Netz genommene Silk Road ersetzt und seitdem einen Drogenhandel im Volumen von etwa 8 Millionen Dollar je Monat abgewickelt. Gehandelt wurden vor allem Kokain, Heroin, Opium, Amphetamine, MDMA, Ketamine, Meskalin und Marijuana. Laut dem FBI hat Benthall an der Provision des Drogenhandels 575,58 Bitcoin eingenommen und davon 543,63 gegen Dollar getauscht. Weiter habe er mit Bitcoin ein Elektroauto, den Tesla Modell S, gekauft. Auf seinem angeblich nicht verschlüsselten Computer fand das FBI eine Adressliste mit den Daten von Kunden aus der ganzen Welt. Diese werde von signifikantem Interesse für Kriminalbehörden weltweit sein, so das FBI.

Zum beinah gleichen Zeitpunkt hat die irische Polizei in Dublin zwei Männer verhaftet, die angeklagt werden, über das Darknet Drogen verkauft zu haben. Die Gardaí beschlagnahmte bei ihrem Zugriff Ecstacy, LSD und andere Drogen im Wert von 180.000 Euro. Die Analyse von Computern der Verhafteten erbrachte laut BBC Bitcoins im Wert von 1,5 bis 2 Millionen Euro sowie Adresslisten von Kunden. Nach einer Aussage der Polizei sei es besonders erwähnenswert, dass es gelungen sei, die Daten und Bitcoins sicherzustellen, obwohl die Computer verschlüsselt waren. Eine kurz darauf ebenfalls in Dublin durchgeführte Hausdurchsuchung brachte Drogen in geringerem Wert sowie Dokumente hervor, die zu Offshore-Banken in der Schweiz, in Belize, Polen und anderen Ländern führte.

Beide Zugriffe sind Teil der Operation „Onymous“, in denen Ermittlungsbehörden der gesamten Welt konzertiert gegen den Schwarzmarkt im Darkweb vorgehen. Im Laufe von 24 Stunden wurden und werden mehrere Seiten und Märkte vom Netz genommen. Laut Deepdotweb sind neben der Silk Road 2 fünf weitere Märkte sowie ein verbreitetes Forum geschlossen.

Wie genau es dem FBI gelungen ist, an die Personen und Server hinter den Marktplätzen zu kommen, obwohl diese durch das TOR-Netzwerk anonymisiert waren, ist bislang nicht ganz klar. Zur Verhaftung von Benthall verweist das FBI lediglich auf grobe Fehler desselben sowie klassische Ermittlungsmethoden: Zum einen habe man einen verdeckten Ermittler in das Support-Team der Silk Road 2 eingeschleust, der sich Zugang zu privaten Bereichen verschaffen konnte, zu denen eigentlich nur Benthall selbst Zugang hatte. Zum anderen habe Benthall den Server, auf dem die Seite gehostet war, mit seiner echten Email-Adresse bestellt. Auch die irische Polizei gibt nur bekannt, dass man nach Wochen der Überwachung zugeschlagen habe.

Ob es tatsächlich so einfach ist, oder ob die Behörden Wege gefunden haben, die als sicher geltenden Verschlüsselungen zu knacken, dürfte geheim bleiben. Schließlich war es schon immer eine Grundregel im kryptographischen Krieg, den Gegner niemals wissen zu lassen, dass man seine Verschlüsselung geknackt hat. Die Alliierten haben im zweiten Weltkrieg sogar U-Boote samt Personal geopfert, um sicher zu gehen, dass die Nazis nicht wussten, dass man deren Codes geknackt hatte.

Die Washington Post kündet die Festnahmen unter der Überschrift an, das FBI habe die Welt mit der Aktion zu einem gefährlicheren Ort gemacht. Indem die Darknet-Märkte den Drogenhandel von der Straße genommen hätten, so die Zeitung, habe man die Gewalt aus diesem entfernt. Zudem gewährleiste das Review-System der Märkte, dass die Verschmutzung der Drogen durch oft giftige Substanzen erheblich reduziert werde.

Man muss keine Drogendealer verteidigen, um dieser Argumentation zu folgen. Wer Substanzen verkauft, die süchtig danach machen, Körper und Geist zu zerstören, gilt zu recht als Straftäter. Allerdings scheint es die westliche Gesellschaft hingenommen zu haben, dass ein bestimmter Prozentsatz von ihr der Drogensucht anheimfällt. Fortschrittlichere Städte sind deswegen längst dazu übergegangen, Junkies beispielsweise ein Betreuungs- und Hilfsangebote zur Verfügung zu stellen, anstatt sie ausschließlich zu verfolgen. Das Ergebnis war in allen Fällen, dass die Anzahl der Todesopfer der Seuche Drogensucht erheblich zurückgegangen ist. Ob es unter dieser Perspektive Sinn macht, die globalen Ermittlungen ausgerechnet auf jene Bezugsquellen zu bündeln, die das Risikopotenzial für die Süchtigen deutlich reduzieren können, ist fragwürdig. Eventuell steht hinter der Operation Onymous auch die Absicht der Behörden, der Welt zu verdeutlichen, dass das Deepweb kein Ort ist, der vor Verfolgung durch die Staatsgewalt schützt. Wer meinte, der TOR-Browser sei ein Ticket in die unbedingte Unsichtbarkeit, dem demonstriert die Operation Onymous, dass er sich geirrt hat.

Update: Mittlerweile ist das gesamte Ausmaß der Operation Onymous bekannt geworden: Laut wired haben die internationalen Kriminalbehörden 414 Seiten des Onion-Webs abgeschaltet und 17 Personen verhaftet.

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