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Moment. Ethereum bei 350 Euro? Kann das normal sein?

Ethereums Monster-Rally verblüfft selbst alte Hasen auf den Kryptomärkten. Während die Ethereum Community darüber nachdenkt, welche Farbe ein Lamborghini haben soll, suchen die Bitcoin-Maximalisten nach Gründen, weshalb Ethereum nichts als eine Blase ist. Was sie finden, erinnert ein wenig an das, was die Fiat-Freunde vor einigen Jahren über Bitcoin gesagt haben. Ernst nehmen sollte man sie dennoch …

WhalePanda ist ein Trader und Blogger, der es während der Blocksize-Kriege zu ein wenig Prominenz gebracht hat, in dem er in erstaunlich vorhersehbarer Weise über alles schimpft, was nicht Bitcoin Core ist. Ethereum, Roger „Bitcoin Judas“ Ver, Bitmain und so weiter. Der giftsprühende Bärenwal hat bereits anlässlich der DAO Fork wortreich über Ethereum hergezogen.

Nun, nachdem Ethereum nicht durch die Fork getötet wurde, sondern seinen Preis nochmal verzehnfacht hat und drauf und dran steht, an Bitcoikn vorbeizuziehen, sieht WhalePanda ein, sich geirrt zu haben. Zumindest behauptet das die Überschrift seines neuesten Posts. In dem Artikel gibt er zwar zu, dass er die aktuelle Blase nicht erwartet hat, erklärt ansonsten aber vor allem, warum alles, was er bisher über Ethereum gesagt hat, auch weiterhin richtig ist. Die Zeiten ändern sich, aber ich bleibe wie ich bin. Der einzige Irrtum, den WhalePanda eingesteht, ist, dass er erwartet hat, dass Startups nicht so gierig sind und dass Entwickler einen besser geeichten moralischen Kompass hätten.

Jaja. Wie langweilig. Wir haben mit dem möglichen „Flippening“ – der Ablösung von Bitcoin als größte Kryptowährung durch Ethereum – das vielleicht spannendste, disruptivste und einschneidenste Ereignis aller Zeiten im Kryptowährungs-Markt vor uns. Zumindest ist es am nahen Horizont als Möglichkeit zu sehen. Und WhalaPanda reagiert darauf mit Rechthaberei. Gähn.

Die Haltung ist jedoch typisch für einen gewissen Teil der Bitcoiner. Bitcoin hat die besten Entwickler, heißt es, die beste Infrastruktur, die beste Vision für die Skalierbarkeit, ist am meisten verbreitet und so weiter. Es ist daher vollkommen ausgeschlossen, dass Bitcoin von einer anderen Kryptowährung abgelöst wird. Schon gar nicht von Ethereum, dieser Hardfork-DAO-Vitalik-Währung, die mit ihren Smart Contracts scheunenweit Bugs einlädt. Ausgeschlossen.

Selbst jetzt, nachdem das Flippening schon recht weit fortgeschritten ist, und Ethereum mitunter mehr Transaktionen und mehr Handelsvolumen alls Bitcoin hatte und rund 80 Prozent so viel wert ist wie Bitcoin – selbst jetzt halten manche Bitcoiner weiter daran fest, dass ein Flippening zu Ethereum gar nicht möglich ist. Bitcoin macht doch alles richtig, oder?

Ethereum ist demzufolge nichts als eine Blase. Die einzige Sache, für die Ethereum genutzt wird, weiß WhalePanda, sind die ICO, „Initial Coin Offerings“, bei denen Startups ein Ethereum-basiertes Token ausgeben, um ein Projekt zu finanzieren. Da man nur mit Ether in eine ICO investieren kann, schafft dieses Crowdfunding eine Nachfrage nach Ether. Die Startups, die diese Ether am Ende behalten, horten sie. Der Preis steigt.

Ab einem bestimmten Punkt, meint WhalePanda, muss es einen Crash geben. Irgendetwas wird ihn auslösen, ein Bug, ein Scheitern eines Startups, ein Hack. Irgendetwas. Die Frage ist nicht ob, sondern wann. Und wenn es passiert, wird es heftig. Die ganzen ICO-finanzierten Startups müssen Miete und Strom und Löhne bezahlen. Sie wechseln Ether. Eine Kettenreaktion setzt ein.

Darüber hinaus ist es für WhalePanda undenkbar, dass Ethereum Bitcoin ersetzt. Die Gründe? Die Anzahl von Ether ist nicht limitiert, sondern wird dank Proof of Stake ewig steigen. Die Gebühren sind auch bei Ethereum hoch, zumindest wenn man komplexe Smart Contracts benutzt. Vor allem aber ist Ethereum ist ja gar nicht „immutabel“, unveränderlich, wie Bitcoin, da die Entwickler nach dem DAO-Hack einfach so Transaktionen zurückgespult haben. Proof of Vitalik und so.

Insgesamt ist das die selbe etwas phantasielose Kritik, die die Bitcoin-Maximalisten Ethereum schon seit gut einem Jahr vorwerfen. Die Märkte strafen sie Lügen, aber sie bleiben bei dem, was sie sagen. Vor allem aber rudert all das um den einen Punkt herum, auf den es ankommt: Ethereum ist nicht Bitcoin, sondern etwas anderes.

Bitcoin ist digitales Bargeld und hat eine großartige Zukunft als staatsunabhängiges globales E-Cash vor sich. Ethereum hingegen ist ein elektronisches Token, das mit Verträgen und Code verschmelzen kann. Das ist riesig und macht Ether, neben vielen anderen, etwa zum natürlichen Cash auf dem Aktienmarkt, „Cash“ verstanden als zurückgehaltene Kaufkraft. Digitales Bargeld ist nur ein kleiner Teil der Vision. Wenn Ethereum Erfolg hat, wird es beinah zwangsläufig größer als Bitcoin werden.

Allerdings ist es noch lange nicht soweit. Ethereum hat noch zahlreiche mächtige Herausforderungen zu lösen. So wird die Skalierbarkeit von Ethereum um ein vielfaches schwieriger als Bitcoin. Das Projekt macht sich zwar gut, aber es ist weiterhin unsicher, ob die Entwickler all jene Probleme lösen werden. Und solange das nicht passiert, ist Ethereum eben kein besseres digitales Bargeld als Bitcoin – sofern es Bitcoin endlich gelingt, seine Blocksize-Krise zu überwinden.

Insofern hat WhalePanda recht: Es gibt gute Gründe, vorsichtig zu sein. Aber es gibt genauso gute Gründe, Ethereum anzuschauen.

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